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HchknslkiMMMer Anzeiger Tageblatt für K-ß-nßem-MMHal, GL-llungwitz, Kerm-ö°rf, AemsLorf, ssL L MMOsrf» MkWÄM, TWHrM AU WÄßmö§m?Z>- WpMKG Mmelbüch, . Abonnemente Frei in« Hm<S «et «bhol«»g 4^ 4?sg. 35 Pfg- monatlich monatlich vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. die einzelne Nummer 5 e- Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. 33. Jahrgang Donnerstag, den 5. April 1906 Geschäftsstelle: Bahnstr. 3. Nr. 78 Fernsprecher Nr. 151. Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn« und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der SonntagS-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigeg's Fusertionsgebühre»: die sechsgespaltene CorpuSzeile oder deren Raum für den VerbreitungSbezirk 10 Pfg., für auSwärtS 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis vor«« 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Kny. Br. Br. Stadtrat Hohenstein-Ernstthal, am 3. April 1906. vr. Polster, Bürgermeister. Stadtrat Hohenstein-Ernstthal, am 4. April 1906. vr. Polster, Bürgermeister. Stadtrat Hohenstein-Srnstthal, am 2. April 1906. vr. Polster, Bürgermeister. In den Tagen vom 7.—11. April dss. IS. soll eine allgemeine Vertilgung der Ratte» in den städtischen Schleusen und Grundstücken vorgenommen werden. Um die Wirksamkeit dieser Maßregel zu erhöhen, werden sämtliche Grundstücksbesitzer auf- gefordert, sich an den gleichen Tagen an der Vertilgung der Ratten innerhalb ihrer Grundstücke zu beteiligen. Giftscheinr auf Phosphorlatwerge werden an Interessenten kostenfrei bei hiesiger Polrzet- »xpedition verabfolgt. den Ost-Provinzen anzufiedeln, verlangte sie — um einen recht gediegenen Stamm von Ansiedlern zu schaffen — einen gewissen Wohlstand von den Bewerbern; sie wollte am liebsten lauter Groß bauern ansiedeln. Der Großbauer aber brauchte Arbeiter; und da deutsche Landarbeiter in dem Siedelungsgebiet und dessen Nähe nicht vorhanden waren, so mußte er polnische heranziehen. Die neue Siedclung zählte also nach kurzer Zeit viel mehr polnische Köpfe als deutsche. Der Pole besitzt aber ebenfalls einen Trieb nach Verbesserung seiner Lebensstellung, und die preußische Regierung sorgt weislich dafür, daß diesem Drang» genügt wird: Sie richtet Schulen ein, schickt vorzüglich gebildete Lehrer hin und unterrichtet die polnischen Kinder mit der nämlichen Sorgfalt wie die deutschen. AuS den Kindern der polnischen Landarbeiter werden daher bereits Handwerker und Klein-Kaufleute, die nun die benachbarten Provinzialstädte bevölkern und dort immer mehr zu einer durch Zahl vorherrschen den Klaffe werden. Deren Kinder aber genießen schon eine bessere Schule, die abermals der Staat vorsorglich zur Verfügung stellt; und sie rücken nun schon in bessere Lebensstellung auf: sie werden Aerzte, Lehrer, Techniker, Großkauflcute, Schrift steller, Gelehrte, Beamte. Ihre Nachkommen aber werden zu den herrschenden Klaffen in Staat und Gesellschaft gehören. Auf dem Lande daheim aber hat sich inzwischen ebenfalls das Verhältnis verschoben. Der >par- same polnische Landarbeiter und Ochsenknecht mit seinen geringen Lebens-Bedürfnissen hat sich im Laufe eines langen Lebens ein Sümmchen erspart und schließlich ein kleines Eigentum erworben. Er ist zum HäuSler, Büdner oder Käthner geworden, und sein Junge, der zuhause bleibt, bringt eS viel- leicht schon zum Kleinbauern — und dessen Sohn vielleicht zum Großbauern. — Er sitzt dann wahr, scheinlich in dem Gute, daS heute die Regierung mit soviel Sorgfalt und Aufwendung gewaltiger I staatlicher Mittel für ein kerndeuischeS Bauerntum für ewige Zeiten herzurichten gedachte. Denn die Söhne deS deutschen Großbauern, der mit so viel Mühen im Osten angesiedelt wurde, waren auch bereits von dem allgemeinen Fortschritts- und BildungS-Eifer ergriffen; sie wollten nicht mehr auf dem „langweiligen" Lande bleiben; sie kamen sich für ein ländliche« Leben zu gebildet vor und zogen nach der Großstadt; sie wollten studieren, Industrielle, Großhändler, Gelehrte, Beamte werden — und sie sind dabei zum großen Teil im Kultur, trudel aescheitert und untergegangen. Nach einigen Generationen sieht daher da« Bild ganz ander- auS, als kluge Nationalpolitiker und Deutschtums-Retter sich- gedacht hatten. Wa« Dl« städtischen Kollegien haben beschlossen, die Etektromotoren-Miete biS auf wtileres von 15*/, auf 10°/, vom 1. April 1906 ab herabzusehen. eine Germanisierung deS Ostens bezweckte, führte schließlich zu einer Polonisierung desselben — ja, zu einer Polonisierung des ganzen Landes. Denn da- mit Staatsmitteln herangeb,ldete Polentum hat inzwischen nicht nur im Osten alle einflußreichen Stellungen eingenommen, sondern schob sich immer tiefer in da- Land hinein, wo man — in ange- borener nationaler Gleichgültigkeit — dem gebil. deten und besitzenden Polen bereitwillig alle Pforten öffnete. So geht das Leben in der Wirklichkeit einen ganz anderen Weg, al- unsere Theoretiker sich träumen lasten. Wir wollten alles durch die Bll- düng zwingen; wir meinten, Bildung mache alle glxjH — und alle reich; wir glaubten: wer die Bildung besitze, der beherrsche Staat und Gesell- schäft und dem sei die Zukunft gesichert. Aber nun zeigt sich, daß wir bei dieser Rechnung doch wichtige Faktoren außer Betracht gelasten haben. Die heute in Deutschland verabreichte Art von Bildung bewirkt bei den meisten Deutschen eine Schwächung deS nationalen Empfindens, ein Sich- Verlieren in kosmopolitische Abstraktionen, in Allerwelts-Seligkeit. Für den Polen aber bedeutet sie eine Stärkung seiner intellektuellen und natio- nalen Aggressio-Kraft. Denn bei ihm läuft im Stillen noch eine andere Erziehung nebenher, die dem träumerischen Deutschen fehlt: die Erziehung zum National-Bewußtsein, d. h. bei dem Polen: zur stillen Feindschaft gegen die deutsche Welt. (Fortsetzung folgt.) Den Ga-abnehmern ist gestattet, durch den KochgaSzähler eine Leuchtgasflamme speisen zu lasten. ES werden hierüber folgende Bestimmungen erlösten: Die Flamme darf nur in dem Raume angebracht werden, in welchem mindestens ein Zwei- loch-Kocher oder eine Hudlerplatte mit einem minimalen DurchschnittSverbrauche von 10 edm pro Monat in Benutzung sich befindet. Für jeden einzelnen Fall dieser Einrichtung ist die Genehmigung der Gasanstalt nötig. Der Antrag hierzu ist unter gleichzeitiger Namensangabe des mit der Umänderung der Leitung Beauftragten vom Konsumenten schriftlich bei der GasanstaliS-Verwaltung zu stellen. Die Einrichtu»s ohne diese Genehmigung ist unzulässig. Es wird hiermit der zum Regulativ über Versorgung der Stadt mit Gas erlassene II. Nach trag — die Speisung einer LeüchtgaSflamme durch deu KochgaSzähler betr. — er neut zur öffentlichen Kenntnis gebracht und auf besten Beachtung hingewiesen. Deutscher Reichstag. 83. Sitzung vom 3. April. Die Beratung deS Militäretat- wird fortgesetzt bei den Kapiteln Artillerie und Waffenwesen und technische Institute. Abg. Zubeil (Toz.) verbreitet sich weitschweifig I über die Lohn- und Arbeitiverhältniste im Bereicht dieser staatlichen Institute. Abg. Luca- (natl) bemängelt, daß den Tech- I nikern die ihnen gebührende Stellung noch immer nicht eingeräumt sei, dagegen seien die Arbeiter- löhne keineswegs so unzulänglich, wie der Vor redner behauptet habe; aber eine Quelle der Un zufriedenheit sei, daß man nicht feste Grundsätze für da- Aufrücken in die höheren Lohnstusen «in- führe. Zu vermissen sei ferner noch immer ein I besonderer Fond in diesem Etat für Förderung des ArbeiterwohnungSwesenS. Generalmajor Sixt von 8r»tm bestreitet dem Abg. Zubeil gegenüber, daß die Verwaltung in ge sundheitlicher Beziehung nicht genug für die Arbeiter tue. Zubeil sei heute wieder mit persönlichen An- griffen gegen einzelne Beamte vorgegangen und habe Ausdrücke gebraucht, wie „Zuchthauidwektor", „Denunziant", „Betrüger". Schon im vorigen Jahre habe er Zubeil mit seinen Angriffen an die zuständigen Stellen verwiesen; schon damals sei Zubeil auch von Mitgliedern diese- HauseS nach- gewiesen worden, daß alle seine damals vorge brachten Behauptungen völlig unhaltbar waren. Ich werde, schließt Redner, natürlich alle heule wieder vorgedrachten Anklagen untersuchen, aber nach den Erfahrungen, die ich mit den Angaben de- Herrn Zubeil bi-her gemacht habe, bin ich schon jetzt über- zeugt, baß sie sich wieder als unzutreffend erweisen werden. (Beifall.) Abg. v Böhleu-orff (kons.) wünscht, daß die Verwaltung den Versuchen mü lenkbaren Luftschiffen erhöhte Aufmerksamkeit zuwende und dafür sorge, daß sich die Privatindustri« weiter damit beschäfti- Zum Aufstand i« Deutsch-Südwestafrika. Einzelheiten über den letzten Ueberfall Ueber den Ueberfall auf den Transport des LeutnantS Keller sind nähere Nachrichten einge- gangen. Danach ist der Ueberfall von einer etwa hundert Mann starken Hottentottenbande auSgesührt worden. Der an der Spitze reitende Offizier und zehn Reiter fielen sofort. Die sechs Ueberlcbenden unterhielten da- Feuergefecht bi- zum Abend, konnten aber nicht verhindern, daß die Bespannung der Wagen abgetrieben wurde. Am nächsten Morgen erneuerten die Hottentotten den Angriff, jedoch kurz darauf traf die Abteilung deS Haupt- mannS Rappard auf dem Gesichtsfelde ein. Der Gegner, hierdurch völlig überrascht, zog ab. Sechs tote Hottentotten und zahlreiche Blutspuren bekun deten den Verlust deS Feinde-. Von den Schwierigkeiten der Operationen in Südwestafrika kann man sich einen Begriff machen, wenn man aus einem Schreiben an die „Köln. Ztg." erfährt, daß die Tiere an viele« Plätzen 30 bis 40 Kilometer weit auf di« Weide getrieben werden müssen. Sodann ist da- Wasser hier überall äußerst knapp. Hafer muß von der Ost grenze herbeigeschasfl werden und wird mit 2 Pfund für den Tag und da- Pferd verabreicht. „Mo- renga", so heißt es weiter, „wird immer noch in Deutschland unterschätzt. Er ist ein erster Führer, ein hervorragender Taktiker. Aber auch er steht, nur noch dem Namen nach obenan; denn der frühere Kapitän Christian Lambert und der Bastard Morri- stehen tatsächlich an der Spitze; immerhin lst Morenga die Seele aller Unternehmungen, und man merkt es gleich zu Anfang des Gefechts, wenn er dabei ist." trächtliche Geldsumme in die Hände gefallen ist. In Kostroma wurde der Direktor der Realschule, der bei der Staatskasse 2000 Rubeln zur Aus zahlung der Lehrergehälter abgehoben hatte, von zwei jungen mit Revolvern bewaffneten Leuten be raubt, die darauf in demselben Wagen entkamen, der den Direktor zur Staat-kaffe geführt hatte. In dem sibirischen Orte KolymSk ist die Hungers not so groß, daß in einer Familie Kannibalismus au-gebrochen ist. Die Angehörigen dieser Familie überfielen Durchreisende und beraubten sie nicht nur, sondern erschlugen sie, um sich von dem Fleische des Erschlagenen zu sättigen. Sie wurden in dem Augenblick verhaftet, als sie einen Menschenkopf ans dem Bratspieß schmoren ließen. In anderen sibirischen Orten töteten sich die Familienmitglieder, um den Qualen deS Hunger- zu entgehen, gegen seitig. Die Ueberlebenden verübten Selbstmord. Ueber ein Beispiel unerhörter Korruption wird der „Berl. Ztg." aut Petersburg berichtet: Vor Jahresfrist erstach ein Kosakenoffizier im Eisenbahn wagen «inen Herrn, weil dieser sich über die Re gierung abfällig geäußert hatte. Mit Rücksicht auf das edle Motiv wurde der Offizier nicht bestraft, sondern nach dem Kriegsschauplätze geschickt. Dort zeichnete er sich durch wilde Tapferkeit au«, erhielt zwei hohe Orden und schließlich den Vertrauen«- auftrag, für 200 000 Rubel Remontepferde zu kaufen. Der Edle entledigte sich seines Auftrages so, daß er die 200 000 Rubel in seine Tasche steckte, den russischen Grenzwachen auflauerte, sie erschlug und ihnen die Pferde wegnahm. Die Freude über den Erwerb der prächtigen Remonlen wurde der Militärbehörde getrübt, al« bekannt wurde, auf welche originelle Art und Weise ihr Vertrauens mann sich in den Besitz der Pferde gesetzt halte. Der würdige Kosakenoffizier sitzt jetzt hinter Schloß und Riegel Der Mörder deS Sosnowicer Fabrikbesitzers Schön (der, wie wir seinerzeit meldeten, in Weidau in Sachsen beerdigt wurde), der 2 tjährige Arbeiter Rollnik, ein naturalisierter Deutscher, wurde in Petrikau gehenkt. Rollnik hat am SoSnowicer Billettschalter auch einen Gendarmen erschossen. Die Vorgänge in Rußland. Die gegenwärtige allgemeine Lage in Rußland wird durch folgende Meldungen charakterisiert: In Russisch-Polen lassen die Behörden die Banken au« Furcht vor Räubern durch Militär bewachen. Bei Kutais überfielen zwei bewaffnete Banditen «inen Postwagen und raubten von den etwa 20 Insassen gegen 1500 Rubel, worauf sie unbehelligt entkamen. In der Gegend von Taschkent wurde gleichfall« ein Postwagen überfallen und auSgeplündert, nach- dem der Postillon und der ihm zum Schutze mit- gegebene Begleiter gelötet worden waren. Man befürchtet, daß den Räubern, die sich selbstverständ- lich in Sicherheit bringen konnten, eine sehr be Volks-Erschöpfung. Der auSgrzeichnetenHalbmonatsschrift „Hammer" entnehmen wir nachfolgenden bemerkenswerten Artikel: Unsere Zeit ist besonders stolz auf ihre Fort- schritte in Wissenschaften und Künsten, in Technik und Industrie, in Handel und Verkehr. Und in der Tat haben wir in allem, waS das Wesen der äußerlichen Zivilisation ausmacht, eine hohe Stufe erreicht. Jedoch, wie immer: wenn man nach einer Seite zuviel tut, beginnt eS auf der anderen Seite zu fehlen. Während wir mit Hast und Uebereiser die Steigerung der äußerlichen Leben- betreiben, treten in anderer Richtung erhebliche Mängel her vor. Wir klagen über manchrrlei Entartungen und Niedergang, und dennoch blieb das Schlimmste, wa- sich vollzieht, den Blicken der Mehrheit und selbst der führenden Männer bi» heute verborgen. Wohl gewahrt man hie und da ein befremd liches Versagen alter Volkskräfte und Volkstugenden, ein jäheS Hervortreten von Verwicklungen und Uu- zulänglichkeiten, aber man tröstet sich mit dem Be wußtsein, daß dies nun einmal di» Folge der all gemeinen Entwicklung sei und darum eben mit in den Kauf genommen werden müsse. Die Ueber- zeugung, daß sich alles in einem starken Fortschritt befindet, ist so allgemein, daß ein dagegen ge äußerter Zweifel da« stärkste Befremden erregt. Die wachsende Mannigfaltigkeit deS äußeren Lebens erzeugt eine so starke Betäubung der Sinne, daß diese für manche Tatsachen blind und stumpf werden Hier wollen wir auf ein« solch« Tatsache hin- weisen. Warum beschäftigt uns seit einem Jahrzehnt in wachsendem Maße die Dienstboten-Frage, d. h. nicht nur der Mangel an Dienstboten, sondern auch die Untauglichkeit und Entartung derselben? Warum müssen wir alljährlich hunderttausend« von polnischen Arbeitern ins Land bitten, damit sie unsere Felder bestellen? Warum ist unsere Ostmarken-Politik so unfruchtbar, d. h. warum verlieren wir beständig Bodin an daS vordringende Polentum, trotzdem der Staat schon Hunderte von Millionen aufwandte, um da« Deutschtum an den Grenzen zu festigen? Warum wächst die Unzufriedenheit in den unteren Klaffen, trotzdem auch der geringste Arbeiter heute doppelt soviel verdient, al« vor 40—50 Jahren, und trotzdem der Staat hinsichtlich der Arbeiter- Fürsorge einen Aufwand macht, wie ihn noch keine Zeit gekannt hat? Alle diese Dinge stehen in ursächlichem Zu sammenhang und gehen auf die nämliche Grund ursache zurück. Ein naheliegendes Beispiel mag daS erläutern. Als die preußische Ansiedlungs-Kommisllon an- fing, Land zu erwerben und deutsche Bauern in