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AüllWie ElbjeiluH. Amts- unö Anzeigeblatt für das Köniql. GerichtsamL und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtqemeinderath zu «Pohnstein. Die „Sachs. Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Postnnstalten, sonne durch die Expedition dies Bl. für I Mark Vierteljahr!, zu beziehen. — Ib' Inserate für das Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh i) Nhr, für das SounabendSblatt spätestens bis Freitag früh !> Nl>r erbeten. — Preis für die ge spaltene Corpuszcilc oder deren Naum 10 Pf., Inserate unter 5 Zeilen werden mit 60 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirtc nach Uebereiulunst.) — Inserate für die EtbzeiMng nehme» an in Hohnstein Herr Biirgcrmstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annonccn-AiircauS von Haascnstciu k Bögler, W. Saalbach, Juvalidcndnnk und Nud. Mosse. 8878^ Schandau, Mittwoch, den 2l). Februar Politische Weltschau. Die Situation im Orient hat sich vorige Woche in einer Weise zngcspitzt, daß man fast ein neues Gewitter zwischen Rußland nnd England fürchten möchte. DaS gcheimnigvollc Dunkel, mit dem Ruß land seine Pläne hinsichtlich einer Oberherrschaft über die Türkei bisher verhüllte, nnd welches auf ein Schntz- und Trntzbüudniß der beiden kriegführenden Mächte hinauölaufcn soll, trieb die englische Politik in einen wahren KrlcgSparoxiömnö hinein. Der Sultan nnd seine Minister müßten anch Narren sein, wenn sic sich noch länger dnrch Englands Bcrsichcrnng, die tür kische Frage sei anch eine englische Frage, an der Nase hcrumführcn ließen. Offenbar trägt der Snltan kein Verlangen darnach, gleich den letzten bizantinischcn Kaisern sich nntcr den Trümmern seines Reiches be graben zn lassen, denn sonst würde er — läge über haupt die Fortsetzung des Krieges in seiner Absicht — seine Residenz längst über den Bosporus nach Brnssa verlegt haben. Da dies aber, wo fernerer Widerstand noch einen Sinn hatte, nicht geschah, wird cS heute, wo ein solcher Thorheit wäre, erst recht nicht geschehen. Abdnl Hamid vertrant sich der GroßmMh des Siegers an nnd erwartet einen gnädigeren Spruch, als iu weiterer Befolgung der Nathschlägc eines fal schen FrcnndcS. Für den Herrscher eines Reiches, welches nnrctlbar dem Untergänge verfallen ist, mag cs im Vorgefühl dessen immerhin die klügere Wahl sein, wenn er sich in die Hand dessen begicbt, dcr früher oder später einmal sein Erbe zn werden ge denkt, als ans die Hilfe eines iutcressirtcn Dritten zn bauen. Ist das osmanische Haus zum Untergänge bestimmt, so wird cS für die Dynastie Osman doch das vergleichsweise mildere Schicksal sein, wenn cs in einer, äußerlichen Glanzes nicht entbehrenden Stell ung unter Rußlands Protektion in Konstantinopel zu regieren fortfährt, als wenn eö nach Anatolien, woher es vor fünfhundert Jahren gekommen, znrück- kchrt, nm an der Hosfnnng zn zehren, dermaleinst nntcr Englands Anspicicn scin frühcrcö Reich wicdcr- zngcwinncn. Kann man also den Türken nicht ver denken, wenn sic jetzt die russische Freundschaft dcr englischen vorzichcn, so ist cö anch Rußland nicht zn verargen, sich in dieser Beziehung sicher zn stellen und zu warten, was England thnn wird. Vorläufig hat cö sciuc Kriegsschiffe vor Konstantinopel dampfen lassen, aber jedenfalls sind ihnen die Russen schon mit der Bcsctznng der türkischen Hauptstadt znvor- gckommcu. Disracli hat cs cbcu nicht vcrstandcn, zur rechten Zeit die rechten Mittel anznwcudcu. War die englische Negierung überzeugt, daß die Versicher ungen Rußlands, für ein besseres Loos der Balkan- christcn Krieg zn führen, keinen Glaubcn verdienten, so hätte sic im Angnst oder Scptcmbcr vorigcn Jahres, als die russische Kriegführung noch dnrch Plcwna nnd Kars vollständig in Anspruch genommen war, mit der Pforte eine Offensiv- nnd Dcfcnsiv-Allianz schließen müssen. Damals wäre cs vielleicht möglich gewesen, den Krieg zum Stcheu zu bringen nnd einen für die Pforte nur mit geringen Opfern vcrbnndencn Frieden zu schließen. Henle aber, wo die Machtstellung Ruß lands eine viel größere ist, als vor dem Kriege, mag England schlimmsten Falles Zusehen, wie cö ans der Mausefalle dcö Marmara-Mccrcö mit seinen Kriegs schiffen heiler Haut wieder hcranSkommt. Vom deutschen Reichstage sind wesentliche De batten noch nicht zn verzeichnen. Eine der wichtigsten Sitzungen findet am 19. d. statt, in der Fürst Bis marck die Interpellation über die Lage der Dinge im Orient zu beantworten gedenkt. Mit allgemeiner Spannung wartet man der Aufschlüsse, die der Reichs kanzler dem deutschen Volke machen wird. Fürst Bis marck traf am Donnerstag Abend von Varzin mit seiner Familie in Berlin ein. — Der vorliegende neue Militärctat für das deutsche Reich beziffert sich mit Weglassung aller Extraordinarien (Ausgaben für militärische Bauten, Pensionen, Nctablisscmcntskostcn n. s. w.) auf 828 Millionen Mark. Seit 1875) ist der Militärctat im Wachsen geblieben, thcilö weil bisherige, mit Rücksicht auf das seit dem Kriege stattgehabtc Retablissement gemachte Ersparnisse nicht mehr vorgesehen werden konnten, thcilö in Folge fortgesetzter Offizicrsstcllcnvcrmchrung (zuletzt im vo rigcn Jahre durch Einführung der 18 Hauptleute, thcilö nntcr dcr Wirkung fortgesetzter Prciöstcigernng, insbesondere bei der Natnralvcrpflcgnng. Es crgicbl sich sonach zwischen dem Etat von 1872, welcher 242 Mill. Mark betrug, und demjenigen von 1878/79 ein Unterschied von 86 Millionen Mark oder um 86 pEt. Dcr Etat der lanfcndcu Kosten dcr Mnrinc- vcrwaltuug ist in dcrsclbcn Zeit von 11 auf 25 Mill. Mark gewachsen, so daß eine Erhöhung der Etats für Heer und Marine von 258 ans 858 Millionen oder nm 100 Millionen Mark — 40 pEt. sich crgicbt. Außer den vorbcmcrkteu 858 Mill. Mark sind im vorgclcgtcu Etat aufgcführt für Pensionen von Mili tär- und Marincpcrsoncn 50 Mill. Mark, für Ka sernen-, Festung-, Schiff-, Hafcnbautcn und andere nicht znm laufenden Etat gehörigen Aufwendungen 76 Mill. Mark. Von den Pensionen nnd Extra ordinarien sollen indessen mir 80 Mill. Mark ans laufenden Mitteln bestritten werden, dcr Nest wird gedeckt thcilö ans besonderen von dcr französischen Kricgöcntschädignng hcrrührcndcn Fonds, thcilö ans Anlcihcn. Im Ganzen sollen also dem Kriegödcpar- tcmcut nnd dem Marincdcpartcmcnt 479 Mill. Mart pro 1878/1879 znr Vcrfügnng gestellt werden. In dcr Zolldcbattc dcö österreichischen Abge ordnetenhauses erklärte dcr Haudclömiuistcr iu voriger Woche, cö sci Pflicht der Negierung und Volksvertret ung, einen definitiven Znstand zn schaffen gegen die Vorlage; die erhobenen Vorwürfe widersprächen sich gegenseitig, die Vorlage halte die goldene Mittclslraßc ein und berücksichtige die reellen Verhältnisse. Dcr Ministcr konstatirt dcn cingctrctcncn Rückgang in zahl reichen Industriezweigen, daher wären Reformen nolh- wcndig, die nicht bloö in einer Zollhcrabsctznng be stehen können, sondern cö müsse eine allgemeine Kor rektur cintrctcn und anch die Stimmen Ungarns müß ten gehört nnd Rücksicht auf daö Ausland genommen werden. Jrrthümlich sei cö, von cincm Tauschhandel mit Ungarn bezüglich Erhöhung dcr Finanzzölle nnd für Erhöhung dcr Jndnstriczölle zu sprechen. Oester reich braucht die Finauzzölle ebensogut wie Ungarn. Der Tarif habe nicht einen so arg protcctionislischcn Charakter, wie man ihm vorwirft. Die Regierung hielt an ihrem anfänglichen Programm fest, nämlich an der Aufhebung dcö englischen Nachtragövcrtrngcs unter thunlichstcr Festhaltung an dcm Konventional tarif und Offcnhallnng dcr Möglichkeit günstiger Ver trüge. Dcr Vertrag mit Deutschland scheiterte, weil Deutschland augenblicklich keine dringende Ursache hat, den Vertrag fertig zn stellen, während Oesterreich we gen dcö Anögleicheö an cinc bestimmte Frist gebunden ist. Die Negierung wollte den Vertrag und will ihn noch und hofft daher dessen Zustandekommen. Die Negierung wollte nicht die Schntzzollpnrtci nm den Preis des Tarifcö für dcn Ausgleich gewinne», son dern die Industrie kräftigen und fördern. Die Geg ner des Tarifs mögen wohl überlegen, welche Konsc- gncnzcn die Ablehnung des Tarifcö hätte. Der Mi nistcr cmpfichlt das Eingehen in die Spczialdcbattc. In dcr schweizerischen Bnndcshanptstadt sind seit länger denn acht Tagen die eidgenössischen Nüthc versammelt, nm mehrere Angelegenheiten zn erledigen, die in der ordentlichen Dezember-Sitzung nicht mehr znr Verhandlung kommen konntcn nnd doch mehr oder weniger dringlicher Natnr sind. In erster Linie han delt cö sich um die Frage dcö finanziellen Glcich- gcwichtcö. Mit dieser brennenden Tageöfrage hat sich der Ständcrath schon cinc ganze Woche hindurch be schäftigt und ist dabei zn Ergebnissen gelangt, die we sentlich von denjenigen abwcichcn, die dcr National- rath im Dczcmbcr erzielt hatte. Dcn Schwerpunkt dcr Erörterungen bildeten die Fragen, welche sich ans daö Miliiänvescn beziehen. Eine große Zahl von Ein gaben Seitens verschiedener Vereine n. s. w. befür worteten energisch den nnucrschrlcn und unverkürzten Bestand der neuen Militärorgauisatiou. Auch im Nalhe selbst fand diese Meinung beredten Ausdruck, im Allgemeinen kam im Stäudcrathe die Anschauung zur Geltung, die Wehrkraft sei möglichst zu schoucu nud mir diejenigen Ersparnisse in's Auge zn fassen, welche ohne wirklich empfindliche Schwächung dcr Wehrkraft dnrchgcführt werden könnten. Die cnragirtcn franzüsischcu Ullramoutancn sol len dnrch die mancherlei politischen Komplikationen dcr neuesten Zeit sich zn dcr Hoffnung auf cinen Weltkrieg berechtigt hallen, dcr dcm römischen Stnhl seine weltliche Macht wicdergcbcn soll. Man wagt jedoch bis jetzt nicht, offcn mit einer Agitation für die Auswanderung des Konklaves vorzngehcn. Das „Univcrö" behanplctc inzwischen ohne jeden Vorbehalt, das Konklave werde in Nom stattfindcn, nnd that- sächlich besteht der einzige Druck, dcn dic Klerikalen auf daö große Publikum zu üben suchen, darin, daß sic vorschlügcu, allc Katholiken sollten bis zn dem Tage, wo dcr ncnc Papst gewählt ist, öffentlich Trauer tragen. In Bezug auf die orientalische Angelegenheit bewahren dic republikanischen Blätter Frankreichs eine ruhige nud sehr verständige Haltung. Dic „Nepn- blignc fraiitznisc" gab sogar England dcn Nath, ruhig zn bleiben, auö den Siegen Nnßlandö Nutzen zu ziehen nnd sich in keiner Weise zn einer gefährlichen Manifestation hinrcißcn zn lassen. Dic ineistcn übri gen Journale sprechen sich in demselben Sinne anö und hoffen, daß die Weisheit und Mäßigung dcr Rc- gicrungcn Verwickelungen Vorbeugen werde. Die italienischen Blätter füllen jetzt selbstver ständlich ihre Spalten mit Betrachtungen über den Tod PinS IX. Im offiziösen „Diritto" gelangt Gncrricrc-Gonzaga zn nachstehender Schlnßbctrachtnng: „Die Tugenden Pins' IX., seine Anlagen, die Zeiten, in denen er den päpstlichen Thron bestieg, die Diö- posrtioncn seines Geistes, sowie seiner Zeitgenossen, alles dies hätte dic ersehnte Umwandlung des Papst- thumö, die Versöhnung dcr uatioualcu Souveränität mit derjenigen dcr Päpste glücken lassen müssen. Eine grausame Erfahrung heilte uns von diesen Illusionen; nnd der Tod Pinü IX., welcher demjenigen Victor Emanuels bald folgte und dcu crstcn Monat dcr Ne gierung dcö Königs Humbert kcuuzcichuet, ermahnt uns, daß allc italicnischcn Patrioten die Wichtigkeit nnd Bedeutsamkeit der neuen historischen Periode, in welche wir cinlrcten, nicht verkennen dürfen. Schaa- rcn wir nnö sämintlich um die bürgerliche und kon stitutionelle Monarchie nud achten wir vorsichtig und mnlhig auf dic Nachstellungen nnd Gefahren in einer Frage, deren Größe nnd Schwierigkeiten erkannt und entschlossen in'S Auge gefaßt werden müssen." — Die „Gazctta nffiziale" veröffentlicht ein Dekret, dnrch welches die Einberufung des Parlaments auf dcn 7. März verschoben wird. — Dic Kongregation dcr Kardinälc hat die Geschäftsordnung für das Konklave berathcn. — Als ein Zeichen, wie sehr König Hnm- bcrt bemüht ist, dic Traditionen seines Vaters zn pfle gen und sich die Sympathien der Bevölkerung zn er halten, mag dienen, daß König Humbert während der ganzen Zeit der Krankheit Garibaldi's sich über den Znstand des alten Helden hat telegraphisch unterrich ten lassen und sodann persönlich an Garibaldi seine Glückwünsche znr Genesnng gerichtet hat. Dic in dcr Auflösung begriffene Türkei hat mittelst einer Botschaft des Sultans daö Parlament aufgelöst. Motivirt wird diese Maßregel dnrch die gegenwärtige Lage der Dinge. Dcr Snltan dankt für erwiesene Dienste nnd spricht die Hoffnung ans, ein neues Par lament bald cinbcrnfcn zn können. Es wird, wenn cS geschieht, etwas kleiner scin, als daö bisherige.