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MeWtz-ZeitW 64. Jahrgang Sonnabend, den 8. Oktober 1898. Nr. 118. Verantwortlicher Redactmr: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtfeitigem „Jll »strikten UnterhaltuugSblatt". Mit land- und hauSwirthschaftlichrr MonatSbeilage. Die Weißerttz.Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. LS Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlia) 42 Vta. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie .die Agenten nehmm Be stellungen an. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrath zu Dippoldiswalde. Inserate, welche beide» bedeutenden Auflage del Blattes eine sehr wirb« Spaltenzeu'c -derberen Rm«n berechnet. — La» bellerische und complicir^ Inserate mit entsprechen dem" Auflchlag.— Einge sandt, jm redaktionellen »heile, die Spaltenzeil« 20 Pfg- -^oLalts und Sächsisches. Dippoldiswalde. Daß ein hohes Fest im An zuge sei, hat in den letzten Tagen der „Herr der Schöpfung" sicher bitter empfinden müssen! Zunächst steht grobes Reinemachen aus der Tagesordnung des Wirthschaftsprogramms der geschäftigen Hausfrau. Wahre Sündfluthsn von Wasserströmen ergießen sich durch das friedliche Haus und treiben den friedlieben den Hausherrn aus einer Stube in die andere oder auch ins — WirthshauS zu freudvollem Skat. Und dann — in strammer Reihe nebeneinander stehen Schöffeln und Töpfe mit Butter und Mehl, großen und kleinen Rosinen, süßen und bitteren Mandeln um bald bunt durcheinander gemischt zu werd n, zu leckerem Kuchen, zu appetitlicher Eierschecke und Gieß und Pflaumenkuchen. Und wozu viese heilloje Revolution im Haushalte? Kirmeß ist im Anzuge und da ist es der Stolz der Hausfrau zu zeigen, was sie und waS Küche und Keller vermag, gilt es doch liebe Gäste zu empfangen und zu bewirthen. Was alles in den Räumen der Häuslichkeit vor sich geht, das entzieht sich der Kenntniß des ZeüungschreiberS, was aber zu allgemeinem Wohle von anderer Seite offenbart wird, das berichtet er getreulich den geehrten Lesern in heutiger Nummer. Und wohin immer der Schritt ge lenkt wird, überall ist für Zerstreuung und Unter haltung gesorgt. Wir aber wünschen Allen viel Ver gnügen zur fröhlichen Kirmeß! — Die hiesige Kaufmannschaft hat b-schloffen, während des Winterhalbjahres ihre Geschäfte Abends um 9 Uhr zu schließen. Eine Ausnahme hiervon bildet die Weihnachtsz.it, während welcher die Läden nach Bedarf bis gegen 10 Uhr offen gehalten werden. Poffendorf. Die in den Gemeinden hiesiger Parochie stattgefundene Haussammlung für den Gusiao- Adols-Verein hat 200 Mk. ergeben, während im vorigen Jahre 185,25 Mk. gesommert worden find. Wilmödorf. Der hiesige Männergefängverein „Grüner Zweig" feiert am 23. Oktober sein zehntes Stiftungsfest mit Konzert, Festtafel und Ball. Die Ballmustk wird von der Dippoldiswalder Stadtkapelle a Sgeführt. Altenberg. Nächsten Sonntag findet bekanntlich die Weihe unserer städtischen Turnhalle statt. Der Festzug stellt sich vor dem „Alten Nmthause" bereits um 2 Uhr aus, worauf der Umzug durch die Stadt beginnt. Nach demselben S ^lüffelübergabe vo- und Weiheakt in der Halle. Anschließend Riegen- und Kürturnen, zum Schluß Fahnengruppen des Turn vereins, rm 5 Uhr Rückzug nach dem NathSkeller, daselbst geselliges Beisammensein. Dresden. Aus den sächsischen Staatsbahnen sind -im Jahre 1897 inSgesammt 247 Personen zu Scha den gekommen und hiervon 55 getödtet worden. "Gegenüber dem Jahre 1896, in welchem 217 Personen im Eisenbahnbetriebe verletzt und 60 Personen ge- tödtet wurden, ist eine geringe Verminderung ein- -getreten. — Die Vieh schmuggier haben Heuer arges Pech. Am Dienstag früh wurden abermals 3 starke Ochsen bei der Kgl. Grenzobsrkontrole zu Adorf ein geliefert. Die werthvollen Thtere waren in der Nacht vom Montag zum Dienstag von vier sächsischen Grenz aussehern zwischen Gettengrün und Bergen einer Echmugglerbande weggenommen worden. Die Thtere -sollten dem Adorser Viehmarkte zugetrieben werden; die böhmischen Schmuggler ergriffen die Flucht und entkamen in dem dichten Walde. Pirna. Die freisinnige „Tagespost" hat ihr Grsche.nen eingestellt. Das hatten sich ! ie Gründer de» Blattes denn doch „ganz anders gedacht", als sie nor 7 Jahren zu einer Genossenschaft »usammentraten, um ein freisinniges Zeitungsunternehmen dahier ins Leben zu rufen. Sie wollten dem Freisinn den ver loren gegangenen Wahlkreis wieder zurückerobern und den ihnen wegen seiner loyalen Haltung unbequemen „Pirnaer Anzeiger" beseitigen. Mit dem Zeitungs gründen aber hat es nun einmal einen Haken. Ob- gleich sich eine arößere Anzahl „angesehener und kapitalkräftiger" Einwohner zusammengekundsn hatte, um mit der Gründung der neuen Zeitung „einem längst empfundenen Bedürfniß abzuhelfen", wollte es mit dem Unternehmen doch nicht vorwärts gehen. Gleich im ersten Geschäftsjahre waren des voll eingezahlten Kapitals verpulvert, so^aß zu einer Er höhung des Kapitals geschritten werden mußte. Auch die folgenden Jahre brachten nichts als Verluste, so das Jahr 1894 immer noch 8024 Mk., worauf die Genossenschaft liquidirte un' das Unternehmen in private Hände überging. Daflelbe hat dann noch zweimal den Besitzer gewechselt. Es sind nicht nur die sämmtlichen Einzahlungen, sondern auch die statutengemäß vorgeschriebenen Nachzahlungen verloren gegangen, so daß der Gesammtverlust — will man noch die Verluste bei dem häufigen Besitzwechsel hin zurechnen, sich auf 100 000 Mk. stellen dürste. Was die Ursachen dieser Mißerfolge waren? Nicht allein die Entwicklung der politischen Verhältnisse, denn der Freisinn hatte Anfang der 90 r Jahre in Pirna noch einen bedeutenden Anhang. Wohl aber war es das ivserirende Publikum, das sich gegen die ihm durch Jnseriren in zwei Blättern zugemuthste doppelte Aus gabe sträubte. Die „Tagespost" hat trotz billigerer Ins rtionspreise nicht im Entferntesten an die Be deutung herangereicht, die der alte „Pirnaer Anzeiger" sich als Jnsertionsorgan errungen hatte, obgleich in der ersten Zeit die freisinnigen Genossenschafter die größten Anstrengungen machten, das eigene Blatt durch Inserate rc. zu unterstützen. Sehr bald kam den Geschäftsleuten die Erkenntniß der neuen Lage: Sie sagten sich, daß, falls es dem neuen Zeitungsunter nehmen gelingen würde, dauernd festen Fuß zu fassen, sie das Vergnügen haben würden, doppelt in ihren Beutel zu greifen, daß sie dann in zwei Blättern in- seriren müßten, anstatt in einem, um lediglich das selbe zu erreichen. An dieser Erwägung der inseri- renden Geschäftsleute ist die „Tagespost" denn auch nach längerem Siechthum an Mangel an Abonnenten und Inserenten zu Grunde gegangen. Zeithain. Aus dem im nächsten Jahre in Be nutzung zu nehmenden Infanterie-Schießplatz Haide- häuser werden Baracken errichtet, mit deren Bau am 1. Oktober begonnen wurde. Es sollen darin ein ständiges Kommando von 60—80 Mann zu liegen kommen. Grimma. Der Kirchenvorstand hat sich mit dem Verkaufe des Gotteskastenholzes an den Staat einverstanden erklärt. Das Holz liegt in Klein» bardauer Flur, besteht aus 11 zwischen den Fluren Glasten und Etzoldhain und dem StaatSwalde liegen den Parzellen und bed ckt eine Fläche von 134 Ackern 105 Quadratruthen. Dem Gotteskasten gehörte es seit 1529 und war an ihn mit dem ausgehobenen und der Kirche zugewiesenen Hospital St. CruciS gelangt. Dem Hospital war es von einem Besitzer Otterwischs, einem Herrn von Hirschfeld, geschenkt worden. Leipzig. Unsere altehrwürdige Ntkolaiktrche, die viele Jahrhunderte Leipziger Lebens an sich vor- tzberziehen sah, wird vollständig im Aeußeren erneuert. Die Pläne, die vom Kirchenvorstande angenommen wurden, aber noch der Genehmigung der Oberbehörden bedürfen, wurden vom A chitekten Weidenbach geliefert. Mit der Ausführung des Baues soll jedoch erst im nächsten J.hre begonnen werden. — Ein schwerer Unglückssall ereignete sich am Dienstag Nachmittag in Leipzig. Die junge Frau deS an der Straßenbahn beschäftigten Oberschloffers Herold — das Paar ist erst seit vorgestern vermählt — fuhr mit ihrem Manne auf der Straßenbahn und wollte, als dieser in der Berliner Straße von dem in voller Fahrt befindlichen Wagen absprang, ein Gleiches thun. Ohne sich zu besinnen, folgte das erst 18jährige junge Weib dem Gatten, stürzte aber zu Boden und gerieth mit beiden Beinen unter den an gehängten Nachfahrwagen. Mit zermalmten Füßen wurde die Unglückliche aufgehoben und schleunigst nach dem Krankenhaus St. Jacob überführt, wo ihr beide Beine amputirt werden mußten. Leipzig. Am 6. Oktober, früh, kurz nach 6 Uhr, fuhr eine einzelne in der Richtung nach Halle fahrende Lokomotive einem in entgegengesetzter Richtung kommen- den Güterzug in die Flanke. Beide Maschinen und drei Gepäckwagen sind stark beschädigt. Der Verkehr auf der Dölitzerstraße war 1'/» Stunden gesperrt. Beim Zusammenstoß wurde der Lokomotivführer Lud wig Schlegel auS Buckau-Magdeburg von der Maschine erheblich verletzt. Der Heizer dieser Maschine gtebt an, er sei von der Maschine abgesprungen. Der Heizer wurde leicht verletzt. Die Ursache deS Unfalls ist noch unbekannt. Chemnitz. Das Kegelanffetzen durch Schul» kinder ist durch eine Verfügung des hiesigen Schul» auSfchuffeS neuerdings in der Weise beschränkt worden, oaß ein Knabe wöchentlich nur zweimal zu dieser Be schäftigung herangezogen werden darf. Des weiteren ist zu dieser Arbeit die Genehmigung deS Direktors der Schule, die das Kind besucht, einzuholen. Dieser darf sie nur solchen Knaben ertheilen, die mindestens 12 Jahre alt sind, sich einer kräftigen Gestalt er freuen und ihre häuslichen Schularbeiten tadellos fertigen. Zeigt sich späterhin ein Knabe infolge feiner Thätigkeit als Kegelaufsetzer ermüdet und schlaff oder leichtfertig in seinen Schularbeilen, so ist die Geneh migung zurückzuziehen. AuS dem Erzgebirge. Die Vereinigung der Gemeinde Niederlößnitz mit der Stadl Lößnitz ist am 1. Oktober in einfacher, aber würdiger Weise durch Begrüßung, Fesiaktus und Festmahl begangen worden. Annaberg. Das UnterkunftShauS auf dem hiesigen Pöhlberge ist in der kurzen Zeit seines Be stehen so zahlreich besucht worden, daß gegenwärtig auf Beschluß der städtischen Kollegien bereits ein Er weiterungsbau vorgenommen wird. Zwickau. Der Apotheker Beckert in Dresden halte im April d. I. als Gehilfe der Engelapotheke zu Hohenstein-Ernstthal im Geschäftsdrange irrthüm- ltch schwefelsaures Zink (Gift) statt Bittersalz verab reicht und dadurch die Erkrankung zweier Personen verschuldet. Diese Fahrlässigkeit ahndete das Land gericht Zwickau mit 100 Mk. Geldstrafe oder 20 Tagen Gesängntß. Wildenfels. Eine Kuh wurde hier während des Transportes scheu, durchraste mehrere Straßen, glück licher Weise ohne Schaden anzurichten, sprang über mehrere Gartenzäune und stürzte endlich über eine hohe Gartenmauer auf die Straße, wobei sie da» Genick brach. Zittau. Die freisinnige „Zittauer Morgenztg." trat bei der Stichwahl für den .ozialdemokratischen Kandidaten ein. Infolgedessen hat der Vorsitzende des Zittauer BezirksoereinS des sächsischen Militär vereinsbundes den Vorsitzenden eines Militärvereins, der eine Ausgabestelle der genannten Zeitung ver waltete, aufgesordert, diese Ausgabestelle auszugeben, da es mit dem Amte deS Vorsitzenden eines Militär vereins schwer vereinbar sei, in irgend welcher Be ziehung zu einer solchen Zeitung zu stehen. Tagesgeschtchte. Berlin. Die Abreise des Kaiserpaares nach dem Orient ist nunmehr auf Mittwoch, den 12. dieses Monats, Vormittags 8 Uhr, festgesetzt. Am folgenden Tage, Nachmittags 5 Uhr, findet die Ein schiffung von Venedig aus statt. Die Seereise pach dem Bosporus dauert nahezu vier Tage. Am Moritag,