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chinchilM TnaMlM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- schetnende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «nd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Lolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 23S. Sonntag, den 8. October 1882. Das aus das dritte Vierteljahr 1882 fällige Schulgeld ist spätestens bis zum 16. künftigen Monats an hiesiger Rathsexpeditonsstelle zu bezahlen. Schulkassenverwaltung Waldenburg, den 30. September 1882. Bekanntmachung. Wegen Schleußenbaues bleibt die Pachtergasse hier vom 9. dieses Monats ab bis auf Weiteres für Fuhrwerk gesperrt. Waldenburg, den 7. October 1882. Der städtische Bauausschuß. Limmer, Stadtrath.l Fortbildungsschule. Die Zeichenstunden in der Fortbildungsschule beginnen von Sonntag, den 8. October, an für alle Classen um 8 Uhr früh. Dieselben gehören für die 3. und 2. Classe zu den obligatorischen Unterrichtsstunden, und wollen daher Lehrherren ihre Lehrlinge regelmäßig und pünktlich senden. Waldenburg, den 6. October 1882. Die Schuldirektion. *Waldenburg, 7. October 1882. Zur Tagesgeschichte. Mit dem europäischen Concert hapert's neuerdings wieder. Während Deutschland und Oesterreich, ja selbst Italien und Rußland die Vorschläge Englands wegen der Reorganisation Egyptens vertrauensvoll abwarten, giebt sich in Frankreich Mißtrauen und Gereiztheit in stets wachsendem Maße kund. Man fürchtet, daß die französische Mitwirkung bei der Finanzcontrole in die Brüche gehen könnte, und leider erhält der Argwohn Nahrung durch die dreiste und rücksichtslose Sprache, welche die „Times" jetzt fast täglich in dieser Beziehung führt. Die „Rö- publique fran^aise" wendet sich wieder sehr scharf gegen das Cüyblatt und erklär! mit fast drohender Geberde, Frankreich könne sich eine Mißachtung seiner Rechte nimmermehr gefallen lassen und werde nöthigenfalls gegen England Front machen müssen. Gleichzeitig giebt uns aber der Telegraph Kennlniß von einem neuen Artikel der „Times", in welchem ausgeführt wird, zur Lösung des egyptischen Prob lems bedürfe England keines Bundesgenossen. Auch diese sehr prahlerische Kundgebung richtet ihre Spitze zunächst gegen Frankreich, dessen weitere Mitwirkung in Egypten als völlig überflüssig abgelehnt wird. Sie wird in Frankreich einen neuen Sturm der Entrüstung erregen. Wir glauben indeß, daß man der „Times" zu viel Ehre anthut, wenn man für alle ihre, noch dazu oft wechselnden und schwanken den Aeußerungen das Londoner Cabinet oder auch nur die maßgebenden Kreise in England verant wortlich macht. Hat nicht dasselbe Blatterstkürzlich ein englisch-französisches Bündniß mit der Spitze gegen Deutschland gepredigt, nachdem es wenige Wochen vorher Deutschland geschmeichelt und Frank reich vor den Kopf gestoßen hatte? Die bisherige Haltung des Cabinets Gladstone läßt vielmehr er warten, das dasselbe in Egypten eine Neugestaltung anstrebt, die in erster Linie zwar das englische Interesse wahren, zugleich aber jede brüske Ver letzung fremder Rechte und Interessen sorgfältig vermeiden wird. Man möge sich also in Frankreich beruhigen. Deutschland aber hat erst recht nicht Ursache, sich vor der Zeil zu erhitzen und die Vor schläge Englands zu mißbilligen, ehe sie noch be kannt sind. Die Eindrücke, die Kaiser Alexander auf seiner Reise nach Moskau gewonnen, haben nicht die Wirkung gehabt, in dem bestehenden Negierungs system der energischen Unterdrückung jeder selbst ständigen Regung in der Bevölkerung eine Milderung eintreten zu lassen. Von „Reformen" ist im heiligen Rußland gegenwärtig weniger denn je die Rede. Das neue russische Preßgesetz ist ein deutlicher Be weis dafür, daß das System vielmehr noch verschärft werden soll. Selbst der Verkündiger dieses drako nischen Gesetzes, der gegenwärtige Minister des Innern, Graf Tolstoi, will sich nicht zur Unterschrift desselben bekennen und läßt verbreiten, daß der frühere Minister Jgnatiew der Verfasser desselben sei, er selbst habe sogar gewisse Milderungen einzelner gar zu großer Härten herbeigeführt. Alle ernsten und besonnenen Männer, ergebene Anhänger der kaiserlichen Familie, schütteln zu der neuesten Maßregel, welche alle freimüthigen Meinungsäußerungen unterdrückt, die öffentliche Aufdeckung von Mißbräuchen in der Verwaltung zur Unmöglichkeit macht, mit tiefer Bestürzung den Kopf und blicken mit banger Sorge in die Zukunft ihres Vaterlandes, welches die Folgen dieser ver blendeten Regierungsweisheit schwer zu büßen haben wird. Das russische Reich liegt seit langer Zeit im Innern an einer schweren Krankheit darnieder; die Mittel aber, welche die Regierung des Czaren anwendet, um dieselbe zu heilen, sind weit eher ge eignet, das Uebel zu verschlimmern. "Waldenburg, 7. October 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Wenn auch ein Verwendungsgesetz von der Tagesordnung der bevorstehenden preußischen Land tagssession verschwunden ist, so wird doch das preu ßische Abgeordnetenhaus mit der Reform der Steuern sich sehr eingehend zu beschäftigen haben. Es dürfte in erster Linie die Reform der Klaffen- und Einkommensteuer in Angriff genommen werden. Die überaus schwierige Frage einer Reform der Communalbesteuerung, welche für den Augenblick nicht zu beschaffende große Zuschüsse aus Staatsmitteln erfordern würde, soll angeblich, vorläufig wenigstens, ganz vertagt werden. An die ultramontanen Wähler der Rheinlands haben die Centrumsführer einen besonderen Wahlaufruf erlassen, der neueren Datums ist als der allgemeine klerikale Wahlaufruf, und darum die augenblickliche Stimmung besser wiederspiegelt. Er ist denn auch erheblich schroffer und schärfer abge faßt und macht der Regierung bittere Vorwürfe, an dem Stillstand des Friedenswerkes Schuld zu sein, indem sie nicht nur von einer organischen Revision der kirchenpolitischen Gesetzgebung nichts wissen wolle, sondern nicht einmal von den ihr in dem Juligesetz verliehenen Vollmachten Gebrauch gemacht habe. Die Staatsregierung sei hinter den Wünschen der parlamentarischen Mehrheit zurückgeblieben, welche durch Zustimmung zu dem Antrag Windlhorst auf Abschaffung des Jnternirungsgesetzes und zu dem neuesten Kirchengesetz die Bereitwilligkeit kundgaben, den drückendsten Beschwerden des katholischen Volks abzuhelfen. Nur eine organische Revision der ganzen Maigesetzgebung könne zum Füeden führen. Worin diese bestehen soll, wird nicht gesagt; man weiß aber, daß sie darin bestehen soll, die Maigesetzgebung aller ihrer wichtigsten und wirksamsten Bestimmungen zu berauben, bis sie gar keinen Werth mehr hat. Der Vorsitzende des deutschen Vereins für inter nationale Doppelwährung, Herr v. Kardorff, wird das Präsidium des am 12. d. M. in Köln begin nenden internationalen bimetallistischen Congresses übernehmen. Aus England kommen nach Köln 6 Delegirte der dortigen Bimetallistenpartei, darunter der Gouverneur der Bank von England. In der letzten Generalversammlung der land- wirthschaftlichen Vereine Schlesiens wurde nach Ab lehnung mehrerer, theils entgegenstehender, theils abweichender Anträge mit 33 gegen 29 Stimmen, dem Antrag des Referenten v. Klitzing entsprechend, beschlossen: Der Vorstand wolle darauf hinwirken, daß für das gesammte Deutsche Reich eine staatliche obligatorische Hagelversicherung eingeführt werde. Eine, von der französischen Regierung ernannte Commission zur Besichtigung deutscher Hafen- einrichtungen und der im Interesse der Schiff fahrt und des Handels bestehenden Einrichtungen ist am Montag in Hamburg eingelroffen. Dieselbe be steht aus dem Depulirten Felix Faure und dem Brücken- und Wegebau-Ingenieur Colson. Der Senat hatte denselben einen Dampfer zur Verfü gung gestellt und die Senatoren Stahmer und O'Swald beauftragt, den Delegirten der französischen Regierung die Honneurs zu machen. Von dem französischen General-Consul Graf de Pina und verschiedenen Sachverständigen geleitet, machten die Herren am Dienstag die schöne Tour der Elbe hinauf und hinunter, und sollen dieselben sich nament lich über die Quai-Anlagen in anerkennendster Weiss ausgesprochen haben. Von Hamburg begeben sich die Herren nach Bremen. Der Dominikanerpater Didon in Paris ist soeben nach einem mehrmonatlichen Aufenthalte in Deutschland nach Paris zurückgekehrt. Ueber seinen Aufenthalt in Leipzig und Berlin, woselbst er sich mit Eifer dem Studium des „Deutschen und Deutschlands" widmete, äußert sich der beliebte Pre diger sehr befriedigt. Er hat viele Erfahrungen gesammelt und beabsichtigt ein Werk herauszugeben, dem seine täglichen Aufzeichnungen in den deutschen Universitätsstädten zu Grunde liegen sollen. Im März d. I. schrieb Pater Didon aus Leipzig an einen Freund: „Ich stecke im Deutschen bis über die Ohren, ich übersetze d'rauf los und buchstabire wie ein kleiner Junge die rauhen Silben dieser Sprache, deren ich mächtig sein will, ehe ich nach Paris zurückkehre." Und etwas später ließ er sich aus Berlin vernehmen: „Ich bin ein einfacher Berliner Student. Mit meinen vierzig Jahren und der Mappe unter dem Arm gehe ich unter jungen Studirenden einher, sitze in ihrer Mitte zu den Füßen der Katheder ihrer Lehrer. Ich finde sie ernst und schlicht; sie lauschen aufmerksam, machen sich Aufzeichnungen, arbeiten fleißig. Die Renom misten und Händelsucher unter ihnen bilden eine geringe Minderheit. Auch die Lehrer überraschen mich durch ihr bescheidenes Auftreten. Alles geht ohne Gepränge vor sich, ohne das obligate Glas Zuckerwasser, ohne Pedellen mit silberner Kette um den Hals. Der Professor hat auch keine besondere Thüre, er kommt, wie die Zöglinge, hängt Ueber- zieher und Hut an den nämlichen Pflock, wie die Hörer, setzt sich auf einen gewöhnlichen Strohseffel und lehrt nicht Worte, sondern Dinge." Der erste dieser Tage erschienene Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer für Ober-