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MMrim* Tageblatt Erschein 1 -jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1.40; durch die Post Mk. 1.50 frei ins Haus. Geschäfts-Anzeiger für Inserate nehmen die Expedition bis Vorm. 10 Uhr sowie für Auswärts alle Austräger, detgl. alle Annoncen-Expeditionen zu Original- Preisen entgegen. Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Lngau, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Ruhdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleifza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Nr. 28Z Dienstag, den 6. December 1892. 42. Jahrgang. Bekanntmachung, -ie Kirchenvorstandswahl in der Stadt Hohenstein betreffend. Die Kirchenvorstandswahl in der Stadt Hohenstein findet am 3. Adventssonntage, den 11. December d. I. in der hiesigen Kirche Vormittags von 11 bis 12 Uhr statt. Punkt 12 Uhr wird Vie Wahlhandlung geschlossen. Den durch Eintrag in die Wählerlisten berechtigten Wählern werden die erfordlichen, 'von ihnen selbst anszufüllenben, Stimmzettel zugcsendet werden. Der Coupon, auf welchem die Nummer steht, ist beim Wahlakt abzureißen. Air Stelle der ausscheidcnden Herren Fabrikant V. Falcke, Schneidermeister L. Keilhaus, Bürgerschullehrer R. Kunze und Fabrikant L. Lotze, welche nach H 17 Abs. 2 der Kirchen- vorstandsordnung sämmtlich wieder wählbar sind, sind 4 Mitglieder in den Kirchenvorstand zu wählen. Wählbar sind alle stimmberechtigten Gemeiudeglieder, welche das 30. Lebensjahr vollendet haben. Die Wähler haben ihr Augenmerk auf Männer von gutem Rufe, bewährtem christ lichem Siune, kirchlicher Einsicht und Erfahrung zu richten. Nicht wählbar sind die im Kirchcnvorstande verbleibenden Mitglieder (Herren Hermann Krumbiegel, Oskar Beck, Stadtrath Graupner, Tischlermeister A. Neumann und die beiden Geistlichen.) Wir richten die Aufforderung an die Wähler, zu Nutz und Frommen des kirchlichen Lebens von ihren: Wahlrechte Gebrauch zu mache«. Hohenstein, den 3. December 1892. Der K i r ch e n v o r st a n d. Albrecht. Zwangsversteigerung. Das im Grundbnchc auf den Namen Gustav Hermann Müller eingetragene Feld grundstück, Folium 282 des Grundbuchs für Ernstthal, Parzelle Nr. 27 des Flurbuchs, 15,8 a groß, mit 5,07 Steuereinheiten belegt und auf 1400 M. geschätzt, soll im hiesigen Gerichtsgebäude zwangsweise versteigert werden und ist der 17. December 1892, vormittags 10 Uhr als Versteigerunftstermin, sowie der 23. December 1892, Vormittags 10 Uhr als Termin zu Verkündung des Vertheilungsplans anberaumt worden. Eine Uebcrsicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rang verhältnisses kann in der Gerichtsschrciberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingeschen werden. Hohenstein-Ernstthal, am 20. October 1892. Königliches Amtsgericht. von Feilitzsch. Freiwillige Grundstücksversteigerüng. Auf Antrag der Erben des Gutsbesitzers Heinrich Otto Martin in Gersdorf sollen die zum Nachlaß gehörigen Grundstücke: 1. Folium 129 des Grundbuchs für Gersdorf, mit Wohn-und WirthschaftsgM bebautes Handfrohngut (Brandversicherungssumme: 5720 Mark), bestehend aus den Flurstücken Nr. 234a, 226, 231, 234b, 235, 392, 393, 394, 395,396,397,3986 des Flurbuchs für genannten Ort, 14 Hectar 85,z Ar groß und mit 527,92 Steuereinheiten belegt, ortsgerichtlich auf 35 260 Mark gewürdert, 2. Folium 265 des Grundbuchs für Gersdorf, Wiese, bestehend aus Parzelle Nr. 449 des Flurbuchs für genannten Ort, 23,z Ar groß, mit 11,47 Steuereinheiten be legt, ortsgerichtlich auf 1000 Mark gewürdert, 3. Folium 272 des Grundbuchs für Gersdorf, Wiese, bestehend aus Parzelle 458 des Flurbuchs für genannten Ort, 59,g Ar groß, mit 30,zg Steuereinheiten be legt, ortsgerichtlich auf 2500 Mark gewürdert, 4. Folium 8 des Grundbuchs für Erlbach, Feld, bestehend aus dem Flurstück 394» des Flurbuchs für genannten Ort, 55,? Ar groß, mit 16,gg Steuereinheiten be legt, ortsgerichtlich auf 1125 Mark geschützt, sollen durch das unterzeichnete Amtsgericht im Nachlatzgute, Vranbcatasternummer 120, iu Gersdors Mittwoch, den 14. December 1892, Vormittags 11 Uhr, versteigert werden. Solches wird unter Hinweis auf die am hiesigen Amtsbrett, am Gemeindebrett zu Gersdorf, im Gasthof „Zum blauen Stern" daselbst, im Gasthof „Zur Linde" in Hermsdorf, sowie im Gasthof „Zum Hirsch" in Oberlungwitz aushängenden Bekanntmachungen hierdurch bekannt gemacht. Königliches Amtsgericht H 0 h e n st e i n - E r n st t h a l, den 26. November 1892. Engelmann, Ass. Concursverfahren. Ueber das Vermögen des Materialwaarenhändlers Karl Gotthilf Junghans in Gersdorf, wird heute, am 1. December 1892, Nachmittags 5 Uhr das Concursverfahren eröffnet. Rechtsanwalt Reinhard in Hohenstein wird zum Concursverwalter ernannt. Concurssvrderungcn sind bis zum 2. Januar 1893 bei dem Gerichte anzumclden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusscs und eintrctenden Falles über die in Z 120 der Concursordnung bezeichneten Gegenstände auf den 22. December 1892, vormittags 10 Uhr uud zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf den 11. Januar 1893, vormittags 10 Uhr vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Concursmasse gehörige Sache im Besitz haben oder zur Concursmafie etwas schuldig sind, wird aufgegcben, nichts an den Gemeinschnldner zu verabfolgen oder zn leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch uehmen, dem Concursverwalter bis zum 20. December 1892 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht H 0 h e n st e i n - E r n st t h a l. von Feilitzsch. Bekanntmachung. Am heutigen Tage ist der nachstehend näher bezeichnete unbekannte männliche Leich nam auf hiesiger Flur erhängt ausgesunden und polizeilich aufgehoben worden, was mit dem Bemerken andurch bekannt gemacht wird, daß die nacherwähnten Kleidungsstücke bei dem Unterzeichneten zur Ansicht bereit liegen. Erlbach, am 3. December 1892. Müller, Gemeinde-Vorstand. Beschreibung des Leichnams: 1,80 Meter lang, röthliches Haar, Alter ungefähr 50 bis 60 Jahre. Kleidung: Dunkelgrau karrirtcs Stoffjacket, dunkle Beinkleider, blaue Plüschwcste, blaue Leinewandschürze, blaugraue Unterjacke, weiße Unterhosen, weiß- und rvthgestreistcs Barchenthcmd und niedrige Lederschuhe. Mord in Lützen. Eine schauerliche Mordthat, deren Motiv bis jetzt gänz lich in Dunkel gehüllt ist, hat sich am Abend des 2. December in Lützen ereignet. Am Freitag Abend gegen 8 Uhr hörte ein Bewohner der Ellerbacherstraße in dem Theile derselben, welcher im freien Felde endet und nur spärlich erleuchtet ist, einen lauten Schrei, achtete aber, als er zum Hause hinausblickend nichts bemerkte, nicht weiter hierauf. Eine gute halbe Stunde später loderten aus dem unweit der genannten Straße in: Felde stehenden Feime die Flammen hervor, die von der herbeigeeilten Feuer wehr vergeblich zu löschen versucht wurden. Während der Feim uiederbrannte, entdeckte man den Leichnam einer jungen Frauens person, deren Oberkörper in den: glühenden Stroh steckte und bis zur Brust schon völlig verkohlt war. Der übrige Körper war unversehrt geblieben, da er außerhalb des Bereichs ocr Flammen auf der Erde lag und der Wind die Flammen nach der entgegengesetzten Seite getrieben hatte. Das Gesicht der Todten war nicht mehr zu erkennen, es konnte nur konstatirt werden, daß man den Körper eines sehr jungen Mädchens vor sich hatte, dessen Schädel zertrümmert worden war und das einen Messer- oder Dolchstoß in den Unterleib erhalten hatte. Erst spät nach Mitternacht wurde die Persönlichkeit der Todten festgestellt und zwar durch den Vater derselben, den Briefträger Rothe, der, weil seine junge, erst 17 Jahre alte Tochter Bertha gar nicht nach Hause kam, endlich in Sorge gerathen war und schließlich in seiner Angst sich auf den Weg gemacht hatte, sie zu suchen. In welch gräßlichem Zustande sand er die Unglück liche wieder, die ihre Angehörigen wenige Stunde:: zuvor ge sund verlassen hatte. Sie hatte bis V,8 Uhr in der Fannlie des Polizeisergeanten Gutthat fleißig genäht und war dann von ihrem Geliebten, dem 19jährigen Tischlergesellcn Bernhard Lieder, abgeholt worden. Die alsbald eiugclciteten Nachforsch ungen ließen keinen Zweifel, daß dieser das arme Mädchen, nachdem er nur wenige hundert Schritt mit ihr die Ellerbacher Straße entlang gegangen, getödtet hatte. Vcrmuthlich hat er dem armen Ding auf osfeuer Straße einen Stich versetzt; als die Unglückliche laut aufschrie — der Todesschrei, den sie ausstieß, wurde, wie oben berichtet, gehört! — hat er ihr dann mit einen: Hammer (der später in der Nähe des Thatortes, mit Blut besudelt, aufgesunden wnrde) den Schädel zertrümmert, die Sterbende dann an den Füßen gepackt und, wie die Spuren ergeben haben, ca. 300 Meter über das Feld bis zu dem Fein: geschleift, in den er das wohl inzwischen gestorbene Mädchen steckte. Doch that er das so eilig, daß der Körper des Opfers nur zur kleineren Hälfte mit Stroh bedeckt wurde und deshalb, als der Verbrecher dasselbe anzündete, nur zum Theil verbrannte. Die Absicht des Mörders, jede Spur seiner schändlichcnThat zu verwischen, mißlangdemnach. Man will den Burschen, als der Feim lichterloh brannte und schon viele Menschen denselben umstanden, ganz in der Nähe gesehen haben, wie er neugierig den: Flammenspiel zu schaute. Später ist er zu Fuß nach dem etwa IV2 Stunden entfernten Corbetha gewandert und ist mit dem Zuge 5 Uhr 42 Minuten nach Halle gefahren. Dort ereilte ihn bereits fein Schicksal, denn wie eine im Laufe des Sonnabends Vormit tags in Lützen eingetrofscne Depesche der Halleschen Polizei meldete, hatte diese den Mörder, der seine That eingestanden, in Gewahrsam. Es :st noch nicht bekannt, ob et sich der Hallcschen Polizei freiwillig gestellt hat, oder ob sein wahrscheinlich mit Blut be spritzter Anzug Anlaß zu seiner Verhaftung gegeben. Es fehlt bislang an jeder Erklärung für das schreckliche Verbrechen. Lieder ist der einzige Sohn eines Handwerkers - - derselbe be- teibt eine Tischlerei — und hat mit den: Mädchen, das sehr hübsch gewesen ist und uns als durchanS anständig bezeichnet wird, etwa ein Jahr lang ein Verhältnis; gehabt, das aller dings von seinem Vater nicht gern gesehen wurde. Der junge Lieder wird als ganz ordentlich geschildert und soll nur zuweilen etwas Ucberspanntcs gezeigt haben. Wenn es auf Wahrheit beruht, daß er früher einmal in einem Lützener Teiche — See hunde hat fangen wollen, so würde allerdings die Annahme, daß er bei Begehung seiner That geistig gestört gewesen sei, mit Rücksicht darauf, daß gar kein Motiv zu dem offenbar ge planten Verbrechen vorzuliegen scheint, nicht ganz von der Hand zu weisen sei. Aus Halle wird hierzu berichtet: Der jugendlicher Mörder, der, wie berichtet, in Lützen seine Geliebte tödtete und dann nach Halle flüchtete, hat sich dort auf den: Bahnhofe freiwillig der Polizei gestellt. Er gab, wie Hallcschc Blätter berichten, an, am Abend zuvor seine Brant Anna R. erschossen zu haben, weil seine Mntter entschieden seine Verbindung mit dem jungen Mädchen verweigert habe. Seine Braut habe darauf bestanden, mit ihm aus dem Leben zu scheiden. Er habe aber nicht den Muth gefunden, auch sich zu erschießen, sondern sei hierher geflüchtet. Der „Saale-Ztg." zufolge ist dem Lieder in der Halleschen Klinik eine Kugel aus der linken Hand gezogen mor gen. — Die eingeleitete Untersuchung wird ja öald ergeben, ob die Darstellung des Lieder sich nut den Thatsacheu verein baren läßt.