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Wochenblatt - für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 69. Dienstag, den 7. September 1875. Bekanntmachung, die Landtagswahl betreffend. Nachdem durch Verordnung des Königlichen Hohen Ministerium des Innern, die Veranstaltung neuer Wahlen für die Ständeversammlung betreffend, die Abgabe der Stimmen für diese Wahl auf den 14. September ds. Js. festgesetzt worden ist, so werden die Stimmberechtigten des hiesigen städtischen Wahlbezirks unter Hinweis auf die Bestimm ung im § 43 des Gesetzes vom 3. December 1868, die Wahlen für den Landtag betreffend, andurch aufgefordert, an dem obgedachten Tage in der Zeit von Vormittags 10 Uhr bis Nachmittags 3 Uhr im Rathssessionszimmer persönlich zu er scheinen und die Stimmabgabe durch Stimmzettel zu bewirken. Hierbei wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß diejenigen Stimmzettel, welche über die Person des zu Wählenden Zweifel übrig lassen sowohl als auch die Stimmzettel, welche die Namen mehrerer Personen oder den Namen einer nicht wählbaren Person enthalten, ungiltig sind. Schließlich wird noch bemerkt, daß von seilen des unterzeichneten Stadtgemeinderaths Stimmzettel ausgetheilt werden. Wilsdruff, am 2. September 1875. Der Stadtgemeipderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Wilsdruff, am 6. September 1875. welcher Gelegenheit der HerrSchuldirector Beck abermals Veranlassung fand, den Kindern die hohe Bedeutung des Tages ins Gedächtniß zu rufen; daß es auf dem Festplaxe unter der Kinderschaar den ganzen Nachmittag lebhaft herging, bedarf wohl kaum der Erwähn ung. Gegen 8 Uhr Abends brannte der Turnverein zur Verherrlich ung des Tages in der Nähe des Festplatzes ein Feuerwerk ab. Nach 8 Uhr versammelten sich verschiedene Corporatiouen im geschmückten Saale des Gasthofes zum Löwen, der feiten des Wirthes in Verbin dung mit dem Militärverein prächtig illuminirt worden war. Auch hier leiteten die Gesangvereine durch Gesang die Feier ein, woraus Herr Bürgermeister Ficker in der ihm eigenen patriotischen Weise die Nachdem die Bewohner unserer Stadt vorgestern Abend in der neunten Stunde durch Meldung eines Feuers im Dorfe Lotzen, wo selbst das dem Maurer Günther gehörige Haus nebst Scheune ab gebrannt ist, ilt Aufregung versetzt worden war, ertönte heute früh in der neunten Stunde abermals die Sturmglocke und zeigte uns ein Feuer in unseren Mauern an; es brannte ein Schuppengebäude des Herrn Bäckermeister Schirmer auf der Freiberger Straße. Es gelang der Feuerwehr und anderen nicht dazu gehörigen, aber tüchtig eingreifenden Bewohnern der Stadt, das Feuer auf dieses eine Gebäude zu beschränken. Die Entstehung des Brandes ist uns zur Zeit noch unbekannt. Von auswärtigen Spritzen war die Kaufbacher zuerst am Platze, ohne in Thäligkeit zu treten, da das Feuer in der Haupt sache durch unsere jetzt in ausgezeichnetem Zustande befindlichen Spritzen gelöscht war. — Auch unsere Stadt hat sich in diesem Jahre bei der Feier des 2. September wiederholt als rechtes Glied des großen Ganzen Weigt, sie hat den großen nationalen Festtag würdig gefeiert. Früh in der 6. Stunde fand Reveille feiten des Stadtmusikchors durch die Straßen der Stadt statt; gegen 8 Uhr ordnete sich ein Festzug vor dem Gasthof zum Löwen, an dem sich alle Corporatiouen mit ihren Fahnen betheiligten und bewegte sich unter feierlichem Glockengeläut an die Kirche, um hier zunächst den auf den Gedenktafeln verzeichne ten Söhnen der Stadt und des Amtsbezirks ihren Tribut zu bringen, nach vorausgegangenem Gesang der Gesangvereine, gedachte Referent in kurzer Rede der'gefallenen Opfer von 1870/71, daraus hinweisend, daß auch unsere Gtadt das Andenken an ihre treuen Todten am schönsten ehre, wenn sie für die errungene Einheit der deutschen Nation Wit Gut und Blut einstche, wenn sie fest halte zu Kaiser und Reich! Hierauf wurden unter wiederholtem Gesang die Gedenktafeln und das eiserne Kreuz mit Blumen geschmückt, und nun bewegte sich der Festzug unter abermaligem Glockengeleit nach der Stadtschule, in deren geräumigem Saale feierlicher Schulactus stattfand, bestehend m Gesang, Rede und Vorträgen von einzelnen Schülern, die Festrede Herrn Schuldirector Beck, fließend und feurig gesprochen, machte die zahlreich Versammelten tiefen Eindruck und brausend erscholl ^rauf „Die Wacht am Rhein" aus aller Munde. Gegen 10 Uhr ^önte vom Rathhausthurm der Choral: „Nun danket alle Golt" ''fd gegen 11 Uhr fand Concert auf dem Marktplatze statt. Nach- ....v .... —v- ^ttag fand auf der Schießwiese Kinderfest und Freiconcert statt, bei I war. Ein furchtbarer Hagel von Dachsteinen, Bretern, Fensterrahmen, Festrede hielt, hieran reiheten sich wiederholt Gesänge, namentlich die „Wacht am Rhein" und ein von Herrn Kaufmann Engelmann be sonders für diesen Abend gedichtetes Lied, das außerordentlich gute Aufnahme fand, sowie noch mehrfache Reden und Toaste an, alle'sich gipfelnd auf jene großen Tage und die außerordentlichen Errungen schaften durch dieselben. Die Versammlung blieb bis gegen Mitter nacht in fröhlichster Stimmung beisammen. .Hoffentlich hat die dies jährige Feier des Tages von Sedan auch auf diejenigen eingewirkt, die ihr — nicht allein bei uns, sondern auch anderwärts — noch ' fern standen, so daß auch sie in Zukunft der großen nationalen Strömung sich anschließen, damit die Feier gerade dieses Tageseine immer allgemeinere werde. Zwönitz, 1. Sevt. Der hiesige Stadtrath hat die Betheiligung an der Sedans ei er mit Bemerken abgclehnt, daß kein Grund vor liege, diesen Tag zu feiern, daß es eine reine Parteisache sei u.fs. w. Noch schrecklicher lautet das Verdammungsurtheil des Herrn Pastor Göcker in Grüuhain. In einer kombinirlen Sitzung des dortigen ! Kirchenvorstandes und Gemeinderathes ist die Nationalfeier durch den Obengenannten und seinen Anhang unter Vorwänden von kaum glaublicher Bornirlheit abgelehnt worden. (Dr. Ztg.) Pausa, das so vielfach schon hart betroffene, hat eine er- j schüttelnde Sedanfeier zu erleiden gehabt, wie wir sie keinem Orte ! wünschen. Dem „V. Anz." schreibt man darüber von dort: „Die hier beabsichtigte Feier des 2. Septembers ist durch eine gewaltige Naturerscheinung vereitelt worden. Am I. September Nachmittag gegen 6 Uhr tobte nach einem vereinzelten heftigen Donnerschlage ' eine Windsbraut über unsere Stadt, daß man hätte denken mögen, es nahe das jüngste Gericht. Das Phänomen, welches in bogen förmiger Bewegung von Westen nach Südosten über und durch die - Straßen und Gärten raste, riß Alles mit sich fort, was im Wege