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72. Jahrgang. AK 121 Sonnlag. 11. MSrz 1S28 Gegründet 18SS Drabtansckriit- StachrlAte« D.e.de« Ferntvrecker-Sammelnummer: SS L41 Nur für NachtaeivrSche: SO 011 B-zugs-Gebühr xLLtt'tz x S» «LQLZL " ^ Eia»elnu««er »S <v«ri»»i,. «utzeehalb Dresden» ro Di« An,«tuen werden na» «Soldmark berechn«!! die emtvalNa« «> mm breite ÄNAL!göN*dk6!^ö' R batt a^ewSys i^amilienan,eigen und Stelle atäerkalb rso§ Echriftlkitung und Hauvtgeichäitsllelle: Marie»««r»b» SS 42 Druck u. Verlag von Vievia» ck Vetchardt in Dresden Postscheck-Konto 106S Dresden Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe t.Dresdner Nachr.'l »ulSssig. Unverlangt» Schriitltücke werden nicht ausbewabrt. vmi»«,niiunn,n,u„umi»iilli„iui.ii»miunnumu>.iu..!.u.,u,i...ii kk-8tKl388Ig6S l^68tSUI-3Nl lAgüe^ 4 Oki-: lemr-Iss „Vsfberins" Ppsgen TtrsS« / kTvitbaknsli-aKs ^6lilj8 8M: Oa8 cis»' ^ttssktio^si^ sllsl- Well Zer Bericht der Reichspost über das Fahr 1827 Keine ungünstigen Einwirkungen durch die Tariferhöhungen. Ueber zwei Millionen Aun-sunkkeilnehmer. (Draht Meldung unsrer Berliner Dchriftleitung.» Berlin» IN. März. DaS R e i ch s p o st in i n i st c r i u m veröffentlicht jetzt den Bericht über das Jahr 1 0 27, der a» einetn zunächst feststcllt: Verkehr und Wirtschaft der Dcut- hen Reichspost wurde auch im Jahre 1027 durch die all gemeine Wirtschastskonjunktur maßgebend be einflußt. Die Konjunktur stand seit Anfang des Jahres im Zeichen eines fortschreitenden Aufschwunges und trat im Sommer tu dte Periode der Hochspannung et», die bis zum Jahresschluß anhielt. Ferner machte die Neugestaltung der Fernsprechgebühren am >. Mat und der Postscheck- und Telc- graphengebühren am 1. August bzw. 1. Oktober ihren Einfluß jür die Verkehrs- und Wlrtschaftsentwtcklung der Deutschen Reichspost besonders in der zweiten Hälfte des Jahres geltend. Welche Wirkungen tm einzelnen den Gebührenänderungcn einerseits, den Konjunktur- und Laisonverhältnisien ander seits zuzuschrciben sind, kann nicht genau gefugt werden, da sich die verschiedenen Einflüsse zum Teil »verdecken. end betrachtet ergibt sich, bah sich der erkehr ber Deutschen ReichSpost im letzte« Jahre in fast allen Betriebszweigen im wesentlichen günstig entwickelt hat. Die Berkehrszahlen liegen tm allgemeinen ivährcnü des höher als tm Vorjahre. Berkehrsrückgiinge ganzen Jahres höher als tm P infolge der Gebührcnclnberung, nicht ober nur in geringem M en konnte« tw allgemeinen nicht oder nur in geringem Matze und nur vorübergehend beobachtet werden. Sie wurden jedenfalls durch dte Berkehrs steigerungen infolge der günstigen Konjunktur tm wesent- licken aufgcsangen. Nur der Jnlanbstelegraphennerkehr zeigte einen gewissen Stillstand bzw. Rückgang, eine natür liche Folge der technischen Entwicklung der Zurückürängung des Telegraphen durch den Fernsprecher. Dan« wird noch vorgehoben, datz die Tariferhöhung keinen ungünstigen Einslutz auf die allgemeine Preissteigerung ansgcübt habe. Dies zeige die Entwicklung der amtlichen Metzztsfcrn. Das geringe Steigen der Meßzisfcrn sei nach den amtlichen Fest stellungen lediglich auf saisvnmäßigc und konjunkturelle Ein- slüssc zurtickzuführcn. Der Bericht gibt dann einen Uebcrblick über das, was an Briefscndungcn, Postaufträgen, Nachnahme sendungen, Wertbriefen. Paketen, Postanweisungen, Zähl karten usw. von der Rctchspost bewältigt wurde. Im Luft- postwesen wurde» an Vricfscndnngcn, Paketen und Zeitungen im Jahre 1027: 2021i!> Kilogramm gegen 100 785 Kilogramm im Jahre 1026 befördert. Der Postscheckvcrkchr hat im Laufe des Jahres l«27 stark zugcnomemn. Die Zahl der Postscheckkonten ist um 2,25 Proz. auf 022 270 angewachsen. Der Umsatz betrug bei 1162 Millionen Buchungen insgesamt UM Milliarden Reichsmark, wovon rund 82 Proz. bargeldlos begliche» worden sind. Gegenüber 1020 ist der Umsatz hin sichtlich der Stückzahl um 12,1 Proz., hinsichtlich des Betrages um 18,5 Proz. gestiegen. Auch I»27 hat das Guthaben nicht entsprechend der Berkehröstcigernng zugcnvmmcn, wodurch die Wirtschaftlichkeit des PostscheckverkehrS nachteilig becin- slnßt wiro. Das Guthaben betrug im Jahresdurchschnitt 6IN,5 Millionen Reichs»,ark gegenüber 57l,«i Millionen im Jahre 1N2N. Die Zunahme des Guthabens hat also nur 6,8 Proz. betragen. Zur wirtschaftlichere» Gestaltung dcS Betriebes bei den Postscheckämtern ist mit einer wesentlichen Vereinfachung des HandbuchniigSverfahrenö sowie mit der Uiiistcllung des Handblichtiiigovcrsahreiis auf Maschinen betrieb weiter svrtgesahrcn worden. Bet mehreren Postscheck ämter» ist der Betrieb bereits völlig ans Maschinen um- gestettt, ivaö eine PcrsvnalcrsparniS zur Folge hatte. Der Telegraphenvcrkehr ist Im lebten Jahre bis znm Juli langsam gestiegen, hat sich bis Oktober ungefähr auf gleicher Höhe gehalten, in den beiden letzten Monaten des Jahres 1027 ist er gesunken, doch liegt der Gcsamtvcrkehr für die Zeit vom April bis Dezember etwas über dem Ver kehr in der gleichen Zeit des Vorjahres. Der Brie stele gram »«verkehr (monatlich rund 25AM Telegramme) hat nm etwa 50 Proz. zugcnvmmcn. während die Zahl der Blitz telegramme auf monatlich rund 200 000 zurückgegangen ist. Die im November 1020 eiiigeführten Glückwunschtele gramme auf besonderem Schnnickblait haben großen Anklang gesunde,«. I»« Monat ivnrden durchschnittlich etwa 05000 Glückwnnschlclegramnie ansgegebe»: die höchste Zahl brachte der Oktober l027 mit 02 000 Stück. Es wird in diesem Zu sammenhang dann noch die am 1. Dezember 1027 anfgenom- mene Bildtelegraphic erwähnt. Zum Kapitel Rundfunk wird ausgeführt, daß am Ende des Jahres 1027 das deutsche Rundfuiiknetz 22 Sender um faßte. Ne» hinzngekominen sind tm lanfenbcn Jahre die Rund st»,ksendcr Langcnberg. Rheinland, Augsburg, Köln und Aachen. Die behelfsmäßigen Rhein- und Rnhrscndcr Elber feld und Dortmund ivnrden bet Inbetriebnahme der Sender Langcnberg und Köln außer Dienst gestellt. An Stelle des bisherigen Deuischlandsenders wurde ein neuer Großrund- funksender bei Königswusterhausen fZeesen) errichtet. Die Zahl der Ruudsnnkteilnchmer betrug Ende 1»!? 2 OOS 842 gegenüber 1878 564 Ende Dezember 1926. Wegen Vergehens gegen die Verordnung zum Schutze des Funkverkehrs wurden 1027: 2830 (1026: 10:18) verurteilt. Was den Personalbestand der ReichSpost angcht, so teilt der Bericht mit, daß an Beamten im Haupt- amt 248800 im Jahre 1027 gegenüber 252.524 im Jahre 1020 beschäftigt waren. Die Gesamtzahl der im reine» Beamtcn- dienst ständig beschäftigte» Kräfte betrug 1027:257 541 (257 851). Einschlictzlich der Telegraphenarbeiter, der Hilfsarbeiter und Handwerker beschäftigte die ReichSpost im Jahre 1927: 824 180 Personen gegen 819 969 1« Borsahre. Das letzte Kapitel des Berichts befasst sich eingehend Mit dem Kinan-wese«. ' Nach dem Voranschlag für 1927 waren di« Betriebseinnahmen auf 17 9 sMtlltonen Reichsmark festgelegt worden, b. h. 60,2 Millionen Reichsmark mehr als bas RechnungSzahr 1020 tatsächlich gebracht hatte. Zur voüen Deckung der AnlageauS- gabcn «nutzte eine Anleihe von 300 Millionen Mark in den Vorschlag eingestellt werden, durch die eine Gebühren- erhöhung für bas Jahr 1027 vermied««, werden sollte. Infolge neuer Belastungen durch MietS- und Lohntariferhöhungen soivie Versteifung des Kapitalmarktes mutzte die Reichspost zu einer Erhöhung der Gebühren schreiten. Nach dem dis Sude 1927 vorliegenden Ergebnis wird der Mehrertrag ans der Gebührenerhöhnng «nd ans der gleich zeitig eingctretene« «erkehrSfteiqernng für das Rechnungs jahr 1927 rund 196 Millionen RM. betrage«. Gegenüber de« Mehrbedarf von 902 Millionen RM. verbleibt noch eine un gedeckte Spanne von 196 Millionen RM. Diese würde in einem Nachtrag zum Voranschlag in der Weise überbrückt. datz die AuSgabcnansätzr des ursprünglichen Voranschlags um 80 Millionen RM. gekürzt und 20 Millionen auf Borrat. beschaffungen in dem nächsten Rechnungsjahre zur Last ge schrieben wurden. Die ursprünglich im Voranschlag, für 1927 angesetzte A n - leihe von 300 Millionen Reichsmark ist aus 150 Millionen herabgesetzt worden. Jür 1028 kann höchstens eine Anleihe von 50 Millionen Reichsmark in Aussicht genommen werden. I« absehbarer Zelt sipb insgesamt »74 Millionen Reichsmark im Anleihewcge z« Wrgetcn. Alles In allem genommen ist die Finanzlage der Reichspost recht gespannt. Bei einiger,natzen günstiger Konjunkturentwicklung kann aber mit einem weite- re» guten Geschäftsgang gerechnet werden. Erledigung »es Nolprogramms bis Mille April? iDrahtmeldurrg unsrer Berliner Gchriftleitung.) Berlin, 10. März. In parlamentarischen Kreisen werden immer mehr Befürchtungen laut» datz die Zeit vis Ende März denn doch nicht ausreichen dürste, um das Notprogram in ordnungSgcmätz zur Erledigung zu bringen. Man rechnet des halb damit, datz unter Umständen noch die erste Hälfte des Monats April wird hinzugenommen werden müssen. Da aber in die ersten Apriltage Ostern fällt, kann es sein, datz die Erledigung sich noch etwas weiter hinzieht. Man ist in zwischen bemüht, de» parlamentarischen Arbcttsgang noch weiter zu beschleunige». Während bislang dte Reichstags- sttzungcn täglich «m 2 Uhr oder allerhöchsten- «m 1 Uhr mittags begannen, solle» sic ab IS. März 19 Uhr vormittags ihren Anfang nehme«. Man wird dann also mit sehr langen Plenarsitzungen rechnen müssen, dte vielleicht des öfteren bis in die Nacht gehen werden. Gedenkfeier am Grabe Wilhelms I. Berlin, 10. März. Anläßlich beS 40. Todestages Kaiser Wilhelms I. fand im Charlottenburger Schlotzpark eine Gedenkfeier statt. Bor dem Mausoleum hatten zahl reiche Verbände und Abordnungen des Preußischen Landeö- kriegervcrbandeS mit ihren Fahnen Aufstellung genommen. Unter ihnen sah man auch »nehrere Veteranen von 1870/71. Am Grabe des Kaisers häufte sich eine Fülle von Blumen »nd Kränze» als Ausdruck dankbarer Verehrung aus allen Bevölkerungsschichtei,. Im Name» Kaiser Wilhelms ll. legte Generaloberst v. Plessen einen Lorbeerkranz an dem Sarko. phag nieder. Auch der Nationalverbanb Deutscher Offiziere, der Deutsche Ofsizlerbunb, der Stahlhelm, die Deutsche «delsgenosscnschaft. die Deutschnaiionale BolkSpartet und oke Deutsche BolkSpartet ehrten das Andenken des Kaisers durch Kränze. Daö Nationaldcnkinal an der Schlotzsrethcit, das Denkmal an der Siegesallee und daS Reiterstandbild des Kaisers in Potsdain hatten ebenfalls reichen Kranzschmuck erhalten. Eljeschei-ungsreform. Tie Linke hat dieser Tage im Nechtsausjchuß einen ver zweifelten Versuch unternommen, um die von ihr angcstrebte Reform der Ehescheidung noch von diesem Reichstag in« Nah men des Nolprogramms gesetzlich regeln zu lassen. Nach dem Widerstand, den diese Absichten bei den Deutschnationalcn und beim Zentrum gefunden haben, ist aber anzunehmen, datz auch dieses Problem dem nächsten Parlament zur Lösung über lassen bleibt, obwohl »ach wie vor eine Menge von „Inter essenten" den Ausschuß z» beschleunigter Arbeit anscuert. Nachdem aber der Grundgedanke der Reform über die Linke hinaus zum Teil auch in bürgerlichen Kreisen Anklang ge funden hat, wirb der darüber entbrannte Meinungsstreit wohl nicht mehr zur Rnhe kommen, bis neue Rechtsgrundlagen für dte Lösung der Ehe gefunden sind. In, wesentlichen dreht sich der Kampf um d,e Frage, ob an Stelle der einseitigen ober beiderseitigen Verschul dung. auf Grund deren bisher allein geschieden weröeu kann» auch eine langdauernde und tiefgehende Zerrüttung ber Ehe ohne nachweisbares Verschulden dcS einen oder des anderen Teiles Anlaß zur Scheidung geben soll. Da der heutige Staat auf der Einrichtung der Ehe und damit ber Familie als Grundstein der sozialen Gliederung beruht, er hebt sich damit eine schwerwiegende Entscheidung, die nicht nach der Laune und dem Bedürfnis des einzelne»,, sondern nur nach übergeordneten staats- und bevölkerungspolitischen Grundsätzen beurteilt werden kann. Den altüberlieferten christlichen Anschauungen von der Heiligkeit der Ehe als einer freiwillig übernommenen Verpflichtung für das ganze Leben entsprechend, hat das geltende Recht nur vier absolute Schcidungsgründe anerkannt: Ehebruch, LcbenSnachstellung, bösliches Verlassen und Geisteskrankheit eines Gatten mäh- rend mindestens dreier Jahre: daneben noch als mögli ch e » Scheidungsgrund schuldhafte Ehezerrütiung hervor, gerufen durch pflichtwidriges, ehrloses oder unsittliches Ber- halten eines Ehetetles. Der Nachdruck liegt auch hier auf der Notwendigkeit einer nachweisbaren Verschuldung, die zu gleich maßgebend für die Anserlegung der Unterhaltspflicht wird. Die modernen Ehereformer, die gegen diesen Nechts- zustaud Sturm laufen, gehen von der Auffassung aus, datz die hier festaelegten Grundsätze den tatsächlich bestehenden sozialen und kulturellen Gegenwartszuständen nicht mehr gerecht werden, und durch ihren starren Zwang in Wirk lichkeit oft recht unmoralische Zustände im Ehcleben ver ursachen. Vorkämpfer dieser Anschauung sind natürlich die Sozialisten und die Kommunisten, deren wahre Absichten je doch weltergehcn und im Endziel aiif eine Bolschewisterung der Ehe hinauslaufen. In gemäßigter FovOk haben sich aber auch die Demokraten und mit Vorbehalten Teile der Deut schen Bolkspartei diesen Tendenzen angeschlossen. Ihr Nieder schlag findet sich in dem vom Rcchtöausschutz angenommenen Antrag, der in zwei Punkten wichtige Neuerungen bringt. Danach soll in Zukunft die tatsächlich iestgestellte, von keinem verschuldete Zerrüttung der Ehe Schcidnngsgrund sein, wenn dte Gatten seit einem Jahre getrennt leben. Darüber hin aus soll sogar dann der Schciöuiigsanlaß gegeben sein, wen« ohne feststellbare Ehezerrüttung „die beiden Ehe gatten im beiderseitigen Einverständnis mindestens fünf Jahre völlig getrennt voneinander gelebt haben". Also ge wissermaßen die Einführung der Ehe aus Kündigung. Schließ lich soll auch bei Geisteskrankheit daS Erfordernis dreijähriger Dauer wegfallen und die Beglaubigung „krankhafter Geisteszustände" zur Trennung der Ehe genügen. Die Lücke, die durch den Wegfall des BcrschuldungSprinzips mit Bezug auf die Regelung der Unterhaltspflicht entsteht, soll durch gegenseitige Einigung über diese Frage und mangels einer solchen durch ein den» Billtgkeitsermcsscn des Richters anheim- gestelltcs Urteil ersetzt wcrdem ES ist schwer, angesichts der Uebertrelbungen dieses An trages. dem durchaus crnstznnchmenben Kern seiner rcforma- torischcn Absicht gerecht zu werden. Denn das Bestehen wirk lich ernster Nöte im Ehe- und Familienleben Infolge ver. schtedener Ursachen, dte nicht allein in den Menschen selbst begründet liegen, kann nicht geleugnet werden. Die Gerichts, chronik liefert Tag für Tag augenfällige Beweise. Und ebenso, wenig kann Behauptet werben, daß das geltende Eherecht in allen Punkten vollkommen sei Wenn sich ein Mann von der Autorität beS Professors Kahl aus Einsichten, die er in jahrzehntelanger Praxis gewonnen hat. für Neuerungen in dem oben angebeutcten Sinne etnsetzt, bann kann man gewiß sein, baß er nicht, wie die falschen Freunde der Scheidunqö-