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W. Jahrgang. 1« »44 Sonnlag, 28. Dezember 182« DrahtanschE: Nachrlch«»» Lr«»»»». F»r»Ipr»ch«r-San>in,Iiuimm«, i SV 2 <41 Nur wr N,ch>,»Ipritch»! so 011. Gegründet ISS« X/^KLO. 8c«0K0l^l)k1 firm» ««sr. 1838. Sch El «Nu»» und Kau»t»,<ch»ft«Il«lI«: Marianftrah» 2S/»O. 7)»rl-, ,»n 0>„fch 0 Slelchnrd« m Tr»«dr«. P»ftlch«ch-»vnlo 1VSS »re,»«. Bezugs-Gebühr M^»u7.pr. '>!^Äm7^^ I Anzeigen-Preise. »W-L« «achdru» nur mU »«uUicher 0u»U,n«n,«d» <>Dr»»bnrr Nachr."> «uliilft». - Unvrrlan^, SchrMftü», w»rd»n nlch' <>usd««,»N. auiw.ZS^. Yamlllrna IS4 arn u. Stellen» «suche vkn« mrilg» »«».Doraurdezakl Förster Pianos lVmiM UdWl.1 - Imin. MnNnntf. I MMM-sMtzl Kuns1»p>«I-fIllo«I unA PI«nos in KSekslSf Vollsnciuns, SIS vsrsinigsn ANSktlANntv lonsokünksit mit unvsritkllslslefts«' SollctirSt Ae entscheidende Sitzung der Botschafter. Frankreich gegen eine Begrenzung -er Besetzung Kölns un- gleichzeilige Ruhr-Aiiumung. Die -rutsche Ausfuhr noch nicht so Prozent -es Frte-ensftan-es. — Stresemann über -te Aechtskoalikion. Der englisch-französische Gegensah. Belgien auf feite« Frankreichs. — Italien »sll vermitteln. Paris. 27. Dezember. Die Botschafter»«»», serenz ist heute vormittags 11,11 Uhr zniammengetrete«. Der Sitzung wohnte auch Marschall Fach bei. lW.T B.i London, 27. Dez. Der diplomatische Berichterstatter des stets gut informierten „Daily Telegraph" schreibt: Die Sitzung der Botschafterkonserenz sei auf heute verschoben morden, weil am Dienstag und Mittwoch britische und französische Denkschriften über die Frage der Räumung der Kölner Zone ausgetauscht wurden, die elnige Meinungsverschiedenheiten zwischen de« beiderseitigen Ans, strssnnge« enthielte«. Infolgedessen sei beschlossen worden, Be- ratung-'n -wischen London und Paris, sowie mit Rom und Brstssel abzuhalttu, in -er Vottystp», eine gemetnsaMe B<r.e'sn d a r a»g wegen Setz JnhstlteL der Note zu erzt dtek.vo» der Botschafterkonserenz an die deutsche Reg ostgtzfimdt werben müsse. Im ganze« «ahme« di« bri Sachverständigen gewisse Verstöße der deutsche« Mil behörde t» Hrr-Drgge der Gsfektivöeftände. der »«SbUdnng »der «dnstrielle» Abrüstung nicht ganz so ernst ans wie ihre frauzifstsche« «vllegek, da sie der Ansicht seien, daß einige der artig« verstoße unvermetllsH und verhältnismäßig harüll'os seien, während M Hinblick auf die deutsche Sicherheitspolizei ein Komptomiß ohne Zeitverlust und Schwierigkeiten erreichbar sein sollte. An zmsiter Stelle neige man britischerscits dazu, eine nicht zu entfernte Zeit» grenz« für die Räumung des Kölner Gebietes sestzusetze», während der die deutschen Behörde« verpflichtet sei» sollten, die «esentlichet» Mängel in der Anssithrnng der Militär» Hansel« des Friedensvertrages z« beseitige«. Weiter bestehe in London einige Neigung dazu, dieses Datn« mit einem für die Räumung des Ruhrgebtetes festznsetzenden Datum z« vereinige«. Aber die Franzosen wünschte« nicht, daß eine Zeitgrenz«, beispielsweise der 1. Mai für die RänmungS Kölns, not» me«digerweiie die «ä«m«ng des RuhrgebicteS an »dm gleiche« Datum, statt am 1: September, nach sich ziehe« sollte. Der Berichterstatter schließt, er erfahre, baß Brüssel mehr ober weniger dem französischen Standpunkt zuneige, und daß Rom wünsche, den letzteren mit dem britischen zu ver söhne«. sW.T.B.» „Die Rückkehr zur Menlattl« von 191S.« , London, 27. Dez. Das Arbeiterblatt „Daily Herald" schreibt zu der Kölner Frage: Die Alliierten werden natürlich vorgcbcn, daß sie gegen ihre Netguna handeln und werden mir Potncarö 1928 juristische Gründe für ihren Schritt an- führrn. Aber dies wird nicht ernst genommen werben von einer Welt, die durch harte Erfahrungen gelernt bat, solche Angaben in ihrem wahren Licht zu betrachten. Die Ent scheidung der Alliierte« ist verhängnisvoll sür die Zukunft Europas. Den« sie bezeichnet eine entschiedene Rückkehr ,«r Mentalität von 191». Es ist ein trauriges Merkmal der phan tasielosen Denkungsart der Politiker, daß dieser Wahnsinn begangen wird in der Hoffnung, die Sicherheit Frankreichs zu verbürgen, die verbürgt werden müßte durch Schaffung eines Freundschaftsverhältnisses zu Deutschland und durch allge meine Abrüstung in Europa. Deeinslussungsversuche -er Pariser Presse. General Walch bei Herriot. Pgriö, 27. Dez. Die Blätter beschäftigen sich eingehend prtt der heutigen Sitzung der Botschafterkonserenz, di« di« Feststellungen über den Stand der dentsche« Abrüstung und die Frage der Kölner Zone behandelt. Der derzeitige Vor sitzende -er Kontrollkommission, Walch, ist von Herriot empfangen worden und wird voraussichtlich zur Tagung der Vvtschafterkonferenz zwecks mündlicher Bericht erstattung zugezogen werden. Die Botschafterkonferenz wird außer dem Bericht der Kontrollkommission auch einen ein stimmig angenommenen, von General Fach re-tgterten und unterzeichncten Bericht des interalliierte« Kriegsrates vor lege«. Es wir- angekünbtgt, daß zur vollen Aufklärung Ser öffentlichen Meinung der Inhalt -er letzten Berichte der Inter- alliierten Milttärkontrollkommtsston Irgendwie -er Oeff«nt- IMkeft zugänglich gemacht wird. Die Veröffentlichung Liescr Berichte in einer Broschüre sei geplant. Trotzdem scheint jedoch «in fester Plan noch nicht zu bestehen. Jedenfalls werden die Alliierten nichts unversucht lassen, nm auf propagandistischem Wege eine« RechtsertignngS» »ersuch gegenüber -er Demokratie aller Länder für dt« Verzögerung he, Räumung -er Kölner Zone zu unternehmen. Die nationalistische französische Presse nimmt im übrigen als Bor- verestung der heutigen Tagung -er Botschafterkonferenz er neut die bisher veröffentlichten Angaben über den angeblichen Zustand der deutschen Rüstungen ans. Das „Echo de Parts" plä-iert für die dauernd« schgrf« Haltung gegenüber Deutsch land und warnt davor, sich von dem Traumbild der deutschen Demokratie etnfangen zu laßen: Der „Matin" erklärt, Gehler und von Seeckt hätten unabhängig daran gearbeitet, auS Deutschland aufs neue eine militärische Macht zu machen. Das gleiche Blatt verlangt sogar, daß sür die nächste Zukunft die Be» fugniffe der Militärkontrollkpmmission gegenüber Dentschland erweitert werben, damit Hs Aktion wirksamer verlanse. Die Berliner Auffassung. iD r ah t m e l d u n g unsrer Berliner Schrtftleitnng.l Berlin, 27. Drz. Die Mitglieder des Reichs, kabtn «tts sind diS auf de« bereits vorder nach Sigmartu- gen abgetetsten Reichskarm-r Marx und die Minister Hamm und Graf Kanitz währestd der Feiertage mit Rücksicht auf die gespannt« außeupolitische Lag« i n Berlin geblieben. . - ?Bs«ltk. 27. Dez. I« hiesigen politischen Kreisln, «»ist 'Mast^ökMlüers daraus hin, baß dqs zugleich, lächerliche Mi« ne Spiel, daö Frankreich Mbit, um die Bsstimmuuaeu tbetzSvßrtrages zu umgeySlt, natürlich sticht darüber »wtgtäüsche« kann, daß es Frankreich auf nichts anbereö, S daS Verbleiben an der Ruhr ankommt. Wetz« aber selbst st England von der Doppesräumung i« Mai gesprochen wird, o muß dem doch entgegeugehaltcn werde«, daß damit de« «recht der Ruhrbesetzung, das auch England zugegeben hat, »S Unrecht der Verlängerung dar Kölner Besetzung Nachfolgen würde. Dabet muß hervorgehobcn werden, daß immer nur von der Räumung Kölns gesprochen wird, als handle es sich nur um diese eine Stadt. Und weiterhin tut man in Frank reich so, als wäre die Räumung Kölns nur eine Sache Englands. In Wahrheit handelt es sich aber um den dritten Teil des gesamten besetzten Gebietes, und dieser dritte Teil ist auch von de« Franzosen und Belgiern besetzt. Deshalb ist auch das Uebercinkommen der Botschasterkonfe- rvnz nötig, und man wird erst deren heutige Sitzung abwarten müssen, ehe man weiter Stellung nimmt. Immerhin könnte« ans einem neuen Unrecht an Deutschland sehr weit- tragende Folge» erwachsen. Frankreich wünscht kein Kompromiß und keine Kompensation, sondern ein neues Diktat. ES wird nun darauf ankommen, ob die alliierten Regierun gen wirklich die Verantwortung übernehmen wollen, durch eigene Machtvollkommenheit das Recht des Friedensvertrages abzuändern und ein neues einseitiges Diktat zu beschließen. Geschieht dies, so würden Herriot und Baldwin das Wort von de« z« zerstörende« Karthago znm Wahlsvrnch ihrer Politik machen. Dringt in der Botschafterkonserenz dieser Stand vunkt durch unter Berufung aus angebliche deutsche Rüstun gen. die Räumung Kölns nicht durchzuführen, so ist der ernfteftc Präzedenzfall aeschassen. der dem deutsche« Volke erneut zeigt, daß der Wille der Alliierten an die Stelle der Vertragsbestimmungen eine neue Politik der Diktate setzen will. Amerikas Druck auf -ie Botschafter. Nenyork, 27. Dezember. Wie die Associated Preß auS in Washington, die trotz der durch die Presse-Etikette im Deutschland und den Alliierten hinsichtlich der Räumung beS Brückenkopfes von Köln eine befriedigende Regelung erreicht werden wird. Dieses Vertrauen gründet sich auf die Geschicklichkeit, bte die europäischen Regierungen in den ver- gangenen Monaten beim Abschluß von Abkommen für ihre eigene Wohlfahrt gezeigt haben. Amerika habe kein »ssizielles Interesse an der Frage der Räum««,, «nd demzufolge sei auch kein« amerikanische Aktion z« erwarten. Indessen hätten die Vereinigten Staaten ein allgemeines Interesse an allem, was bas Wohlergehen Europas berühre, und demgemäß würden die offiziellen Stellen inoffiziell ihre besondere Auf merksamkeit den Maßnahmen des Botschaftcrrats in den Schluß- bertchten der Milttärkontrollkommtsston zuwenden. sW. T. B.) Berlin, 27. Dez. In der amtlichen Kundgebung in Washtnoton, die trotz der durch die Presse-Etikette im Weißen Hause vorgeschriebenen Formel höchstwahrscheinlich auf den Präsidenten Cooltdge selbst und den Staatssekretär Hughes zurückzuführen ist, glaubt man in Berlin eine« ansbrbckliche« Wink an die heutige Sitzung der Botschasterkonfere«, in Paris erblicke» zu könne«. Man nimmt an. daß die amerika nischen Erklärungen zunächst geeignet sein dürften, den eng lischen Standpunkt, der sich vom französischen immerhin noch um einiges unterscheide, zu bestärken und vielleicht Herriot zu ctnemRückzug zu veranlassen. Weiter nimmt man nach der bisherigen Methode der Alliierten an, daß die Botschafterkonserenz heute wahrscheinlich auf einen Be schluß verzichten und die Konferenz der Finanz, und Außenminister der Entente in Paris am K. Januar abwarten wird, wo daikn alle diese Fragen politisch ausgcschlachtct wer den sollen. > -. > /»> .4-^, ^ 0- „Deulsche Obstruktion." Eine Groteske des Verbandes. Es gibt manche Ding«, die unglaublich, aber doch wahr sind. Das gilt in besonderem Maße für das Verhalten der Entente gegenüber Deutschland. Auf diesem Gebiete sind wir ja tm Laufe einer verhältnismäßig kurzen Zeit allerlei Un wahrscheinliches, aber leider nur zu sehr Tatsächliches gewohnt geworden, so daß uns eigentlich nichts so leicht mehr wunder nehmen und überraschen kann. Was die Alliierten sich in dessen neuestens geleistet haben, das geht denn doch, wie man zu sagen pflegt, über die Hutschnur und ist eine regelrechte Groteske. Man stelle sich vor: Zwischen Paris und London ist ein Pakt zustande gekommen, der Frankreich zur morali schen Unterstützung -er englischen Politik im europäischen Ästen verpflichtet, wofür England als Gegengabe den Fran >z»sen freie Hand im Westen gibt. Die Kosten dieser Verein barung hat Deutschland zu tragen, das nunmehr nach Wegsall »er früheren Londoner Hemmungen gegen die französische »nachtlüsterne Kontinentalpolttik dieser in wesentlich ver- ischlechterter Lage gegenübersteht. Die Folgen sind prompt zu spüren. Die Militärkontrolle wird auf Grand einer beispiel losen Verdrehung -er Wahrheit dazu benutzt, um Deutsch land trotz seiner bis zu deu letzten Konsequenzen getriebenen Entwaffnung der Nichterfüllung seiner militärischen Ver pflichtungen zu beschuldigen und daraus einen Vorwand zur Nichträumung der Kölner Zone, die vertragsmäßig am l0. Januar 1925 zu erfolgen hat, herzuleiten. Diesem Ver tragsbruch schnödester und unzweifelhaftester Art stimmt Eng land zu mit der Begründung, daß andernfalls die französischen Nuhrtruppen „in der Luft schweben" würden. Also bas Nuhr- unrccht, das früher die englische Negierung selbst als solches gekennzeichnet hat, geht dem klaren deutschen Recht vor: »m jenes aufrechtzuertzalten, wird dieses vergewaltigt! Gleich zeitig wird ein niederträchtiger französischer Anschlag »»f Saarlouis un- Umgebung bekannt, der zwar mehrfache, ziem sich temperamentvolle Ableugnungen erfährt, aber doch so sehr dem ganzen Geiste der französischen Rheinpolitik entspricht, baß die Beunruhigung des betroffenen kerndeutschen Bevölke- xungStetles nicht zu beschwichtigen Ist. Das alles geschieht im Zeichen des „neuen Geistes" der Versöhnlichkeit und der Ent spannung, der angeblich seit der Annahme des Dawes-Plancs die Herrschaft angetreten haben soll. Und nun kommt das Groteske, Hahnebüchen«. Unglaub liche und doch Wahre: In London und Paris wird die Be hauptung aufgestellt, Deutschland, das wieder einmal schmäh lich mißhandelte und in seinen Rechten mit Füßen getretene Deutschland, sei an der neuen Trübung der internationalen Lage ausschließlich selbst schuld, weil es — Obstruktion treibe! In allen Tonarten wird diese verblüffende Beschuldigung in der beiderseitigen Presse wiederholt. Obstruktion gegen die Abrüstung, Obstruktion gegen die Militärkontrolle im all gemeinen und besondere Obstruktion im einzelnen mit Hilfe der Verbindungsoffiziere: bas ist die deutsche Methode, um -ie „geheimen Rüstungen" zu verschleiern und dem Versailler Vertrag ein Schnippchen zu schlagen! Also ist Deutschland der Störenfried, auf besten schuldiges Haupt alles zurückfällt, was sich gegenwärtig an unliebsamen Vorkommnissen und Stimmungsverschlcchterungen in der Internationalen Politik absptelt. In dieser Beleuchtung ist Frankreich natürlich, wie immer, bas unschuldige Lamm, das keinerlei Borwurf trifft. Die Vertauschung der Rollen geht so weit, daß ein Pariser Blatt alles Ernstes erklärte, Frankreich müsse „im Interesse einer dauernden Entspannung" tn der jetzigen verschärften Lage Deutschland gegenüber bis an die äußerste Grenz« des Entgegenkommens" gehen. Die Franzosen nehmen also die Pose der gekränkten Unschuld an und wollen trotz ihrer „Be drohung" durch daS „obstruierende" Deutschland zum Beweise ihrer „Friedensliebe" sich „nachgiebig" zeigen! Man weiß wirklich nicht, soll man auf deutscher Seite über eine derartige wahrhaft groteske Unverfrorenheit lachen, oder soll man tn eine Stimmung sich versetzen, in der sich „die Milch der frommen Denkungsart tn gärend Drachen blut verwandeln" möchte? DaS letztere liegt näher, wenn sich der bittere Ernst der neuen Vertragsbrüchigen Taktik der Entente mit seiner ganzen Wucht der deutschen Erkenntnis aufzwtngt. Die Hinterhältigkeit der französischen Politik gegenüber Deutschland kommt aus diesem Anlaß wieder ein- mal unverhüllt zum Ausdruck, aber auch tn London hält man eS nicht Mehr für nötig, die lästig gewordene Rücksicht auf „fair plny", auf ehrliches un- anständiges Spiel, gegenüber Deutschland noch ferner zu beobachten. Die „TimeZ" ergebt