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SliMlmrtzer Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Ubr des vorhergehenden Tages. «nd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 29. Dienstag, den V. Februar 1883. Bekanntmachung, betr. die Einführung des neuen Landesgesangbuches in hiesiger Kirchgemeinde. Der unterzeichnete Kirchenvorstand hat beschlossen, das von dem evangel.- luther. Landesconsistorium herausgegebene neue Gesangbuch auch für die hie sige Kirchgemeinde zum kirchl. Gebrauch anzunehmen und hat den Sonntag Palmarum. den Tag der Confirmalionsfeier, als Einführungslermin festgestellt. Bei der vortrefflichen Bearbeitung des neuen Gesangbuches, welches aus dem ! reichen Liederschatz unserer Kirche eins Auswahl der schönsten Lieder, sowie in l einem Anhang die Gottesdienstordnung, die Intonationen und eine reichhaltige Gebetsammlung enthält, bei der Wichtigkeit eines einheitlichen Gesangbuches für die sächsische Landeskirche und bei dem ungemein billigen Preise desselben darf wohl zuversichtlich erwartet werden, daß die Anschaffung schnell und mit Freu den geschieht. Um jedoch allen weniger bemiltelken Familien und Gemeinde- gliedern die Anschaffung möglichst zu erleichtern, so hat der Kirchenvorstand weiter beschlossen, eine große Anzahl der neuen Gesangbücher theils unent geltlich zu vertheilen, theils zu ermäßigten Preisen abzugeben, und es werden nun alle Diejenigen, welche von diesem Anerbieten Gebrauch machen wollen, aufgefordert, sich sobald als möglich dazu anzumelden. Sämmtliche Mitglieder des Kirchenvorstandes haben sich bereit erklärt, diese Anmeldungen von jetzt ab entgegenzunehmen. Waldenburg, den 1. Februar 1883. Der Kirchenvorstand daselbst. Oberpf. Schumann. * Waldenburg, 5. Februar 1883. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Das Leiden, an welchem der Reichskanzler erkrankt ist, wird als Venenleiden am Beine bezeich net, an welchem Fürst Bismarck schon öfters erkrankt war. Das Leiden ist recht schmerzhaft und absolute Ruhe zu dessen Bewältigung erforderlich. Fürst Bismarck hat übrigens seit seiner Rückkehr nach Berlin seinen Verkehr noch mehr beschränkt, als dies früher schon der Fall war. Der conservative Centralverein des zweiten Ber liner Wahlbezirks hielt am 2. d. abends eine Ver sammlung ab, woran mehrere conservative Abgeord nete theilnahmen. Freiherr v. Maltzahn-Gültz sprach über die Wahrung des christlichen Charakters unseres öffentlichen Lebens und befürwortete den Antrag auf Einführung des konfessionellen Eides. Am 10. Februar soll in Berlin ein Zweigver ein für die deutsche Colonisation gegründet worden, wozu die Reichstags-Abgeordneten Levetzow, - Bennigsen und Windlhorst Einladungen erließen. i Die Wahlprüfungscommission hat die Wahl des Abg. Dr. Clausnitz (Liebenwerda-Torgau) auf Grund von Ermittelungen, welche in Folge des Reichslagsbeschlusses vom 17. Januar des vorigen Jahres angestelll wurden, für ungiltig zu erklären beantragt. Die constalirte Ueberschreitung der Amts- befugnisse durch einen Bürgermeister und das un statthafte Verbot mehrerer Versammlungen, worin der liberale Gegenkandidat Horwitz (Berlin) sprechen wollte, waren für den Antrag der Commission maß gebend. Das December-Heft der Statistik des deutschen Reichs enthält eine vorläufige Uebersicht über die Er gebnisse der Rübenzucker-Fabrikation in dem laufenden Betriebsjahre 1882/83, nach welcher von 357 innerhalb des deutschen Zollgebietes im Betriebe befindlichen Rübenzucker-Fabriken in der Zeit vom 1. August bis 1. December 1882 43,640,557 Doppelcentner Rüben verarbeitet und hieraus 5,430,566 Doppelcenter Füllmasse gewonnen wor den sind. Unter Zurechnung des muthmaßlich in der Campagne noch zu verarbeitenden Rübenquantums berechnet sich die Gesammtmenge der 1882/83 zur Verarbeitung gelangenden Rüben auf 84,658,660 Doppelcentner gegen 62,719,479 Doppelcentner Rüben, welche in der Vorcompagne von 343 Rüben zucker-Fabriken versteuert worden sind. Wie mitgetheilt wird, hat sich die Fraction der Fortschrittspartei bereits mit der Frage beschäftigt, in welcher Weise dem Uebelstande, durch gleichmäßige Stimmzettel bei den Wahlen den Namen des zu wählenden Candidaten äußerlich erkennbar zu machen, am wirksamsten zu begegnen ist. Dem Vernehmen nach wird schon in den nächsten Tagen ein Antrag an den Reichstag gelangen, demzufolge nur solche Stimmzettel vom Wahlvorstande angenommen und als giltig erklärt werden dürfen, welche in einem vom Reiche zu liefernden Couvert verschlossen dem Wahlvorstande übergeben werden. Die Couverts werden in der Reichsdruckerei in einer Anzahl von ca. 6 Millionen gedruckt und tragen auf der Vor derseite den Reichsadler. Die Kosten für die Her stellung der Couverts werden vor jeder Wahl zum Reichstage in das Extraordinarium des Etat einge stellt. Als Antragsteller wird voraussichtlich der Abg. Günther (Berlin) fungiren. Da bekanntlich die Wortführer aller Parteien mit besonderem Nach druck zu betonen pflegen, daß ihnen die Wahrung des Wahlgeheimnisses am Herzen liegt, so wird ge gen diesen Antrag kaum ein stichhaltiger Einwand erhoben werden. Der Größenwahn des fortschrittlichen Trium phirats Richter, Parisius, Hermes muß schon hübsch weit gediehen sein. In ihrem officiellen „Reichs blatt" haben die Fortschritts-Regenten die Bewohner der Provinz Sachsen aufgefordert, die Verordnung des Oberpräsidenten betreffs der Sonntagsruhe nicht zu befolgen. Leider war die Regierung un galant genug, das „Reichsblatt" einfach zu con- fisciren. . Oesterreich. Die im Unterhause eingebrachte Landwehrvor lage bestimmt den Stand der Landwehr im Falle einer allgemeinen Mobilisirung auf 138,000 Mann (ausschließlich Tirols und Vorarlbergs), ferner daß im Kriegsfälle die Mannschaften der Specialwaffen, welche aus dem Heer in die Landwehr übsrgetreten, nach Bedarf zur Verstärkung entsprechender Truppen des Heeres verwendet werden können und setzt die Ausbildungszeit der Landwehr-Fußlruppen auf acht Wochen, der Landwehr-Kavaleristen auf drei Mo nate fest. Frankreich. Nunmehr ist es offenkundig, daß der neue fran zösische Kriegsminister Thibaudin 1870 sein Ehren wort gebrochen hat und ist deshalb bereits die Frage angeregt worden, ob die deutsche Regierung nachträglich deswegen Vorstellungen nach Paris rich ten werde. Die deutsche Regierung hat aber, wie verlautet, darauf verzichtet, da das gegenwärtige französische Cabinet doch nur provisorisch sei. Wie aus Paris berichtet wird, ist das französische Kanonenboot „Sagittaire" nach dem Congo abge gangen, aber ohne Herrn von Brozza. Der „Sagittaire" ist mit Geschenken für König Makoko beladen, mit denen die Franzosen einen guten Theil des schwarzen Erdtheils den Sympathien für die „große Nation" zu gewinnen ernstlich hoffen. Am letzten Dienstag hat sich ein Freund des Prinzen Napoleon nach Farnborough zur Exkaiserin Eugenie begeben, um ein Schreiben des Prinzen zu überbringen. Die Kaiserin antwortete sofort auf sehr freundliche Weise, obgleich sie der Politik fern bleibe, sei sie nach Frankreich gekommen, um durch ihre Anwesenheit von der Einheit der Kaiserlichen Familie Zeugniß abzulegen, und bitte ihren Vetter, so bald er frei sein werde, sie mit seinen beiden Söhnen oder mit dem Prinzen Louis allein zu be suchen, falls Prinz Victor, der gegenwärtig als Ein jährig-Freiwilliger dient, nicht abkommen könne. England. In Westminster ist am Donnerstag eine außer ordentliche General-Versammlung der „Kanal- Tunnelgesellschaft" abgehalten worden, um den Entwurf einer Bill zur Vorlage an das Parlament zur Ausführung dieses Unternehmens zu berathen und zu genehmigen. Der Schatzamtssecretär, Lord Richard Grosvenor, führte den Vorsitz und setzte die Hauptzüge des Planes auseinander, welcher, wie er glaubte, am ehesten die Zustimmung des Parlaments sowie der Militär- und der sonstigen Behörden erhalten werde. Der Eingang zu dem Tunnel werde 3i/s Meilen von dem Hafendamm von Dover entfernt sein, und in der Nähe von Ewell wegen dessen bequemer Verbindung mit der Chatam- und Dover, und der South Eastern Eisenbahn angelegt werden. Alle Einwendungen gegen die Anlegung eines Tunnels zur Verbindung Englands mit l Frankreich würden bald verschwinden und man werde bald zu der Ueberzeugung gelangen, daß der Tunnel nicht nur zum Voriveil dieser beiden Länder, sondern auch zu dem ganz Europas angelegt werde. Die Versammlung nahm den Entwurf an und beauftragte die Directoren mit Ausführung der weiteren Schritte. Irland. Einem Ausweise des irischen statistischen Bureaus Hal sich die Bevölkerung Irlands in dem letzten Quartal des verflossenen Jahres um 5611 Seelen vermindert, wahrscheinlich eine Folge der großen Auswanderung nach Amerika. Bei der am 3. d. in Dublin stattgefundenen Ver handlung des Prozesses wegen des Mordcom- plottes gegen Beamte wurden 8 Angeklagte der Ermordung des Lord Cavendish und Bourke's be schuldigt. Der Zeuge Fitzsimmons deponirte, er habe im Hause des Gefangenen James Carey ge wohnt und nach der Verhaftung Carey's auf dem Boden des Hauses lange Messer gefunden, welche dem Gericht überliefert wurden. Die Chirurgen haben diese Messer untersucht und constatirt, daß mit solchen Instrumenten Bourke und Cavendish ermordet worden seien. Andere Zeugen constatirten die Identität von vier Gefangenen mit Personen, welche sie im Phönixpark einige Augenblicke vor dem Morde gesehen halten. Die Fortsetzung erfolgt am Montag. Rußland. i Auf den Eisenbahnschienen unweit der Stadt ! Taganrog im Gouvernement Jekaterinoslaw (Süd- s Rußland) wurde dieser Tage der Leichnam eines ; hübschen jungen Mädchens aufgefunden. Neben ! der Leiche lag ein Papierstreifen, auf welchem ge- ' schrieben stand, daß die Ermordete ein Mitglied der