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894 wen ers, SN. inuar durch die Acte völlig unberührt geblieben. Denn man kann nicht sagen, daß er Unterthan eines ausländischen Staates geworden und daher naturalisirt ist. Er hat nichts gethan, um sich seiner britischen Nationalität zu entäußern . . . Die Frage kann jedoch nicht gründlich verstanden werden, ohne Bezugnahme auf das Statut von 4 und 5 Anna Cap. 16. (Das englische Recht bezeichnet seine Gesetze nach dem König, unter dem sie gegeben sind, und zwar so, daß vor dessen Namen die Nummer des Gesetzes, hinter ihm der Abschnitt des Gesetzes angegeben werden.) Hierdurch wird das Vor recht des britischen Bürgerrechtes allen protestantischen Nach kommen der Churfürftin Sophie gewährleistet. Darunter befindet sich nicht nur der Herzog, sondern auch der deutsche Kaiser und wahrscheinlich auch andere europäische Suveräne ... Ob drr Herzog sein Bürgerrecht ausüben will, ist natürlich eine andere Frage." Unmittelbar nach der Beendigung der ersten Lesung der Tabaksteuervorlage im Reichstage sind von pfälzischen Natio nalliberalen Unterhandlungen mit anderen Reichstagsabgeord neten eingeleitet worden, um die Einbringung eines gemein schaftlichen Antrages auf Erhöhung des Zolls auf ausländi schen Rohtabak herbeizuführen. ES soll beantragt werden, den jetzt bestehenden Zoll von 42»/, Mk. für 50 Kg. auf 60 Mk. zu erhöhen, wodurch eine Mehreinnahme von etwa 15 Millionen Mark erzielt werden würde. Diese Erhöhung soll in erster Linie dem Schutze des inländischen Tabakbaues dienen und wäre ganz unabhängig von der seitens des Cen- trchnsabgeordneten Fritzen befürworteten höheren Belastung der im Auslande fabriztrten Jmportcigarren, für die ein Gewichtszoll von etwa 2000 Mk. für 100 Kg. vorgeschlagen werden dürfte, wodurch ein weiterer Mehrertrag von etwa 5 Millionen Mark zu erwarten wäre. Noch eine Reihe anderer Anträge wird vorbereitet. Die Anarchisten hatten für gestern Vormittag 10 Uhr eine Versammlung der Arbeitslosen nach dem Saal der Brauerei Friedrichshain (Berlin) einberusen. Bereits um 9»/, Uhr war der Saal dicht gefüllt und nach 10 Uhr wurde er polizeilich geschlossen, es mochten etwa 2000 Personen anwesend sein, darunter waren auch eine Anzahl Neugierige; außerhalb des Saales hatten sich viele Hunderte angesam melt. Um los/, Uhr betrat der Metallarbeiter Litfin die Rednertribüne und theilte mit, daß der Einberufer Rodrian (ein bekannter Anarchist) am Morgen verhaftet und man deswegen nicht im Besitz der polizeilichen Anmeldung sei. Die Versammlung könne daher nicht stattfi"den, wohl aber würde innerhalb 8 Tage eine zweite einberufen werden und man werde sich dann gegen solche Möglichkeiten zu schützen wissen. Die Menge verließ darauf ziemlich ruhig den Saal; auf der Straße aber kam es zu heftigen Zusammenstößen zwischen der Polizei und den Arbeitslosen. Eine Anzahl von ihnen hatte bereits um zehn Uhr versucht, in den Saal zu gelangen, war aber von der Polizei zurückgewiesen worden; verstärkt durch die Besucher der Versammlung wollten nun die Arbeitslosen am KönigSthor sich zusammenrotten, wurden aber hier von den Schutzleuten auseinander getrieben, wobei die Berittenen blank ziehen mußten. Mehrfache Verhaf tungen wurden vorgenommen. Inzwischen waren die sämmt. lichen entbehrlichen Beamten der 8. Polizeihauptmannschaft mobil gemacht, und diese nahmen größere Absperrung-Maß regeln in der Greifswalder- und Friedenftraße vor. Rach Md nach trafen auch von anderen Hauptmannschaftrn die n >r. n. ken ind um uck, Se- am tor ind crn Vir Tagesgeschichte. Deutsche- Reich. Ueber das »Befinde-« des Fürsten Bismarck wird uns berichtet: Prof. Dr. Schweninger, der seit letzten Sonnabend in München weilte, ist am Mittwoch nach Berlin 7abgereist. Der Zustand des Fürsten kann also nicht besorgnißerregend sein. Immerhin aber ist seine Gesundheit leider nicht mehr so fest, wie vor der Kissinger Krankheit. Der Fürst braucht mehr Ruhe und Pflege, al» früher, wa« freilich nicht aus schließt, daß er bei seiner überaus starken Natur noch ein sehr hohes Alter erreicht. Hoffen wir, daß dem so sei. Aus der „Times" erfährt man, daß nach dem zopfigen englischen Recht nicht nur der Herzog von Koburg, sondern auch der deutsche Kaiser britisches Bürgerrecht besitzt. Da- Blatt bringt nämlich einen juristischen Aufsatz über die rechtliche Stellung de» Herzogs von Koburg, in dem es heißt: „Die Frage entsteht, ob der Herzog durch die Annahme des ThroUeS von Koburg sich freiwillig naturalisirt hat in einem fremden Lande im Sinne der Acte von 1870. Die Acte erklärt das Wort „Naturalisation" nicht, vielmehr werden die Ausdrücke „naturalisirt in" und „Unterthan eines Staates «verden" völlig gleichbedeutend gebraucht. Danach ist der suveräne Lharacter des Herzogs al« Bundesfürst Das Weinfteuergesetz gelangte gestern im Reichstag zur ersten Berathung Die Begründung übernahm wiederum der Staatssekretär im Reichsschatzamt Graf von Posadowsky. Derselb führte aus, die Weinsteuer sei durchaus rationell, besonders da sie eine Luxussteuer sei. (Widerspruch.) Der Haupt einwand gegen die Weinstever sei, daß sie auf die Winzer abgewälzt werde und daher einen Theil der Landwirthschast belaste. Man brauche nicht anzunehmeu, daß der Wein händler mit Rücksicht auf die Weinsteuer den Winzern ge ringere Preise zahlt, denn der Wein sei am billigsten, wenn er von ter Kelter komme. Der Kelterpreis sei aber in ; Württemberg und Baden, trotzdem der Wein dort mindestens gleich hoch besteuert werde wie im vorliegenden Entwurf, -seit zehn Jahren nicht gestiegen. Das Großkapital spiele bei der ganzen Agitation gegen die Weinsteuer die Haupt rolle. Die Besteuerung des ausländischen Weines sei eine Schutzmaßregel für den inländischen Wein, da derselbe wegen seines billigen Preises dem inländischen Weine Konkurrenz > machen würde. Es sei vorgeschlagen worden, nur den Schaumwein und Kunstwein zu besteuern. Es gebe aber auch ganz billige Schaumweine und deren Besteuerung wäre ungerecht, falls man andererseits theuere Weine steuerfrei ließe. Als Kunstweine könnten nur sehr wenig Weine be zeichnet werden, also würde eine Steuer auf Schaumwein und Kunstwein nur einen sehr geringen Betrag abwerfen. Ein Konsumrückgang sei nicht zu erwarten. Er hoffe, daß sich im Reichstage eine Majorität für die Vorlage finden werde. — Abg. Schmidt (Elberfeld, fr. Bp.) bekämpft die Vor lage im Interesse der Winzer und tadelt namentlich die lästigen Kontrolbestimmungen. Man möge der Vorlage gleich im Plenum ein anständiges Begräbniß bereiten. Abg. Dr. Bür kirn (nat.-lib.) erklärte, die Weinsteuer führe alle möglichen Belästigungen und Belastungen herbei, ohne einen nennenSwerthen Ertrag zu bringen. Auch Diejenigen, die im Allgemeinen keine Gegner einer Weinsteuer seien, hielten diese Vorlage für unannehmbar. Der Wein sei schon be steuert in der Steuer auf Grund und Boden. In Süd deutschland sei der Wein ein Nationalgetränk, nicht bloß ein Getränk der Wohlhabenden. Abg. Dr. Buhl (nat.-lib.) rückt den Grenzpunkt, wo die Weinsteuer eine Luxussteuer zu sein beginnt, viel höher, als es in der Vorlage geschieht. Die Steuer treffe auch den billigen Wein. Die Winzer 'würden von der Vorlage schwer betroffen, besonder» die jenigen, die bessere Sorten anpflanzten. Ein Konsumrück- gann werde noch viel sicherer eintreten als beim Tabak. Lede Art der Weinversteuerung, prozentualcfoder fixirte/sei vom Uebel. Den Winzern stehe kein Weltmarktpreis zur Seite; der Weinpreis werde von Zeit zu Zeit festgesetzt. Die Kunstweinsteuer habe in Baden fast gar keine Erträge ge bracht. Die Kunstweinfabrikatton sei auch schwer zu fassen ; sie würde durch die Vorlage einen besonderen Impuls be kommen. Würde die Weinsteuer angenommen, so würden die kleinen Weine gehegt, die OualitätSweine vernachlässigt werden. Die Qualitätsweine aber seien das Rückgrat de» ganzen Weinbaues. In Italien freue man sich über die Vorlage, denn sie begünstige e«, daß der Kunstwein mit italienischem Wein verschnitten und als QualitätSwein ver kauft werde. Die Ausführung de» Gesetze« biete wegen der Schwierigkeit der Weintaxirung große Hindernisse. Auch smser Wttnexport würde leide«. Redner theilt mit, ein Theil der Nationalliberalen sei einer Luxussteuer auf höhere Weinsorten nicht abgeneigt; im Ucbrigen erklären sie sich sämmtlich gegen die Vorlage. Er beantrage eine Kommissions- berathung. Abg. v. d. Gröben (kons.) erklärte, die Kon-' servativen hielten die Weinsteuer für nothwendig als Akt ausgleichender Gerechtigkeit, wünschten aber, daß die Grenze des Steuerbeginns höher genommen werde. Die Vorlage müsse in der Kommission gründlich umgesormt werden. Abg. Braubach (Cenlr.) erklärt», auch das Centrum stehe der Weinsteuer an sich nicht unsympatisch gegenüber; die gegen- wärtige Vorlage sei aber unannehmbar, da sie nur den Produzenten belaste. Das Centrum widersetze sich nicht der Kommissionsberathung. glaube aber nicht, daß dieselbe Erfolg haben werde. Um die Wmzer sei es am schlechtesten unter allen Landwirthen bestellt, sie seien hauptsächlich kleine Leute und auf den Bau der OualitätSweine angewiesen. Die Vorlage sei auch eine Gefahr für die elsässisch-lothringische Schaum weinindustrie, da die zum Schaumwein besonders geeigneten Weinsorten dann weniger angebaut würden. Staatssekretär Graf v. Posadowsky erklärte, von der Vorlage würden 55 Prozent aller Winzer gar nicht getroffen, da deren Wein sich imker der dort festgesetzten Werthgrenze befinde. Im Interesse der elsässischen Winzer bestimme die Vorlage, daß der Claretwein nicht als Kunstwein gelten solle. Die Er- klärung der Handelskammer besage, daß die württembergischen Winzer durchaus nicht in besondercm Maße von Händlern und Wirthen abhängig seien, und unstreitbar sei, daß die Weinsteuer eine Luxussteuer sei. Abg. Dietz (Soc.) erklärte, die Socialdemskraten lehnten die Vorlage ab, weil sie gegen Alles stimmen, was zur Deckung der Militäroorlage diene, und weil viele Leute durch die Weinsteuer exlstenzloS wür den. Die Klagen der Landwirthschast seien nicht ganz un berechtigt; sie sei das erste Glied der heutigen Gesellschaft, das unter der kapitalistischen Produktionsweise zu Grunde gehe. Besonders der Weinbauer sei schlimm daran. Redner befürwortete die Ablehnung der Vorlage ohne Kommissions berathung. Hierauf ward die Berathung auf Freitag vertagt. stens wtiS. v. -st. von in der aun- tzuaki- stimmt lle. -fen- brüu, rhaus otttnor Ist.) elche ge ll Tanz höflichst 8 Uh- sondern i, kann Bekanntmachung, die Vertilgung der Obstbaumschädlinge betreffend. Die jetzige Zeit erscheint insofern zur erfolgreichen Bekämpfung der Obstbaumschädlinge besonders geeignet, als in Folge deS blätterlosen Zustandes der Bäume die Brut der schädlichen Schmetterlinge leicht sichtbar ist. Zu den Letzeren gehören insbesondere: 1. der Goldafter, dessen Nachwuchs in Form kleiner Raupen in zusammengesponnenen und deshalb in die Augen fallenden dürren Blättern an den Zweigen überwintert, 2. der Ringelspintt-r, welcher seine Eier perlschnurenartig in 14—16 leicht sichtbaren -Reihen um dünne Aestchen absetzt, und 3. der Schwammfpirmer, welcher seine Eier an Obstbäumen, Mauern nnd Zäunen in daumendicken, seuerschwammähnlichen braunen Gebilden ablegt. Die Bernichtmrg geschieht am besten durch Abschneiden, beziehentlich Abtratzen und ^Verbrennen des Abfalles. Zu schotten dagegen sind die in geringen zusammengesponnenen Mengen häufig zu findenden, länglichen, kleinen, 2—3 Milimeter langen seidenartig gelb oder weißlich glänzenden Cocons, welche die Larven nützlicher Schlupfwespen, beziehentlich Jchneumoniden enthalten. Im Hinblick auf das obwaltende volkswirthschaftliche Interesse an der Vertilgung der ge nannten Obstbaumschädlinge werden die Besitzer von Obst- und Fruchtbäumen angewiesen, auf ihren Grundstücken die hiernach erforderlichen Vernichtungsarbeiten vorzunehmen, mit dem Be merken, daß etwaige Säumigkeit in dieser Richtung gemäß § 368 Ziffer 2 des Strafgesetzbuchs mit Geld bis zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen werden geahndet werden. Die Ortspolizeibehörden werden angewiesen diese Anordnung noch im Wege der amtlichen Verkündigung besonders bekannt zu machen, deren Befolgung zu überwachen und gegen etwaige Säumige unnachsichtlich mit Strafverfügungen vorzugehen. Großenhain, am 16. Januar 1894. Die Königliche Amtshauptmannschaft. 123 L. V. WNttckt. Mte; Freitag, IS. Januar 18S4, Abends. 47. Jahr». Da» Riesaer Tageblatt erscheint jede« Ta» Abend» mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bet Abholung in den Expeditionen in Riesa und Strehla, den Ausgabestelle«, sowie am Schalter der kaiserl. Postanstalten 1 Mark 25 Pf., durch die Träger frei in» Hau» 1 Mark 50 Pf-, durch den Briefträger frei in» Hau» 1 Mark 65 Pf. Anzrigeu-Annahme für die Nummer de» Ausgabetage» bi» Vormittag S Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastanienstraße 59. — Für die Redactton verantwortlich: Herm. Schmidt In Riei». Riesaer G Tageblatt ««d Anzeiger Wttlsll md Aychn). Arntsvtatt -rr"" der König!. Amtshauptmannschaft Großenhain» des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa.