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M 4« Lvmitag, dc» 31. Juli. Denn alle Schuld rächt jich aus Erde». Roman frei nach dem Italienischen von Erich Friesen. 24. Fortsetzung. (Nachdruck verdaten-- XV. Wie lange Angela bewußtlos dagelegen -- sie iveiß es nicht. Als sie die Lider ivieder eioisuet, schwimmt alles vor ibre» Angen. Blübsam rätst sie sich aus und schwankt in ibr Zimmer. „Madame!" rust Jeanette ilw in erregtem Flüstertöne zu. „Ter Mensch ist lvieder unten im Part der Ber nardo Tereno ich glaubte, Tie seien beim Herrn Mar gnis und wollte Tie nicht stören. Ter Tereno sagt, er Verzweifelt saßt Angela sich an den Vom. „Mein Gott. mein (hott! Auch das noch! Auch das noch!" „Was soll ich dem Menschen sagen, Madame la Mar gnise?" Für einen Moment slaekert Angelas Blick unstet um ber mit jenem wirren, bilslosen, entsetzten Ausdruck, wie er den bemitleidenswerten Geschöpfen eigen ist, welche an Bersolgnngswalm leiden. Hastig eilt sie zu ibrem Tetretär, nimmt den Tchmnck tasten berans und lviiblt mit bebenden Finger» in den Pre ziosen. „Hier, Jeanette und bier und dies auch noch! Ge ben Tie alles dem entsetzlichen Menschen und sagen Tie ibm, er solle mich jetzt um Hinimelswillen in Rnbe lassen — oder ich werde walmsinnig. Ha, ich sichle schon, wie mir etwas berans ins Hirn kriecht, wie alles vor mir tanzt, wie es dun tel um mich wird! Mein (hott! Mein (hott!" Ertchövst sinkt sie in einen Tenet, die Zote, welche sich um sie bemüben will, abwebrend. „(Hetzen Tie nur! (heben Tie! Tcbatsen Tie mir den Menschen sort!" Als die Tür sich binter Jeanette geichlosten bat. springt ! Angela, von innerer llnrnbe getrieben, ivieder ans. Erst jetzt faßt sie den Inbalt jener leise genchrten Unterredung zwi scheu Pin und dem Arzt, deren unfreiwillige Zeugin sie war. Keine Hoffnung mein ! (ieine Hofsnung! Tie faltet die Hände im Tcboß und starrt verziveiselt vor sich bi». „Tenn alle Tchnld rächt sich ans Erden " murmeln ibre bleichen Rippen „rächt sich ans Erden!" Langsam, mit schleppendem Tchritt gebt sie znm Klei derschrank. Tann streift sie ibr belles Kleid ab und bullt sich in ein schwarzes (heivand, wäbrend ein schmerzliches, balb irres Lächeln um ibre Lippen imscht. Und ivieder klopft eS an der Tür, laut, ungeduldig. Es ist der Oberst, der, obne das „Herein" abzuivarten, sofort eintritt. Angela bemerkt nicht die sichtliche Erregung deS alten Herrn. Gleichgültig blickt sie ibn an. „Was wünschen Tie. Herr Tberst?" „Herr Tberst?" iviederbolt dieser befremdet. „Bin ich nicht dein Onkel?" Tie schüttelt den Kops. Tann sagt sie klanglos: „Also was wünschest du, Tnkel Ernesto? Wie geht's meinem Mann?" Ter Tberst säbrt zurück. Was bedeutet das? Diese starre Gleichgiltigkeii? Tiefer leere Blick? Tiefe Kälte? Taust saßt er ibre schlaff berabbängende Hand. „Komm. Angelina! Tei vernünftig! Ter Doktor wünscht deine Gegenwart bei meinem Gatten?" Ter Tberit nickt. Eine Träne schimmert in seinem Auge. Wie ein .Kind läßt sie sich ins Krankenzimmer geleiten. Tckien bleibt sie am äußersten Ende des balbdnnklen Rau mes sieben. Ein leises Geränsch am Krankenlager läßt sie aus- blicken. Pia und Tchwester Anastasia sind anfgestanden und zieben sich lautlos zurück. „Komm, mein liebeS, teures Kind. Und — Mut! Mut!" An der Hand des Tbernen bewegt sie sich langsam zum Krankenlager. Nichts bewegt sich dort. Alles still. „Ich kann nichts selten!" stammelt die arme Frau. „Bor meinen Angen schwimmt alles. Wo ist Orlando?" Ter Arzt ziebt die geschlossenen Borbänge auseinander. Ein voller Tonnenstrabl trifft das totenbleiche, eingefallene Gesiebt dort ans den weißen Kissen. Angela zuckt zusammen. Ist das ibr Gatte? Barm- berzigkeit! „Tot?" Nur dies eine Wort entringt sich ibrer Brust: aber in ibm zittert ibre ganze unermeßliche Tnal. „Noch nicht, Fra» Marchesa." „Aber er »ins; sterben?" Ter Arzt zuckt die Achseln, und dieses Achselzucken sagt der bedauernswerten Gattin genug. Lange, unverwandt starrt Angela ans das regungS lose, fable Antlitz . . . Vorbei, vorbei alles Glück vor bei Tann beugt sie sich nieder und küßt die bleichen Lippen, die geschlossenen Angen. „Leb tvobl, mein Lieb!" flüstert sie bebend, innig, wie traumverloren. „Leb wobl!" Mit tief ans die Brust berabge'nnkenem Kopf, die Hände krampfban gefaltet, in ibrem langschleppenden, schwarzen Gewände ein Bild tiefster Trauer und Verzweife- lnng so schreitet sie langsam, obne sich noch einmal um- znblicken, ans dem Zimmer. Niemand wagt, ibr zu folgen. Wieder in ibrem Fimmer angelangt. stürzt sie aus ibre Kammerzofe zu. „Tckmell. Jeanette! Pack einen Koffer mit den not wendigsten Tacke»! Nur wenig, ganz wenig! Und rasch, rasch!" Verblüfft starrt Jeanette ibre Herrin an „Jetzt? Packen? Wozu?" „Wir reisen ab." „Wohin?"