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Donnerstag. — Nr. 287. 9. December 1858. mnälung urubabev- L ^usrivli- sein. M8t. cbdilö. >lr. 12 tlgr. rockt. «lvn ck«» Kl8 Klttlk t85S. 12 Xgr. mnn, n dec höht' ch «rhiilm r Schüler. r 20 Ngi. - an, >LU68 »ck Iö«r- Kolli«», sr SvlL l Ll«««- or nul2 doitsr Mw tsohnisolio lsäsn, sei ^86N8tMä «In «nü tot. siäekvnst" 12 litbo- s4S27j !, nicht >rem Ge m Aner- Zeutschcn mter äcksichten 51S-2H,' u eibecg mit iebert in igenmül- a Reudnitz Bunzlan in Paris. ' in Roda, i Johanna . — ^rau ->PW. Leipzig. Die Zeitung »r- «cheint mit «»«nähme de« Sonntag« täglich nachmittag« für den folgenden Tag. prei« für da« Merteljahr >'/, Thlr; jede einzelne Nummer r Ngr. DÄschk Mgtmim Mtnng. «Wahrheit und Recht, Freiheit uud Gesetz!» Zu deziehen durch alle Post ämter de« In- und Auölande«, sowie durch die Eipcdition in Lcipjig (Querstraße Nr. 8) Änserlionsgebühr für den Raum einer Zeile , Ngr. Das Programm der neuen Regierung Preußens; — Leipzig, 8. Dec. Mehr, weit mehr als ein bloßes Ministerprogramm ist die Ansprache deS Prinz-Regenten an daS Staatsministerinm in Preu ßen, denn hier haben wir auf der einen Seite den unmittelbaren, persön lichen Ausdruck des dermalen höchsten maßgebenden Willens und auf der andern die politischen Grundsätze der einzelnen Leiter der verschiedenen Zweige der Politik, aus denen der Prinz-Regent sein Cabinet zusammen gesetzt hat. Wir müßten uns nämlich sehr irren, wenn diese Ansprache (mit deren näherer Besprechung wir absichtlich etwas gezögert haben) nicht auf dem Wege entstanden wäre, daß der Prinz-Regent zuvor mit den einzelnen Fachministern die Angelegenheiten ihrer betreffenden Ressorts in ihren Hauptzügen und nach der in jedem zu verfolgenden Richtung durch gesprochen und sodann, nach den Ergebnissen dieser Besprechungen, in denen er sich der Uebereinstimmung seiner Ansichten mit denen der von ihm aus erkorenen Staatsmänner vergewissert, jenes Document, gleichsam als das Programm ihres gemeinsamen Wollens und Handelns, entworfen hat. Gewissermaßen vertritt dasselbe die Stelle einer Thronrede, in welcher der Regent eines Landes die von ihm und seiner Regierung für die nächste Zeit zu befolgende Politik der LandcSvertretung und dem Lande gegenüber- offen darlegt. Wäre die Sitzung der beiden Häuser des Landtags ganz nahe bevorstehend gewesen, so hätte man vielleicht jene Form gewählt; da dies nicht der Fall war, so bediente man sich dieser. Zweifellos ist wol dies, daß der erlauchte Urheber dieser „Ansprache" mit deren Veröffentlichung von vornherein einverstanden war, wenn auch schwerlich mit der verstüm melten und tendenziöse», zu welcher gewisse ultraconservative Organe die selbe miSbrauchten. Gehen wir nun die „Ansprache" durch, um daraus den Sinn und die Richtung des neuen Regiments in Preußen zu erkunden, so wollen wir bei den allgemeinen Sätzen der Einleitung nicht verweilen, denn sie sind, wie alles Allgemeine, vielseitiger Deutung fähig. WaS unS darin einen unziveidcutigen, wohlthuenden und befriedigenden Eindruck macht, das sind die Schlußworte, welche als die unverrückbaren Leitsterne der neuen Regie rung die drei goldenen Worte: Wahrheit, Gesetzlichkeit, Consequenz! hinstellen, und als ihren höchsten Schatz und Talisman „ein reines Gewissen"! Wir kommen zu den Bemerkungen über die einzelnen Gebiete deS öffentlichen Lebens: Die Gemeindeordnung von 1855 soll „vorerst" bestehen bleiben, „um nicht neue Unsicherheit und Unruhe zu erzeugen", aber schon jetzt wird in Aussicht genommen, daran „dereinst die bessernde Hand zu legen". Die Absicht deS nur allmählichen NeformirenS in einem Zweige der Verwaltung, der so tief in alle Verhältnisse deö bürgerlichen Lebens eingreift, ist gewiß nur zu loben: zu wünschen bleibt das Eine, daß durch den ganzen Geist der Verwaltung darauf hingewirkt werde, den Druck, den nach der neuesten Gemeindeordnung die Bureaukratie auf daS Gemeinde wesen üben kann, zu paralystren und allmählich soviel als möglich aufzuhrben, um der Selbständigkeit dieser natürlichsten Kreise des Volkslebens immer mehr äußern Spielraum und innere Kraft zu verleihen. Bei dem Abschnitt über die Finanzen glauben wir in den Worten: „Die wahre Besteuerungsfähigkeit deS Landes ist vor allem ins Auge zu fassen", eine Hindeutung auf die nothwendigc Heranziehung der bisher noch steuerfreien, aber sehr wohl stcuerfähigen Einnahmequellen zur ge rechten Mitleidenhcit bei den allgemeinen Staatölastcn, also, um es offen auszusprechen, auf eine angemessene Besteuerung deö zur Zeit entweder gänzlich erimirten, oder verhältnißmäßig niedrig belasteten Grundbesitzes zu erblicken. Mit Freuden begrüßen wir daS Anathema über den „Schwindelgeist"; nur wird darunter nicht eine naturgemäße Entwickelung des nationalen Crcditwesens, wie sie namentlich die möglichste Freiheit deS Bankwesens (unter den nöthigen Garantien, doch ohne nnnöthig hemmende Schranken) zu vermitteln geeignet scheint, zu verstehen sein. Eine fortdauernd dem Communicationswesen zugewendete Fürsorge des Staats innerhalb der Gren zen seiner disponibel» Hülfsmittel und ohne Beeinträchtigung anderer nothwendiger Bedürfnisse kann nur höchst willkommen sein. ' Nicht ganz verständlich ist uns der Passus über die Justiz; doch glau ben wir so viel demselben entnehmen zu können, daß man, das bereits sehr volksthümlich gewordene Geschworeneninstitut als unantastbar betrachtend, Geist und Bildung des Volks demselben immer mehr anzupassen sich be streben will. Den Glanz- und Höhepunkt des ganzen bedeutsamen Aktenstücks fin den wir in der Stelle über die kirchlichen Verhältnisse, die ebenso ein gehend als unumwunden und in jeder Hinsicht von dem edelsten Geiste inniger, wahrer Frömmigkeit, religiöser Duldsamkeit und wahrer Aufklärung im beste,» Sinne durchweht ist. Das sind wahrhaft goldene Worte für unsere Zeit und ihre Bedürfnisse, und im Hinblick auf die dermalen be ¬ stehenden Zustände kaum minder bedeutungsvoll als seinerzeit deS Großen Friedrich Wort: „In meinen Staate» soll jeder nach seiner Faxon selig werden können." Nicht minder erfreulich ist, waS über daS Unterrichtswesen und speciell über den Beruf Preußens, „durch seine höhern Lehranstalten an der Spitze geistiger Intelligenz zu stehen", gesagt ist. Welche Aenderungen in der Heervcrfassung Preußens durch „eine vier zigjährige Erfahrung und zwei kurze KriegScpisoden" sich als nöthig und zweckmäßig hcrausgestellt, vermögen wir nicht zu ermessen: jede Aenderung wird erwünscht sein, welche die preußische Wehrbereitschaft stärkt und erhöht, ohne seine Finanzen über das natürliche Maß hinaus zu belasten und ohne den Zusammenhang zwischen Heer und Volk zu zerstören, in welchem die ge nialen Urheber der militärischen Neigungen Preußens, die Scharnhorst und Gneisenau, dessen größte Stärke zu finden glaubten. Dürften wir noch eine Hoffnung hinzufügen, so wäre cs die, dass neben der Landmacht Preu ßens auch dessen jugendliche Marine der fürsorglichsten Aufmerksamkeit und Thätigkeit der neuen Regierung empfohlen sein werde. WaS endlich über die auswärtige Politik Preußens uud im besonder» über seine deutsche Mission gesagt ist, darin begrüßen wir mit freudigster Genugthuung die vollständige Berücksichtigung der Wünsche und Erwar tungen, mit denen wir, noch vor dem Eintritt der Regentschaft, diese schon in, voraus begrüßten. Wir sagten damals (Nr. 221) wörtlich Folgendes: „Was die deutsche Aufgabe Preußens betrifft, so ist die sicherste Lö sung dieser schon vorbereitet, sobald in der inner» Politik Preußens jener Umschwung vollständig und ausrichtig sich vollzieht, den wir in unserm zweite» Artikel bezeichnet haben. (Nr. 220.) Vs wird alsdann nur noch darauf ankom- men, daß man den Muth habe, für dieselben Grundsätze streng vcrsaffungS- mäßigen Gebarens, denen man im eigenen Lande jede dynastische und Per sönliche Velleität gewissenhaft unterordnet, auch in Bezug auf die bundes- verwandlen Regierungen und Völker und am Centralsitz des Bundes selbst energisch und rücksichtslos einzustehen, also da wieder anzuknüpfen, wo man leider die Consequenz seiner eigenen vorausgegangenen Handlungen und Er klärungen einstmals im Stiche ließ, als man die verfassungstreuen Hessen der bairischen Erecution preisgab. Thut man dies, so wird das Andere von selbst nachfolgen. Freilich gehört zu diesem Schritte — jetzt noch mehr als damals — eine Kühnheit des Entschlicßens und des Beharrens, die ebenso groß und selten wäre wie der Preis, der ihr unausbleiblich früher oder- später zufallen müßte. Was aber war es, das Preußen damals, als eS noch kaum ein Drittel seiner gegenwärtigen Einwohnerzahl besaß, so ange sehen, ehrfurchtgebietend und vertrauengcwinnend unter den Staaten Deutsch lands hinstellte, wenn nicht die rücksichtslose Entschiedenheit, womit sein großer König sich aller Unterdrückten und in ihren Rechten Gekränkten ge- I gen jedermann, ohne Ansehen der Person, annahm — nicht kloö eines klei ne» zweibrückenschen Prinzen gegen den mächtigen Kaiser, der ihn um sei» bairisches Erbe bringen wollte, sondern auch der würtembergischen Stände gegen ihren despotischen Herzog, ja eines einzelnen Unterthane» dieses letz ter» gegen unrechtmäßige Gewaltthat? Hier also ist großes Verdienst zu erwerben, aber auch sicherer und köstlicher Gewinn zu ernten — sobald man nur ernstlich will! Und man wird wollen, wenn man erst im Innern ein vollständig durchgebildetcS constitutionellcs System ins Leben geführt und sich selbst so recht in dasselbe hineingelebt hat. Und man wird auf die sem Wege viel leichter und gewisser zum Ziele gelangen als durch alle di plomatischen und publicistischen Häkeleien über Besatzungsfragen, Majoritä tenbeschlüsse w., welche dem Einflüsse Preußens keine» Vortheil, dem An sehen Deutschlands aber in den Augen deö Auslandes allemal Nachthcil bringen." Ist es nicht eben dies, waS jetzt aus erlauchtem Munde dem freudig aufhorchende» preußischen und deutschen Volke als die künftige Politik der deutschen und europäischen Großmacht Preußen verkündigt wird? Deutschland. Preußen. t Berlin, 7. Dec. In den hiesigen diplomatischen Krei sen wird von einer Eröffnung eines deutschen Mittelstaats gesprochen, in welcher auf Bedenklichkeiten infolge der von Preußen eingeschlagenen Richtung hingewiescn sein soll. Wir brauche» kaum hcrvorzuheben, daß solche engherzige Bedenklichkeiten hier um so weniger getheilt werden, alö von feiten Oesterreichs und von dem größten Theile der andern Mächte Er klärungen eingegangen sein sollen, welche im vollsten Gegensatz mit der oben angedeuteten stehen. Die geringe Wirkung einer solche» Eröffnung möchte sich daraus von selbst ergeben. — Die hier verbreitete Angabe, daß der Minister des Inner», Hr. Flottwell, aus dem Staatsministerium aus- scheiden werde, hören wir mit Bestimmtheit als unbegründet bezeichnen. — Der koburg-gothaische Staätöminister v. Seebach befindet, sich gegenwärtig hier. Derselbe hatte hier gestern mit Mitgliedern deö Staat-ministeriums