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Dresdner Journal : 16.11.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188711160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871116
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-11
- Tag 1887-11-16
-
Monat
1887-11
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 16.11.1887
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D 266 Mittwoch, den 16. November, abends. .887. ttv!su^8prel»r l «. <»ut»vv»L N»ied«: litkrliob: .... 18 A»rti ^Kkrltot»: 4 KO?s. ibu»vln<! >'ummvrn: 10 ?k. Ln»,»rv»U> Uv» aeatirkoo Lvicbs» tritt?o»t- uo6 8t«m),«-Im»ctlI»t; tiivru. 4u>ti1u<ti^u»^8«d0krp»r tür Uso U<»uii» eiosr »;s»pLlt^r>t>u 2«ilü KUinsr 8odr»1t 201'1. 6»t«r ,,1'ill^sd^oät" äiv 2«N« SO 1'5. Lei I'LbvUsL- uub XirierubittL vlltupr. ^ufsvtÜLz. Lr^odvlueiir üi^liet» Mit ^u«a»iuu8 äsr 8uüv- iu»cl ksisrl»^« »bovit«. r>i-Q--pre<:t»-.4o^It1u»8: l^r. I2SS. Dt tMerImiMl. Für di« Gesamtleitung verantwortlich: Gtto Banck, Professor der Litteratur» und Kunstgeschichte. von LwkN»a>Uuax»» »uivLrt«« Lrarrlütetter, LoriuLisLloniU «1« Urvxio« 1ourQ»I»; S»wdLrA-L«rUL Vj«» L«ix,I^ 8»»«I-vr«»I», ^r»o^t«r» ». » : //aarenstei« L l'vAt«-, L«rUo Vr8^-l.»ipr1^ ^»L^kart » L. LlÄned«2: ,' k»ri» 1.o»cko» v«rU» ^nulkNirc » N -SNi'.t^»rt: Lai«t« F Oo.,' L«rU»: VSrUU: 5? ^tuNer« s»LLo„r: v. LcXussl«"/ s»u« ». ».! /. Loret Oo. Nvr^asUvdsr: Lvoizt. Lrpeäitioo «les I)r««lL«r ^oiuM»1», UresävQ, ^vms<sr»tr»«»v 20. kerlliprvck ^LscUii», ^r. 12SV. Ämtlichkr Teil. Aekmintmachling. Nachdem sich der zufolge Bekanntmachung vom 28. April 1884 dem Regierungsasfessor vr. Rumpelt ertheilte Auftrag zu Fortstellung der Angelegenheit der Regulirung der Güsel erledigt hat, so wird solches gemäß tz 38 des Gesetzes vom 15 August 1885, die Berichtigung von Wasserläufen betr., hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 10. November 1887. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Müller. Nichtamtlicher Leit. Kekegraphische MacHricHten. Berlin, 16. November. (Tel.d. Dresdn. Journ.) Le. Majestät der Kaiser, welcher sich gestern abend um S Uhr zur Ruhe begab, hat eine sehr gute Nacht gehabt. Paris, 1s. November. (W. T. B.) Ferdi nand v LessepS richtete an den Ministerpräsidenten Rouvier ein Schreiben, in welchem er die Situ ation des Panamakanals darlegt und meldet, daß er soeben mit dem Ingenieur Eiffel einen Ver- trag abgeschlossen habe, in welchem er sich die für den Lerkthr ausreichende Breite deS Kanals ge sichert habe. Der Verkehr sei auf 7H Millionen Tonnen veranschlagt. Um die nötigen Mittel für die Fertigstellung des Werkes zu beschaffen, be absichtige er, wie das auch beim Suezkanal ge- sckrhen, auf die jährlichen Einkünfte, die sich auö der Exploitierung des KanaiS ergeben würden, Kapitalien aufzunehmen. Er sucht deshalb bei der Regierung die Genehmigung zur Ausgabe von vrrloSbaren Obligationen nach. Paris, 16. November. (Tel.d.Dresvn.Journ.) Zm gestrigen Verhöre vor dem Untersuchungs richter blieb Wilson bei der Behauptung, daß die fraglichen Briefe 1884 geschrieben seien, während der Sachverständige erklärte, dieselben seien neuer dings geschrieben. Der Papierfabrikanl bestätigte, daß daS Papier 1885 hergestellt sei. Der Unter suchungsrichter lud auf heute den Sekretär Wil sons vor, dessen Schrift wiedererkannt wurde. Spezia, 15. November. (W. T. B.) Zu Ehren der Offiziere deS hier vor Anker liegenden deutschen Geschwaders wurde von Offizieren der italienischen Marine ein Frühstück gegeben, an welchem die italirni chen Admirale Cottrau und Denegri, sowie die Spitzen der Zivil- und Mili- tärbehörden teilnabmen. Dresden, 16. November. Kandidaten für die französische Präsidentschaft. Man ist sich in Paris darüber einig, daß Herr Grevy genötigt wäre, die hohe Stellung, welche er so viele Jahre hindurch mit Ehren bekleidet hat, aufzu geben, wenn sein Schwiegersohn in der That des Be trugs für 'chuldig befunden würde. Die Unterschiebung der falschen Briefe in die Anklageakten Frau Limou- zins machen es aber mehr als wahrscheinlich, daß Hr. Wilson in strafbarer Weise die Ordensschwindeleien begünstigt habe, ganz abgesehen von den zahlreichen anderen Anklagen, welche die Blätter aller Parteirich- tungen gegen ihn vorbringen. Es ist daher in Frank- »«1»..Mor»,»«X»r-V-MW»4» v, >^^»»>114» reich das Gefühl allgemein, der Kongreß werde binnen kurzem dem Lande ein neues Oberhaupt zu geben haben, und die Zeitungen sind unerschöpflich, neue und immer neue Kandidaturen in Vorschlag zu bringen. Die gewesenen Ministerpräsidenten — und unsere Nachbarn besitzen deren eine stattliche Zahl — müssen samt und sonders Revue passieren und sich darauf hin prüfen lassen, ob sie etwa für das Elysee gut genug wären, nachdem sie sich für das Palais Bourbon als unzulänglich erwiesen haben. In den Augen der Radikalen findet keiner Gnade, und Rochefort gelangt daher zu dem Schluffe, daß man die Präsidentenwürde überhaupt abschaffen solle, da es einen geeigneten Träger derselben ja doch nicht gäbe Die herrschende Partei der Opportunisten sähe begreiflicher Weise sehr gern wieder einen der ihren als Nach folger Grevys, wenn wirklich dessen Rücktritt nötig würde, und wer böte sich da naturgemäßer dar, als Hr Ferry, ihr anerkinnter und einflußreicher Führer? Seine Freunde sind guter Hoffnung voll, und seine Feinde rechnen mit der Möglichkeit seiner Er wählung. In einer am Sonnabend stattgefundenen Versammlung haben die Pariser Intransigenten be schlossen, einen Barrikadenausschuß zu bilden, für den Fall, daß der Kongreß den „Tonkmesen" zum Nach folger Grevys erküren würde. Uns Deutschen könnte eine Präsidentschaft Ferry nur willkommen fein; er ist der einzige Ministerpräsident Frankreichs gewesen, welcher unverkennbar ein Einvernehmen mit Deutsch land anstrebte. Die neulichen Enthüllungen über die Vorgänge in den französischen Regierungskreisen ge legentlich der Schnebeleaffaire haben bewiesen, daß er in diesem Vertrauen zu Deutschland inzwischen nicht wankend geworden ist, daß er noch immer an die Möglichkeit eines dauernden Friedens zwischen den beiden Kontinentalen Kulturvölkern glaubt und fall seinen Einfluß zur Erlangung dieses Zieles geltend macht. Aber die Opportunisten befinden sich in einem verhängnisvollen Jrrtume, wenn sie glauben, der Kon greß wäre in seiner Majorität Ferry günstig gestimmt. Die Radikalen, von Boulanger an bis zu Joffrin, dem Kommunisten, würden sich wie ein Mann gegen ihn erheben. Sie hassen in ihm nicht nur den Ton- kinesen und den Deutschenfreund, sie hassen in ihm vor allen Dingen und instinktiv den Freund der Ord nung, den Gesinnungsgenossen Thiers' den Mann, welcher mit einer zweiten Kommune noch weniger Federlesens machen würde, als es der erste Präsident der Republik gethan hat. Und die Monarchisten? Für sie ist Ferry nur der Bekämpfer der Kirche und der christlichen Schule. Sie werden es ihm nie ver gessen, daß unter seinem Ministerium die Orden aus ihren Besitzungen vertrieben wurden, daß er es war, welcher das christliche Kreuz aus den Schulstuben ent fernen ließ, und werden ihm darum nie ihre Stimmen geben. Die Monarchisten mit den Radikalen aber bilden bekanntlich die Majorität in den gesetzgebenden Körperschaften Frankreichs, und damit scheint Ferrys Kandidatur so gut wie ausgeschlossen. Doch selbst wenn sich eine Majorität von Abge ordneten fände, die patriotisch und selbstlos genug dächte, um allen Parteizwist gegen da- Wohl des Vaterlandes hintanzustellen, so bleibt es doch noch sehr die Frage, ob sie mit der Erwählung Ferry- ihrem Lande wirklich einen Dienst leisteten. Die wichtige Rolle, welche dieser Staatsmann öffentlich und hinter den Kulissen in allen großen Angelegen heiten seines Landes niemals zu spielen aufgehört hat, machen ihn zum Präsidenten wenig geignet. Es wird nur wenige Fragen geben, über welche daS französische Parlament in absehbarer Zeit zu entscheiden hat, denen gegenüber Hr. Ferry nicht bereits offen Stellung genommen hätte, und darum würde eS ihm unmöglich sein, sich mit seinem Einzuge in daS Elysee auch die Unparteilichkeit zu eigen zu machen, welche die erste Bedingung für ein ersprießliches Wirken als Präsident wäre. Wie könnte er ruhig zuschauen, wenn der Ministerrat unter seinem Vorsitze über Maßregeln be riete, welche er einstmals selber bekämpft oder befür wortet hatte? Was er auch immer anstellte, er würde doch stets Führer seiner Partei bleiben, und unwill kürlich die Entschließungen deS Kabinettspräsidenlen zu Gunsten derselben beeinflussen, er würde, geht man der Sache auf den Grund, Ministerpräsident unter einem anderen Namen sein. Besäße er aber wirklich soviel Herrschaft über sich selbst, um eine Stellung über den Parteien streng zu wahren, so würde man im Volke doch nicht an seine Aufrichtigkeit glauben und ihn persönlich für alle Wandlungen in der Tages politik verantwortlich machen. Statt der Minister krisen böte sich dann Frankreich alljährlich einige Male daS Schauspiel von Präsidentenkrisen dar, und der geringe Rest von Stabilität, welcher sich gegenwärtig in seinem Regierungssysteme noch vorfindet, würfie damit völlig verschwinden. Alle diese letzteren Einwände kann man auch gegen die Kandidatur des Hrn v. Freycinet geltend machen, eines der wenigen Männer, welcher neben Ferry wirk lich zum Präsidenten geeignet wäre, weil er unter den gemäßigten Männern aller Parteirichtungen wenigstens Achtung und Ansehen genießt. Aber auch er ist meh rere Mal Ministerpräsident gewesen und hat sich mehr fach mit der Majorität des Landes im Widerspruch befunden. Zudem ist Hr. v. Freycinet nicht Persön lichkeit genug, um die höchste Stelle in einem Staate wie Frankreich mit Würde auszufüllen, er besitzt nur wenig politischen Ehrgeiz, und das ist für einen Po litiker immerhin keine Empfehlung. Auch ist es die letzten Tage von seiner Kandidatur auffällig still ge worden, denn die Opportunisten haben endlich einen Mann ausfindig gemacht, der ihnen die Vorzüge des Hrn. Freycinet ohne seine politischen Mängel zu be sitzen scheint. Dieser Herr ist Monsieur Leroyer. Monsieur Leroyer? Wer ist daS? Lassen wir die „Republique franyaise" antworten. „M. Leroyer erfreut sich allgemeiner Achtung. Er ist ein kluger, gemäßigter, entschlossener, liberaler Mann. Allem Hasse und aller Heftigkeit verschlossen, ein Feind der Extreme, hat er sich durch seinen trefflichen Charakter, durch seine einfache und herzliche Art und Weise alle zu Freunden gemacht, welche ihm jemals näher ge treten find." Wer wollte leugnen, daß dies vortreffliche Eigen schaften sind? Nur läßt sich nicht einsehen, daß sie Hrn. Leroyer ganz besonders zum Präsidenten der Republik befähigen sollen. Dazu, sollte man meinen, gehöre doch noch etwas mehr, als bürgerliche Tugend schlecht und recht, wie man sie doch sicherlich auch in Frankreich noch an viel tausend anderen Männern antreffen wird. Wie kommen überhaupt die Opportunisten ge rade auf diesen Hrn. Leroyer, von dessen Dasein nicht viele außerhalb Frankreichs etwas wissen dürsten. DaS Rätsel ist leicht zu lösen. M. Leroyer nimmt schon heute offiziell den zweiten Rang in Frankreich ein. Er ist Präsident des Senates und als solcher nach dem Präsidenten der Republik die erste Person im Staate. Träte er an Grevys Stelle, so wäre die- ein regelmäßiges Aufrücken, gegen das sich kaum etwas einwenden läßt. In der That wird die Kan didatur Leroyer, die jüngste von allen, von den Par teien wohlwollend ausgenommen. Ten Monarchisten, die ja in Frankreich zugleich die katholische Partei bilden, ist es allerdings ein Dorn im Auge, daß sich Hr. Leroyers, zum Protestantismus bekennt, und den atheistischen Radikalen nicht minder, wenn auch aus anderen Gründen, immerhin scheint dieser Herr gegen wärtig die meiste Anwartschaft auf die Nachfolge im Elysee zu haben. FeMeton K. Hoftheater. — Altstadt. — Dienstag, den 15. November. Zur Gedenkfeier des hundertjährigen Todestages von Gluck: „Armide", große heroische Oper. Die Vorstellung unter Direktion des Hrn. Kapellmeisters Schuch war eine vorzügliche, als Gedenk feier durchaus würdige, sowohl seilens aller Mit wirkenden in den einzelnen Partien wie seitens des Orchesters und des Chors. Vor allem sei Frln. MaltenS in Gesang und Spiel außerordentlich schöne Gestaltung der „Armide" hervorgehoben und Hrn. Rieses schwungvolle und feurige Gesangsausführung des Rinald Alle übrigen Mitwirkende nahmen durch treffliche, nur lobenswerte Leistungen künstlerischen Anteil an der gelungenen Wiedergabe des Werks, welches auch in scenischer Anordnung reich und ge schmackvoll ausgestattet war Da Gluck mit einigem Eigensinn Quinaults alte, galante und dramatisch schwache, für Lully geschriebene Dichtung unverändert wählte, um daS von ihm zu schönem Tonleben beseelte Reich der Antike mit dem der Romantik zu vertauschen, so ergab sich daraus manche- kühl konventionell stilisierte und monotone Musikstück, so im ersten Akt bis zum Finale, im Be ginn deS dritten Akts und an manchen anderen Stellen. Phenize und Sidonie sind keine kurzweiligen Gesell schaftsdamen am Zauber- und Liebe-Hof der Armide. Aber durch die dramatische Wahrheit und das mächtige Pathos einzelner Scenen, durch die Mannigfaltigkeit halb reizender, bald schauerlicher Schilderungen, de» heroischen, lieblichen und dämonisch leidenschaftlichen Ausdrucks, durch entzückende Süße, Anmut und Ein fachheit der Melodie vermochte der Meister unS jene leeren Stellen des Textes vergessen zu machen. Der Finalsatz im ersten Akt, ein Prachtgemälde aufgeregten kriegerischen Zorns und Rachedurstes, daS Beschwörungsduett, Rinalds Eintritt in die Gärten Armides, eine wundersame Tonschilderuna, beredter und farbenschöner gemalt als in TassoS Versen, LucindeS Scene in ihrer berückenden Lieblichkeit und dem sinn lichen Reiz einfachster Melodien, die großartige Scene mit der Furie des Hasses, voll furchtbarem, ergreifen dem Ausdruck des Hasse-, der Verzweiflung, des ringen den Schmerze« — dieß sind Tonschöpfungen, welche Unsterblichkeit verleihen. Unzweifelhaft wird man Glucks Opern jetzt im Repertoire festhalten und in angemessenen Zwischen räumen wiederholen und sehr wünschenswert wäre eS, „Jphigenia in Tauris" noch hinzuzufügen. Wünschens wert aber auch bleibt es, daß das musikliebende Publikum solch schätzenswertem Beginnen mit seiner lebhaftesten Theilnahme entgegenkommt, denn schließ, lich ist nicht der Kunstverstand, sondern die Theater kasse der bestimmende Beirat für das Repertoire. L. B Frieda.*) Erzählung von B. Mercator. Kurt v. Alten, Bürgermeister und Oberhaupt der guten Stadt Schönau, ging mit großen Schritten nun *) Nachdruck untersagt. schon zum siebenten Male vor einem unscheinbaren Häuschen in der Lämmergasse auf und ab. Hatte er vor, hier in höchsteigener Person einen Spitzbuben abzufassen? — dafür sprach der auf geschlagene Rockkragen, der tief in die Stirn gedrückte Hut, die fast übernatürlich energische Haltung, — oder aber — — — oder — sollte vielleicht eine chöne Hand ? — Richtig I — eben öffnete ich ihm gegenüber die schmale Hausthür, und eine unge Dame trat auf die Straße. Eine junge Dame, >aS war trotz der mangelhaften Beleuchtung erkenn- barl Hätte denn wohl ein alterndes weibliches Wesen die beiden unteren Treppenstufen so zierlich über sprungen? Und „Frieda!" rief der Bürgermeister halblaut. „Kurt?! O, Du machst einem ganz bange!" „DaS merke ich; Du bebst ja wie Laub im Winde; ich warte schon eine halbe Ewigkeit auf Dich." „Du bist so lieb, Kurt!" „So lieb wie Du, mein Friedel! So gieb doch den Packen her! Mußt Du noch mehr Besorgungen machen? nicht? — schön! Dann geben wir erst noch ein wenig vor'S Thor." „Aber Selma??" „Geht sie gar nichts an! Wir kommen noch reich lich früh genug zum Abendessen." Und er zog sie von der halbhellen Gasse mit sich fort in die pech schwarze Finsternis der Landstraße. „Nun, mein Mäuschen, was wolltest Du mir denn sagen?" „O, so hast Du- doch gemerkt?" „Eben! und darum find wir nun hier und ganz ungestört Wa» ist e-, Friedel?" „Ach, Kurt, sei nicht böse, — aber Selma meint Von einem einzigen Journale nur, allerdings d»m mächtigsten unter allen, dem „Figaro", wird mit eigen tümlicher Ausdauer Hr. Flourens, der augenblickliche Minister des Auswärtigen, als Nachfolger Grevys empfohlen In einem, übrigens glänzend geschriebenen Leitartikel „Ick. ?Iouren8, z.resick'nt 6« la ttepulcki- que", legte das Blatt am Sonnabend die Verdienste dieses Herrn seinem nach Hunderttausenden zählenden Leserkreise aufs neue ans Herz. Diese Verdienste sind unbestreitbar; es geiügt, an das Abkommen mit Eng land über den Suezkanal zu erinnern, an des Mi nisters besonnene Haltung in den bedauerlichen Vor gängen an der deutschen Grenze, um sie über jeden Zweifel zu erheben. Aber der „Figaro" erzählt auch ui geheimnisvoller Welse von kostbaren Bündnissen, welche Frankreich dank dem neuen Minister der aus wärtigen Angelegenheiten abgeschlossen habe. „Mons. Ftomens ist es gelungen, den Boden zum Kriege glücklich vorzubereiten, und etwaige Ereignisse der Zu kunft werden uns nicht mehr verlassen finden." „Es wäre sehr thöricht, wollten wir nicht dem Vertrauen Rechnung tragen, welches einem anderen Volke der Charakter unseres ersten Beamten einflößen könnte." Sollen diese Sätze und ähnliche etwa aus die russische Freundschaft abzielen? Wenn Herr Flourens ein so trefflicher Minister des Auswärtigen ist, so mag man ihn doch auf seinem Posten belassen, es ist durchaus nicht sicher, daß er auch einen trefflichen Präsidenten abgeben wird. Man könnte diese Erörterungen über den Nach folger Grevys leicht für einen Streit um das Fell des Bären halten. Aber sie haben wirklich Bedeutung und sind der Beachtung wert. Gesetzt auch den Fall, Herr Wilson ginge gereinigt aus den parlamen tarischen und gerichtlichen Untersuchungen heivor, welche gegen ihn verhängt sind, was indessen, wie kaum jemand bestreiten wird, höchst unwahrscheinlich ist, so kann die Präsidentensrage doch jeden Tag wieder auftauchen, denn Hr. Grevy ist nahezu 80 Jahre alt und kränklich. Und so erscheint es nicht unmöglich, daß, wenn nicht die Vergehen des Hrn. Wilson die Präsidentenfrage aufrollen, dies durch den Lani der Natur geschieht, welchem wir alle unterworfen sind. Lagesgeschichte Dresden, 16. November. Die Rückkehr Sr. Majestät des Königs von Schloß Sibyllenort ist nach den hier cingegangenen Nachrichten für Mittwoch den 23. dieses Mouals in Aussicht genommen. Dresden, I6.November. VomReichs-Gesetzblatt ist das 43. Stück des Jahres 1887 heute hier ein getroffen. Dasselbe enthält lediglich: Nr. 1754) Be kanntmachung vom 12. November d. I, Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über den Verkehr Mit Ersatzmitteln für Butter betreffend. * Berlin, 15. November. Se. Majestät der Kaiser nahm heute nach einer recht gut verbrachten Nacht den Vortrag des Grafen Perponcher entgegen und arbeitete mittags längere Zeit mit dem Chef des Militärkabinetts. Beim Ausziehen der neuen Wache begrüßten den Kaiser abermals die jubelnden Zurufe des zahlreich vor dem Palais versammelten Publikums. Nachmittags konferierte Se Majestät mit dem Minister v. Putlkamer. Der Aufenthalt Ihrer Majestät der Kaiserin in Coblenz hat sich bisher insofern günstig gezeigt, als der leidende Zustand Ihrer Majestät nicht schlimmer geworden ist. Die Kaiserin geht jeden Nachmittag im Schloßgarten zu Coblenz eine halbe Stunde spazieren, selbst im Regen, dann pflegt sie noch im Wagen eine Ausfahrt zu macheu. Selbst ihre geselljchasuichen Ge wohnheiten erleiden keine Unterbrechung. Sie hat zu den Diners Gäste, und wenn sic auch nicht an der es schon längst, und ich habe es so ernstlich überlegt, — sieh, ich habe doch nun einmal mein Lehrerinnen examen gemacht —" „Gott sei Dank, ja!" „Ach ja, schwer genug war es! Aber sieh, nun habe ichs glücklich überstanden, und nun möchte ich es doch eigentlich auch veiwerten, und Selma meint, es wäre nicht mehr als reust." v. Alten zog die zarte Mädchengestalt mit plötz licher Heftigkeit an sich. „Nein, Frieda, nein! da- thust Du mir und Dir nicht zuleide. Schlimm ge nug, daß ich mich habe überreden lassen, Dir durch diese gräuliche Prüfung einen Teil Deiner Jugend zu verkümmern, — armes kleines Ding Du! Aber da mit hört die Quälerei nun auch aus! Du sollst Dich nicht zu schänden arbeiten in dnmpfigen Schulstuben." „Aber, Kurt, das Lernen hat so sehr viel gekostet und — und — ich bin doch darauf angewiesen!" „Das hat Dir Selma wieder vor»,eredet! An gewiesen bist Du auf mich, Frieda! Hörst Du wohl, auf mich!" „Ich möchte mir aber so gerne mein Brot selbst verdienen, Kurt." Ihre Helle Stimme bekam einen bittern Klang. Kurt antwortete nicht sogleich; er heb ihre Hand an seine Schläfe. „Frieda, mein Friedens- kind, laß mich nicht allein!" „O, Kurt, fage nicht Friedenskind, wann bin ich Dir daS gewesen?" „Immer! allezeit! Wenn ich Dich nur anfehe wird mir wohl und warm. Frieda, Du mußt nicht fort!" „Lieber, lieber Kurt, ich will ja auch nur thun, wa? recht ist un^ — ja, nnd wa- Dir Fr-n^c macht."
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