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Freitag Nr. 35. -—— s. Mai 184». HM Deutsche Allgemeine Zeitung. ML «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueberblick. Deutschland. (-von der Elbe. Friedenspolitik der Großmächte. »München. DerDeputationsbericht über den Caffationshofsur die Rhein pfalz. »München. Resultate der Verhandlungen darüber. Dres den. Die ständischen Verhandlungen über den landwirthschastlichen Cre ditverein. . Preußen. »Naumburg. Verschiedene Ansichten der Gerichtshöfe in Schuldklagen gegen Subalternoffiziere. ZVesterreich. »Wien. Aufschub des ungarischen Landtags. »Aus Süddeutschland. Sammlung für ein Jesuitenconvict in Tirol. Aus Ungarn. Wilde Bewegungen. Reform der Städteverfaffung. Spanien. »Paris. Parteien. Schiffbarmachung des Tajo. Pferde rennen. Ein republikanisches Blatt geht ein. In Venezuela werden Priester und Mönche gesucht. Großvritannien. Die Limes über Handelspolitik. Frankreich. Die Pairskammer bewilligt die Verlängerung des Ge setzes über die politischen Flüchtlinge. Das Ministerium fodert Geld für Bauten. Der Constitutionnel über Religionsstreitigkeiten, -s Pa ris. Wie eS mit dem religiösen Sinn und der Religionsfreiheit in Frankreich steht. Brasilien. »Uio Janeiro. Kriegshändel in Rio Grande. Nachrichten von Montevideo. Haiti. Neueste Geschichte Haitis. Die neuesten Vorgänge. Handel und Industrie. Magdeburg. Eisenbahnfrequenz. -tnkündigungen. Deutschland. ff von der Elbe, 3Ü. April. Man hat neuerdings wieder ernste Besorgnisse vor der russischen Macht und daß diese die Sicherheit und.Unabhängigkeit Europas bedrohen könne, ausgesprochen. Indessen, die russische Politik ist viel zu umsichtig, als daß sie ein Streben nach Vergrößerung und eine Ausdehnung nach Westen hin zeigte, wo sie alle Chancen gegen sich hätte. Selbst im Verhältnisse zur Pforte würde Oesterreich, so sehr es auch wegen der ihm in jüngster Zeit von der Pforte zugefügtcn Unbilden gegründete Ursache hat, den Halbmond seines ihm bisher stets großmüthig gewährten Schutzes für unwürdig zu halten, doch immer sein mächtiges Gewicht geltend machen, sobald «ine consolidirte russische Macht ernste Besorgnisse für Deutschland und deutsche Interessen Hervorrufen sollte. Jede, wie immer geartete Be wegung zwischen dem baltischen und schwarzen Meere muß mislingen, wenn sie den Bestand und die Macht Deutschlands bedroht. Für die sen Fall würden wahrlich nur antirussische und durchaus keine antiger manische Tendenzen die Vermittelung Oesterreichs leiten. Das weiß auc Rußland nur zu gut, als daß eS (wollte es auch jetzt aufhören, dem stationaircn Friedensprincip in der Politik, mit dem es bei allen Congressen die Kriege niederzuhalten suchte, zu huldigen) versuchen dürfte, seinen wohlbegründeten und von allen Mächten anerkannten rechtlichen Einfluß auf die orientalischen Angelegenheiten in einen ungesetzlichen und un beschränkten umzuwandcln. Gegen diesen würde sich, er möge vonjRuß- land, oder von Frankreich, oder von England kommen, der ganze übrige europäische Staatenverein erheben, und aus diesem Grunde fürchten wir keineswegs bedenkliche Schritte von Seiten Rußlands. Wäre eS ihm um dergleichen Eroberungen zu thun gewesen, so würde es eine französische Allianz in Petersburg nicht abgclehnt haben. Ucbrigens kennen wir viel zu wenig den Bestand und Zusammenhang der diplo matischen und politischen Verhältnisse, als daß sich ohne weiteres ein Schluß auf die Motive und das Wesen einzelner Schritte dieser oder jener Macht machen ließe. Aber davon sind wir fortwährend überzeugt gewesen, daß sämmtliche, in gemeinschaftlicher Wechselwirkung zum Wohle der Völker stehende Großmächte der Pforte wegen es nicht zu einem Kriege kommen lassen würden. Sie werden, wie sic zu Aachen am IS. Nov. 1818 an sämmtliche europäische Höfe erklärten, „nicht auf hören, an der Befestigung und Vervollkommnung des großen Werks, das sie vollbrachten, zu arbeiten". Erkannten sie doch feierlich dort an, „daß ihre Pflicht gegen Gott und gegen die Völker, welche sic beherr schen, ihnen gebietet, der Welt, so viel an ihnen ist, das Beispiel der Gerechtigkeit, der Eintracht, der Mäßigung zu geben", glücklich, daß eS ihnen von nun an gegönnt ist, alle ihre Bemühungen auf Beför derung der Künste des Friedens, auf Erhöhung der inner» Wohlfahrt ihrer Staaten und auf Wiedererweckung jener religiösen und sittlichen Gefühle zu richten, deren Herrschaft unter dem Unglücke der Zeiten zu sehr erschüttert worden war, werden sie sich auch jetzt auf keine neuen politischen Unternehmungen cinlasscn, die eine Störung der durch die bestehenden Verträge geheiligten Verhältnisse der Mächte herbcifüh- ren könnten. Wie wenig auch das gegenwärtige Frankreich unter dem Mi nisterium Guizot geneigt ist, von der strengen Befolgung jener Grund sätze des Völkerrechts abzugchen, beweist die schlagende Rede dieses Mi nisters in der Deputirtenkammcr am 2. März, wider Hrn. de Lamar tine. Und dieser Friedenspolitik ist auch der Nestor der europäischen Diplomatie, der kundigste Lenker der Staatcnverhältnisse, Fürst Met ternich, noch heute zugethan. Erinnern wir uns aber an seine vor kur zem noch dem Canton Luzern mitgetheiltc Note, worin er ausdrücklich den Frieden Europas für gesichert erklärte, so werden wir auch in den neuern Vorgängen dieselbe Uebereinstimmung erkennen, in welcher die Mächte schon seit langen Jahren gehandelt haben und auch ferner zu handeln entschlossen sind. * München, 29. April. Soeben ist unsere Kammer der Abgeord neten versammelt, um über den für die Pfalz hochwichtigen Gesetz entwurf, die Kompetenz des CassationShofes für jenen Kreis als Revisionßgcricht betreffend, zu berathen und Beschluß zu fassen. Ich habe Ihnen den Gesetzentwurf selbst zugesendet, nebst vorläufi gen Notizen (Nr. 30), und werde nicht unterlassen, auch das Bera- thungsresultat sofort mitzutheilen, für welches, vom Standpunkte der ssälzischen Wünsche aus betrachtet, nicht eben die versprcchendsten Aus» ichten gegeben sind. Hauptsache ist und bleibt den Pfälzern, den ihnen 'eit 1832 genommenen, resp. von dort nach München verlegten, d. h. mit unserm Oberappellationsgericht verbundenen Kassationshof in ihre Provinz zurückzuerhaltcn. Wie dieselben in dieser Beziehung denken, daS erhellt am besten daraus, wie Pfarrer Tafel aus Zweibrücken in sei nem Referat über den fraglichen Gesetzentwurf für den Ausschuß, als dessen Referent er spricht, folgende Frage beantwortet hat: „Ist durch die, mittels allerhöchster Verfügung vom 29. Jun. 1832 erfolgte Ucber- tragung der Cassations- und Revisions-Instanz für die Pfalz an daS Oberappellationsgericht zu München allen Ucbelständcn und Rechts- erschwcrnissen vorgebeugt worden?" Er äußert sich darüber u. A.: „Be stände in den sieben Kreisen diesseit des Rheins dieselbe Gesetzgebung und Gerichtsordnung wie in der Pfalz, so dürfte es, nach dem großen Muster der französischen Einrichtung, ganz dem Zwecke der Einheit und Sicherheit der Rechtspflege angemessen sein, daß in der Haupt- und Residenzstadt des ganzen Königreichs ein Kassationshof über alle Ge richtshöfe für alle Staatsbürger Baicrns als höchste Rechtsinstanz be stehe, und das für die sieben ältern Kreise in München errichtete Ober- appellationsgericht möchte sowol hinsichtlich der Qualität als der Zahl der Rälhe würdig dessen Stelle einnehmen. Es hätte dann dieser Ge richtshof sich lediglich mit den Cassationsrecursen aus dem ganzen Reiche als Wächter über die Integrität des Gesetzes, als Bewahrer der Ein heit und Sicherheit der Rechtspflege, als Lebensquelle einer gesunden Jurisprudenz und als letztes Asyl der Rcchtsuchenden zu befassen, in dem er die Revision der cassirten Urtel an die betreffenden Gerichte verweisen würde. Dieser Fall ist nun aber nicht gegeben, und wird auch, leider! so bald nicht cintreten. Es besteht aoer auch so lange keine aus der Gerichtsorganisation hervorgchcnde Wechselbeziehung, kein na türliches Verhaltniß, keine organische Verbindung Zwischen den Gerichten der Pfalz und dem Oberappellationsgerichte zu München, so wenig als zwischen der diesseitigen und pfälzischen Gesetzgebung und Rechtspflege ein Wechsclverhältniß, eine lebendige Verbindung gedacht werden kann. In der allerhöchsten Verordnung vom 29. Jun. 1832 ist verfügt: «Art. IV. Das Oberappellationsgericht als Kassationshof für den Rhein kreis soll stets aus Räthen gebildet werden, welche auch der fran- ösischcn Gerichtsverfassung und Gesetzgebung kundig sind. ... Wir werden Individuen des Justizdicnstcs aus dem Rhcinkrcisc zum Ober- appcllationsgericht als Räche berufen.» Dieser Artikel wurde bis heute noch nicht nach seincni Umfang und Wortlaute vollzogen. Es wurden rämlich im Jahr 1832 nur vier in dem Justizfache der Pfalz Unge teilte als Obcrappellaticnsräthe nach München berufen. Einem der- clben wurden die Functionen eines Gcncralprocurators übertragen, und >ie drei übrigen bildeten nun nicht einmal zur Hälfte den zeitweiligen Cassations - und Rcvisionshof für die Pfalz. Dieser muß nämlich aus wenigstens sieben Räthen zusammengesetzt sein. Es mußten also den