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Vesper in -er Snpliienkirche. Dresden, Sonnabend, den 27. Mürz 1897, nachm. 2 Nhr. 1. Khroinatische Auge für Orgel (^.-inoll) von Jos. Rhein berger. 2. .,8tn>mt iiurtvr", Motette in fünf Sätzen für zwei vierst. Chöre von Giov. Pied. Palestrina (I5l4—94). Stand die Mutter voller Schmerzen an dem Kreuze, weint von Herzen, da ihr Sohn von Qual verzehrt. Durch die Seele, angsterfüllet, grambeladen, wehumhüllet, schneidet tief des Jammers Schwert. O wie traurig, da dem Tod nah' sie den eingebornen Sohn sah, war die Mutter, benedeit! Wie sie zaget schmerzzernaget, angeplaget, laut aufklaget ob des Sohnes Schmach und Leid. Wessen Auge sollt' nicht weinen, da die reinste aller Reinen beugt so herber Qual Gewicht? Wer kann ohne Gram wohl schauen, schau'n die Krone aller Frauen, da das Mutterherz ihr bricht? Unsre Schuld sah sie ihn tragen, sah von Geißeln ihn zerschlagen, daß sein Blut zum Himmel raucht, sah den theuren Sohn erblassen, da er trostlos, gottverlassen, seine Seele von sich haucht. Heiland, Quell der reinsten Minne, deiner Schmerzen mach' mich inne, daß ich wein' ob deiner Plag'! Laß mein Herze so entbrennen, Christ, dich lieben und erkennen, daß ich dir gefallen mag! O mein Heiland, alle Wunden, so am Kreuz du hast empfunden, präge meiner Seele ein! Alle Plagen laß mich tragen ohne Zagen, ohne Klagen, deine Qual sei meine Pein. Mach mein Leiden gleich dem deinen, theurer Heiland! Dich beweinen will ich all' mein Leben lang. An dem Kreuz mit dir zu weilen, allen Schmerz mit dir zu theilen ist der Seele heißer Drang. Heiland, hoch verklärt vor Allen, laß mein Flehen dir gefallen, gieb mir Theil an deiner Qual! Laß mich erben, Christ, dein Sterben, deine Todespein erwerben, deiner Wunden große Zahl! Laß an deinen theuren Wunden, laß am Kreuze mich gesunden, wo dich Schmach traf, Gottes Sohn; so entbrannt in Liebes- flammen, laß mich, Heiland, nicht verdammen vor des Welten richters Thron! Herr, laß auf dein Kreuz mich stützen; laß dein'n Opfertod mich schützen, mich zu Gottes Gnaden weih'n! Wenn der Körper einst muß sterben, meine Seele laß er werben, Paradieses klaren Schein. 3. Wasr-Arie aus der Cantate „Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe" von I. S. Bach, ges. von Herrn Arno Reichert. Ach, wo hol' ich Armer Rath? Meine schweren Sünden wunden können nimmermehr gesunden, als durch die Erlösungs- that. Du, mein Arzt, Jesu, nur weißt die beste Seelenkur. 4. Gemeinde: Gesangbuch Nr. 42l, 6. Ein unbarmherziges Gericht wird über den ergehen, der nicht barmherzig ist, der nicht die rettet, die ihn flehen. Drum gieb mir, Gott, durch deinen Geist ein Herz, das dich durch Liebe preist. ^ . . ^ Vorlesung. 5. Arie aus der Cantate „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen" von I. S. Bach, gesungen von Herrn Arno Reichert. Ich folge Christo nach, von ihm will ich nicht lassen im Wohl und Ungemach, im Leben und Erblassen. Ich küsse Christi Schmach, ich will sein Kreuz umfassen. 6. Motette (op. 86, Nr. 1) von Osk. Wermann. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber um unsrer Missethat willen ist er verwundet, und um unsrer Sünde willen ist er zerschlagen. Die Strafe liegt aus ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir ge heilet. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen.