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SM Mchmh-Aitilns Verantwortlicher Redacteur: Csrl Ichne in Dippoldiswalde, Nr. 151 51. Jahrgang Dienstag, den 22. Dezember 1885 Abzahlungs Bazare. In ihrer letzten, am 3. Dezember d. I. abge haltenen Sitzung hat die Dresdner Handels- und Ge werbekammer beachtenswerthe Beschlüsse gefaßt über die in letzter Zett sich stetig vermehrenden sogenannten Abzahlungs-Bazare. Wir setzen voraus, daß unsere Leser damit bekannt sind, wie in diesen Verkaufsge schäften die Zahlung nicht baar, sondern in kontrakt mäßig festgesetzten Abzahlungen geleistet wird. Schon am 22. Oktober d. I. hatte das Gewerbekammermit glied, Glasermeister Wetzlich, wenn wir nicht irren, Vorstand des allgemeinen Handwerkervereins zu Dres den, einen auf die Abzahlungs-Bazare bezüglichen An trag eingebracht. Ueber denselben erstattete nun am 3. Dezember Gewerbekammervorsitzender Schwer Be richt. Er gab eine eingehende Schilderung der Ge schäftsführung dieser Verkaufs-Institute ab und be zeichnete den Einfluß derselben in mehr als einer Hin sicht schädigend. Daß das Abzahlungssystem, wenn es zur Anschaffung erwerbender Gegenstände, z. B. Nähmaschinen, in Anwendung gebracht werde, völlig berechtigt sei, gab der Berichterstatter von vornherein zu; dies gelte jedoch nicht für die Abzahlungs-Bazare, deren Artikel vorwiegend Kleidungsstücke, Mobilien, Luxusgegenstände rc. seien. Die Meinung, daß die auf Abzahlung im Bazar verkauften Maaren nicht theurer feie», als im Baarverkaufe, sei nicht glaub haft; wohl aber seien die hochtönenden Anpreisungen derselben nnd die Versprechung von Prämien geeignet, wenig bemittelte und zur Baarzahlung unvermögende Personen zum Einkäufe entbehrlicher Luxusgegenstände und zu unwirthschaftlichen Geldausgaben zu verlocken, sie dann aber auch insoweit zu benachtheiligen, als'nach dem Urtheile «sachverständiger die erkauften Gegen stände dem Verkaufspreise nach Güte und Haltbarkeit nicht entsprechen. Der Inhalt der von den sogen. Abzahlungs-Bazaren benutzten Verkaufsverträge fasse vorwiegend das einseitige Interesse der Verkäufer ins Auge, der Käufer vermöge einen Einfluß auf eine ihm günstige Vertragsfassung nicht auszuüben, ja er bekomme zumeist gar keine Ausfertigung des Ver trags in die Hände und bleibe dann augenscheinlich über die eingegangenen Vertragsbestimmungen im Un klaren. Was aber besonders zu erwägen sei, das sei der Umstand, daß das als Grundlage jedes gesunden Geschästslebens immermehr anzustrebende Baarzah lungssystem hier durch als Grundsatz proklamirte Borgsystem völlig in Frage gestellt werde. Wenn man mit diesen rein sachlichen ruhigen Ausführungen des Berichterstatters sich nur einverstanden erklären wird, so muß man auch den Beschlüssen zustimmen, welche die Handels- und Gewerbekammer in dieser Hinsicht gefaßt hat. Mit Gewalt und durch Verbietungs-Maß- regeln kann dem Unwesen allerdings nicht gesteuert werden; nur dadurch, daß die Ueberzeugung von den Der Niedergang der Warenpreise. Wer sich auch nur oberflächlich mit volkswirth- schaftlichen Fragen beschäftigt hat, der wird uns in der Ansicht beistimmen, daß es dem menschlichen Scharf sinn bis jetzt noch nicht gelungen ist, für eine große Anzahl Erscheinungen im wirthschaftlichen Leben der Kulturvölker die treibenden Ursachen zu ermitteln und in klares Licht zu stellen. Dies gilt auch in Bezug auf den etwa seit dem Jahre 1874 eingetretenen Preis rückgang, unter welchem alle Produktionszweige fort dauernd leiden. Von der einen Seite wird dieser Preisrückgang durch die „Ueberproduktion", von der anderen durch den „Mangel an Cirkulationsmitteln" erklärt. In Nr. 252 und bez. 292 der „Leipz. Ztg." wird, vorläufig ohne in der Währungsfrage Partei zu ergreifen, über einen Versuch referirt, „die Theorie von dem Zusammenhänge der Waarenpreise mit der Ueberproduktion zu widerlegen und den Parallelismus zwischen der Höhe der Waarenpreise einerseits, der Menge der jeweilig vorhandenen Umlaussmittel andrer seits zu beweisen." In erster Beziehung wird auf die Thatsache Bezug genommen, daß der Preisrückgang auch auf solche Maaren sich erstreckt hat, bei denen von einer Ueberproduktion füglich nicht die Rede sein kann, und in letzterer Beziehung auf die seit dem Jahre 1874 stattgehabten großen Schwankungen in den Um- laulsniitteln. Eine plötzliche Vermehrung der letzteren sei nicht nur durch die französische Kriegskontribution, sondern auch durch die Zunahme der Zettelmenge her beigeführt worden. Frankreich habe seine Zettelmenge vom Juni 1870 bis Januar 1872 um 1800 Mill, und im folgenden Jahre um weitere 500 Millionen Francs vermehrt und in Deutschland sei die Zettel menge in Folge des Goldzuflusses von 862 auf 1438 Mill. Mark gewachsen. Vom Jahre 1874 an sei eine Einschränkung sowohl für Gold als für die Zettel menge sowohl für Frankreich als für Deutschland als die übrigen Staaten eingetreten. Es wird dies dann ziffernmäßig nachgewiesen, auf die Vermehrung der Umlaufsmittel in der Zeit von 1879 bis 1881 und die dadurch bedingte kleine Besserung der Preise und auf den von da an wieder beginnenden weiteren Rückgang der Waarenpreise in Verbindung mit gleichzeitiger Minderung der Umlaufsmittel Bezug genommen. Der Verfasser schließt sein sehr dankenswerthes Referat mit den Worten: „Mag man zur Erklärung des eigen- thümlichen Parallelismus zwischen den Waarenpreisen und der Menge der Umlaufsmittel auch sonst welche adminikulirende Momente herbeiziehen, ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit für die Annahme, daß hier ein ursachlicher Zusammenhang stattfindet, bleibt unbe schadet des Standpunktes, den man zur Währungs frage einnimmt, bestehen." Wir haben keine Gelegenheit gehabt, von dem in der „Leipz. Ztg." besprochenen Buche Einsicht zu nehmen, soviel scheint uns aber aus dem hier nur skizzirten Referate hervorzugehen, daß ein gewisser Zu sammenhang zwischen den Waarenpreisen und der Menge der Umlaufsmittel besteht; nur tragen wir erhebliches Bedenken, das Sinken der Preise durch eine Abnahme der Umlaufsmittel erklären zu wollen. Der Beweis dafür scheint uns nicht erbracht. Die Frage ist: Was ist Ursache, was Wirkung? Gehen die Waarenpreise zurück, weil die Umlaussmittel abnehmen, oder werden die Umlaufmittel eingeschränkt, weil die Waarenpreise niedergehen? Wer weiß es? Es gemahnt uns dies an den bekannten Streit über die Cholerapilze. Daß ein Zusammenhang zwischen der Krankheit und den Pilzen besteht, ist all gemein zugegeben, allein ein Theil der Aerzte meint, daß die Pilze die Krankheit hervorbringen, ein anderer Theil ist der Ansicht, daß die Krankheit die Pilze er zeuge Wer hat Recht? Noch in frischem Gedächtniß der lebenden Generation ist die Zeit, wo alle Welt glaubte daß die übrigens nur relative Handelsfreiheit Amtsblatt , „ für die Königliche UmishauptmannschafL Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein volkswirthschastlichen Mißständen der sogenannten Ab zahlungs-Bazare sich verbreitet, kann wenigstens dem denkenden Theile des Publikums die Lust verleidet werden, Maaren von fraglicher Güte, wenn auch all- mählig, doch zu einen« Preise zu kaufen, der lediglich auf das Interesse des Verkäufers berechnet ist und sich eine Last aufzubürden, bei der, wenn man nicht weiter zahlen kann, die Gefahr vorhanden ist, das mit Mühe und Noth Ausgebrachte zu verlieren. Was Du brauchst, das muß schließlich erworben werden, aber die rechte Freude wird nur der daran haben, der es bezahlen kann. Kannst Du es nicht, so warte lieber noch eine Weile. Die Beschlüsse der Handels- und Gewerbekammer gehen nun dahin, besonders durch die Presse den er wähnten Mißständen entgegen zu wirken, die Geschäfts- gebahrung der Abzahlungs-Bazare im Auge zu be halten, um gegebenen Falls weiter vorgehen zu können, sodann aber die Kammermitglieder und die Gewerbe- Vereine zu ersuchen, in gleichem Sinne zu wirken. Ob Abzahlungs-Bazare in unserer Gegend Kund schaft haben, wissen wir nicht; daß es aber sehr schwer ist. Denen, die an die pomphafte Reklame solcher In stitute glauben, ihr Vorurtheil zu benehmen, darüber sind wir vollständig im Klaren. Es fällt uns in dieser Hinsicht der treffliche Aussatz des berühmten Benjamin Franklin ein, in welchem er erzählt, was ein weiser Mann den zu einer Auktion versammelten Erstehungs lustigen vor Beginn derselben für treffliche Rathschläge ertheilt. Alle klatschen ihm Beifall zu, als aber die Auktion beginnt, da sind die weisen Lehren vergessen und Alle bieten und erstehen so thöricht als möglich. den Niedergang der Waarenpreise verschuldet habe. Industrielle und Landwirthe schrieen nach Schutzzöllen. Sie wurden gewährt und was ist die Wirkung ge wesen? Ist mit Einführung der Getreidezölle das Ge treide theurer geworden? Wir wiederholen daher unsre Eingangs ausge sprochene Ansicht, daß es der menschlichen Weisheit bis jetzt nicht gelungen ist und voraussichtlich nie ge lingen wird, die letzten und treibenden Ursachen für die räthselhafte und nun schon so lange dauernde Er scheinung des Niederganges der Waarenpreise zu er gründen, noch weniger ein Heilmittel dagegen ausfindig zu machen Faust sagt zu seinem Famulus und Schüler Wagner: Geheimnißvoll am lichten Tag, Läßt sich Natur des Schleiers nicht berauben. Und was sie Deinem Geist nicht offenbaren mag, Das zwingst Du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben. —r. Anierate, welche bei der bedeutenden Auslage deS «Plattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im 'redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bezüglich des am 1. Weih nachtsfeiertage im Schießhaussaale stattfindenden Con- certes wollen mir nicht verfehlen, auf zweierlei hin zuweisen, weswegen dasselbe besondere Beachtung ver dient. Zunächst bietet das Programm durchaus gute Musik, die sowohl den Musikkenner als auch den Laien zu befriedigen geeignet ist. Insbesondere ist „Dorn röschen", eine aus 12 Nummern bestehende Kompo sition von Perfall, der das bekannte Märchen zu Grunde liegt, in allen seinen Theilen von höchst ein nehmender und imposanter Wirkung. In wohlthuen- der Abwechslung folgen Chöre und Soli mit höchst charakteristischer Begleitung, zu welcher der hiesige Männer - Gesangverein in dankenswerthester Weise seinen Flügel zur Verfügung gestellt hat. Ganz besonders möchten wir aber auch darauf Hinweisen, daß in diesem Concert unsere werthgeschätzte Sopran solistin, Frau Concertmeister Kröber, die so oft in liebenswürdigster und anspruchslosester Weise durch geistliche und weltliche Musik öffentlich und in Privat kreisen viele, viele Zuhörer durch ihre Kunst entzückt hat, voraussichtlich für längere Zeit zum letzten Male auftreten wird, da sie mit Jahresschluß unsere Stadt zu verlassen gedenkt. Wir bedauern diesen für unsre Musikverhältnisse schweren Verlust aufrichtig, müssen aber Frau Kröber um so dankbarer dafür sein, daß sie sich trotz der Nähe ihrer Uebersiedelung hat bereit finden lassen, das projektirte Concert durch ihre Mit wirkung zu ermöglichen und zu verschönern. Wir dürfen im Voraus überzeugt sein, daß uns mit diesem Concert ein Genuß geboten wird und wünschen aus diesem Grunde und des Zweckes willen (Lulherfond) ein allseitig befriedigendes Gelingen. — Mit Rücksicht darauf, daß vielleicht in mancher Familie am ersten Feiertag die Christbescheerung stattfindet, ist der An fang des Concertes erst auf 8 Uhr festgesetzt. — Im Bezirke der hiesigen kgl. Amtshauptmann- schast sind im laufenden Jahre — mit Ausschluß der Stadt Dippoldiswalde — im Ganzen 1910 Hunde steuermarken verbraucht worden. — Am 19. Dezember ist der 11 Jahr alte Sohn Vit „Weißerih-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners lag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einnionatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an.