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Sächsische Elbzeitung Ständige Wockenbeilsgen: '«"^?°"ung und Wissen", Nichterscheinen einzelner Nummern Infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung usw. berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Nr. 170 Bad Sckanüau, Sonnabend, den 23. Mi 1927 71. ^akrgang „ . „Unterkaltungsbellage", Ogg Leben im Bild «Kus der Welt der Zrau", Illustrierte Sonntagsbeilage nn Ottv Tageblatt für die Enthält die amtlicken Bekanntmachungen für den Stadtrat, da, Amtsgericht, da» Hauptzollamt Bad Schandau und da» Finanzamt Sebnitz. — Bankkonten: Utadtoank — Stadtgirokasse Nr. 12 — OMchsische Genosscnschaft»oank Zweignicdcr. lassung Bad Schandau — Postscheckkonto: Dresden 88 827 Iernsprecher: Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Erscheint täglich nachm. 8 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. — Bezugs preis (in NM.) halbmonatlich In» Haus gebracht 8» Pfg., für Selbstabholer 8» Pfg. 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Hindenburg traf am Frcitagnachmittag nach mehrtägigem Aufenthalt auf dem Rittergut Groß-Iustin seines Schwiegersohnes, Landrat a. D. v. Brockhuscn, wieder in Berlin ein. * Am Ai. Juli wird der Internationale Gerichtshof im Haag das Urteil in der Chorzow-Angclcgcnhcil verkünden. * Der Kongreß der panamerikanischen Arbcitersödcralion hat einstimmig beschlossen, die sofortige Zurückziehung der amerika nischen Streitkräfte aus Nicaragua zu fordern. * Wie Reuter erfährt, hat das Kabinett die Haltung Lord Cecils und Bridgemans bei den Genfer Verhandlungen über die Frage der Sceabrüstungen einstimmig gutgchcißen. Lord Cecil und Bridgeman kehren sofort nach Genf zurück. * Wie die Blätter aus Paris berichte», soll sich Leon Daudet nach Brüsseler Meldungen in dem belgischen Badeort Wonduye bei einem Freude aushallcn. Abrechnung. Ein grausiges Schauspiel. — Notcukricg mit Belgien. Schlaflose Generale. Noch ist es gar nickt lange her, daß im Reichstage von der notwendigen Angleichung unserer R e ch t s z u st ä n d e an die entsprechenden Verhältnisse der Ostereichischcn Republik die Rede ivar. Es handelte sich nm den Entwurf eines neuen deutschen Strafgesetz buches und die Sozialdemokratie war cs, die damals mit besonderem Nachdruck erklären ließ, ne werde alles daran- ,setzen, nm die angcstrcbte Rechtsgleichheit auch iu dem Punkte zu erreichen, in dem der dcntfcke Entwurf an unseren überlieferten Ncchtsanschauungen sesthiclt, wäh rend das geltende österreichische Strafrecht bereits einen Schritt nach vorwärts getan habe: in der Frage der Todesstrafe. In Österreich hat die siegreiche Revo lution. noch ehe sie die Macht wieder an die bürgerlichen Parteien abgeben mußte, einfach die Abschaffung der Todesstrafe verfügt, während bei uns weder die Volks- bcanftragteu von einst noch die späteren Lmksrcgiernngcn diesem Beispiel nachgcahmt haben. Nun hat ein blutiger Vormittag in der Hauptstadt der ehemalige» Donaumonarchie mehr Todesopfer ge fordert, als bei uns wohl in Jahrzehnten dem Richt schwert des Henkers überliefert werden. Und nicht die geordnete Justiz des Staates hat dabei mitgcwirkt, daß dieses grausige Schauspiel der Welt geboten wnrde. Es sind vielmehr am hcllichtcn Tage Menschen erschlagen nnd erschossen, richterliche und polizeiliche Be amte niedcrgemacht worden nnd einen Augenblick schien es beinahe, als hätte das letzte Stündlein dieses Staats wesens nun wirklich geschlagen, das die Väter des Ver- träges von Trianon so willkürlich nnd sinnlos, man kann sagen mit offenbarer Absicht, seine Lebensunfähigkcit unter allen Umständen sicherzustellen, zusammcngcschnstsrt haben. Wenn schon der Maat nicht soll Herr sein dürfen über Leben und Tod seiner Bürger, so sollten noch viel weniger seine Bürger, am allerwenigsten aber die Straße sich znm Herrn anfwcrfen über Leben und Tod der Staatsdicncr. Denn ehe der Staat einen Verbrecher aufs Schafott schickt, wird seine Schuld oder Unschuld auf das sorgfältigste geprüft, und erst wenn auch die höchste Guadeniustanz der Volksgesamthcit ihr Siegel auf das Todesurteil drückt, darf der Scharfrichter seines traurigen Amtes walten. Wenn aber die Ab rechnung über ein angebliches Fehlurteil, über einen an geblichen Akt der Klassenjustiz auf die Straße verpflanzt wird,Hann kann niemand mehr die Verantwortung für das Unheil übernehmen, das notwendig entstehen muß und das in diesem Falle den ohnehin nur äußerst schwach gezimmerten Österreichischen Staat in seinen Grundfesten erzittern ließ. Jetzt will es, sozusagen, niemand gewesen sein und jede Partei möchte der Gegenpartei die alleinige Verant wortung für das Geschehene aufbürdcn. An großen Worten wird es in der bevorstehenden Parlameutsdebatte gewiß nicht fehlen, ihr Ausgang aber steht Wohl von vornherein unzweifelhaft fest; denn er entscheidet sich nicht je nach der Aufklärung, die sie bringen wird (oder viel mehr: die sie nicht bringen wird, da noch selten durch bloße Redeschlachten Klarheit über solche vom Massen- Wahn beherrschten Vorgänge erbracht worden ist), sondern nach den gegebenen politischen Machtverhältnissen, die in diesem Falle sür die Justiz und gegen die Empörer einstehen werden, denen schon der Bundeskanzler Dr. Seipel so entschiedenen Widerstand geleistet hat. rjr In dem Augenblick, wo Österreich sich wieder einmal schwersten inneren Erschütterungen ausgesetzt sieht, wird die deutsche Negierung plötzlich gezwungen, in eine Art Notenkrieg mit der belgischen Negierung einzutreten, deren Krtegsmmtster es für richtig befunden hat, die Abrüstungsfrage von neuem auf die europäische Tagesordnung zu stellen. Er kann zwar nicht leugnen, daß wir abgerüstct haben; stünde doch sonst das Zeugnis der Interalliierten Militärkontrollkommisston sofort gegen ihn zur Ver- fügung. Aber er behauptet, wir seien bereits wieder mitten in einer neuen Aufrüstung begriffen, nnd läßt sich in dieser angeblichen Überzeugung auch durch die bestimm teste«, durch untrügliches Tatsachen- nnd Aktcnmatcrial gestützten Gegenerklärungen der deutschen Negierung nicht lrremachen. Belgien zeigt sich, gcnan wie wir cs von Herrn Poincarö seit Jahren gewöhnt sind, nm die Sicher heit seines Gebietes auf das ernstlichste besorgt, nnd selbst wenn wir die kleine Reichswehr, die man uns ge lassen hat, auch noch auf dem Altar der Völkcrvcrsöhnnng opfern wollten, in Paris und in Brüssel würden die Generale doch keinen ruhigen Schlaf finden, aus Furcht vor den Millioncnbcercn, die über Nacht plötzlich cimual aus deutsche» Wälder» über die Grenze verbrechen könnten. Wir mögen lachen oder de» Kopf schütteln über so ängstliche Gemüter, denen selbst ein Frieden von Ver sailles kein sanftes Ruhekissen zn bieten vermag; eine , ernsthafte Auselttandersctzung mit ihnen wird niemals zum Ziel führen, da sie ja die wahren Absichten, ans denen heraus sie immer wieder mit ucuc» Verdächtigungen gegen uns vorgehen, nicht verraten dürfen. Wie es aber bei diesem Zustand der Dinge zu der allgemeine» Abrüstung komme» soll, auf die wir nach den wiederholteil Fcstsk'llnngcn unserer Rcgicrnngs- Vertreter iu Genf nunmehr ein verbrieftes Anrecht haben, das wissen die Götter. Statt der allgemeinen Abrüstung scheinen unsere Gegner von 1911 eine dauernde Militärkontrolle in Deutschland einrichteu zu wollen. Wenn das so weitergeht, wird auch hier einmal eine Ab rechnung notwendig werden, bei der, aller Voranssicht nach, nicht Deutschland, sondern der Völkerbund der leid tragende Teil sein würde. Dr. Sv. Bisher 50 Personen dem Wiener Landcsgcricht zugcfiihrt. W icii, 22. Juli. Bisher sind dem Landcsgcricht 50 Personen unter der Beschuldigung Ler Brandstiftung, der schweren Körper verletzung, des Ausruhrs usw. zugefiihrt worden. Der Kampf um die Portoerhöhung Mnistek Schätzel für erhöhtes Porto. Sitzung des Verwaltnngsrats der Neichspost. Der Verwaltungsrat der Deutschen Neichspost trat am Freitag zusammen, um endgültig Beschluß Uber die Gebühreuvorlage zu fassen. Die Verhandlungen waren nicht öffentlich. Reichspostminister Dr. Schätzel hielt ein leitend eine Ansprache, in der er nochmals die Gründe für die nach seiner Meinung notwendige Portoerhöhung dar legte. Bei der Neichspost sei, so meinte der Minister, ein ungedeckter Mehrbedarf von 427 Millionen festgestellt. Auf Anleihe» könne» bei gesimder Geschäftsführung nur Anlagen genommen werden, nicht aber Mehrausgaben laufender,Natur, wie z. B. für Erhöhung der Beamten besoldung, der Wohnungsmiete und der Löhne, für die allein ein Betrag von 216 Millionen Mark erforderlich ist. Das wäre B a n k e r o t t w i r t s ch a ft, die nicht ver antwortet werden könnte. Der Minister kam dann auf die Geschäftsführung der Reichspost zu sprechen und betonte hierbei, daß seit 1926 trotz Steigerung des Verkehr« 50VV Kräfte eingespart worden seien. Dann fuhr Dr. Schätzel kort: Ich kann bestimmt erklären, haß die Ausgaben der Deutschen Neichspost schon heute oft über die Grenze des Vertretbaren hinaus abgedrosselt sind, schon anS Mangel an den erforderlichen Mitteln. Wir haben alle Möglich, leiten erschöpft, bevor wir mit dem Vorschläge der Ge- btthrenerhöhung hervorgetreten sind. Der ungedeckte Mehrbedarf der Deutschen Neichspost ist so groß, daß ohne Gcbührvnerhöhung die Mittel fehlen würden, um die bei vorstehe « de B c s o l d u n g S e r h v h u n g auch auf die 35V 000 Beamten, Angestellten und Arbeiter der Deut schen Neichspost zu erstrecken, daß ferner lebenswichtige Arbeiten eingestellt und etwa 12 000 Arbeiter entlassen werden müßten. Oie Ursache der finanziellen Schwierigkeiten der Deutschen Neichspost ist nicht von hente. Sie liegt letzten Endes darin, daß seit der Stabilisierung der Wäh- rm g die Einnahmen der Deutschen Neichspost auS den Gebühren nicht mit der zunehmenden Höhe der Ausgaben Schritt gehalten haben. Die Deutsche Reichspost mußto ihre gewaltige« Ausgabe« z« 100 Prozent bezahlen nnd nahm hiergegen ans den Gebühren nur dnrchschntMlch etwa 60 Prozent ein. Taö nngehcnrc finanzielle Opfer, das die Deutsche Neichspost hiernach seit der Stabilisierung durch Beibe haltung des lO-Pf.-Briefportoö der deutschen Währung und der deutschen Wirtschaft gebracht hat, ist ihr nicht ge dankt worden. Es ist ein bitteres Unrecht, daß die deut sche Öffentlichkeit der Neichspost darüber Vorwürfe mgcht, daß sic nunmehr endlich ihre Tarife den Anögabcsützc« anglcicht. Die Deutsche Neichspost geht doch hiermit nicht vor, sondern holt ausschließlich nach, was alle Kreise der gesamten deutschen Wirtschaft, groß und klein, «»eist in viel höherem Ausmaße längst vor ihr vollzogen haben. Wer in der deutschen Wirtschaft seine Preise selbst erhöht hat, dem fehlt das Recht, gegen die Gebührenerhvhuna der Neichspost zu protestieren. Den Ausführungen des Ministers folgte eins lebhafte Aussprache, in der von verschiedenen Seiten betont wurde, daß die Leistungen der Post erheblich heruntergegangen seien. Es wurden zahlreiche Stimmen gegen die Gebührcner- höhung laut, doch ist kaum daran zu zweifeln, daß sich der Verwaltungsrat schließlich den Wünschen des Post- Ministers beugen wird. Ein Antrag der Kommunistc , der die Zurückziehung der Verlage verlangte, wnrde a - gelehnt. Ein lebhafter Streit geht auch noch um den Dermin, der Jnkraftsevung der Vorlaae., Die Beschlüsse. Berlin, 22. Juli. Wie die T.-U. erführt, wurde in der heutigen Vollsitzung des Vcrwaltungsrates der Deutschen Rcichs- post dem Anträge aus Festsetzung des Fernbriessatzes aus 15 Psg. stattgcgebcn. Der Satz sür den Ortsbries wurde entgegen dem Anträge des Arbeitsausschusses von 10 Psg. aus 8 Psg. ermäßigt. Der Postlartcn-Ferntaris soll 8 Psg., der Ortstaris sür Post karten 5 Psg. betragen. Für Drucksachen, denen auch Antwortkarten angehängt werden können, wurdp ein billigerer Satz von 3 Psg. scstgelcgt. Die Verhandlungen sind heute noch nicht zum Abschluß gekom men. Sie werden morgen sortgcsctzt. Es wird sich dann ent scheiden, ob die jetzt ausgestellten Tarife auch in zweiter Lesung angenommen werden. Mw NM MW Setze gegen MW Danzig, 22. Juli. Der in Warschau erscheinende Kiiryer Poronny verbreitet eine Meldung, wonach das polnische Passa gierschiff „Sachsen", das zwischen Gdingen und Heln verkehrt und von dein deutschen Kapitän Seeck-Stralsund geführt wird, im Hafen von Edingen ein polnisches Motorboot überfahren hat, das mit polnischen Lehrerinnen aus dem Lubliner Gebiet einen Ausflug machte. Das polnische Blatt bringt eine ungeheuerliche Meldung des Vorfalles, die gleich auf den ersten Augenblick un glaubwürdig erscheint. Es behauptet, der Führer der „Sachsen" habe das polnische Motorboot in der Trunkenheit absichtlich über rannt. Der deutsche Kapilän habe ferner verhindern wollen, daß die ins Wasser gestürzten polnischen Passagiere des Motorbootes gerettet wurden und habe, ohne Hilfe zu bringen, mit Volldampf weiter nach Hcla fahren wollen. Erst mit vorgehaltencm Re volver sei er zur Hilfeleistung gezwungen und spater verhaftet worden. Die Angaben der polnischen Presse sind so ungeheuerlich und in ihrer ganzen Art so unglaubwürdig, daß der hetzerische Charakter ohne weiteres klar wird. Die von der Kiiryer Poronny ausgstelltcn Behauptungen sind nach Erkundigung an zuständiger Stelle bis jetzt keineswegs be wiesen. Die Untersuchung über den Vorgang ist von polnischer Seite eingclcitet worden. Daß die Behauptung des Blattes schließlich aus dem Erunde aufgestellt wurde, um von neuem eine neue deutsche Hetze ins Werk zu setzen, dürfte schon als sicher scst- stehen. Belgien will nicht mehr antworten! In offiziellen Brüsseler Kreisen sagt man, daß die belgische Regierung nicht beabsichtige, die letzte deutsche Note zu beaiit- worteu. Das Brüsseler Kabinett halte seine Haltung in der Streitfrage mit Deutschland aufrecht.