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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188508031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850803
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850803
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-08
- Tag 1885-08-03
-
Monat
1885-08
-
Jahr
1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1885
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. Leterti«» ,at Lkpe-Uioa IohaoueS-asse 8. Sprechstunden -rr lledartiou: Vormittags 10—18 Uhr. Nachmittag» 5—6 Uhr. »LI da »»<»»» «w,^«a»«« vr-miieru»«» da stcdactl», vrchl »sdwdtia. A«aaD«e »er für »te «Schftf«l>e»»e Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen »iS 3 Nhr Nachmittag«, an Sann- nn» Festtagen früh »t«'/.» Uhr. 3» den Filiale» für 3ns.-A»nah«e: Ltto Klemm. UniverfitSt-strabe 1. Lsni« Lösche, Katharineustr. 83, p. nur »t« '/.3 Udr. 'cimiakr.Tagcblait Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- »nd Geschästsdcrkehr. Auflage LVIVV. .^bonnemrntsprei» viertelj. 4' , Mk. incl. Bringenohn ö Mt., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Stummer 2t> Pi- Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sür Ertrabeilagen (io Tageblatt. Format gesalzt) ohne PoftbesSrderung 39 Mk. «It Postbesörderung 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 80 P>. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnis Tabellarischer u. Zlffernsatz nach Höhen» Laris lirrlämrn auter dem Redaktion-strich dle4gesvalt. geile 50 Ps„ vor den Familien Nachrichten die Ügespaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wirL nicht gegeben. Zahlung pnieumnerauäo oder durch P st- nachnahaic. 215. Montag dm 3. August 1885. 7!t. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachung, den Verlust der Ettmmberechttgung wegen Abgadenrückständen betr. Nach Vorschrift der Revivirten Städte-Ordnnna tz. 44 unter x sind von der Stimmbcrechtigung bei den Wahlen alle diejenigen Bürger, welche die Abentrichtung von Staats- und Gcmeindeabgaben, einschließlich der Abgaben zu Schul» und Arnien-Eassen, länger als zwei Jahre ganz oder theilwcise im Rückstände gelassen haben, a»sgeschlossen. Unter Hinweis auf diese gesetzliche Bestimmung fordern wir daher au» Veranlassung der in nächster Zeit vorzu- nehmenven Ausstellung der Sladtverordnrtenwahlllst« uud der dann bevorstehenden ErgänzungSwahl des Stadtverordncten- CollegiumS alle Abgaben-Ncstanteu, welche davon betroffen werde», zur ungesäumten Abführung ihrer Rückstände auf. Leipzig, am 24. Juli 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Trvnblin. N Vrkanntmachung. Die Herstellung von Schlackengußpftaster in den Straßen um das neue Eoncerthaus soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, RathbauS, ll. Etage, Zimmer Nr. 14. auS und könne» daselbst eingesehen, resp. entnommen werten. Bezügliche O'serlen sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Pflasterung der Straße« «a» da» tkoveertha«»" versehen ebendaselbst und zwar bi« zum 8. August 1885 Nachmittag« 5 Uhr einzurcichen. Leipzigs am 27. Juli 1885. De» Rath» der Stadt Leipzig Straßeobau-Deputatton. lW zum Kugeltenkmal vom 4. bi« mit 17. nächsten MouatS für allen unbesuglen Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 3t. Juli 1885. . Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Krumblegel. Nichtamtlicher Theil. Die Debatte über Madagaskar. Die Verhandlungen der französischen Dcputirtenkammer über den Credit für MadagaScar habe» gezeigt, wie lies die Kluft ist, welche die Parteien in Frankreich von einander trennt. Der Haß der Radikalen und der äußersten Linken, sowie der Anhänger der Monarchie, besonder« der Bona- partisten, gegen Ferry ist leidenschaftlich und unauslöschlich; dagegen ist es Ferry am 29. Juli gelungen, die alte Mehr heit, über welche er als Ministerpräsident verfügte, wieder« herznstellen. Wie auch feine Gegner getobt haben, die That- sache ist nicht wegzuleugnen, daß die von ihm von der Tribüne vertheidigte Politik der Action in den Colonien zur Hebung der Armee und der Manne al» Vorbereitung für den großen Rachekrieg der Zukunft, die Zustimmung einer Mehrheit von fast 300 Stimmen erlangt hat. Brisson erklärte, wenn auch in sehr gemäßigter Form, sein Einverständniß mit den A»S- sührungen Ferry'«, denn er gab zu, daß e« nölhig sei, die alten Erwerbungen zu erhalten und die neuen «»zurichte», und auch Canipenon suchte die Kammer wegen der Zukunft TonkinS zu beruhigen. Das Crgebniß der Verhandlungen ist für Deutschland von hervorragender Bedeutung. Wir haben darau- ersehen, daß wir Ferry viel zu günstig beurtheilt hatten, wenn wir holten, er werde e« sich daran genügen lassen, die überschüssigen Kräfte Frankreichs in überseeischen Ländern zu beschäftige», um sür die Befestigung der inneren Zustände Raum zu schassen Ferry hat seine Aufgabe stet- in dem Sinne erfaßt, daß er da» fortzusetzen habe,' was Gambetta angesangen hatte. „ES zieht keine Ausgleichung für da« Unglück von 187 l. wer davon spricht, beleidigt die Regierung", diese Worte bildeten den eigent lichen Mittelpunct der dreistündigen RebeFerry'S, und der Zurus Eassagnac'S: „In den Bogesen wird eS Kampf geben", war die Ergänzung de-von Ferry nur angedeuteten Gedanken». Daran anknüpsenv hat dann Rocbesort den Artikel veröffentlicht: „I/opportunisme c'est I» ßukrrs" und diese« Wort gicbt dem bevorstehenden Wahlkampf da« Gepräge! Wie wir mit Ferry daran sind, wissen wir jetzt, und wenn wir ihn jemals günstiger beurtheilt haben, so hatte daran der Wunsch größeren Antheil. al« die Ucberzeugung. Aber wir würden nur aus einer Täuschung in eine andere geratben, wenn wir Clemenceau und sein- Partei als die Vertreter deS Frieden« betrachten wollte». Clemenceau sagte am 30. Juli: „Wenn Jemand in die Fremde geht, um Eroberungen zu mache», damit dieselben stärkend aus baS Vaterland zurückivirkcn, bann mag eö hingehen, wenn aber zu diesem Zwecke Blut und Geld dem Vaterland- entzogen werden, so nenne ick da« «ine wahn sinnige. eme abgeschmackte Politik. 33,000 Mann in Tonkin immobilisiren t 00,000 andere Soldaten, und wenn eS nur dabei bliebe. Können Sie uns die Gewißheit geben, daß wir bei der endgiltigen Erwerbung nicht »och mehr werden hinschicke» müssen? (Der KncgSmiiiistcr nickt zustimmend.) Daß man die Mobilisi- rung geschädigt, bestreitet man gar nicht mehr. Wenu ich nun sehe, wie man sich anS einem Wahnsinn in einen andern stürzt, dann blicke ich auf die Vertheidigung de« Vaterlandes »nd rufe: Nein, Sie haben nicht da« Recht, eine solche Politik zu treiben. (Lebhafter Beifall.) Und während so viel sür das Vaterland zu lhuu übrig bleibt, verschwendet man 500 Mil lionen sür ruinirenbe Expeditione,, und versetzt die Finanzen in einen unerträglichen Zustand." Obwohl Clemenceau diese» Theil seiner Rede mit der Apostrophe schloß: „Da» Land zu heben wäre nicht eine der Regierung und der Kammer hin reichend würdige Ausgabe, der Friede wäre nur ei» Traum der Demokratie?" so ist doch auS dem Borangeschickken ohne Weitere« klar, daß er den Frieden, von welchem die Demo» kratie träumt, nur in dem Sinne al« Vorbereitung sür den Rachekrieg der Zukunft versteht. Ob er ihn hinter der spanischen Wand der uationalen Vertheidigung verbirgt, fällt nicht in« Gewicht; die Hauptsache ist, daß er alle Kräfte Frankreich» in einem Punct gesammelt wissen will, um die sogenannte Vertheidigung in« Werk zu setzen. Der Unterschied zwischen der Politik Ferry'» und Cle- mcnceau'S besteht nur in der Art und Weife der Vorbereitung auf den Rachekrieg, zu welchem Cassagnac „Amen" sagt. Ferry rechnet, daß man eine große Armee und eine große Manne nur krieg-tüchtig erhalten kann, wenn man ihr Bc- schästigung giebt, während Clemenceau der Meinung ist, daß diese Tüchtigkeit auch durch friedliche Hebungen erzielt und erhalten werden kann, das sei weit vernünftiger, al- Geld und Blut sür zwecklose und kostspielige Unternehmungen aufzuopfern. 142 Abgeordnete haben den Gedanken Cleinenceau'S zu dem ihrigen gemacht, indem sie die 12 Millionen sür MadagaScar ablehnten, 29 t haben sich sür die Ansicht Ferry'» erklärt, welcher die Vergrößerung Frankreichs durch überseeische Be sitzungen für die Ehre und den Ruhm Frankreich» vortheilhaft erklärt. Bon besonderem Interesse war auch die Heranziehung Algerien-, weil man daran» ersah, auf wie schwachen Füßen die Colonialpolitik Ferry's steht. „Die Eroberung Algerien» be gann mit der Züchtigung de-ScheikS. Heute ist Älgerien franzö sische Erde und das Land war unS ein Trost in schlimmen Tagen." DieNutzanwendung,welche Ferry von Algerien aus Tonkin milchte, wurde von der Opposition mit ironischen AnSrusen begleitet, und mit Recht, denn die Vergleichung paßt wie die Faust aufs Auge. Algerien» Besitz hat sür Frankreich einen »»,- zweiselhasten Werth trotz der Opfer, welche er gekostet hat, weil er die Herrschaft über da» Mittelmeer sichert. Warum erregt« die französische Expedition nach Tuni« einen Sturm der Entrüstung in Italien, warum wird die Haltung Frank reichs in Marokko von Italien und Spanien mit ArguSaugen verfolgt? Weil beide Mächte ein sehr ernstes Interesse daran haben, daß die südlichen Gestade de» MittelmeercS nickl aus schließlich in französische Hände fallen. Desweg«» ist Italien »ach Massauah gegangen, weil e« sich von dort au» den Weg nach Tripolis erleichtern wollte, allerdings eine verfehlte Spekulation, aber doch nicht ganz ohne Plan unternommen. Frankreich hat die Ausführung ferner Absichten aus Marokko einstweilen vertagt, weil der Augenblick nicht günstig schien, aber ausgegeben ssnd sie nicht. Nun, die Eolonialpolitik Ferry's hat am 3». Juli über «ll« entgegenslehenden Bedenken den Sieg davon getragen. 29t Ab geordnete haben die geforderte» 12 Millionen sür di« Ab sendung der von Miot gewünschten Verstärkungen nach MadagaScar bewilligt, also wird Frankreich aus der Bahn sorlschreiten, welche Clemenceau in so lebhaften Farben als verderblich geschildert hat. Bei dieser Frage ist der Chauvi nismus nur theilwcise engagirt, die größere Hälfte deS KriegS- eiserS für die Colonien ist auf Rechnung der Gewinnsucht zu setzen. Als Clemenceau die Frage auswarf, weshalb bei der Mission Ftallcr'S. die doch auch zu Grunde gegangen sei. die nationale Ehre nicht als prciSgegeben erachtet wurde, antwortete eine Stimme: „Weil da nicht- zu holen war". Das ist der springende Punct der gesammten Ferry'schen Colonialpolitik. Die Hoffnung aus mühelosen Gewinn hat die Franzosen nach Tonkin und MadagaScar geführt und der Abgeordnete sür die Insel Rüunion, de Mahy, war so auf richtig, in öffentlicher Kammcrsitzung auszusprechen, daß die goldenen Berge MadagaScar- um so leichter auSzubcuten seien, weil Frankreich dort keine Nebenbuhler habe So lange Frankreich solche Beschlüsse saßt, wie am 80. Juli, haben wir von ihm nichts zu besorgen, erst an dem Tage, an welchem Clemenceau mit seinen Gründen durchdränge, würden wir unS aus einen erneuten ernsten Kamps mit Frankreich gefaßt zu machen haben, denn dann würde die besonnene Ucberlegung über Thorheit und Unverstand den Sieg davongctragen haben. * Leipzig, 3. August 1885. * Die „Nationallib. Corresp." schreibt: In der dürren, stoffarmen Jahreszeit treibt regelmäßig die abstrakte Parteiphilosophie ihre üppigsten Blüthen. Wenn prak tische politische Entscheidungen vorliegen und die allgemeine Aufmerksamkeit beschäftigen, erörtert die Presse die fachlichen Fragen und die Stellung der Parteien zu denselben, und diese DiScussion hat eine positive Grundlage und einen vernünftige» Zweck. Bei dem vagen hohlen Gerede über die allgemeine Stellung und Grundrichtung der Parteien, wie cs jetzt wieder in den Zeitungen sein Wesen treibt, ohne Bezug aus concrete sachliche Fragen kommt gar nicht« heraus, aiö eine auf alle» Seiten gereizte Stimmung und ein malitiöscr Ton. der Er bitterung hmterläßt und spätere sachliche Verständigung erschwert. Wir lieben derartige unnütze allgemeine Parlci- betrachtungen und Parteiauseinanderseyungcn wabrbastig nicht, »nd wenn wir unsererseits ab und zu da» Wort zur Abwehr oder Aufklärung ergreifen, so wird eS uns nur durch fortwährende Anzapsr-ngen von recht» und link» aufgedrängt. WaS wird in diesen dürren Tagen und Wcchen wieder an der national liberalen Partei herumgezerrt l Von recht« der hören wir tag täglich den Borwurfr di, Partei kan» sich eben auS allcin- gewurzeller Gewohnheit von dem Liebäugeln mit dem Fort schritt und den secessionistiscben Manchcstcrmännern nicht frei machen, und daran muß sie unfehlbar zu Grunde gehen. Von link» her heißt eS wieder: die nationalliberale Partei hat sich de» freisinnigen Charakter« vollständig enlänßert, sie ist rem gouverneniental und conservaliv geworben, hangt sich nur noch ab und zu aus einem Rest von Scham und zur Täuschung der Menge ein liberale« Mäntelchen um. ist aber thalsächlich mit fliegenden Fahnen in daS Lager der Reaction übergegangcn, und daran muß sie un fehlbar zu Grunde gehen. Diese Angriffe von rechts und tinlS können der Partei nur beweisen, daß sie aus dem richtigen mittlere» Wege ist; ihrem manzen Charakter und Streben nach will und muß sic eine MiNel- partci sein, und daß aus eine solche von allen Seiten loS- gchämmert wird, ist ihr unvermeidliches Schicksal und in der Natur der Sache begrüntet. Die Selbstständigkeit der Partei nach recht« und nach links ist i» jeder maßgebenden Kundgebung derselben aus da» Bestimmteste betont worden, und wir weisen eS ebenso entschiede» zurück, uns in die Abhängigkeit von den Conservaliven ober der Regierung zu begeben und unS Vorschriften über unsere Haltung von dieser Seile machen zu lassen, al» wir uns von der Gemein schaft oder Hinneigung zu radikaler OpposiliouSmackerei frei wisseu. Wir sind cS gewöhnt, sür diese unabhängige Mittel stellung von beiden Seiten derunglimpsl und unzuverlässige, schwankende, .halbe" Charaktere gescholten zu werden. Wenn wir einmal al« vollständig zuverläsfig« Bunde«genossen, sei p« von der .Kreuzzeitung" oder der .Norddeutschen AU- gemeinen", sei e« vom .ReichSblatt" oder „Reich-freund", begrüßt würden, dann müßten wir freilich unsere Stellung al« Mittrlpartei quittiren und überhaupt unsere Exiltenz au>- aeben. Dazu haben wir aber durchaus keine Neigung. Im Uebrigen haben wir in Uebereinstimmung mit allen maß gebenden Stimmen au« unserer Partei hundertmal betont, daß wir unter den gegenwärtigen Verhältnissen in einer möglichst häufigen und engen Verständigung mit den gemäßigten Elemente» der Reckten die einzig ersprießliche Parteiconstellation zu erblicken vermögen. * Zu den charakteristischen Merkmalen der Oppositions- Presse gehört die grundsätzliche Parteinahme gegen die Organe der staatlichen Autorität, wo immer diese, und insbesondere die Organe der Polizei, mit dem Publicum in sür diese» unliebsame Berührung kommen, wird von vornherein und, bevor der Sachverhalt ordnungsmäßig sestgestellt ist, in der Darstellung die öffentliche Meinung gegen die Organe de» Staate» zu provociren gesucht. Ein klassische» Beispiel dieser Art der Sachbehandlung liefert die letzte Nummer de- .Reichsfreund." In der Darstellung der be kannten Vorgänge bei dem Begräbniß eine» Socialbcmokratcn in Frankfurt am Main heißt e», die Aufforderung de» Polizci- commissar» zum AuScinankeraehcn solle so schnell erfolgt sein, daß nur wenige der Aufforderung Folge leisten konnten, die Schutzleute sollen augenblicklich einaehauen haben re. Die Untersuchung, ob zur Durchführung der zu er zwingenden Anordnung der Gebrauch der Waffe notbwendig resp. gerechtsertiat war, sei eiugcleitet, und daraus folgt al» Schluß: hoffentlich trifft di« Schuldigen exemplarische Strafe! - Dem fortschrittlichen „Reichs freund" natürlich sind die betreffenden Polizeiorgane von vornherein die Schuldigen und er fordert exemplarische Bestrafung, bevor noch da« Ergebniß der Untersuchung vorliegt, und aus Grund von Angaben, die er selbst in Gerüchtsform zu kleiden sür gut befindet! Ob zu dieser Bcurtheilung gleiche Erwägunge» mitgewirkt haben, wie die, welche die „Berliner Zeitung" zu dem Gedanken einer Verbrüderung de» Freisinns mit den Socialdrmokraten geführt haben, mag dahingestellt sein. Jeden fall» ist diese« Gebahren rin Zeichen sowoül von entschieden destruktiver Tendenz, wie von Mangel an Gerecht,akeit«gesühi. Ein anständige« Blatt verurtheilt nicht aus bloß« Gerüchte hin; die in der gegenteilig«, Sachbehandlung liegend« Tendenz richtet sich aber augenschemUch nicht sowohl gegen die einzelnen belheiliglen unteren Organe, sie ist vielmehr der Au-fluß jener Abneigung gegen jede Betätigung der Staatsgewalt selbst, welche eine» der charakteristischen Denkmale de» politischen und wirthschastlichen Radikalismus ist. Daß eine solche grund sätzlich gegen die Autorität der Organe de» Staate» gerich tete Mimrarbeit ernstliche Gefahren sür die Ord nung und Sicherheit der Staatsinstitutionen nach sich ziehen kann, ist selbstverständlich, dem „NeichSsrcund" aber freilich entschieden alcichgiltig, kann er nur sich an daS Organ des Staate» reiben, dessen leitender Staatsmann der Fürst Bismarck ist. * Außer dem Dampfer „Kaiser Wilhelm" sind noch zwei andere, .Großherzog Friedrich Franz" und .König Christian", sür die neue Postverbindung Rostock-Kopenhagen erbaut. Sie haben 750 Pserdekrast und machen 14 Knoten. Die Linie kürzt die Verbindung zwischen Berlin und Kopenhagen, welche biöbcr über Hamburg- Kiel-Korsör ging und 19 Stunden in Anspruch nahm, aus 12 Stunden ab, stellt also einen ganz bedeutenden Fort schritt dar. Die drei Postdampser sollen die Verbindung zwischen der Jnselspitze Kroghaae und Warnemünde unter halten, und zwar wird die Uebersahrl in zwei Stunden erfolgen, täglich einmal, später zweimal. Alle nach Obigem erforderlichen Vorbereitungen müssen zufolge der zwischen der Neichspostverwaltung und der dänischen Post verwaltung, sowie dem Deutsch-Rordischea Lloyd abgeschlossenen Verträge dergestalt ferliggestellt werben, daß der Dienst aus der neuen Linie mit dem l. Juli 1886 beginne» kann. Aus deutscher Seite sind dieselben so weit vorgerückt, daß der Betrieb schon zum 1. April beginnen könnte. Die innere Ausstattung der Schisse wird bereit« im September beendet, und e« werden dieselben noch im Herbst von Stettin nach Warnemünde übergesührt werden. ES ist dies um so er wünschter. al« aus den Wersten de« „Bulcan" sür den Bau der sechs Postdampfer der ostasiatischen und australischen Linie, welche der Bremer Lloyd in Bestellung gegeben hat, Platz geschaffen werden muß. * Wie man der „Kreuzzeitung" au« Paderborn be richtet, wird sich der Bischof vr. Drobe, um dem boshaften Treiben der Berliner „Germania" ein Ziel zu setzen, nach den, Beispiele de- Cardinalerzbischos» von Paris, an den heil. Vater in Ro», wenden. Ob e« viel Helsen wird? Vor der klerikalen Hetzpresse hat man offenbar selbst in Rom A»gst * Die Reichstagswahl im ersten nasfauischen Wahlkreis (Homburg) an Stelle de« verstorbenen Abg. Mohr ist aus den 17. August ausgeschrieben. Bisher hat von der Ausstellung von Eandidalen noch nicht» verlautet. * Der Vorstand de» liberalen Wahlvereins sür Stadt und Amt Norden in OsssrieSland hat den Vereins genoffen den Vorschlag gemacht, de» VereinSnamcii in .nationalliberaler Wahlvercin sür Stadt und Amt Norden" abzuändern. . ' . * Der Pariser .Figaro" hat eine interessante Entdeckung gemacht, welche varin besteht, daß die französische Armee „sich langweilt". Er stützt seine Behauptung aus die aus der Rang- und Quartierliste hervorgehendc Tbatsache, daß die niedere» OssicierSchargcn durch die sich mehrenden EntlassungS- gesuche sich in bedenklicher Weise lichten. Namentlich sind cS die jungen Ojsicicre der Cavallerie »nd der Specialwaffe». welche des straffen Militairbiciiste» leicht überdrüssig werten und denselben auS den verschiedensten Anlässen qulltirc», sei eS, wie der „Figaro" sagt, um zu heirathen, sei cs. falls sie vo» der polutechnischci. Schule stamme», ui» in »idustnelle Lausdahne» ciiizulrele». oder um aus Umwegen die Civiltienst- AiistellungSberechtigung zu ergattern, aus die ihnen die Zahl der absolvirte» Dienssjabre »och keinen legitimen Anspruch verleiht. AuS der letzte» soeben erschienenen Liste der Personat- verä»keru»zci« im französischen Heere erhellt, war den „Figaro" sehr stutzig macht, daß »>cht weniger alS zehn Ossiciere. nämlich ein Jnsautcnc- uns ein Aitilleriehauptman», sowie scck« Lieutenants der Jp.santerie und zwei der Cavallerie» die Armee verlassen haben. Den Grund dies« Erscheinung sucht der dem republikanischen Regime spiirnefciiiclich ge sonnene „Figaro" mil einer Frivolität, die von einer weit gehenden Mißachtung sür den im Heer lebenden Geist zeugt und von Len mililairischcn Autoritäten denn auch wohl energisch zurückgewicscu werde» dürste, in der Langeweile, von welcher da« französische OsficiercorpS befallen sei. „Figaro" muß bekennen, daß weder die Regierung noch daS Volk kriegerische Neigungen hegt, deutet aber mit gut ge spielter Heuchelei an, daß die armen Ossiciere unter diesem, nach seiner Meinung also höchst Überflüssigen FriedcnSdrangc deS LandcS litten, nicht minder auch unter der Monotonie deö GariiisonslcbcnS der Provinz. Es kann eben nicht jeder Officicr in Paris stehen, der „Figaro" aber möchte möglichst vielen diese Wohlthat dadurch zugänglich machen, daß ein häufigerer Wechsel der Pariser Garnisonen vorgenomme» »nd möglichst viele ÄrmeecorpS zu dein Turnus hercrngezogen würden. Wie dem in den Augen de» „Figaro" höchzt be dauerlichen FriedenSzustande abzuhclfen sei, erfährt man nicht; daS edle Boulevard-Blatt treibt die Dreisiigkeit denn doch nicht so weit, daß e» den Franzosen direct zumuthet, sich Hat» über Kopf in KriegSabenteuer zu stürzen, obschon der „Figaro" jedes Mittel willkommen heißen würde, was unlcr Umstände» der Fortdauer de» republikanischen Regiment» ver- bängnißvoll werden könnte. * Der chinesische Oberst und militairische Agent Tfcheng-Ki-Tong ist von einem Redacteur des .Sollest" in Paris interviewt worden. Ter chinesische Diplomat hat seinem Interviewer nicht verhehlt, daß Frankreich sich in China aus daS Höchste unpopulär gemacht habe. Aus die Frage de« Franzosen, ob nicht von diesem Zustande Engländer und Deutsche den Vortheil ziehe» werden, erwiderte Herr Tscheiig-Ki-Tong: .Vor Allem haben die Deutschen den Vor- thkil. Seit einigen Jahren verlieren die Chinesen die Ge wohnheit, mit den Engländern zu handeln, die sie ausbeuten und im Allgemeinen brutal sind. Dagegen haben sich die Deutschen in China heimisch zu machen gewußt durch ihre Zähigkeit, die Wohlfeilheit ihrer Erzeugnisse „nd ihre Höflich keit." Man kam» sich daS Gesühl de« Franzosen bei diesen Worten denke». Herr Tscheng-Ki-Tong ist übrigens bekanntlich eine in Berlin« Kreisen bekannte und sehr geschätzte Persönlichkeit. * Ueber eine Spaltung unter den Torie» wird au» London geschrieben: Die Unzufriedenheit eine- großen Theile» der Torypartei über die von der Regierung Lord Salisbury'- hauptsächlich aus Betreiben de« Führer« der „Tory.-Demo kraten", Lord Randolph Churchill, gegenüber Irland ein- geschlagcne Politik macht sich immer deutlicher bemerkbar und es scheint eine ernstliche Spaltung in der Partei bcvor- zuslchen. ?ord Randolpb Churchill hatte sür gestern Abend in Liverpool eine politische Rede zugesagt, und der Ankunft des Staatssecrclairs sür Indien harrten nicht nur begierig große einheimische Menschenmengen, sondern auch die be nachbarten Städte hatten zu Ehren der Gelegenheit Extra züge abgehen lassen und ihr Continaenl geliefert. Er erschien inkeß nicht. AlS Lord Randolph nn letzten Augenblick sich bei den Abgeordneten sür Liverpool erkundigte, mit welchem Zuge sie und er nach Liverpool abreifen würden, erfuhr er zu seinem Erstaunen, daß keiner der Abgeordneten gegen wärtig zu sein beabsichtige, da sie nicht mit der „Maamtrasna- Politik" (eme nochmalige Revision des bekannten MaamtraSna- MordprocesseS in Irland) ver gegenwärtigen Regierung ein verstanden seien. Hierauf lehnte eS — wenn die .Morningpost" genau unterrichtet ist — der Minister sür Indien ab, irgend einem öffentlichen Meeting i» Liverpool aiizuwohncn, falls er nickt von den localen Berlretern unterstützt werde Der Ent schluß Lord Randolph'S soll die Billigung deS Premierminister- und anderer hervorragender Mitgliever de» CabinetS gesunden haben. ES zeigt sich hier in der ccnservative» Partei die selbe Erscheinung wie bei den Liberalen. WaS Mr. Chamberlain den stetig gehenden Whig« ist, daS ist. so sagt die .Time«", Lord Randolph Churchill den ehrwürdigen altmodischen Conservaliven. Es würde schwierig sein, zu sagen, wer von den beiden sich die größten Freiheiten mit seinen nominellen Freunden erlaubt. Neues Theater. Leipzig, 2. August- Gastspiel des Frl. Martha Baumgart vom Stadttheater in Chemnitz. Tie genannte junge Künstlerin erkssnete gestern al« Johanna in Schiller'- „Jungs rau vo» Orleans" «in auf Engage ment abzielciideS Gastspiel, dessen erster Abend von unzweifel haftem Erfolge gewesen ist, und wir wollen hier gleich hinzu- süae», daß die Ausnahme, welche der Leistung der Dame zu Tyeil wurde, »ach jedem Act wie säst nach jeder größeren Scene eine beijällige war. Die Kritik kann sich die'.ui Volum deS srcilich sehr schwach besetzten Hauses nicht überall zwar, aber dock in den nicislen Fällen anscbließen. Und in der That, wir haben in den letzten Jahren an unserer Ba. : so mauiiigsaltige und so sonderbare „Jungsraiien" vurübcrzicbcu seien, laß eine Darstellerin, die durch ihre äußere Erickr,- iiuug und ihr Spiel nur einen Sckallen von der Schiller'!!! u po sieuinflosseuen Zdealgestalt besitzt, schon von vornherein unserer Syinpatbie sicher sei» darf. Frl. Banmgart bringt einige wesentliche Eigenschaften nir daS Fach der jugendlichen Heroinen mit: eine schlanke, elastische Figur, schars geschienene, nickt uninteressante Züge, ei» aus drucksvoller Kops und cm ziemlich kräftiges, aber leider nir die zartere» Euipfiuduiigcu nur weuig »lodulntioiissälngeS Organ. In der palhelischen Rede trat gestern regelmäßig ein gequetschter und unschöner Ton hervor; nicht min der störend war da« seltsame Pfeife» bei der in> Asjeet »othwcndigc» tieferen Alhmung. Eme methodische Ausbildung der Stimme »ach ihrer ästhetische» Seile hin muß hiusort eine der driugcudsle» Ausgaben der jungen Künstlcri» sei», wenn sie nicht an dieser Klippe in ihrer ganzen Laufbahn geschädigt sei» will. Auch die Gcberdcnsprache zeigt noch ein Zuviel von stereotypen Armbewcaunge» Allo auch Lei» Maße »nd der Sckönbeit deS plastischen Moments wird Frl. Baumgart noch ibr A»g"i»»crk zuzuwenden haben. Was die geistige Erfassung der Rolle betrifft, so zeigte das Spiel deS GasteS vo» eingehendem, bis i» die Einzel heiten sich crslrccleiidei» Studium derselben, aber auck von cer Fähigkeit, eine so außerordentlich schwierige Ausgabe zu bewältigen. Wir muffe» iudcß diesem unserem Urtbeil die Restrictlon bin lustigen, daß diese Fähigkeit sich weit mebr aus die heroische» als aus die zart weiblichen Seiten des Charakter» zu erstrecken schien. Frl. Baumgart hat daher
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