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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» ,WU»druffcr Tageblatt» erscheint tSglich nachm. s Uhr für dea gen» Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Deschästsstelle und den Ausgabestellen 2 Mb. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mb., beiPostbestellung r Mb. ,uzüalich Abtrag» . __ ,, . gebühr. Einzelnummern »Pf«. AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PoftbotenllndunjereAus- triaer und Geschaslsstellen — ° — nehmen zu ,eder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger BetriedsstSrungen besteht kein Anspruch aus Lieferung ter Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die8gespattene Naumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Neklamezerle im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rechweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Vor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. ss durchFernrusübcrmittrltenAnzciornabcrnehm-nwirkcineGarantte. IederRabattanspruch»rli^,wenn7erV'eti°gdu^ch Klage eingrzogcn werden mutz odrrdir Aufiragg-b-rin Konkurs g-rät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegcnl Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nassem Nr 204. — 85 Jahrgang Lelegr Adr: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresde« Postscheck: Dresden L«io Mittwoch, den 1. September 1926 Ausnahmezustand. Aus politischen Kreisen wird uns geschrieben: " In diesen Tagen ging die Nachricht durch die Presse, daß das Reichsinnenminisierium einen Gesetzentwurf mit Ausführungsbestimmungen zum 8 48 der Verfassung fertiggestellt hat. Dieser Paragraph ist einer der heißum strittensten. Er gibt dem Reichspräsidenten und unter Umständen auch den Präsidenten der ein zelnen deutschen Länder das Recht, unter ge wissen Umständen den Ausnahmezustand zu verhängen. Man kann sich denken, daß eine solche Maßnahme bei denen, gegen die sie ergriffen wird, den stärksten Wider stand hervorruft, so daß von ihnen immer verlangt wer den wird, den Artikel überhaupt aus der Verfassung her auszunehmen. Von der anderen Seite macht man geltend, daß kein Staat darauf verzichten könne, im Notfall schnell zu handeln und dabei gewisse, sonst verfassungsmäßig garantierte Rechte zurllckzustellen. Ein Schulbeispiel da für ist England, wo jetzt schon seit Monaten wegen des großen K o h l e n st r e i k s ein Ausnahmezustand herrscht. So mußte jetzt dort das Parlament seine unterbrechen und der Regierung die bisher von neuem sanktio- England ein solcher Zustand durch das Parlament dekretiert werden. Aber auch in Deutschland liegt schließlich die letzte Entscheidung beim Parlament, da auf Verlangen des Reichstages der Aus nahmezustand beseitigt werden muß. In der ganzen Angelegenheit liegt eine gewisse Unter lassungssünde vor. Die Verfassung bestimmt selbst, daß diese Materie durch ein R eich s gesetz geregelt werden soll. Hier geht es aber wie bei verschiedenen anderen Dingen, bei denen wir noch immer auf das Ausführungs- gesetz warten. Die Schuld liegt aber weniger auf feiten der Regierung als auf der des Reichstages, Mo cs bis her noch nie möglich war, eine verfassungsmäßige Mehr heit in solchen Dingen zu finden. So scheint es auch mit dem H 48 zu sein. Kaum war von der Tatsache der Fertigstellung eines solchen Gesetzes die Rede, als auch schon von allen Seiten die Kritik sich erhob, trotzdem das, was in die Öffentlichkeit durchstckerte, nur Gerüchte ohne jede tatsächliche Unterlagen waren. Wie jetzt vom Renkw- innenministerium erklärt wird, hat es sich dabei überhaupt nur um einen Referentenentwurf gehandelt, mit dem sich der Minister selbst nicht identifiziert und der nur als Grundlage für Verhandlungen mit dem Reichswehr ministerium und dem Reichsjustizministerium dienen soll. Nach dem, was ein Teil der Presse gegen diesen Entwurf vorbringt, dürfte es mit einer Regelung der ganzen Materie überhaupt noch lange Zeit haben. Nach dem sozialistischen Vorwärts soll durch das Ausführungs- aesetz die Gefahr einer jeden Militärdiktatur restlos be- settigt werden. Das könnte so gemeint sein, daß über- yaupt das Militär auf alle Fälle bei Sicherungsmaß- e" aus dem Spiele zu lassen ist. Wenn der Regie- aber die Kräfte fehlen oder nicht herangezogen wer- bei Gefahr Rettung bringen können, dann wirkungslos, falls die Polizei mcht ll.ark genug Ware, ihnen Achtung zu verschaffen. Von bürgerlicher Seite wird dies jetzt schon lebhaft be- Wir haben schon darauf hingewieseu, daß in England das Schwergewicht m dieser Frage beim Parlament liegt. Nun haben wir aber bei uns keine so geklärten Parlamentsverhältnisse wie in England. Seit Jahren warten wir auf eine Parlamentsreform, die Ordnung in unser Parlamentschaos bringen soll. Ob eine solche über haupt möglich ist, daran wird von verschiedenen Seiten gezweifelt, nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern. Einer der besten Kenner Europas, der ameri kanische Journalist und Schriftsteller Frank H. Si monds, der auf seiner Reise nach Genf in Berlin weilte, sprach Berliner Kollegen gegenüber von einer Krise der Parlamentsdemokratie, von der er behauptete, daß sie wie einst die unumschränkte Monarchie ihren Höhepunkt er reicht habe. Die interparlamentarische Union, die fetz! in Genf tagt, sucht nach Hilfsmitteln in dieser Krise, Wird man sie finden? Der englische BergarbeHerausstanS. Verlängerung der britischen Notstandsmaßnahmen. Das Englische Unterhaus trat Montag nachmittag zur Beratung über die Verlängerung der gelegentlich des Generalstreiks der Negierung eingeräumten außeror dentlichen Vollmachten zusammen. Verschiedene Mitglieder der Arbeiterpartei riefen dabei Zusammen stöße hervor; der Sozialist Jack Jones wurde von der Sitzung ausgeschlossen. Schließlich wurden zwei Ab- anderungsanträge der Arbeiterpartei gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt und die Verlängerung der Vollmachten um einen Monat mit 232 gegen 91 Stim- wen angenommen. Auch das Oberhaus stimmte der Ver längerung zu. w Debatte hatte Macdonald erklärt, nie n der Geschichte sei während eines Kohlenkoufliktes eine ungemeine Ordnung beobachtet worden wie während I AM Spanien Marokko räumen? Ser spanische Störenfried. In Spanien scheint man an der Forderung nack ständigem Ratssitz oder Überlassung Tangers festzuhalter trotz aller abweisender Haltung der Mächte und der ir Genf versammelten Diplomaten. In Madrid wendei man zurzeit ein neues Druckmittel an. Der spanische Machthaber Primo de Rivera erklärt! in einer Unterredung, seine Ansprüche unvermindert aus rechtzuerhalten. Er droht nicht nur mit dem Rücktritt Spaniens aus dem Völkerbund, sondern mit der Räu mnng der ganzen spanisch-marokkanischen Zone. Infolge dessen beschäftigt man sich in Pariser offiziellen Kreisen bereits ernsthaft mit etwa notwendigen militärischen Maßnahmen für den Fall der Räumung des Rifs. Die Drohung mit der Räumung ist natürlich be sonders auf Wirkung in Paris zugeschnitten, dessen In teressen in erster Linie durch eine Räumung berührt wür den. Ob ernste Absichten hinter der Drohung Primo de Riveras stehen, läßt sich zurzeit bei der unübersichtlichen inneren Lage in Spanien nicht feststellen. Genfer Verhandlungen. Während des Montags beschäftigte man sich den ganzen Tag mit den bekannten Abänderungsvorschlägen des französischen Sachverständigen zum Völkerbundrats statut. Zu einem Beschluß kam man nicht. Zum Schluß der Sitzung machte Präsident Motta den Vorschlag, daß in gleicher Weise wie auf der Tagung der Kommission im Monat Mai auch diesmal eine Unter kvmmisfion eingesetft werden sollte, die der Durchberatung der entstandenen verschiedenen schwierigen Fragen und Probleme dienen soll. Er schlug vor, diesmal auch den Vertreter Deutschlands, den Botschafter von Hoesch, zu der Unterkommission heranzuziehen. Der Antrag -wurde angenommen. Es gehören somit der Untcrkom Mission an: Scialoja, de Brouckere, Guani, Sokal, Lord Robert Cecil, Fromageot, Sjöborg und von Hoesch. Die Arbeiten wurden Dienstag fortgesetzt. Man er wartet die Ankunft Briands und Chamberlains. Italiens Stellung. Mussolini hat im italienischen Ministerrat aus geführt, daß Italien im Fall der Einberufung einer Langerkonserenz als Signatarmacht vertreten sein müsse. Jedenfalls sei die Tangerfrage vollständig getrennt von der Frage der Völkerbundratssitze zu behandeln. Argentinien unterstützt Spanier«s For-erungsn. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Genf, 1. September. Aus argentinischen Kreisen verlautet, daß ein Entschluß der Negierung über eine Teilnahme an der Bölkerbundsversammlung noch nicht vorliegt. Die argentinische Regierung will ihre Entschließung von der Regelung der Forde rungen Spaniens abhängig machen. Falls Spanien sich aus dem Völkerbunde zurückziehen sollte, würde Argentinien wie bereits in dieses Konfliktes. Nicht ein Schauen von mechi oegem daher, die friedlichen Bergarbeiter dadurch zu beleidigen, »aß eine Verlängerung der Notstandsmaßnahmen ver- angt werde. In Ponthpool (Grafschaft Monmouth) ist cs zu rnsteu Zusammenstöße» zwischen Arbeitswilligen md Arbeitslosen gekommen. Die Polizei ging zweimal legen die Menge vor. Viele Personen wurden verladt. Sie MHenkonferenz zur KnegsschuWsZe Schlnß der Berner Konferenz. In seinen letzten Sitzungen vor Abschluß der Taguno beschäftigte sich der in Bern zusammengekommene Fortt setzungsausschuß der Weltkirchenkonferenz mit dem von der deutschen Delegation in Stockholm übergebenen Briel zur Frage der Kriegsveranwortlichkeit. Die in langer Arbeit daraufhin formulierte Entschließung wurde end lich unter großer Bewegung angenommen. Es heißt darin: Der Fortsetzungsausschuß gibt die Erklärung ab, daß cs zu allererst ans dis Wahrheit ankommt, daß keinerlei Interessen, mögen sie eine Einzelperson oder eine Ge meinschaft betreffen, sich der Wahrheit widersetzen dürfen. Er erklärt weiter, daß die Achtung vor dem gegebenen Manneswort die Regierungen wie die Einzelpersönlichkeiten zu beseelen hat; daß unmöglich durch Krieg festgesetzt wer den kann, was recht ist; daß politische Urkunden durchaus nicht mit Notwendigkeit gerinnet sind, ein endaültiasä den letzten drei Jahren sich während der Versammlung nicht ver treten lassen. Atmegelung der KnegssHuldeusrage? Nach einer Dienstag in Genf cingetroffcncn Agen- »urmeldung ans Washington hat eine autorisierte Per- önlichkcit des Weißen Hauses zum erstenmal amtlich zu »erstehen gegeben, daß die amerikanische Regierung eine Knitiativc in günstiger Weise prüfen könnte, die dazn be stimmt wäre, die Ncgclnng der Kriegsschulden zn revi dieren. Der offizielle Sprecher des Weißen Hauses habe erklärt, daß eine eventuelle Streichung der Schulden, un abhängig von der Autorität der amerikanischen Schulden regulierungskommission, wahrscheinlich nicht ohne ein be sonderes Mandat des Volkes, von dem ursprünglich das Geld geliehen sei, erfolgen könne. Man sei darauf ge faßt, daß die Schuldenregulierungsfrage über kurz oder lang wieder aufgerollt und aus ganz neuer Grundlage geprüft werden würde. Was geht in Spanien vor? Strengste spanische Nachrichtensperre. In der Montagssttzung des Englischen Unterhauses sichtete der konservative Abgeordnete Hannon unter Hin- Meis auf die Pressetelegramme aus Gibraltar, wonach rlle telegraphischen und telephonischen Verbindungen mit Zpanien abqeschnitten seien, an die Regierung die Frage, ob sie irgendwelche Erklärungen über die tatsächliche Lage in Spanien abgeben und ob Chamberlain dem Hause ver sichern könne, daß angemessene Maßnahmen von der bri tischen Regierung getroffen worden seien, um die Person und das Eigentum der britischen Untertanen in Spanien zu schützen. Chamberlain erwiderte, er verfüge über keine Bestätigung bezüglich der erwähnten Presseberichte, und er habe auch keine Erklärung über die Lage in Spanien abzugeben. Aber er sei sicher, daß, wenn Maßnahmen erforderlich werden sollten, um britische Untertanen in Spanien zu schützen, sie von den spanischen Behörden auch getroffen würden. Der Pariser „Matin" meldet aus San Sebastian, wo sich der spanische Hos gegenwärtig aufhält, man beschäf tige sich lebhaft mit der Frage der baldigen Einberufung der Cortes, besonders wegen des Gesundheitszustandes des Kronprinzen, der eine Neuregelung der Thronfolge notwendig mache. Durch eine Revision der Wahllisten würden Neuwahlen vorbereitet, aber Primo de Rivera habe die Art der Abstimmung und die Befugnisse der Versammlung noch nicht festgesetzt. Der Konflikt zwischen den Artillerieoffizieren und Primo de Rivera dauert poch an. Trotz des amtlichen span'ichen Dementis erklärt der Pariser diplomatische Korreft mdent der „Daily Mail", daß sich die E r r e g u n g gege General Primo de Rivera über das ganze Land imm r weiter ausdehnt. In Paris seien Handelstclegrc.mme allerdings mit starker Verspätung angekommcw Dagegen habe die spanische Zensur mit der größten Strenge sich auf alle Pressemel- dunaeu erstreck» moralisches Urteil zu fällen; daß ein jedes erzwungene Bekenntnis, wo immer es auch abgelegt sein mag, mora lisch wertlos und religiös kraftlos ist. Der Fcrtsetzungsausschuß erklärt es als geboten daß durch jedes nur mögliche Mittel der Forschung ohm jede Zurückhaltung die gesamten Fragen der Verant wortlichkeit für den Kriegsausbruch uud für die Kriegs- führung aufgeklärt werden, damit auf die Ereignisse selbst ein solches Licht falle, daß eins allgemeine Übereinstim mung erreicht werden kann. Nach Annahme verschiedener die Verwaltung und Facharbeit betreffender Entschlüsse wurde mit eiuer An sprache des Erzbischofs Söderblom die Konferenz geschlos sen. Die nächste Tagung wird unter dem Vorsitz des Lordbischofs von Winchester in der zweiten Julihälfte 1927 auf englischem Boden stattfinden. Schiffskaiastlvphe bei Leningrad. Über 150 Tote. Bei Leningrad prallte der auf der Fahrt von Leningrad nach Kronstadt befindliche Pcrsoneudampfer „Lurcwestnrk" bei dem Versuch, im dichten Nebel dem deutschen Dampfer „Greyne" auözuweichcn, gegen den Hafsndamm. Der Schiffsrumpf erhielt ein zwei Meter breites Leck uud versank nach 15 Minuten. Die Zahl der Toten wird auf über 150 geschützt. » An Bord befanden sich 563 Fahrgäste. Rettungs dampfer brachten 285 Personen in Sicherheit. Außerdem retteten sich zahlreiche Fahrgäste selbst. Die Mehrzahl der Fahrgäste waren Kronstädter Einwokmer. Darck dem