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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und 'Das «Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. srei Haus, bei Postbestellung 1.80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern lO Npfg. Alle PostanKalten und Poft- ,boten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle, nehmen zu jederzeit Bestellungen ent- Wochenblatt sUT WllsdrUss U. UMgegeNd gegen. Im Falle höherer Gewalt. Krieg od. sonstiger — o Betriebsstörungen besteht bLür Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Aücksendung eingejandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut ausliegendem Taris Nr. 4. — Nachweisungs-MebLhri W Rpsg. — Dorgeschriebcnv Erscheinungsiagc und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit bcrücUnchkigl. — Anzeigen. Annahni« bis vornlitlags 10 Uhr. —, - , -- ^ür die Richtigkeit den durch Fernruf Übermil- Aernsvrechel : Ami Böjlsdruff Nr. 6 leiten Anzeigen übernehm men wir keine Newähr. — " — Jeder Rabattansprucht erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingczogen werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtsyauptmannschast Meißen, des StadL-- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 215 - 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 14. September 1934 Von Hotelzimmern und Hintertüren. Kürzlich stieg in Genf laut quakend eine Zeitungs ente auf. So etwas geschieht dort zwar des öfteren und zu den jüngsten ihrer Art gehörte diese Ente auch nicht mehr, denn sie hatte schon einmal einen solchen, allerdings sehr kurzen Flug in die Luft der Öffentlichkeit hinaus getan. „Gerüchtweise" verlautete nämlich, der Völkerbund werde seinen Sitz von Genf wegverlegen. Nebenbei bemerkt: Jene Ente stieg von der französischen Seite des Genfer Sees aus empor, — und selbst der politische Säugling in der Wiege merkte, daß man von jener Seeseite Her voller Zorn im Busen die Schweiz mit dieser „drohenden" Verlegung des Völkerbundssitzcs unter Druck nehmen wollte. Dieweilcn dieser Staat das Verhalten anderer kleinerer Länder nicht miimachte, in der Frage der Auf nahme S o w j e t r u tz l a n d s auf Befehl Frankreichs einzuschwcnken wie die Unteroffiziere. Vielmehr opponierte die Schweiz, die ja mit dem Kommunismus in verschieden ster Gestalt recht ausgiebige, allerdings theoretisch bleibende Erfahrungen gemacht hat. Und die daher Wider spruch dagegen erhob, daß sich eine russische Delegation in Genf beim Völkerbund als k o m m u n i st i s ch e P r o p a- gandazentrale aufbaut, die obendrein völkerrechtlich immun ist, also den schweizerischen Gesetzen nicht untersteht. Und dafür, so hieß es, werde man die Schweiz am Geld beutel strafen. Wieder aber hielt sich jene Zeitungsente nur kurze Zeit in der Lust.^ Denn was soll mit dem funkelnagel neuen, ebenso prachtvollen, wie kostspieligen, aber noch nicht bezahlten Völkerbundspala st in Gens geschehen, wenn diese nicht minder prachtvolle und kostspielige „Gesell schaft der Nationen" ihren Sitz an die schöne blaue Donau verlegte! Nach Wien mitnehmen kann man ihn nicht und ihn in Genf leerstehcn lassen . . .? Das Ding kostet un gefähr 25 Millionen Mark und — wenn der französische Generalsekretär des Völkerbundes sein Kassenbuch anf- schlägt, dann findet er auf der Haben-Seite eine lange Reihe von Staaten verzeichnet, die ihre Beiträge noch nicht bezahlt haben. Einige Staaten sind seit Grün dung des Völkerbundes überhaupt noch nicht dazu gekommen, etwas zu zahlen. Und daher wurde jene Ente schleunigst abgeschlossen wegen der dubiosen Konten. Beim Bau des Völkerbundspalastes hat man hoffent lich dafür gesorgt — entsprechend den Erfahrungen aus der Genfer Geschichte und den Genfer Geschichten —, daß in dem neuen Bau recht viele „Hintertüren" vor handen sind. Damit man durch sie Leute in den Völker bund hinein läßt, denen man aus bestimmten Gründen die großen Vordertüren ungern öffnet. Wie es zur Zeit mit her Sowjetregierung geschieht! Darüber hat vor der illustren Versammlung der irische Regierungschef de Valero allerhand Indiskretionen zum Ausdruck ge bracht, so daß sich den Regisseuren des Genfer Schau spiels die Haare sträubten. Spricht doch dieser Ire ganz unbekümmert um Diplomatie und um die ortsübliche Leisetreterei — „wasch' mir den Pelz, aber mach' mich nicht naß!" — einfach einen Protest dagegen aus, daß mau die ganze Frage der Einladung an Rußland „im Hotelzimmer" äustrage; mit diesen „H otelver - einbarungen" zwischen den Abordnungen der größeren Mächte setze man sich über die Rechte der kleineren Staaten hinweg! Und dagegen erhebe der Redner scharfen Einspruch, ebenso, daß man Rußland gegenüber die Prüfung der Aufnahmceignung nicht in der bisher gewohnten, also normalen Weise, vollziehe. Sonderbar! Ist denn 1919 nicht gerade der Völkerbund an- und die Gehei mdiplomatie jübgeschafft worden? Und nun beklagt man sich über die „Hotel- Vereinbarungen" der Großen! Nun, so etwas ist in Genf auch schon seit Beginn ein Gewohnheitsrecht geworden, und sonderbar ist höchstens, daß de Valero den Mut zu der Andeutung aufbringt: Diese noch viel sonderbarere Versammlung sei doch eigentlich nur die Fassade vor jenen „Hotelzimmern"! Man kann es den kleineren Staaten auch nicht ver denken, daß sie in Genf ein bißchen rebellieren; denn jene Großen halten es durchaus nicht einmal für notwendig, die Hotelzimmer geschlossen zu halten, sondern sie rufen den anderen die Befehle sozusagen durch die geöffneten Türen zu. Da ist dem polnischen Vertreter in einem der Völkerbundsausschüsse die Galle hochgestiegen und er sprach von Staaten, die in den Völkerbund einzutreten beab sichtigen, aber „die elementarsten Gesetze der Umsichtigkeit außer acht ließen". Da ist der Ausschnßvorsitzende dem Redner ins Wort gefallen, aber der hat mit einer Ver beugung erklärt, er habe das schon gesagt, was er habe sagen wollen. Aber auch diese Proteste und dieses Auf begehren im großen Versammlungssaal sind nur noch Lufterschütterüngen, denn in den Hotelzimmern ist die Entscheidung schon gefallen. Und dort wird auch be schlossen, ob man die Sowjetregierung in den Völkerbund durch eine Hintertür hcreinbringt oder sie vorn über die Paradetreppe auf einem dicken Läufer von Versprechungen bereiukommen läßt. «sei Kämpfer für den NatlonaWaliö^ werde Mitglied der NSV. M VerMigW m NM zu NM. Das Reich und die Deutschen im Ausland Rede des Neichsaußenministers in Stuttgart. Anläßlich der Tagung des Deutschen Aus landsinstituts in Stuttgart hielt Neichs- außenminister von Neurath eine Rede, in der er u. a. sagte: Wir Deutschen im Reich haben es gegenüber unseren Brüdern und Schwestern im Ausland verhältnismäßig sehr leicht. Wir sind mit dem großen Umbruch des vorigen Jahres ein innerlich geschlossenes, fest gefügtes, von einem einheitlichen Willen beseeltes Volk, das unter der starken Führung seines Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler steht. Gewiß ist dem deutschen Volk und Reich seine Be hauptung inmitten fremder Völker und Staaten keines wegs leicht gemacht. Aber wir können die großen außen politischen Aufgaben, die uns bevorstehen, wagen, in dem sicheren Bewußtsein, daß die Erhaltung unserer völkischen Eigenart nicht bedroht ist und daß sie uns niemand n"hmen kann. Ganz anders unsere Volksgenossen im Ausland. Sie müssen täglich schwer um die Er haltung dessen ringen, was uns im Reich ohne weiteres sichergestellt ist, nämlich die Wahrung der von den Vätern ererbten Sprache, Religion, Sitte und Kultur. Wir müssen immer wieder die Erfahrung machen, daß die Ideen, die wir in dem Volkstumsgedanken verkörpert sehen, von fremden Völkern vielfach nicht nur nicht ver standen, sondern absichtlich mißverstanden und falsch ausgelegt werden. Die Erhaltung und Förderung des deutschen Volks tums, wie sie der Nationalsozialismus will, hat nichts mit Imperialismus zu tun. Sie verträgt sich vielmehr durchaus mit den Rechten und Interessen anderer Völker. Wenn einmal auch bei anderen Völkern das Eintreten für das eigene Volkstum eine glückliche Er gänzung finden sollte durch die Achtung vor der kultu rellen Eigenart fremden Volkstums, wie sie unser Führer als Grundsatz nationalsozialistischer Weltanschauung so deutlich bekundet hat, dann dürfen wir davon glückliche Rückwirkungen auf das friedliche Zusammenleben der Völker erhoffen. Das deutsche Volk will jedenfalls nichts anderes als dies: mit fremden Staaten in Frieden leben und mit fremden Völkern friedliche und srcundnachbarliche Be ziehungen unterhalten. Die besonderen Methoden der Friedens sicherung, wie sie gerade jetzt von gewissen Regie rungen empfohlen und versucht werden, können wir frei lich nicht gutheißen. Gerade weil wir den Frie den wollen, können wir nicht komplizierten und bedenk lichen Vertragssystemen zustimmen, die aus machtpoli tischen Tendenzen geboren, nur den Krieg gegen den Krieg vorbereiten wollen, und nach unserer Ansicht nicht zur Entspannung der Lage beitragen. Was wir wünschen und anstrcben, ist die aufrichtige Verständigung von Staat zu Staat, ohne Bündnisse und Bündnisgruppen, die offene Aussprache über cntgegen- stchcnde Interessen und den Vergleich solcher Interessen auf der Grundlage gegenseitiger Achtung und der Gleich berechtigung. Wenn wir heute die große Idee des deutschen Volks tums feiern, richten sich unsere Gedanken von selbst auf die Frage, die jetzt in besonderem Maße das ganze deutsche Volk bewegt und in naher Zeit zur Entscheidung kommen wird: die Saarfrage. Der bevorstehenden Neuordnung sehen wir mit ruhiger Zuversicht entgegen, ist doch die Entscheidung in die Hände der Be völkerung selbst gelegt, die am 13. Januar die einfache Tatsache bekunden wird, daß sie deutsch ist. Auf Grund der Abstimmung unserer treudeutschen Saarbevölkerung und in Ausführung der vertraglichen Bestimmungen wird zu Beginn des nächsten Jahres das Saargebiet ohne Beschränkung der deutschen Souveräni tät, für die der Vertrag keine Handhabe bietet, mit dem Vaterlande endlich wieder vereinigt werden. WMW W MOllWlWPttMtNW. Der polnische Außenminister Beck hat in einer aus sehenerregenden Rede vor der Vollversammlung des Völkerbundes die praktische Mitwirkung Polens an der Durchführung seiner internationalen Minder heitenschutz Verpflichtungen gesündigt. Beck erklärte folgendes: „In Erwartung der Inkraft setzung eines allgemeinen und gleichartigen Systems des Minderheitenschutzes sieht sich meine Regie rung veranlaßt, von heute ab jede Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen abzulehnen, soweit sie die Kontrolle der Durchführung des Minderheitenschutzes durch Polen betrifft." Beck fügte hinzu, daß diese Entscheidung der polnischen Regierung nicht gegen die Interessen der Minderheiten ge richtet sei. Diese Interessen blieben weiter durch die grundlegenden Gesetze Polens geschützt, durch Gesetze, die den Minderheiten der Sprache, der Rasse und der Religion freie Entwicklung und gleichberechtigte Behandlung Husicherten» So würde sich auch nichts an der wirklichen Lage der Minderheiten ändern. Vorher hatte Beck auseinandergesetzt, daß Polen den nur einigen Staaten einseitig auserlegten Minder heitenschutz als eine Ungerechtigkeit und Diskriminierung betrachte im übrigen habe sich die Anwendung der bis herigen Minderheitenschutzgesetze als völlig enttäuschend gezeigt. Sie habe den Minderheiten selbst nichts genützt. Es handele sich jetzt darum, — und nach dieser Richtung richte er einen Appell an die Versammlung — eine dauer hafte, klare und gleichförmige Grundlage zu schaffen, auf der das System des internationalen Minderheitenschutzes in einer endgültigen und haltbaren Art errichtet werden könne. „Der Säbelhieb des Marschalls pilsudski." Erregung über polnische Minverheitenerklärung. Die Erklärungen des polnischen Außen ministers Beck über die" Beseitigung der praktischen Wirksamkeit der internationalen Mrnder- Heiten-Schntzverpflichtungenfür Polen haben in den interessierten Genfer Kreisen große Bewegung und zum Teil starke Erregung ausgelöst. In neutralen Kreisen weist man darauf hin, daß noch niemals vor dem Völkerbund in dieser Form ein internationaler Vertrag offen als unwirksam erklärt wurde, Man glaubt, daß vamit der ganzen V ö rk e rv u nd s kD ee ein schwerer Schlag zugefügt worden ist. In neutralen Kreisen wird gleichfalls betont, daß Polens Erklärung einer praktischen Revision der Friedensverträge gleich zusetzen sei. Besonders stark ist die Erregung in französi schen Völkcrbundskreiscn. Der Genfer Berichterstatter des „Journal des Döbats" erklärt, der Vertrag sei „durch einen Säbelhieb des Marschalls Pilsudski zerfetzt" worden. Glaube Polen wirk lich, seiner Sache damit zu dienen? Was werde bei einem derartigen Verfahren aus der internationalen Disziplin, was aus den Bemühungen des Völkerbundes, den Frie den zu organisieren und die Staaten durch feierliche Ver pflichtungen zu binden? Was werde aus den Verträgen, wenn im Völkerbund ein Staat in irgendeinem Augen blick erklären könne, daß er nicht mehr seine Verpflichtun gen anerkenne? Wohin steuere der Völkerbund, wohin die Welt? Nicht minder gereizt zeigt sich die „Information", die Polen der „schwersten Verletzung des be stehenden Rechts" anklagen möchte. Sie kleine Entente schließt sich Kem StMMt VeLr an. Genf, 13. September. Lieber die Konferenz der Kleinen Entente, die heute Nachmittag in Gens stattgcfunden hat, er fährt man nachträglich, daß die Vertreter der drei Staaten den Standpunkt Polens zur Minderheitenfrage, wie er heute durch den polnischen Außenminister Beck dargelegt worden ist, sich im Prinzip zu eigen gemacht haben, und daß sie sich ausdrücklich gegen jede Diskriminierung eines Staates durch einseitige Mmderheitenschutzverpslichtungen ausgesprochen haben. Die Außenminister der Kleinen Entente haben dann ver schiedene Vorschläge durchgesprochen, die hauptsächlich von ita lienischer Seite im Hinblick aus die österreichische Frage ange regt worden sind. So hat man über das bereits bekannte Pro- seit eines „Nichtinterventionspaktes" gesprochen, zu dessen Unterzeichnung auch Deutschland aufgesordert werden soll. Dann wurde angeblich der Plan eines Garantiepaktes mit Sanktionen erwogen sür den Fall, daß Deutschland den erst genannten Pakt ablehnen sollte. Bei alledem aber bat es sich, wie betont wird, nur um Anregungen und vorbereitende Be-