Volltext Seite (XML)
Freitag. M 1«. 27 Februar 1863. ärscheinl Dienstags und Freitags. Zu beziehen vurch alle Post anstalten. Weißerttz-Zeitnng. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeil« 8 Pfg. Amts- un- Auzcigc-Mlitt -er Königlichen Gerichts-Armier uv- Ita-träthe Zv Dippoldiswalde. Frauenfiein und Ittenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Wochen - Rundschau. Im preußischen Volke, wie in der 2. Kammer in Berlin, herrscht große Mißstimmung, daß Herr von Bismarck eine Convention mit Rußland zur Unter drückung des polnischen Aufstandes geschlossen bat. Au dem Abschlüsse dieses „Abkommens" der preußi schen Regierung mit Rußland ist nicht mehr zu zweifeln. Der englische Minister des Auswärtigen erklärte im Parlamente: Der preußische und russische Botschafter hätten ihn davon in Kenntniß gesetzt, daß ihre Re gierungen ein Abkommen getroffen hätten, Inhalts dessen die russischen Truppen flüchtige Polen bis auf das preußische Gebiet verfolgen dürften. Unzweifel haft babe damit Preußen einen ernsten politischen Schritt gethan. Im Unterhause fügte Lord Palmer ston hinzu, daß die Uebereinkunft die wechselseitige Zusammenwirkung der russischen und preußischen Truppen einschlicße. — Es ist nicht politische, es ist rein mensch liche Sympathie, das menschliche Mitleid, welches sich dagegen sträubt, daß preußische Soldaten den russischen Jägern das Menschenwild zntreiben solle». Dieses Mitleid spricht sich auf der Tribüne, in der Presse, auf offnem Markte aus, wo nur immer Bürger zu- sammenkommen. Die preußische Regierung wurde im Abgeordnetenbause interpellirt. Der Abgeordnete v. Unruh bemerkte: „In den preußischen öaudcstheilen besteht keine Bewegung, dennoch sind 2 ArmeecorpS kriegsbereit gemacht. Eine solche Mobilisirung bei sol chem Anlaß beißt ein Dorf ansteckcn, um einen Brief zu lesen. Wenn die Negierung durch eine mutbwillige Politik auswärtige Verwickelungen zu dem Zwecke sucht, um in der inner» Politik ihren Willen durchzusetzen, so bin ich überzeugt, dieses Haus wird in Ueberein« stimmung mit dem Volke keinen Thaler bewilligen." Waldeck sagte: Kann cö uns gleichgültig sein, ob unsere Söhne zu Schergendiensteu gebraucht werben? Wir können das Vermögen des Volkes und das Leben seiner Kinder nicht zur Disposition stellen für eine muthwillige Politik der gegenwärtigen Regierung! Die polnische Sache batte in Prenßen weder Sym pathie noch Fürsprache; selbst die Polen in Posen be trachten sie als eine vergebliche; erst die preußische Politik und die barbarische Grausamkeit der Russen, selbst gegen Wehrlose, hat ihr mehrfache Aufmerksam keit und Theilnahme verschafft. Gehen wir nun zu den bemerkenswerthen Ereig nissen aus unserm weitern deutschen Vaterlaude über. In Baden lebt der Großherzog in segensreicher Eintracht mit seinem Volke. Eine Anzahl der heil samsten Gesetze sind dem Landtage zur Berathnng vor gelegt, und das Volk hängt seinem Fürsten mit auf richtiger Treue und Verehrung an. Die holsteinische Ständeversammlung in Jtzs- höe hat die Adresse angenommen, obgleich der Kom missar des dänischen Königs, nach dem Vorgänge Preußens, erklärt hat, der König wcrde sie nicht annehmen. Lesen wird er sie schon, und sie wird vor ganz Europa und vor der Weltgeschichte ein Zengniß sein, wieviel Holstein gelitten und wie mann haft es seine Rechte vertheidigt. In Kurhessen fängt man an, im OssiziercorpS zu maßregeln. Die Haynau'sche Affaire, traurigen Angedenkens, scheint ibr Nachspiel haben zu sollen. Mehrere Generäle sind aus der aktiven Armee zp Commandanten kleiner Städte ernannt worden, was immer als eine Art Degradation angesehen oder doch einer Versetzung in den Ruhestand gleich geachtet wird. — Die früheren Abgeordneten, denen die Re gierung die Tagegelder und Reisekosten vorenthalten hatte, sind bei de» Gerichten klagbar geworden und haben Recht gefunden. Die Regierung hat eine Weisung gegeben, die Diäten, Reisekosten sammt Zinsen und Proceßkosten ausznzahlen. In Hamburg wird vom 17.-19. März, an welchen Tagen die Stadl sich vor 50 Jahren von der französischen Zwiugherrschaft befreite, eine großartige Feier stattfinde». 87 Vereine haben sich zur Theil nahme an dem Festzugc angemeldet, der an 40,000 Personen umfassen wird. Alle Beachtung verdient eine aus Wien datirte Notiz in der „Franks. Postzeitung" über die sehr vernünftige Stellung Oesterreichs zur polnischen Frage. Oesterreich erfüllt jegliche Pflicht, welche ihm gute Nachbarschaft gegen Rußland auferlegt, aber zu seinem Scherge» gegen die russischen Polen wird es sich nicht erniedrigen, das russische Cabinet möge darüber zürnen oder nicht! Die Nachrichten aus Polen gestalten sich imm?r chaotischer und unzuverlässiger. So viel ist jedoch leider nur zu sehr verbürgt, baß die russischen Truppen, wo sie die Uebcrmachl gewinnen, wie unzähmbare Barbarenhorden Hause» und in ihrer Raub-, Mord- unb Zerstörungswnth selbst Wehrlose nicht schonen. Es ist Befehl von der russischen Regierung an die Truppenanführer ergangen, Manvszucht zu halten, aber jedes Haus der Erde gleich zu machen, aus welchem geschossen worden. In Warschau wird ein nächtlicher Ueberfall auf das in entfernt gelegenen Stadttheilen wohnende Mi litär gefürchtet. Die Russen haben dahin auch