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Nummer 203 — 24. Jahrgang Smal wöch. Bezugspreis: fitr Septbr. 3,— einschl, Bestellgeld. Anzeigenpreise:DieIgesp. Petitizeile S0H. Stellengesuche 29 L. Die Petitrcklamezell-e, 89 Milli meter breit, 1 »ll. Offerte-ngebühren für SeIbsXcht>oler 20 L, bet Uebersenbung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 1ü I, Sonntags-Nr. IS L. Geschäftlicher Teil: Josef Fohmann, Dresden. Siüdstslde Donnerstag, 8. September 193b gm gälte höherer Gewalt erlischt jede Vervjü, auf Lieferung sowie Erfüllung vou Anzeiarw-SlustrS Leistung von Schadenersatz. Für undeutlich u. d. K Leistung von Schadenersatz , , . übermittelle Anzeigen übernehmen wir keine Gera Wortung. Unverlangt eingesandte und mit Riickpo nicht versehen« Manuskripte werden nicht auibewah Sprechstunde der Redaktion S bis 6 Uhr nachmittags Hauptschristlritrrt Dr. Joses Albert. DreSde» Doltsmmna KetchäftSftrlle, Druck und Verlas > , Saxonia- Luchdruckerei GmbH.. DreSdcu-A. Ik, Holbeinstrafte <S. gcninit !!27W. Poslschockcoiito Dresden 1«7»7. BaiUIonlu Bassens« «- Arttzsche, Dresden. Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen BolkSxettuna Dresden-Aitft. 18. Holbeinsiratze «U. gcrnrni 327A „nd 3M8. Peler Spahn ^ Reichstagsabgeordneter Peter Spahn ist ln Bad Ml- düngen, wo er Erholung suchte, in der Nacht zum Diens tag gestorben. Die Beerdigungsseierlichkeiten finden am Freitag vormittag in Lichterselde statt. » Trauernd steht die deutsche Zentrumspartei wieder an der Bahre eines toten Führers. Peter Spahn ist heimgegangen. Den schweren Verlust, den diese Trauer- Kunde bedeutet, vermag nur der richtig zu werten, der die stille, von besonderer Popularität ferne Arbeit und das Leben dieser vorbildlichen parlamentarischen Persön lichkeit kennt. Peter Spahn war die hehre Idealgestalt eines Zentrumspolitikers, die beste Inkarnation unseres politischen Persönlichkeitsideals, einer der Bewahrer ech tester Zentrumstradition. Bis in das hohe Alter von an nähernd 80 Jahren hinein erfüllte er mit vorbildlichem Eifer seine parlamentarischen Pflichten, bis körperlicher Verfall diesen geistig bis zuletzt rastlos tätigen Mann zu Boden zwang. Ausgezeichnet mit hohen Geistesgaben, die ihn auch schon zu einer Zeit, in der Katholiken und Zentrumsleute recht schwer im Staate vorwärts kamen, in hohe und höchste Aemter brachten, hat Spahn sein Leben lang unermüdlich gewirkt und geschafft, nicht nur zur Ehre und Zierde seines hohen Amtes, sondern auch zur Verteidigung der Interessen der deutschen Katholiken, wie überhaupt zur Wohlfahrt des ganzen deutschen Vol kes. Jahrzehntelang wirkte Spahn im Deutschen Reichstag. Schon zur kaiserlichen Zeit hatte sich Spahn als Parlamentarier eine Position errungen, mit der die Regierenden von damals ernstlich rechnen muhten und rechneten. Trotzdem dem Reichstag von ehedem die Bedeutung des heutigen Parlamentes bei weitem nicht innewohnte, hat die Neiäjsregierung und haben die da mals amtierenden Reichskanzler es oft für notwendig ge halten, die Vermittlung Spahns in wichtigen und kri tischen Situationen anzurufen und damit nicht nur der Persönlichkeit Spahns, sondern auch der Bedeutung der Zentrumspartei Achtung und Respekt zu zollen. Wie oft isi damals über den „Zylinder" des Abgeordneten Spahn gespöttelt worden, dann, wenn Spahn den Weg zu einem hohen Reichsamte antrat, und es war für die deutsche Oeffentlichkeit damals stets eine ausgemachte Sache, daß in diesem Augenblick eine wichtige politische Entscheidung getroffen war. So war es auch jeweils in der Tat. Spahns Mission hat immer in der Herbeiführung eines edlen Ausgleichs bestanden. Als das alte Reich zusammenbrach und als Spahn dann, weil man ihn allgemein für unentbehrlich hielt, in der Nationalversammlung wieder erschien, da war vornehmlich er es, der dem Zentrum mit seinem sach lichen, klugen Rat zur Seite stand und der Partei und ihrer Politik die neuen Wege wies. Wenn das Zentrum um dieses Weges willen so oft Anfeindungen erfuhr, so brauchte man wirklich nur darauf hinzuweisen, daß ein Mann wie Spahn die Situation klar durchschaut und er kannt hat und daraus diejenigen Folgerungen zog, denen sich in ihrer gesamtpolitischen Tätigkeit die Zentrums partei immer anschloß. Der Hinweis auf diese Wirksam keit der alten Exzellenz, eines Mannes, der sein ganzes Leben lang ehrlich und treu den Monarchen und der Mon archie gedient hatte, der aber in der Stunde der Not das Volk nicht verließ und im hohen Alter noch alle Kraft daran setzte, um dem Volke und dem Daterlande die Grundlagen für die Wiedergesundung und den Wieder aufstieg zu verschaffen, dieser Hinweis allein mußte schon genügen, um die Zweifler von der Richtigkeit unserer Po litik zu überzeugen. Spahn ist ein ehrlicher und getreuer' Hüter der alten Zentrumstradition stets u. allezeit gewe sen. Er ist aber auch der Verfechter der Grundsätze der Partei und ihr vraktischer Wegbereiter gewesen, auch nachdem Volk und Vaterland in einem neuen Leben sich befanden, nachdem das Geschick uns aus den alten Gleisen der Politik und der Wirtschaft hinausgeworfen hatte und wir unter Schutt und Trümmern unsere Bahn von neuem suchen und finden mußten. Wenn ein Spahn die neuen Wege ging, ja, wenn er sie selber wies, so konnte man ohne weiteres folgen. Spahn war immer auch stets der getreue Mentor der Zentrumspartet. Man muß es erlebt haben, wie lein Rat und seine Mahnungen in den vielen oft recht schwierigen Beratungen der verschiedensten Parteiinstan zen wirkten, und welche Aufnahme sie dort fanden. Spahn war kein Vielredner. Nur sehr selten mischte e r sich ein. Oft erst am Schlüsse von mehrtägigen Beratun gen nahm er das Wort und atemlos hörte man ihm zu. Und es waren oft nur ganz wenige Sätze, die er sprach, in denen er aber nicht nur mit der Autorität seines Al ters, sondern auch mit der überzeugenden Kraft seiner Gründe seine Auffassungen darlegte, denen dann stets die ganze Partei folgte. So ist es ihm oft mit einem Wort M M SWW Gens, L. September. Der Völkerbundsrat tritt heute um 11 Uhr in Genf zusammen. Die erste Sitzung wird, wie gewöhnlich, der Feststellung der Tagesordnung gewidmet sein. Ihr wird eine öffentliche Sitzung folgen. An den Ratssitzungen nehmen die Vertreter von zehn Staaten teil. Ständige Mitglieder des Rates sind England, Frankreich, Japan und Italien, die übrigen sechs werden alljährlich von der Vollversammlung des Völker bundes neu gewählt. Zurzeit sind dies Schwede», Spanien, die Tschechoslowakei, Belgien, Brasilien und Uruguay. Die Tagesordnung der Ratssitzung sieht 23 ver schiedene Gegenstände vor, deren wichtigster Gegenstand die Entscheidung über die Zukunft des Mvssnlgcbietes ist. Vom deutschen Gesichtspunkt verdienen die Verhandlungen über die Wirtschaftslage Oesterreichs, die Verhandlungen über die Hasengrenzen Danzigs, die Bestimmung einiger Mit glieder der Sciarregierung besonderes Interesse. Auster dem Bericht der beiden Sachverständigen für Oesterreich liegt cm umfangreicher Bericht des GeiieralkvinmissarS Timmer- mann vor, der, wie Verlautet, seinen Posten nieder- legen wird. Gestern sind die englische und die französische Dele gation fast vollzählig in Genf cingetroffeii. Mit der engltschen Delegation kamen allster Chamberlain auch Sir Robert Eecil und Sir Graham an. Briand war von Loucheur und Clauzcl, dem Leiter der Völkerbundsabtei- lung am Quat d'Orsay, begleitet. Chamberlain und Briand nahmen entgegen früherer Dispositionen ihre Besprechungen bereits gestern auf. Tfchtlscherln komm! nach Genf? Genf, 2. September. Das „Journal de Geneve" meldet aus Riga, dast Tschitscherin inkognito den Arbeiten der Völkerbundsversammlung beiwohnen wolle. Eine Bestäti gung dieser Nachricht war bis jetzt nicht zu erlangen. Die erste Vollsitzung -er Iuristen-Kvnserenz London, 2. September. Gestern abend fand Im brltlsäM Austenministerlum dis erste Vollsitzung des Rechtssachverständi gen zur Besprechung der technischen und juristischen Fragen des vorgeschlagenen Sicherheitsvertrages statt. Der italienische Vertreter Pilotti. der gestern nach mittag in London eingetrosfen ist, nahm an der Sitzung teil. Man vermutet, dast die Verhandlungen drei Tage dauern werden. Paris, 2. September. Das politische Interesse ist noch immer auf die Haltung Italiens i» der Sicherheüssrage konzentriert. Alle Blätter erblicken in der Entsendung eines italienischen Delegierten nach London zu der juristischen Kon. ferenz einen Beweis dafür, das; Italien entschlossen ist, an der Ausarbeitung des Paktes mitzuwirken. Es wäre unbegreif lich, so sagt der „Temps" in seinem heutigen Leitartikel, daß Pilotti als bloßer Beobachter austrüt, wenn cs daraus an- komme, präzise Texte auszuarbeiten, für die die beteiligten Re- gierungen die volle Verantwortung übernehmen. Das Blatt sieht nur zwei Möglichkeiten: Entweder halte sich Italien auch weiter zurück unier dom Borwnnde, dast der Sicherheitspakt nur die Rheingrenze, nicht aber die Brennergrenze angeht, oder es versteht sich zu einer Mitarbeit mit den Westmächten. — Viel beachtet wurde die gestrige Unterredung des französischen Bot- scl^afters mit dem italienischen Gesandten. Der „Temps"-Vertre- ter meldet in diesem Zusammenhänge, das; Italien bereit sei, einen Garantiepakt zu unterzeichnen, wenn es seinerseits eine Garantie auf seine Grenzen erhält, und zwar setzt man folgend« Bedingungen voraus: Ein französisch-italienisches Bündnis zu Lande, das auf das Fortbestehen Deutsch-Oesterreichs nbzicle, und ein englisch-italienisches Bündnis zu Wasser zum Schul;« der gegenseitigen Interessen beider Länder im Mittelmeer und im nahen Osten. Diese letztere Anregung scheine mehr aus italienischen als aus englischen Quellen zu stammen. London, 2. September. Die „Times" berichtet: Dis Zusammenkünfte zwischen den Juristen seien vollkommen unsvrmell. Die Delegierten seien technische Beamte. ES könnten natürlich keinerlei Verpflichtungen von ihnen ein gegangen werden, die ihre Regierungen binden würden. ES werde jedoch gehofft, dast zahlreiche technische Schwierig keiten geregelt werden würden. Einer der Hauptzwecke der Zusammenkünfte sei, den deutschen Delegierten Dr. Ganst in Stand zu setzen, sich über alle Erörterungen zu unter richten, die bereits zwischen der britischen und der franzö sischen Regierung gepflogen wurden. Es würde verfrüht sein, von einem Vertragsentwürfe zu sprechen. Konferenz der kleinen Enien-e Belgrad, 2. September. Wie die Blätter melden, wird vor Beginn der Beratungen des Völkerbundes in Genf eine Konferenz der Kleinen Entente stattsinden, in der die Richtlinien eines gemeinsamen Vorgehens dieser Staaten besprochen werden soll. Austenminister Nintschitsch ist gestern nach Genf abgereist, wo er mit Dr. Benesch und Lu'ca zu- snmmentrcffen wird. Vor seiner Abreise Halle er eine längere Audienz beim König. Ein Jahr Dawesplan Me eklie MmiiW-WWe bezsüll Berlin, 2. September. Wie der Generalagent für Repa rationszahlungen mitteilt, hat die Deutsche Reichsbahngescllschast am 81. August die am 1. September 1925 noch fälligen Zinsen Ihrer Reparationsobligationen bezahlt. Damit sind die von Deutschland in dem am 1. September vorigen Jahres begonnenen ersten Geschäftsjahre des Sachverständigenplanes zu leistenden Zahlungen vollständig bewirkt. . Neuyork, 2. September. M« „Journal os Commerce" vom Schatzamt erfährt, haben die Bereinigten Staaten in dem -nun mehr abgelaufenem ersten Geschäftsjahr des Daivesplanes über 18 Millionen Dollar zur Abzahlung erhalten. Zur Abzahlung der amerikanischen Besatzungskosten in Höhe von 245 Millionen Dollars wurden 14 725 154 Dollars geleistet. Dem Transser- Koiintee wurden, wie -das Schatzamt mitteilt, etwa 3s4 Millionen zur Deckung der privaten amerikanischen Ersatzansprüche über wiesen. In amtlichen Kreisen wird dos Arbeiten des Dawes- pl-anes günstig beurteilt. Man hegt -die Zuversicht, daß es mit Hilfe des Planes gelingen wird, der finanziellen Schwierigkeiten Europas im wesentlichen Herr zu werden. Dr. Eckener über Wellwlrlschafl und Lufl- fchiffahrl Leipzig, S. September. Auf Einladung des Rates der Stadt Leipzig, der Handelskammer und des Mestamtes sprach gestern Dr. Eckene r im überfüllten Usa-Filmpalast über das Thema „Weltwirtschaft und L u f t sch i f f a h r tEr führte unter anderem aus, es sei ihm nicht leicht geworden, mit seinem Appell vor die Oeffentlichkeit zu treten. Er habe sich aber doch zu seinem Schritt entschlossen, iveil einmal Friedrichs- Hafen am Ende seiner finanziellen Mittel sei und weil weiter unser fehlender Reichtum ersetzt werden müsse durch einen be sonders starken und ausgeprägten Willen, unsere geistigen und technischen Kräfte, durch die wir allein wieder hochkommen können, zu erhalten. Dr. Eckener nahm dann Gelegenheit, eine Reihe von Fragen, die im Zusammenhänge mit dem Bau eines neuen Luftschiffes an ihn gerichtet wurden, zu klären. Aus die Frage, wie er zu Amundsen stehe, erwiderte Dr. Eckener. als er in Amerika mit Amundsen zusammcngetrossen sei und als er ihn nach seinem Fluge willkommen hieß, da habe er von der angeblichen Deutschseindlichkeit Amundsens nichts gewußt. Erst später sei davon zu lesen gewesen. Im übrigen nehme er keinen Anstand zu sagen, das; es ihm unzweckinästig zu sein scheine, immer noch zu fragen, wie in der Zeit der Kriegspsy chose der oder jener Ausländer über Deutschland gesprochen habe. Wenn man das tue, dann sei der Anfang einer Zusam menarbeit mit den anderen Völkern nicht möglich. Endlich sei die Frage mifgeworfen worden, was mit dem gesammelte» Gride geschehe, wenn die Botschafterkonfcrenz — wie er nicht glaube — den Ba-u eines Luftschiffes able-hnen sollte. Dazu habe er zu sagen, daß nicht allein ein Polarlustschiff gebaut werden soll, sondern daß das Werk erhalten werden soll, bis einmal eine günstigere politische Lage kommt. Gleichzeitig sott aber der Be weis erbracht werden für die Verwendbarkeit des Luftschiffes für den großen Verkehr über den Ozean. Im ziveiten Teile seiner Ausführungen erörterte Dr. Ecke- ner die Probleine, die der kommende Weltluftschisfs- verkehr zu lösen habe und die vor allein die Frage der Lan- dungsmüglichkeit und die der Rentabilität »msassen. Der Red ner schloß: Es ist eine Frage allererster Bedeutung für Deutsch land. mit einem deutschen Schiss und einer deutschen Mannschaft das heiß umstrittene Polarproblem lösen zu können. Die mora lischen Eroberungen, die mit einer solchen Tat gemacht werden können, sin- nicht zu unterschätzen. Mit dem Namen Zeppelin verbindet dos deutsche Volk seit dem Tage von Echteroingen gewisse Gefühlsmomente. Ich habe die Ueberzeugung, daß das deutsche Volk In dieser Frage nicht versagen wird. gelungen, einen recht heftigen Redekampf, ja oft schwere Gewissensbedenken, die in ehrlichem inneren Ringen zum Ausdruck gebracht wurden, zu überwinden uyd der Par tei und ihren Kämpfern und Anhängern wieder die rechte Linie zu zeigen. Mit Spahn verliert das Zentrum ungeheuer viel. In dem geistigen Ringen und Streben unserer Zeit wer den wir dessen vielleicht im Augenblick gar nicht so sehr bewußt werden, da uns bittere Not und Sorge bedrängt und wir immer noch mit unseres Lebens Notdurft und um die Sicherung unserer nationalen und politischen Existenz zu Kämpfen haben. Aber die Lücke, die der Tod in die Reihen des Zentrums und insbesondere der Neichstags- fraktion des Zentrums gerissen hat, wird doch ungemein schwer empfunden. Wieder ist einer van der ..alten Garde", ein Führer in des Wortes wahrster ti'-'deut'.mg, uns weg genommen worden, und Ssvui s - v "ftd uns ebenso schwer treffen, wie das Hinsä,r'''.- e'.-e-'^eichneteH