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Bchmh -Zeitms Nr. 48. Donnerstag, dm 25. April 1895. 61. Jahrgang. Die „Wei-erltz Seit««- " «rschemt wöchentlich drei mal: Dienstag, Donyqri- 1«a und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfq. Einzelne Nummern N Pfg. — «He Posta.-l- fialten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: D-ul Ikhnr in Dippoldiswalde. Mit achts-ttig-m »Lllustrirte« UnterhaltuugSblatt"". Mit land, und hanSwirthschastlicher Monat,beilage. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserat«, w«lch« bet de» bedeutenden Auflage d«4 Blattes ein« sehr wirk» sam« Verbreitung finde«, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder der« Raum berechnet. — Ta bellarische um» complicirtt Inserat« mit «ntsprechen« dem Aufschlag.—Einge sandt, im redaktionellen rheil«, die Spalten»«, «Pfg- -^okaLs und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am Dienstag, den 33. d. MtS., eröffnete die Reveille der Etadtkapelle mit dem Schützen zug deS K. S. Militäroereins die feierliche Begehung des Geburtstags Er. Maj. des König Albert, und bald darauf zeigte sich die ganze Stadt im schönsten Flaggen schmuck. Um 10 Uhr versammelten sich die 6 oberen Klaffen der Volksschule mit ihren Lehrern in der Turnhalle zu einem Festaktus, dem auch Mitglieder der königl. und städt. Behörden, sowie andere Personen beiwohnten. Nach dem Gesänge eines Chorals verlas Herr Schuldirektor Rasche den 61. Psalm, die Festrede hatte Herr Lehrer Unger übernommen, welcher in einer der kindlichen Fassungskraft ungemein verständlichen Art und Weise den Schülern die beiden Fragen be antwortete: 1. Warum feiern wir des Königs Geburts tag? und 2. wie feiern wir ihn in rechter Weise? Den Grund zur Geburtstagsfeier wies Redner treffend nach aus der geschichtlichen Gmndlage des König- thums, aus den Forderungen unseres christlichen Glaubens, aus der gewissenhaften Pflichterfüllung deS König Albert als Landesvater, sowie seiner hohen Gemahlin Karola, und aus dessen musterhafter Treue zu Kaiser und Reich. Zur 2. Frage forderte er festes Zusammenhalten der Unterthanen in Einigkeit, Freund schaft und Liebe, ein Herz voll Ehrerbietung, Gehorsam, Treue und Opferwilligkeit als Geschenk für den König und schloß mit den innigsten Glück- und Segens wünschen für denselben. Der vierstimmige Gesang des Liedes: „Wie lieb ich dich, mein Sachsenland" schloß die Schulfeier. — Zur Mittagsstunde kamen aus dem Markte von der Siadtkapelle patriotische Weisen zum Vortrag, und um 2 Uhr vereinigten sich gegen 50 Herren zu einem Festessen, wobei Herr Amtshaupt mann vr. Uhlemann in einem Trinkspruch auf Se. Maj. den König hervorhob, wie eS gerade jetzt nöthig sei, daß sich alle Treugesinnten fest um den Königs thron scharen. — Auf zur Wahlurne! Wie noch nie vorher ist von den drei in Frage kommenden Parteien, den Konservativen, den deutsch-sozialen Reformern und den Sozialdemokraten, die Wählerschaft vorbereitet worden. Säumigkeit kann keiner vorgeworfen werden. Die Kandidaten der beiden ersten Parteien, Herr Ritter- gutSpachter Georg Andrä in Limbach bei Wilsdruff, als auch Herr Baumeister Gustav Hartwig in Dresden, haben sich an vielen Orten den Wählern persönlich vorgestellt und ihr Programm entwickelt oder durch Parteigenossen die Grundsätze im Großen und Einzelnen kundgegeben, nach denen sie bei etwaiger Wahl im Reichstage stimmen werden. Was haben nun die Wähler zu thun? Das Wahlrecht ist des deutschen Bürgers höchstes staatliches Recht. ES giebt ihm Gelegenheit, mit in die Regierungsmaschine ein zugreifen. Wie aber ein einzelnes Zähnchen mehr oder weniger an einem Mechanismus dessen Gang verändert, so ist es auch nöthig, daß alle Wahl berechtigten ihre Stimme abgeben. Man erhebt jetzt ein großes Geschrei über die Umsturzvorlage. Aber sie würde weniger nöthig werden, wenn sich nicht so viel Säumige unter den Ordnungsparteien von der Wahlurne fernhielten, dann würden die Zahlen verhältnisse der Parteien im Reichstage ganz andere sein. Dann könnten Undankbarkeit, Unehrerbietung und Vaterlandslosigkeit ihr Haupt nicht so keck und trotzig erheben, wie in jüngster Zeit geschehen. Darum alle heute am Donnerstag zur Wahlurne! Aber wen sollen wir wählen? Es ist nicht Sache eines Lokalblattes, für einen bestimmten Kandidaten einzu treten, und wir haben von den stattgesundenen Wahl versammlungen unparteiisch berichtet, nur einige all gemeine Gesichtspunkte wollen wir aufstellen, nach denen jeder Deutsche seine Forderungen an einen Reichstagsabgeordneten richten müßte. 1. Der Volks vertreter stehe auf dem Boden der deutschen Reichs verfassung. Oder sehnen wir uns vielleicht zurück nach den Zuständen vor 1866? Die jungen mögen sich von den alten Leuten erzählen lassen, wieviel Widerwärtigkeiten die deutsche Zerrissenheit für Handel und Verkehr mit sich brachte. Oder sehnt man sich nach SlaatSverhältniffen, wie in Frankreich und Amerika, wo jede Partei so bald und viel als möglich ihr Schäfchen ins Trockne zu bringen sucht? 2. Der ReichLtagsabgeordnete habe christliche Anschauungen, damit nicht der jüdische Materialismus noch mehr zersetzend in unserm Volke wirke. 3. Er stehe im praktischen Leben, damit er die Bedürfnisse deS Volkes kenne; habe aber auch einen großen Weitblick, daß er nicht einseitig und kurzsichtig sein Urtheil fälle. 4. Vor allem aber muß man von einem Volksvertreter einen lauteren, zuverlässigen, anständigen Charakter fordern, der mit dazu beitrage, daß der Reichstag im In- und Auslande in hohen Ehren gehalten werde, und der Austritte und Beschlüsse zu vermeiden suche, die die höchste deutsche Volksvertretung dem Gelächter der Fremden preisgeben. Darum, ihr Wähler im 6. Wahl kreise, prüfet die Kandidaten, und dem, der euch der Beste dünkt, gebt am Donnerstag Eure Stimme. Aber Alle zur Wahlurne! — Anläßlich seines Geburtstages sind von Er. Maj. dem König folgende OrdenSauSzeichnuugea an Angehörige der hiesigen Amthauptmannschaft ver liehen worden: Das Ritterkreuz 1. Klaffe vom Albrechtsorden: Oberförster Fr. W. Röder in Reche n- berg; Das Ritterkreuz: Förster Joh. Ad. Dreßler in Rechenberg, Kantor K. F. Neumann in Nassau, das allgemeine Ehrenzeichen: Ortsrichter I. CH. Hauswald in Waltersdorf, Waldwärter C. H. Funke in Rehefeld, Waldwärter F. W. Pechfelder in Bärenburg, privati- strender Schneidermeister und vormal. Stadtrath Liebert in Geising, Gemeindevorstand H. G. Näcke in Ruppen dorf, Gemeindevorstand E. F. Eommerschuh in Herms dorf bei Fr. — Außerdem wurde noch an Amtsrichter W. H. Bschorer in Altenberg der Titel und Rang eines Amtsgerichtsrathes und an Bergdirektor Dannen berg in Hänichen der Titel und Rang eines Bergrath verliehen. — Der Jahrmarkt am Montag und Dienstag war sowohl von Verkäufern, als auch von Käufern ziemlich zahlreich besucht, sowie sich auch einige Schau buden und ein Karoussell eingefunden hatten. — Am Mittwoch wurde durch Herrn Schuldirektor Rasche Herr Arthur Mehnert als Hilfslehrer an hiesiger Stadtschule verpflichtet und eingewiesen. Da Herr Mehnert Primus auf dem Fletcherschen Seminar war, ist mit voller Zuversicht zu hoffen, daß auch sein Wirken in seinem 1. Amte ein gesegnetes sein wird. — Als erster Markstein im Leben des Menschen ist wohl der erste Schulgaug anzusehen, der Ueber- gang von der Zeit des Spieles zur wirklichen ziel bewußten Arbeit, der Anfang zur Gewöhnung an Unterordnung und Pflichterfüllung. Dieser Schritt wurde heute von 83 Kindern hier gethan, denn 43 Knaben und 40 Mädchen wurden der Stadtschule zu geführt. Möchten die wohlgemeinten Worte, die bei der feierlichen Aufnahme Herr Schuldir. Rasche an die Eltern richtete, immer im Bewußtsein derselben hasten und die Wünsche, die in diesen Worten enthalten waren, in Erfüllung gehen. — Wie wir jetzt in Erfahrung gebracht haben, ist von den städtischen Kollegien der dermalige Stadt- kasstrer, Kontroleur Espig in Penig unter 38 Be werbern als Stadtkassirer für unseren Ort gewählt worden. — Mit dem 1. Mai tritt der neue Sommer fahrplan der sächs. Staatseisenbahnen in Kraft. Soweit davon unsere Gegend berührt wird, wird der selbe sich folgendermaßen gestalten. — Ab Kipsdorf 5.05, 10.20, 3.28, 8.27; ab Schmiedeberg 5.26, 10.40, 3.40, 8.46; ab Dippoldiswalde 6.00, ti.n, 4.29,9.1?; ab Rabenau 6.37, n.48, 6.38, 9.56; an Hainsberg 6.55, 13.06, 6.5t, 10.14. — Ab Hainsberg 7.44, 12.40, 3.26, 6.12 (nur bis Rabenau), 8Z>; ab Rabenau 8.04, 1.02, 3.51, 8.41; ab Dippoldiswalde 8.42, 1.41, 4.38, 9.20; ab Schmtedeberg 9.H, 2.13, 5.15, 9.52; an Kips dorf 9.27, 2.31, 5.37, 10.10; außerdem verkehren nur noch au Sonn- und Festtagen folgende Züge: ab Kipsdorf 11.25, 6.00, 7,00; ab Schmiedeberg 11.45, 6.19, 7.23; ab Dippoldiswalde 12.19, 6.53, 7.57; ab Rabenau 1.00, 7.30, 8.37; an Hainsberg 1.1Z7 7.49, 8.50. Ab Hainsberg 8.38, 5.59; ab Rabenau 8.5?, 6.id; ab Dippoldiswalde 9.34, 6.54; ab Schmiedeberg 10.02, 7.21; an Kipsdorf 10.1«, 7.36. — Auf der Strecke Geising-Altenberg-Mügeln gilt der folgende Fahrplan: ab Geising-Altenberg 4.44, 9.57, 2.24, 7.43; ab Lauenstein 5.01, 10.14, 2.41, 8.ov; ab Glashütte 5.42, 10.55, 3.20, 8.41; ab Burkhardtswalde-Maxen 6.23, 11.36, 4.06, 6.W, 9.27; an Mügeln 6.53, 12.05, 4.42, 7.16, 10.03; ad Mügeln 6.36, 9.40, 2.44, 5.10 (nur bis BurkhardtSwalde-Maxen), 8.04; ab Burk- hardtSwalde-Maxen 7.11, 10.14, 3.25, 8.45; ab Glas hütte 7.56, 10.59, 4.16, 935; ab Lauenftein 8.37, 11.40, 4.57. 10.^6; an GeifingMltenberg 8.54, 11.57, 5.14, 10.33; an Sonn- und Festtagen verkehrt sodann noch ein Zug in jeder Richtung, ab Mügeln 12.44, ab Glashütte 2.00, ab Lauenstän 2.41, an Geising-Alten berg 2.58, ab Geising-Altenberg 6.12, ab Lauenstein 6.29, ab Glashütte 7.10, an Mügeln 8.23. — Auf der Linie Moldau-Bienenmühle-Freiberg erleiden die Züge gegen den Winterfahrplan keine Veränderung. — Recht unangenehm macht sich den Hausfrauen das rapide Steigen des Petroleumpreises be merkbar. Binnen wenig Tagen ist der Preis von 18 auf 30 bez. 32 Pfg. emporgeschnellt und wird vor aussichtlich noch weiter steigen. Die Preissteigerung ist eine allgemeine. Der Engrospreis ist vielfach um das doppelte, ja dreifache gestiegen. Die Ursache dieser rapiden Preissteigerung ist wenig erbaulich; das amerikanische und daS russische Petroleumsyndikat, dis sich bisher gegenseitig eine heftige Konkurrenz gemacht hatten, haben sich mit einem Male geeinigt und treiben jetzt die Petroleumpreise nach Belieben in die Höhe. Was für ein Geld jene mächtigen Syndikate hierbei ver dienen müssen, davon kann man sich einen ungefähren Begriff machen, wenn wir hier ansühren, daß das amerikanische Syndikat, die LtAnäarä Oil Oowpan^, täglich 70000 Faß Petroleum produzirt, für die jetzt ein dreifach höherer Preis als im vorigen Monate erzielt wird. Ungezählte Millionen werden auf diese Weise von den beiden reichen Syndikaten — Haupt- theilhaber des russischen ist Rothschild — eingeheimst, und diesen Verdienst haben hauptsächlich die armen Leute zu bezahlen. Das „Antwerpener Handelsblad" hat vielleicht nicht so ganz Unrecht, wenn es in einem längeren Artikel über die Petroleumkrifls bemerkt, eS müßte eigentlich ein internationales Abkommen ge troffen werden, damit ein derartiges Rupfen armer Konsumenten durch einige Geldwölfe unmöglich ge macht würde. — Ueber die Verpflichtung zum Besuche der Fortbildungsschule herrschen in größeren Schichten der Bevölkerung noch immer unklare Vorstellungen, weshalb es nicht unerwünscht sein wird, wenn gerade jetzt hierüber einige Aufschlüsse gegeben werden. Die Fortbildungsschule schließt sich unmittelbar an die ein fache Volksschule an und es erstreckt sich sonach der Unterricht in derselben in der Regel auf die Zeit vom erfüllten 14. bis zum erfüllten 17. Lebensjahre. Be freit vom Besuche einer Fortbildungsschule sind alle Diejenigen, welche eine mittlere oder höhere Volks schule bis zum 15. Lebensjahre, und zwar 9 Jahre lang, besucht haben, sowie 2. Diejenigen, welche bis zum vollendeten 15. Lebensjahre eine höhere Unter richtsanstalt, als ein Gymnasium, Progymnasium, Seminar oder Realschule, besucht haben. Vom Besuche