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MsdnOrTageblaü Sernsprrchrr Wilsdruff M. 6 Wochenblatt fül WilsdrE und Umgegend PMch-cttonto Dresden 2640 Mesrs Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Gerlier im» Dr»Mer! Aschnnke in WUedr»^. Verantwortlicher Schriftleiter: Her««»« Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Zschunke, Heide i« Wil»dr«A Nr. 188 Sonntag de« 13. August 1922. 81. Jahrgang Amtlicher Teil. Regelung der Kohlenversorgung der Landgemeinden für den Winter 192223 Die Lage der Kohlenoersorgung gestaltet sich immer schwieriger. Um für den kommenden Wmler eine einigermaßen gleichmäßige Versorgung mit Hausbrandkohle sicher zu stellen, sieht sich dis Amtshauptmannschaft genötigt, auf Grund von H 28 der Be kanntmachung des Reichskommissars über die Brennstoffversorgung der Haushaltungen, der Landwirtschaft und des Kleingewerbes vom 30. 12. 1920 und 24. S. 1921 in der Fassung der Bekanntmachung vom 9 10. 1921 folgendes anzuordnen: 1. Haushaltungen sind, soweit es die BriketteiugLnge erlaube«, bis zu 21/2 Zentner monatlich mit Brikett» zu beliefern, ei« Anspruch a«f de« Bezug dieser Mengs besteht nicht. 2. Haushaltungen mit GaSkocheinrichlungen wird die Grundkarte um 3 Zentner gekürzt. Die zuständigen Gemeindeverwaltungen haben die entsprechende Aenderung der Kohlenkarten vorzunehmen. 3. Untermieter können grundsätzlich nicht mehr besonders berücksichtigt werden. Bei besonders schweren Krankheitsfällen und Entbindungen dürfen von den zuständigen Orts' kohlenstellen gegen Vorlegung deS Krankenscheines Sonderbezugsscheine ausgestellt werden- Einer mehr als achtköpfigen Familie können Zuschlagskarten bewilligt werden. 4. Di« den gewerblichen Betrieben, Handwerkern, Anstalten und Behörden erteilten Bezugsscheine dürfen ab 1. September 1922 nur mit böhmischer Braunkohle beliefert werden. Nur die au Bäcker, Schmieds und Kraukenhäuser ausgehändigten Be. zugsscheine sind iu der bisherigen Weise zu beliefern. Erhöhungen der Bäcker kontingent« können für Briketts nicht bewilligt werden. 5 'Das Heizen von Theatern, Kinos, Konzert- und Tanzsälen, Hotels, Kirchen und Konfirmandenz'.mmern ist nur mit markenfreien Brennstoffen oder böhmischer Braun kohle gestattet. Nach dem 1. September 1922 ist die Abgabe von Briketts an die ge nannten Stellen verboten. 6. Viehzuschläge für die landwirtschaftlichen Bezugsberechtigten dürfen nur in böhmischer Braunkohle geliefert werden, ebenso dürfen Zentralheizungen in PrivathauShastungen außer mit markenfreien Brennstoffen nur mit böhmischer Braunkohle betrieben werden. 7. Schulen, Heil- und Erholungsanstalten sollen möglichst berücksichtigt werden, müssen aber in erst-r Linie auf den Bezug von böhmischer Kohle verwiesen werden. Die zuständige Ortskohlenstelle hat hierüber nähere Bestimmungen zu treffen. 8. Der Bezug vo« böhmischer Kohle ist zur Hälfte auf die zustehende Be zugsmenge auzurechue«. 9. Sämtliche Händler des Bezirkes der Amtshauptmannschaft haben rom 1. Sep tember 1922 ab die Kohleneingänge für den Hausbrand, soweit eS sich um auf HauS- brandscheine bezogene Kohle handelt, unter Angabe des Lieferers, des Gewichtes, der Wagen, und Bezugsscheinnummer wöchentlitH einmal und zwar Sonnabends unmittel bar an die Amtshauptmannschaft schriftlich zu melden. 10. Händler, die vorstehenden Anordnungen, insbesondere denen unter Ziffer 5 und 9 nicht nachkommen, haben, auch bei einmaliger Zuwiderhandlung neben ihrer Bestrafung die sofortige Einstellung der Aushändigung weiterer Reichshausbrandbezugsscheme zu ge wärtigen. Im übrigen werden all« Verstöße gegen diese Bestimmungen nach Z 31 der eingangs genannten Bekanntmachung des Reichskommissars geahndet. 11. Diese Verordnung tritt mit dem 1. September 1922 in Kraft. Der KommunalverLand Meißen-Laud als Bersorgungsbezirk. Donnerstag den 17. August 1922, abends 7 Uhr öffentl. Sitzung der Stadtverordneten. Wilsdruff, nm 12. August 1922. «ri Der Stadtverordnrtenvarsteher. Kleine Zeitung für etltae Leser. * In London rechnet man auf einen Mehrheitsbeschlus; für ein Moratorium und auf eine spätere Konferenz zur Regelung der internationalen Schulden. * Zur Feier des Verfassungstages fanden am Freitag in Berlin und in vielen Städten des Reiches festliche Veranstal tungen statt. * Zwischen der Reichsregierung und Bayern wurde verein bart, daß die bayerische Schutzverordnnng zurückgezogen wird und seitens des Reiches Garantien für die Hoheit der Bundes staaten gegeben werden. * Die deutsche Regierung hat mit der Regierung der Ver- nnigten Staaten ein Abkommen über die Feststellung der amert- Imischen Ansprüche auf Grund des deutsch-amerikanische Frie- »ensvertrages abgeschlossen. * In Elsaß - Lothringen haben 500 Deutsche den Aus- lveisunasbeiebl erhalten. Derfassungsiag. Der Aufruf des Reichspräsidenten. Der von den Koalitionsparteiem im Reichstage einge- brächte Antrag, den 11. August, den Tag, cur dem die Wei marer Nationalversammlung die neue Verfassung annahm, zum allgemeine Feiertag zu erklären, ist im Parlament vor seiner Vertagung nicht mehr erledigt worden. Die Reichsregierrmg beschloß aber, den 11. August trotzdem in entsprechender Weise zu begehen und als Mittelpunkt der Veranstaltungen eine offizielle Veranstaltung im Reichs- mgsgebäude abzuhalten. Der RcichsprMdmt erließ zum Jahrestag der Verfassung folgende Kundgebung: »Vor drei Jahren, am 11. August, hat sich das deutsch« Volk seine Verfassung gegeben, das Fundament seiner Zu kunst. Diesen Tag wollen wir, trotz aller Rot der Gegenwart, mit Frende und Hoffnung begehen. An ihm wollen wir unsere Liebe zum Vater lande bekunden. Deutschland soll nicht zngrundcgehen! Das ist unser Schwur, solange wir atmen und arbeiten können. Wir wollen keinen Bürgerkrieg, keine Trennung der Stämme. Wir wollen Recht. Die Ver fassung hat uns nach schweren Kämpfen Recht gegeben. Wir wollen Frieden. Recht soll vor Gewalt gehen. Wir, Wollen Fwiheii. Recht soll uns Freiheit bringen. Wir wollen Einig keit. Recht soll uns einig zusammenihalten. So soll die Ver- sassimg ims Einigkeit, Recht und Freiheit gewährleisten. Einiglrit und Recht und Freiheit! Dieser Dreiklang aus dem Lie^-e des Dichters gab in Zeiten innerer Zersplitterung und Unterdrückung der Sehnsucht aller Derctschen Ausdruck; er soll auch letzt unsern harten Weg zu einer besseren Zukunft be gleiten. Sein Lied gesungen gegen Zwietracht und Willkür soll nicht Mißbrauch finden im Parteikampf, es soll nicht dei > Kampsgesang derer werden, gegen die es gerichtet war; es 1 soll auch mcht dienen als Ausdruck nationalistischer über- j Hebung, so, wie einst der Dichter, so lieben wir heute „Deutschland über alles". In Erfüllung seiner Sehnsucht soll unter den schwarz-rot-goldenen Fahnen der Sang von Einig keit und Recht und Freiheit der festliche Ausdruck unserer vaterländischen Gefühle sein. Auf viele Jahre noch werden für uns alle Festtage des Staates zugleich Tage gemeinsamer ! Sorgen sein, unser den furchtbaren Wirtschaftlichen Folgen j der letzten Ereiamsse leiden nickt nur »luäbliae Volks genossen. Deutsches Wissen und deutsches Können, die Quellen unserer besten Kraft, sind schwer bedroht. Die Neichsregierung hat mir den Betrag von drei Millionen Mark für Zwecke der Wissenschaft, Kunst und Handwerk aus den Mitteln zur Verfügung gestellt, die der Reichstag zum Schutze der Republik -bewilligt hat. Zur Hebung der Volks- gesundheit durch Spiele im Freien wird eine weitere Million bereitgestellt. Aus der Geringfügigkeit deser Summen spricht die Not unseres Landes. Schwere Stürme sind über die junge deutsche Republik in den letzten Wochen dahingegangen. Unsere Einigkeit, unser Recht, unsere Freiheit wurden be droht. Sie werden noch weiter bedroht sein. Wir wollen nicht verzagen. In der Not des Tages wollen wir uns freudig der Ideale erinnern, für die wir leben und wirken. Der feste Glaube an Deutschlands Rettung und die Rettung der Welt soll uns nicht verlassen. Cs lebe die deutsche Re publik! Es lebe das deutsche Vaterland! Es lebe das deutsche Volk! Aufrufe und Kmddgebnugen verschrckdemr Art, so vom Kartell der republikanischen Verbände und von d^r Deut schen Demokratischen Partei betonen ebenfalls -die Bedeu tung der Weimarer Verfassung und rufen -das deutsche Volk zur Einigkeit und zur Ausrichtung des gemeinsamen Vaterlandes auf. Die Feier im MLchsiagr IN. Berlin, 11. August. In dem festlich geschmückten Sitzungssaals des Reichs tages, in welchem große Elchenlaubgewinde, schwarz-rot- goldene Bäu'ser, ein riesiges Reichsadlern)appen über dem Präsibenic«; Platz und anderer Wappen- und Blumenschmuck sowie eine Inschrift „Einigkeit und Recht und Freiheit" die Bedeutung des Tages versinnblldlichlön, versammelten sich in der Mittagsstunde zahlreiche Vertreter der Kunst und Wissenschaft, der Presse, des Handels und der Industrie, der beruflichen Organisationen, die Abgeordfietrn des Reichstags und der Landtage und die offiziellen Vertreter der Länder. Das diplomatische Korps war fast vollständig erschienen. Reichspräsident Ebert wurde vor dem Haupt- portal von einer E h r en k o m p a g n i e der Reichswehr begrüßt, deren Front er abschritt. Er nahm dann in oer großen Seitenloge Platz und nach dem Vortrage Ler E^montonvertüre ergrff der badische -Staatspräsident Hummel das Wort zu einer kurzen schlichten Fest- avspra ch e. Er wies darauf hin, -daß viele deutsche Staatsmänner der letMn Jaüre aus Baden stammen, so z. B. Prinz Max, Feh renbach, Ebert und Dr. Wirth. Die Badenser blickten bereits im Jahre 1918 aus ein hundertjähriges Bestehen ihrer Jcndes- oersassung zurück. Aber höher als das badische Heimatgefühl stehe ihnen der Gedanke der Reichseinheit und der Reicbsoer- sassung. Die Verfassung des Deutschen Reiches zeige uns den Weg zur sozialen Arbeitsgemeinschaft aller schaffenden Stände. Jbr Wesen ist das demokratische und das soziale und das deutsche Volk wird es nie mehr tragen und deshalb ancki nie mehr dulden können, daß diese Grundlinien der Verfassung ans ihr entfernt werden. Alle Kräfte der Nation seien in gleicher Weise berufen zur Mitarbeit an der Nation. Dr. Hummel ging dann darauf ein, daß auch die Jugend und die Kräfte des geistigen Lebens in Deutschland zur Mitarbeit uud zur Wahrung der Verfassung Kerangenoaen werden müßten. o -- 0'egciuaftNMeckcn zwtichen Bauern und dem Reick «eien glücklich beseitigt und er danke dafür dem Reichspräsidenten, dem Reichskanzler und der bayerischen Regierung im Namen "anz Süddeutschlands. Er schloß seine Rede mit den Worten: ..Pir lieben jeder sein Bayern, sein Baden oderHessen. aber wir lieben Deutschland über a^cs. Die deutsche Republik, das deutsche Vaterland und das deutsche Volk, sie leben hoch'" Der Reichspräsident und die Minister verließen nack der Feier das Reichstagsgebäude. Die Ehrenkom-pagnt« salutierte abermals und die Musik spielte das Deutschland- Lied unter Begleitung des Präsentiermavsches. Die Meng« vrach in- stürmische Hochrufe auf die Republik und den Reichspräsidenten aus, um dann langsam ausein-and-erzu- gchen. Abends fand im Staatstheater eine beson dere Feier stack, bei der Teile ans Gerhart Hauptmanns Fahrhundertf-estspiele uud Symphonien von Brahms und Beethoven vorgetragen wurden. Zur gleichen Zeit fanden Feiern auf öffentlichen Plätzen und Fackelzüge statt. Auch in zahlreichen anderen Städten des Reiches wurde der Verfassungstag in ähnlicher Weise festlich begangen. Die Parkipreffs zum 12. Die Berliner Parieibläcker nehme zum Verfafsunas- tage teils mit freudiger Zustimmung Stellung^ Die rechtsstehende Presse »erhält sich im allgemeinen kühl und abwartend. Die Deutsche Tageszeitung schreibt: Die Begriffe „Einigkeit und Recht und Freiheit' werden u. E. erst daun ihren wahren Sinn erhalten, wenn der Grundsatz der Demo kratie nicht nur im Paragraphen steht, sondern sich in einem tatsächlichen Verständnis für alle Auffassungen ansdrückt, die in einem Staatswesen vorhanden sind. — Der Tag: Dec 1l. August möge jür alle Volksweise auf der Rechten und auf der Linken ein Dag der Einkehr sein. Der Linken sei geraten, ihr« Politik stärker auf Versöhnung einzustellen, die äußerste Recht« möge bedenken, daß uns das Reich als solches, die Fortexistenz des Reiches höher steht als alles andere. — Die Tägliche Rundschau: Wer die Verfassung am 11. August bejubeln will, der mag es tun, aber er laße die Nation als Ganzes d^ bei Ms dem Spiel. Die Weimarer Verfassung wird dadurch nicht besser, daß man sie in den Himmel hebt, und das Volk nicht staatstreuer, indem man die Lösen „Monarchisten anzu- prangern suclft. In der mutelpari^ilichen- -und linksgerichteten Presse dagegen gibt man ver Zustimmung und den Zukunstshoff- nungen mehr Raum. In der Germania heißt es: Den 11. August mit lauten Freudervlundgebungen und großen Festen feiern wollen wir später, wenn von Deutschland der unerträgliche Druck haßer füllter Nachbarn genommen ist und wir wieoer frei und glück lich sind. Aber in stiller Dankbarkeit des Verfassungstages zu gedenken, dazu haben wir auch heute, trotz der Größe der Not, alle Veranlassung. — Die Vosslsche Zeitung sagt: Das Deutsche Reich hat heute kein Machtmittel, als den Willen seines Volkes, Einigkeit und Recht und Freiheit unter allen Umstän den, gegen jede Lockung und um jeden Preis zu bewahren. Diesen Willen soll der Verfassungstag vor der Welt bekunden. Das ist der Sinn des 11. August, heute wie in kommenden Tagen. — Der Vorwärts: Der Ehrentag der Republik ist kem Tag ausgelassener Freude, sondern ein Tag der Sammlung und der Selbstbesinnung. Schweres liegt nicht nur hinter uns, sondern, wir wissen es wohl, auch vor uns. Wir wollen uns wappnen sür Not und Kampf, wir wollen uns die Hände reicken ra dem Gelöbnis, daß die deutsche Republik nicht unter-