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Mummer 161 - 26. Jahrgang sZmal 'Veste! Stell, , wüch. Bezugspreis für Juli 8.00 Mk. elnschl. Bestellgeld, Anzeigenpreis«: Die Igesp. Petitzeile »0«z. Stellengesuche 90 Die Petitreklamezelle. 8» Milli. Meter breit, 1 ^l. Offertengebiihren fllr Selbstabholer 90 L. bet Uebersendung durch die Post außerdem Dortozuschlag. Einzel-Nr. 10 -Z, Gonntags-Nr. Lü Geschäftlicker Tell: Artur Lenz in Dresden. söMMe Freitag, oen 15. Juli 1927 Im Fall« höherer Gewalt erlischt seke Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigenausträgen u. Leistung o Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern- ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir Heine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte werd. nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittags Haupischriftleiter: Dr. G. Desczvk, Dresden voltzmümg <S«schSft»strlle, Druck«.Verlag: «ermania,«.-», für Verlag und Druckerei, Filiale Dresden, Dresden-«, l. Polierstrahe17. Fernruf2l0l2. PoMcheckkonto Dresden »70Z. Bankkonto: «tadtdaur Dresden Nr. 0171» Für christliche Politik und Kultur Redaktion de« Sächsischen BolkSzeitung Dresden-Altstadt I. Polterstrahe 17. Fernrus Mil und »1012. Hausordnung schaffen. An den Grenzen standen unerbitt liche Sieger, im Lande sträubten sich die Träger und Nutz nießer des alten Regimes gegen den neuen Staat. Und die Verantwortlichen und Verantwortungsbewußten aus Ee- ivissensverpflichtuiig und Liebe zum zertretenen und ver zweifelnde» Volke waren froh, wenigstens die Einheit der Nation zu retten, durften den Ausbau des jungen Staates zu einem behaglichen Haus besserer Zukunft überlassen. Nun aber dürfte es an der Zeit sein, sich die Grund rechte des Volkes, aus denen ja sein Eigenleben sich ent wickeln soll, etwas näher anzusehen, zu prüfen, ob es vor allem gut bestellt ist um die höchste Sicherung der Demo- kkatie: die Verkörperung des Volkswillens durch das Par lament. Oft genug sind hierüber motivierte Zweifel aus gesprochen, immer wieder baben sich Erörterungen geknüpft an das Wort „Listenwahl", die in der Feststellung mün deten, daß sich aus den bestehenden wahkgesetzlichen Bestim mungen Zustände entwickelt hätten, die mit der'pölitiMn Schichtung des Volkes, dem Willen^ der. Wählet nWt mehr vereinbar seien. Nie hat ein Wahlgesetz so viele Vdr- besserungsüberlegungiiil und -Vorschläge Yervorgerufen, wie das, nach dem wir zum Reichstag wählen,' von dem seine Väter glaubten, daß sie in ihm das Ideal entdeckt hätten. Weitst' alle Reformvorschläge, die der Reaierüntz eilige- schkoflen. auck als untaualich und balbe Maknabman ab»«- volksstaak und volksparlumenl. I Von f Regkerungsrat Dr. A. Klöcker, Berlin. I. DerStnndesVolkrparlament». Mit der Verabschiedung der neuen Verfassung durch >le Rationaloersammlung wurde da» Deutsche Reich ein Lolksstaat in des Wortes tiefster und umfassendster Ledeutung. Mit einem solchen Staatswesen verträgt sich >mr ein Parlament, das, in freier Wahl gewählt, in jeder Maßnahme den Willen des Volkes ausführt. Es muß also iwischen Wählern und Gewählten ein ununterbrochenes and ungetrübtes Vertrauensverhältnis bestehen. Dies innere Zusammenklingen und Befriedigtsein muß um so vollkommener sich gestalten, als das Wesen der Gesetz gebung und der Mandatserteilung es nicht gestattet, dem rinmal Gewählten das Mandat zu nehmen und einem andern zu übertragen. Um Uebereinstimmung zwischen Volk und Parlament in weitestem Maße zu gewährleisten, schreibt die Verfassung das all gemeine, gleiche, geheime und unmittelbare Wahlrecht vor und umgibt dieses Grundrecht jedes Reichsangehörigen mit »er Sicherung, die im Begriffe der Verhältniswahl liegt. Dieses höchste Recht eines jeden Deutschen, das seine persönliche Einflußnahme auf alle öffentlichen Angelegen heiten verbürgt, soll ihm um so heiliger sein, um so unan tastbarer dünken, als das Reichsparlament, der Reichstag, ja nicht mehr nur jene sehr beschränkten Rechte ausübt, wie vor der politischen Umwälzung. Zwar konnte auch unter der konstitutionellen Regierungsform die Regierung bei den wichtigsten Handlungen der Zustimmung des Reichstags nicht entraten, doch war sie nicht von dem Vertrauen des Reichstags abhängig, konnte den Reichstag nach Hause schicken, wollte er sich nicht fügen. Es gab keine Volks regierung, sondern nur eine Regierung für das Volk, aus gestattet mit einer Machtfülle und beseelt von einem Macht willen, daß die Volksvertretung in Streitfällen stets den Kürzern zog. Nun aber Laben wir den freien Volksstaat. In ihm und für ihn ist das Parlament die unabhängige Volksvertretung, deren Beschlüsse nur eine Schranke haben: die Verfassung. Eine vollkommene Umwandlung des Wesens und Einflusses von Regierung und Parlatnent zu gunsten des letzter». Herrschermacht und Herrscherpflicht übt das Volk aus durch das Wahlrecht, durch dieses der Reichstag. Der ist also die Verkörperung der gesamten Staatsmacht geworden, ist das Instrument, durch das das Volk sich Gesetz gibt. Der Reichstag trägt und beseitigt die Regierung, die, diesem allein'llnd in jeder Maßnahine ver antwortlich, das Reich verwaltet. Die Machtbefugnisse des Reichstags sind begrifflich ins Unendliche gewachsen. Die sprunghafte Entwicklung von dem bis kn seine feinsten Verästelungen straff ausgebauten und mit höchsten Machtmitteln ausgestatteten konstitutionellen Staatswesen — man nannte es wegen seiner Zielstrebigkeit und seiner nur zu gern und zu häüftg wohl einseitig doktrisiär, scha- blonenmäßig, altmodisch, unsozial, ja absolutistisch sich ge bärdeten höchsten wie untersten' Organe Polizeistaat — bis zum freien Volksstaate nach Weimarer Schnitt war so ge waltig, so von Grund aus umstürzend, daß es nicht ver- lvunderlich ist, wenn nicht alles an ihm ideal geformt aus steht und Ewigkeitswert in sich trägt. Es stand an der Wiege des deutschen Parlamentarismus kein guter Engel. In der unglücklichsten Stunde unseres Vaterlandes, als alles zusammenbrach, unsere Weltmachtstellung, unsere innere Macht und Ordnung, am Grabe stolzester Hoff nungen stehend, sollten wir über Rächt uns eine neue Einstimmige Annahme im Kabinett — Veröstenttichung noch in dieser Woche Denlfche Volbsparlei und Simuttanschule Berlin» 14. Juli. Amtlich wird m-itgeieilt: Die mehrtägigen Beratung«« des Neichskabinetts über den Entwurf des Reichsschulgesetzes find gestern zum Abschluß gelangt. Die Vorlage sand die einmütige Zu stimmung des Kabinetts. Bezüglich der Behandlung der slldwcst- deutschen Simultanschule (Artikel 174 der Reichsoersafiung) er klärten die Reichsminister Dr. Lurtius und Dr. Str «se in a n n nach Ablehnung des von ihnen dazu gestellten Antrages, ihren Standpunkt in dieser Frage ausrechtzucrhalten. Die Ver- össentlichung des Eesetzentwurses wird noch In dieser Woche er folgen. Der Reichstag hatte, wie bekannt, ursprünglich die Absicht, noch vor den Sommerferien das Reichsschulgesetz in erster Lesung zu beraten und dann einer Kommission zu überweisen. Die Vorlage konnte aber nicht rechtzeitig sertiggestellt werden; deshalb hat der Reichstag für Ende September eine Sondersitzung vorgesehen, in der neben einigen anderen Gegenständen in der Hauptsache das Reichsschulgesetz beraten werden soll. Das Kabinetthat gestern den Entwurf endlich sertiggestellt. Wie die amtliche Mitteilung betont, ist die Zustimmung einstimmig er folgt. Aus dieser Einmütigkeit darf man wohl Hoffnungen für ein baldiges Zustandekommen des Reichsschulgesstzes schöpfen. Allerdings deutet die amtliche Verlautbarung auch an, wo die Differenzpunkte innerhalb der Parteien der Regierungskoalition selbst noch liegen. Es handelt sich hier bei um die Frage derzurZeit noch bestehenden S i m u lt a n s ch u l e n, vor allem in Hessen und Baden. Die Deutsche Volkspartei will diese Simultauschulen mit Rücksicht auf ihren angeblich historischen Charakter erhalten wissen, während der Entwurf ihre Auflösung und Ueber- führung in Konfessionsschule» nach einer bestimmten Ueber- gangszeit vorsieht. Die deutschvolksparteilichen Minister haben ihren Standpunkt in dimer Frage aufrechterhalten, und wahrscheinlich wird die Rerchstagsfraktion der Volks partei die Auffassung ihrer Minister teilen. Ma« wird die Verhandlungen der Herbsttagung des Reichstages ab- warten müssen, ehe ein Urteil darüber möglich ist, ob und wie hier eine Einigung gefunden werden kann. Im übrigen dürfte das Echo, das der Entwurf selbst in der Presse finden wird, schon mancherlei Hinweise dafür bringen, wie die Aussichten dieses Reichsschulaesetzentwurfes sind. Das Zentrum wird jedenfalls alles daran setzen, um die Ver handlungen wegen des Reichsschulgesetzes bald zum Ab schluß zu bringen. Wenngleich ein Endurteil über die Vor lage erst nach ihrer Veröffentlichung möglich sein wird, darf man doch schon jetzt sagen, daß das Zentrum die Erundzüge des Gesetzes billigen und unterstützen wird. Schulfeier« am verfaffungskag. Wie der Amtliche Preußisch« Pressedienst mitteilt, hat im Nahmen der kürzlich vom Preußischen Staatsmini-sterium er lassenen Bestimmungen Kultusminister Dr. Becker anaeordnet. daß an den preußischen Schulen am Berfassnngstag schulfrei ist. Am Verfassungstage sind Schulfeiern zu veranstalten, bei denen die geschichtliche Bedeutung des Tages gewürdigt wird. Den einzelnen Schulen ist volle Freiheit bei der Ausge staltung der Feiern im einzelnen gelassen, doch erwartet der Minister, daß alles getan wird, um den inneren Erhalt und den äußeren Rahmen der Schulfeiern würdig zu gefial.en und die hervorragende Bedeutung des Tages de» SÄülcrn nakezubringen Am diesjährigen Verfassungstag soll nicht nur die übliche Feier im Reichstag stattfindcn, sondern durch eine groß« Abendveranstaltung in der Fnnkhalle in Witzlebcn er gänzt werden. Die gegenwärtig noch schwebenden, aber un mittelbar vor dem Abschluß stehenden Verhandlungen zielen dahin, am Abend des 11. August im Funkhaus eine Verfassungs feier als gemeinsame Feier der Reichsbehörden, de, preußischen Slaatsregierung und der Stadt Berlin zu veranstal ten. Im Rahmen dieser Festlichkeit, zu der der Reichskunstwarl als beratende Instanz hinzugezogen wird, und die in ihren Einzelheiten vom Neichsinnenministcr-um als federführende Be hörde festgelegt wird, sollen außer den Anspruch von Mit gliedern der Regierungen und der Siadt deklamatorische Vor träge von prominenten Schauspielern dargebotcn werden, und zwar mit der entsprechenden musikalischen llnnahmung. Der VM?che Landlag sür den N. AuM. Karlsruhe, 13. Jul!. In der heutigen Vormittagssitzung des Badisch enLand- rags wurde der Antrag der Bürgerlichen Vereinigung, die Ver ordnung des Ministeriums des Innern, die den V e r fa s s u n gs- tag in Baden als gesetzlichen Feiertag bestimmt, ent weder aufzuheben oder dahin abzuändern, daß kein Badener ge hindert sein soll, am 11. August seinem Beruf oder Erwerbe nachzugehen, mit 43 Stimmen der Regierungsparteien gegen 19 Stimmen der Bürgerlichen Vereinigung, der Deutschen Volks partei und der Kommunisten abgelehnt. Der Minister des Innern Dr. Rcmmele wies in seinen Darlegungen daraus hin, daß die Vornahme dringender landwirtschaftlicher Arbeiten am Verfassungstage gestattet sei. In der Diskussion wurde von den Vertretern der Regierungsparteien zum Ausdruck gebracht, daß eine baldige reichsgesetzliche Regelung der Frage wünschenswert sei. Es wurde ferner betont, daß auch die Frage des Volkstrauertages von Reichs wegen geregelt wer den sollte. Staatspräsident Dr. Trunk gab hierzu die Erklä rung ab, daß Baden mit Rücksicht auf die süddeutsche» Verhält nisse angeregt habe, den Allerheiligeniag zu wählen. Man sei aber auch mit einer anderweitigen Regelung einverstanden, wenn sie nur einheitlich erfolge. lehnen sind, eines ist tyneuallen gemeinsam: d keKa muf ft e l l »Tng g eg e n dieBewe^berlisten. Diese Ab neigung leitet sitz aus den Erwägungen her, daß die Ver bindung? zwischen Wählern und Gewählten zm locker sei, daß bei der Bewerberausstellung das Volk ausgeschaltet wäre, daß die Vertretung von Sonderinteressen den Vor- rang der höchsten politischen Aufgaben der Gegenwart schmälere. Schwererer Vorwurf kann wohl gegen den Reichstag, besser gegen die Bestimmungen, auf Grund deren er gewählt wird, nicht erhoben werden. Sind die Abgeord neten keine echten Volksvertreter mehr, sondern Standes vertreter, Syndici von Interessengruppen, von diesen her ausgestellt und gestützt, nur ihnen verantwortlich und von ihnen abhängig, so ist der Reichstag kein Volksparlament mehr, sondern ein Parlament der Bevorrechteten, ein williges Instrument weniger Interessentenkreise, die über besondere Machtmittel verfügen und sie einseitig ausnutzen. Ein solches Parlament aber wäre mit der Demokratie und ihrer Verfassung unvereinbar. Es würde als gegen den Gesamtkomplex des Inhalts des Volksstaats gerichtet zu bezeichne» sein, da es zugunsten von Sonderwünschen, die D fäst ausschließlich auf wirtschaftliche Dinge bezögen, re grvtz'en'unrnentscheidenden Fragen des Volkslebens, die Aüßenpokitlk, dieTKultur« und Sozialpolitik und vor allem den Ausbau des NKk-staates ln den Hintergrund drängen würde. SdlL unersrWlltLer^Zustand^wittd« vae atte» tn Zelten wirtschaftlicher Notlage zu befürchten sein. Daß das heute noch nicht handgreiflicher hervortritt, wenn es auch bereits tief empfunden wird, liegt nur daran, daß die En! Wicklung zum Ständeparlament infolge der Einstellung und des Einflusses der großen historischen Parteien, die sich durch die neue Entwicklung ohne Ausnahme bereits be droht fühlen müssen, noch in ihren Anfängen sich befindet. ^ Je mehr die Wirtschaftskräfte die kulturellen und allgemei nen vaterländischen Aufgaben, die festesten Bindemittel der Volksparteien, zurückdrängen, um so mehr entfernen wir uns unaufhaltsam vom Volksparlamente. Die tüchtigsten z Volksgenossen, die das Zeug zum besten Volksvertreter und Staatsmann hätten, würden dem Verufsstreite unterliegen. Im Kampfe der Berufe und Stände gegeneinander wurde es stets Ueberlegene und Unterlegene geben; denn es gibt Berufsklassen, die allen andern an Machtmitteln und Rück sichtslosigkeit überlegen sind. Eine Machtprobe würde die andere jagen, den sozialen Ausgleich Niederhalten. Daß letzten Endes das Volk und sein Staat den Schaden trügen, bedarf keines Beweises. Deshalb war es bislang ein Glück, daß die unter der Sonne des alten Reichstagswahlrechts mit seinen Einzelwahlkreisen ausgewachsenen Volkspartcien ihren Einfluß noch nicht verloren haben. Fragen wir aber, welche dieser Parteien steht dem nächsten Wahlkampf ohne 1 Sorge entgegen? Welche von Ihnen voller Zuversicht zu «ein'vorgäbe, würde sich selbst täuschen, da lie die aroke