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Rtptd u. Sttdaluon rre»deu-Neustadt v. Meißner »ässe 4. Di« Zeitung erscheint Tiensta», Dauiierstag und Lonuadend s^üh. Udonnemeut». Preid: Perteljährl. M. !,S0 Zu beziehen durch di« kaiserlichen Post- tmstaltcn und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in» Hau» erhebt die Lost noch eine Gc» dühr von 25 Pf. Inserat« werden bi» Moniaq. Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: die Ispalt.Zeile 15 Ps. Unter Eingesandt: 30 Pj. Inseraten. Annahmestellen: Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. MU Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstreniämter Dresden, Z Tharandt und Moritzburg. « u. s. w. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Müller in Dresden. — Dienstag, den 2ü. Juli 1897. 59. Jahrgang. Politische Weltschau Deutsches Reich. Zur gegenwärtigen Lage wird aus konservativen Kreisen geschrieben: Zu nächst ist festzuhalten, daß die herrschende Krisis durch nichts anderes als durch das Verhalten der Reichs» tagsmehrheit herbeigeführt wurde, die eine bunt gewürfelte Gesellschaft von Ultramontanen, Freisinnigen, polnischen, welfischen, dänischen, elsässischen Reichs, gegnern und Nationalliberalen darstellt. Einig waren diese feindlichen Elemente nur in einem gewissen demo kratischen Grundzuge, der sich gegen die Macht der Krone und Regierung richtet und für die Bedürfnisse der Staalsmaschine nur ein sehr unzureichendes Verständ- niß besitzt. Die Sucht, parlamentarische Kraftproben zu veranstalten und etwas Konfliktsluft wehen zu lassen, war und ist noch unverkennbar. In der Marinefrage will man der Regierung unter dem Schlagworte von „uferlosen Flottenplänen* die Hände binden, daß sie in einem weltgeschichtlichen Moment, der eine Ver- ! stärkung der deutschen Seemacht und der überseeischen Einflüsse des Reiches nöthig macht, eine falsche Spar samkeit, die sich bald als Vernachlässigung wichtiger Interessen rächen würde, übe. Die Hintertreibung der wichtigen Retchsfinanzreform behandelt man wie einen gegen den verdienten Minister v. Miquel ge richteten Parlamentssport, im Vereins, und Ver- ! sammlungsleben versagt man jede Handhabe, revolutionären Tendenzen, die den Bestand des Staates grundsätzlich negiren und daher folgerichtig auch von diesem negirt werden müssen, entgegenzutreten, den er. höhten Schutz landwirthschaftlicher Inte ressen, den die Nothlage des wichtigsten Zweiges der Bolkswirthschaft nöthig macht, verhöhnt man als agrarische Beutepolitik, für die Hebung des Mittel standes ist kein hinreichendes Entgegenkommen da und im Militärstrafprocesse opfert man der liberalen Theorie von der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit zu Liebe, die sogar in Baiern nur in geschloffenen Kasernen, räumen zur Anwendung kommt, alle militärischen Be denken auf die Eigenart und Disciplin der Armee und arbeitet, indem man die Stimme gerade der berechtigtsten Autoritäten in den Wind schlägt, fort gesetzt in ungerechter Verdächtigung des Militär- tabmettS. Ist eS da ein Wunder, daß schließlich dem Kaiser die Geduld ausgegangen ist und daß er die Kriegserklärung, die der Reichstag wiederholt selbst mit persönlicher Zuspitzung an ihn gerichtet hat, aus genommen und dem angedrohtcn Zuge nach links nun eine Wiedervereinigung der Regierung zu den Grund sätzen, nach denen schließlich allein in Preußen wie im > Reiche auf die Dauer regiert werden kann, entaeaen- gesetzt hat? Jeder Patriot könnte sich doch nur freuen, I wenn wirklich sich die Regierung einheitlicher, autorü tativer gestaltete und statt des chamäleonistischen Schillerns, das unter dem Fürsten Hohenlohe seinen Höhepunkt erreicht hat, eine entschiedenere und national ausgeprägtere Farbe annehme, bei der Katholisch nicht mehr Trumpf wäre. Dann würden ja gerade die vor handenen Schwächen beseitigt werden, soweit man sie an dem jetzigen System beklagt. Der Kaiser liebt es, auch seine politischen Aktionen in eine gewisse künst lerische Symbolik einzukleiden und die Proklamation des Schutzes des Mittelstandes und der nationalen Arbeit in allen ihren Zweigen, sowie des Kampfe- gegen den Umsturz gewinnt erst die richtige Auslegung, wenn man den Kaiser dabei an einem historischen Orte westfälischer König-treue, der an den Großen Kurfürsten erinnert, stehend (in Bielefeld) und auf die LübeSwerke eines evangelischen Geistlichen hinabblickend sich vorstellt. Eine Reihe von Personalernennungen ist seitdem erfolgt, welche diesem neuen Zug der Regierung nach Konso- lidirung entspricht, insbesondere ist die Hervorziehung des Finanzministers v. Miquel in diesem Sinne zu deuten. So ergiebt sich, daß wir vor einem interessanten Versuche stehen, der, wenn er gelänge, dem Wohle der Monarchie wesentlich dienen könnte. Jedenfalls ist unsere Meinung, daß es, schwerlich schlimmer werden kann, wie es in der letzten Periode war, sondern nur besser. Es sollten sich daher alle könig-treuen Elemente fest auf den Boden de- Versuch«» stellen und nach Kräften beitragen, daß er gelingt. Alle Verhältnisse, auch die Verhältnisse zwischen Fürst und Volk, müssen von der doppelten Gewalt der Wahrheit und Liebe zu gleich getragen sein. Wahrheit ohne Liebe ist unwahr, und wer nicht mithilft, daß es besser wird, hat kein Recht, die Schäden zu beklagen. Im konservativen Lager ist man dazu bereit, sie nach Möglichkeit heilen zu helfen und alles Große und Gute, was die Zeit in ihrem Schooße trägt, über die Stromschnellen der herrschenden Zerfahrenheit und Aufregung retten zu helfen. Eine bemerkenswerthe Rede hat Finanz. Minister vr. v. Miquel bet dem Festmahle in Solingen zur Einweihung der Rieseneisenbahnbrücke über das Wupperthal gehalten. Redner führte u. A. aus: Unser deutsches Land sei weder ein reiner In- dustrtestaat, noch ein reiner Agrarstaat. Wenn der Staat gedeihen solle, müssen Industrie, Landwirth. schäft und der solide Handel, der beide verbinden solle, da sein. Diese großen Berufsstände sind aufeinander angewiesen. Die Industrie Deutschlands sei so stark, daß der Export und der Wettbewerb nothwendig sind. Ab-r auch d-r inn-r- SbsaS müff- nicht °ng-ff-n w«rd-n. M- L°°-rw°ttung dü-i- mm ^nter,K-n vertreten Es ser der alte Ruhm der Hohen. M üb-- °-n P°rfti-N, auch üb-- den Interessen zu stehen. Dre Regierung muffe eme Durchschnittslinie festhalten, alle Kräfte müsse A ver einig?^ Die Bekämpfung d-r ernzelnen Berufsstände unter einander bedeutet, eS dahin di- -in,-In-n B-rus-Noff-" düts- ni- w-,t g-b.n, di- L-b-n«krasi dir -md-r-n K^ff-n ,u unt-rbind-n. Uns-r- Zukunft hang- ab» auch von d-r Landwtlih- schüft ab Manche Verstimmung, mancher Mrßmuth und mancher Mangel an Vertrauen werde jetzt genährt. Wir Alten aber, welche die traungen Zustände vor 1870 erlebt haben, wissen, was die Wiederernchtung des Reiches gebracht hat. ES ser erst eme kurze Spanne Zeit seit damals verflossen. Aber hrer hätte man am allerwenigsten Ursache, unzufrieden zu fern (Bravo ) Der Minister schloß mit einem Hoch aus Kaiser und Reich auf Macht und Eyre, auf Wohlstand und intellektuellen Fortschritt im Reiche. 816 öffentliche Professoren der deutschen Universitäten erlassen folgende Kundgebung: „In dem großen und schweren Kampfe, den heute die Deutschen Oesterreichs um ihre nationale Existenz und ihre berechtigte Stellung in der alten, von ihnen geschaffenen und in erster Linie durch ihre Kraft er- baltenen Habsburger Monarchie zu kämpfen gezwungen find, hat die Prager Universität, die älteste deutscher Zunge, mannhaft das Wort ergriffen, um auf ge,etz- lichem Wege die großen Gefahren zu betonen, welche ihr, der uralten Stätte deutscher Wissenschaft und dem ganzen deutschen Volksthume in Böhmen und Mähren drohen. Die unterzeichneten öffentlichen Professoren der Universitäten des Deutschen Reiches drücken den Kollegen der ehrwürdigen Schwester-Universität ihre wärmsten und lebhaftesten Sympathien zu ihrem Vor gehen au- und geben der Ueberzeugung Raum, daß Millionen nationalgefinnter Bürger deS Deutschen Reiches mit ihnen in diesen Gefühlen sich vereinigen." Ueber Preisbestimmung durch Berufs genossenschaften u. Verkaufsgenossenschaften hat sich in einer großen Ochsenfurter Bauernversamm lung vr. Heim, der selbst der Leiter einer großen Verkaufsgenoffenschaft ist, in bemerkenswerthen Aus- führungen verbreitet. Nach dem Berichte der „AugSb. Postztg." sieht vr. Heim in der berufSgenoffenschaft- lichen Organisation aller Bauern durch gesetzlichen Zwang das Endziel. „Von selbst bringen wir Millionen Köpfe nicht unter einen Hut. Auch ich bin der Ansicht, Ieuillekon. Die Wege der Vorsehung. RomM von Axel Albrecht. (Nachdruck verboten.) (29. Fortsetzung.) »Schlau, May, sehr scklau, höllisch schlau," flüsterte Aßmann, „aber gefährlich." „Wieso? Ich kann keine Gefahr darin erblicken?" „Albert kann zurückkehren und den Betrug entdecken." „Wir haben tausend Ehancen gegen eine, daß er nicht zurückkehrt," versetzte May zuversichtlich. Wa» sucht er denn hier? WaS erwartet er denn hier? Alma ist tobt. Verwandte hat er hier nicht und Arbeit findet er nicht. In Amerika geht eS ihm gut; was sollte ihn also veranlassen, nach Deutschland zurückzukehren?" „Nicht-, May, nicht»", antwortete Aßmann lang, sam und gedankenvoll. „Deutschland bietet ihm nicht» «ehr — aber wer weiß, wo- für einen Verlauf die Beschichte nehmen kann?! Die Möglichkeit ist immer- hin vorhanden, daß er zurückkommen kann und dann find wir schlimm daran." Ich sage Ihnen ja, wir haben tausend Ehancen gegen eine, daß er nicht wieder kommt", wiederholte der Andere eindringlich. „Er hat hier nicht- mehr zu sichen; außerdem ist er in Amerika geboren und wird eS jetzt ganz al- seine Heimath betrachten." „Da- hat ia Alle- sehr viel für sich, aber Ihr Plan ist und bleibt doch gefährlich, — sehr gefährlich. Ebel kann zum Beispiel an irgend Jemanden in der Stadt schreiben und auf diese Weise kommt der ganze Betrug dann heraus." „Da- ist ein Risiko, da- wir tragen müssen", antwortete May bestimmt. „UebrigenS habe ich noch nie gehört, daß er außer mit Alma noch mit anderen Leuten in Wallstadt in Korrespondenz steht." „Aber", sagte Aßmann und blickte den Anderen scharf an, al- wenn ihm ein neuer Gedanke gekommen wäre. „Ader wie sollen wir Alma daran hindern, ihm zu schreibe», »achde» wir ihm ihren angeblichen Tod mitgetheilt Hubens" Walter'» ««^»brauen zogen sich plötzlich zusam- men. Hier« harte er offenbar noch nicht gedacht, ob gleich doch diese Frage ziemlich nahe lag. „Da» wird allerdings schwer halten", sagte er endlich nach einer langen Pause, während welcher er sich vergeblich bemühte, einen geeigneten Plan zu er finden. „Doch wir müssen auch dirse Schwierigkeit auf diese oder jene Weise überwinden." „Ich sehe keine Möglichkeit dazu." „Wir müssen einen Au-weg finden und dabei bleibt e»", rief Moy energisch. „Mein Plan ist zu gut und zu schlau ersonnen, um ihn nicht au»zuführen. — Ha, ich hab'-", rief er plötzlich erfreut au». „Ebel wird nicht mehr schreiben, sobald er ihren Tod erfährt und sie wird durch sein fortwährende- Schweigen in ihrem Stolze gekränkt werden und au» diesem Grunde die Korrespondenz auch abbrechen." „Da» klingt sehr schön, May; aber die Sache ist doch zu gefährlrch." „Könnten nicht Aima'S Briefe aufgefangen — nicht befördert werden? Bringt sie ihre Briefe immer selbst zur Post?" „In der Regel. Doch ich will eS wohl über nehmen, einen oder zwei Briefe zurückzuhalten." „Gut, versuchen wir e». Wenn Sie nur einen oder zwei Monate den Briefverkehr unterbrechen können, so muß mein Plan gelingen." Al» Walter Mry diese Worte aussprach, konnte er nichte ahnen, wie wunderbare Umstände zusammen, treffen würden, um da» Gelingen seine» teuflischen Plane» zu ermöglichen. Unterdessen saß Alma oben in ihrem Zimmer und schrieb einen langen Liebesbrief nach Amerika. Die» lollte der letzte Brief sein, den Albert von ihr empfing. 30. Kapitel. Untreu oder todt? « » Wieder verstrichen einige Monate und der Winter den ätzten Wochen waren May und Aßmann bereit» eifrigst thätig gewesen, um ihren schändlichen Plan zur Ausführung zu bringen. Ais Alma eine» Sonnabend abend» au- der H°use zu gehen, begegnete ihr der alte Kubjch der ihr mit erkünsteltem Erstaunen zurief: ? Leben Sie wirklich noch? Ich denke, Sie find lange todt?" ., ontworAe Alma lachend. „Warum soll § Sie darauf?" gelesen habe."^ °"f weiß in der Zeitung „Ach, Sie scherzen ja nur!"