Volltext Seite (XML)
VßVMttw JKYkg. .IS M Erscheint: Täglich früh 7 Uht. Inserate werden ««genommen: bi» LbendS tt,Sonn tag« bi» Mittag» > 12 Uhr: Marienflraße 13. Anzeig, in dies- Blatte, da« jetzt in 1V,060 Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreiche Verbreitung. ^ 1 '1. l,S8.Vttbr.18«4. Monnement: Vierteljährlich 2VNgr. bei unentgeldlicher Lie ferung in'» Hau». Durch die Königl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Tageblatt fite Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreis«: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile S Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Eiepslft H Vlklchardt. — Verantwortlicher Redacteur: JullUS Nelchllldt» Dre-den, den 28. Oktober. — Se. Königs. Maj. hat dem Kirchschullehrer zu Marie- ney, Johann Friedrich Bräcklein, aus Anlaß seines fünfzig jährigen Amtsjubiläums, die zum Verdienstorden gehörige Me daille in Gold und dem Rathssportelkassirer und Polizeire gistrator Christian Lobegott Weigel zu Marienberg in Aner kennung seiner langjährigen treuen Dienstleistung die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Gold verliehen, sowie den » I» Suite der Armee tretenden Oberlieutenant von Cerrini di Monte Varchi, Divisionsadjutanten der 2. Infan terie-Division und zur Zeit befehligt als Adjutant im Stabe der sächsisch-hannöverschen Armeedivision in Holstein, auf sein Ansuchen der Adjutantenfunktion enthoben und diese Stelle dem derzeitigen Brigadeadjutanten der Leib-Jnfanterie-Bri- gade, Oberlieutenant v. Mensch übertragen. — Se. Kgl. H. der Prinz Gustav von Wasa ist vor gestern Abend 10 Uhr von Leipzig hier eingetroffcn und auf der Villa Se. König!. H. des Kronprinzen bei Strehlen ab getreten. — Der Stadtrath macht bekannt, daß die Zöglinge der Kinderbefserungsanstalt, so weit sie hierzu tauglich, auch ferner mit dem Sägen und Spalten Weichen Holzes beschäftigt werden sollen; dagegen wird das Abfahren des gekleinten Holzes (mit dem allerdings manche Unzuträglichkeiten ver bunden waren) von jetzt an nicht mehr durch jene Knaben stattfinden Der Stadtrath hat deshalb mit der Direktion des I. (rothen) Dienstmann-Jnstituts eine Vereinigung dahin ge troffen, daß sie für ihre Rechnung das Scheitholz an die Kinderbesserungs-Anstalt liefert,-dort kleinen und dann durch Dienstmänner weiter vertreiben läßt und veröffentlicht diese Einrichtung mit dem. Wunsche, daß das gemeinnützige Unter nehmen der Herren Geucke und Hemze, welche das volle Ver trauen des Publikums bereits gewonnen haben, durch dasselbe unterstützt werden möge. , . — 8. Recht gelungen war die am Dienstag von den Schülern des hiesigen (Pudor'schen) Conservatoriums veran staltete theatralische Aufführung, die uns den erfreulichen Be weis lieferte, welch schätzenswerthe junge Talente dieses In stitut in seinen Zöglingen besitzt. Man gab Scenen aus dem „Nachtlager von Granada", worin Frl. Ludwig und Herr Hesse in den Partieen der Gabriele und des Jägers eine recht wackere Gesangsbildung bekundeten. Ganz allerliebst war die Aufführung eines hierauf folgenden nach dem Fran zösischen von Heine bearbeiteten Lustspiels: „Der Unschuldige muß viel leiden", das höchst exact von Statten ging: — Concert. Mittwoch am 26. Oktober begann der Cyclus von Abonnements-Concerten, welche die Kgl. Sächs. musikalische Kapelle jede Wintersaison für die besonder« Ver ehrer der Orchester-Musik im Saale des Hotel cls 8«xs zu veranstalten pflegt. Gleich das erste Concert unter Direktion des Herrn Hofkapellmeisters vr. Rietz machte einen würdigen Eindruck. Vorgetragen wurde Beethovens 3. Symphonie, die Eroica und Cherubini's herrliche Ouvertüre zu der 1803 in .Paris gegebenen, aber seitdem in Vergessenheit gekommenen Oper „Anacrron", sodann noch eine Neuigkeit, eine Suite (Nr. 2 L-mvIl) von Franz Lachner. Es ist sehr interessant, von einem in den Grundsätzen der Tonkunst wohlunterrichte ten Musiker, wie der Hofkapellmeister Franz Lachner in Mün chen ist, abermals ein Orchesterwerk im Genre der Suite kennen zu lernen. Die Suite geht der geschichtlichen Ent wickelung der Symphonie voran und ist, was die innere ein heitliche Zusammengehörigkeit der Hauptgedanken anbelangt, nicht mit der reicher ausgeprägten Symphoniengestalt auf gleich hohe Stufe zu setzen. Von der Introduktion dieser Suite, an welche sich eine einfache Fuge im freien Stile qnschließt, bis zum Schlußsätze, den eine Gigue bildet, haben wir indessen wohlgebaute Musikstücke mit sehr anerkennenswerther Technik vor uns, die von großem Fleiße und Talent zeugen und die von jedem mordernen Humbug fern sind. Für einen um fassenden Ausdruck poetischer Bilder eignet sich freilich die in eng begrenzte kleinere Stücke zerfallende Gattung der Suiten nicht. Armin Früh. — ffIn der gestrigen geheimen Sitzung des Königlichen Bezirksgerichts wurde die Agnes Nolle von der Anklage der KindestödtuNg beschränkt sreigesprochen und wegen Ver heimlichung der Geburt mit 2 Monaten Gefängniß bestraft, wovon 1 Monat durch die Untersuchungshaft als verbüßt zu «achten ist. — Gestern hat man bei der Hof- und Sophienkirche eine Umzäumung errichtet, um die längst projectirte und er wünschte äußere Restauration dieser Kirche zu beginnen. — Vor einigen Tagen kam der Besitzer ttnes Hauses auf der Pirnaischcnstraße eben dazu, als ein ihm unbekannter junger Bursche das Vvrhaus der, an einen Viktualienhändler vermietheten dritten Etage seines Hauses mittelst eines Nach- schüfsels zu öffnen versuchte. Natürlich hielt er den Burschen sofort fest und wendete durch sein zufälliges Eintreten am Orte des beabsichtigten Diebstahls die seinem Abmiether droh ende Gefahr für sein Eigenthum ab. Der junge Mensch ist, wie sich alsbald herausgestellt) Lehrling bei einem in dortiger Nähe wohnhaften Schlosser. Er hatte sich zur Ausführung seiner diebischen Absicht Mit dem gesammten Sperrzeug aus gerüstet, welches zum Orffnen der Schlösser erforderlich ist. — — Am 20. d. M. hatte der Bergarbeiter Weck in der Forbig'schen Schenkwirthschaft in Niederhaslau 20 Thaler Lotteriegewinn ausgezahlt erhalten. In der 11. Stunde Abends ging derselbe wegen eines Bedürfnisses heraus vor die Thüre. Hier wurde Derselbe von drei Mannspersonen mit den Worten: „das ist der verdammte Hund, der das Geld hat, nehmt's ihm ab" gepackt, auf die Straße nieder geworfen und der 20 Thlr. beraubt. Wegen dringenden Verdachts, diese That begangen zu haben, wurde Tags darauf der Bergarbeiter Seifert. aus Neustädt«! vom Gendarmen Ullmann verhaftet und an das Hartensteiner Justizamt ein geliefert. — Auf dem Fischhofplatz sollte vor mehreren Tagen ein hiesiger Bauunternehmer wegen einer Wechselschuld verhaftet werden. Er setzte aber den mit der Verhaftung beauftragten Gcrichtsbeamten einen so entschiedenen Widerstand entgegen, daß denselben endlich nichts übrig bljeb, als zu ihrer Hülfe und Unterstützung die Polizei zu requiriren. — — Ein gemüthlicher, untersetzter hiesiger Particulier ge dachte dieser Tage seiner Frau einmal das Vergnügen zu machen, „Aal blau" zu essen. Er ging deshalb an jene stelle auf dem Markte, wo die Elbhechte und die Aale und die Moritzburger Karpfen unter dem Messer der schlachtlustigen JischbändleriMen, abfterbest,,Mffen. So hatte auch unser wohlbeleibter Mitbürger sich einen Aal erhandelt und die Fischhändlerin hatte ihm (dem Aale nämlich) einen Gnaden stoß auf den .Schädel gegeben, damit das schlüpfrige Thier nicht mehr zappele. Der Dicke nahm fernen Aal unter den Arm und trollte seiner Wege, blieb aber, da gerade Jahr markt war, eine geraume Zeit bei jenen berühmten Mordge- " schichten stehen, welche in Gesang und Bild der gaffenden Menge zu Gemüthe geführt werden. Noch tiefergriffen von diesen schrecklichen Schilderungen trollte er nach seiner Wohnung und überreichte schmunzelnd seiner Gattin den Fisch. Aber o Weh! Eine diebische Hand hatte von dem Aal die Hintere Hälfte abgeschnitten als der Dicke im Gedränge stand. Sinnend stand unser Mitbürger vor der Halste seines Aales und lange konnte auch die Ehehälfte nicht über die ver schwundene Hälfte des kaltblütigen Wasserhelden sich zufrieden geben. — Großes Aussehen machj» Hestern die Ankunft des Fräulein Patti in Bodenbach; "als es dort bei Untersuchung des Reisegepäcks bekannt würde, daß die berühmte Sängerin sich im Coupe befinde. Nur mit Mühe konnten die Beamten das immer mehr anwachscnde Publikum zurückhalten. Die ffier Concerte, welche in Prag gegeben wurden, sollen sämmt- lich fast überfüllt und der Beifall großartig gewesen sein. — ff In der neulich stattgehabten Hauptverhandlung gegen den Hausschlächtrr Freund, der wegen Todtschlags seiner Frau zu 12 Jahr Zuchthaus verurtheilt wurde, ist nach träglich zu berichtigen, daß der im Referat erwähnte, betref fende Fleischergeselle nicht Fleisch, sondern nur Därme an die Frau verkauft und sich deshalb nur zu ihr bemüht hat, um einen Rückstand von einigen Groschen einzuziehen. — ff Pluto, der Fürst der Unterwelt, der den Eingang zu seiner ungefährlichen Hölle auf den Postplatz verlegt hat, ist ein so gutmüthiger Teufel, daß man sich noch wundern muß, wie er so wahrhaft erschrecklich mit dem Feuer und sei nen glühenden Zangen umgeht. Der „arme Teufel", wie er sich selbst nennt, beißt und zwickt und brennt Niemanden mit glühenden Eisen, als wie nur sich selbst und wenn er seine Zähne dazu gebraucht, mit Resignation einen feurigen Haken abzuzwicken, so thut er es eben nur darum, uin außerhalb seiner Hölle etwas für die Zähne überhaupt zu beißen zu haben. Allerdings ist es nicht „Schwindel", wenn er ankün digt, er beiße glühende Stangen entzwei, er lecke mit der Zunge an glühenden Haken, daß es „zischt", er bestreiche sich Beine und Arme und kämme die Haare mit einer glühenden Kohlenschippe, ohne sich zu verbrennen, nein, er tritt noch auf glühende Eisenplatten und bearbeitet sie mit seinen bloßen Füßen, daß die Funken herumfliegen So würde es der wirkliche Teufel nicht einmal fertig bringen. Es läßt sich denken, daß Pluto, der im Gesicht schwarz Gebrannte, wo er sich nur in seinem untcrweltlichcn Kostüm zeigt, mit Hurrah empfangen wird und jede seiner teuflisch-feurigen Productioncn wird mit Bravo begrüßt. Um sich von des Tages Last und Hitze zu erholen, trinkt er anstatt „Bairisch" nach höllischer Manier „siedendes Oel" und seine Füße wäscht er nicht in der Elbe, sondern in dem glühenden Feuer von Holzkohle« in einem Riesenkefsel. Sehenswerth ist die Sache gewiß, die Ra rität, die billigen Preise und das Originelle können zu einem kurzen Besuche in des Fürsten der Unterwelt glühenden) Pa last einladen. . i . . .' U S — Dem Vernehmen nach trifft nächster Tage einer der gewandetsten Eskamoteure', Namens Böning, direct aus Paris hier ein, um uns im Gewandhause mit seinen moder nen Zaubereien zu amüsiren. — Der in Leipzig tagende „Deutsche Arbeiterverein" hielt am 24. Oktober eine zweite Sitzung. Die Debatten drehten sich um Consum und Productionsvereine. Die Ver sammlung beschloß den Schluß der Debatte, obwohl der Las- sallianer Fritzsche noch zum Worte eingeschrieben war, d. lh. die Versammlung wollte ihn nicht hören. Darauf Protest Fritzsche's, Austrittserklärungen desselben, Tumult auf der Tri büne, Suspension der Sitzung und Räumung der Tribüne.' Nach wiederhergestellter Ruhe nahm die Versammlung mit Majorität folgende vom Berichterstatter formulirte Anträge an: 3) für Consumvereine: Der Vereinstag erklärt: 1) daß.in Betreff derselben weder dem Marken noch dem Ladensystem ein bestimmter Vorzug gegeben werden könne, sondern daß die örtlichen Verhältnisse über das eine oder andere, oder über eine Combination beider Systeme entscheiden müssen; 2) daß die Vereinigung der zu einem Orte oder einer Pro vinz befindlichen Consumvereine zu gemeinschaftlichem Einkaufs zur Besprechung gemeinsamer Angelegenheiten und zur Er zielung gemeinschaftlicher Maßnahmen wünschenswerh. b) für Productivgenoffenschaften: In Erwägung, daß 1) Pro- ductivgenoffenschaften ein vorzügliches Mittel sind, Arbeiter zur Unabhängigkeit emporzubringen; 2) daß jedoch dieselben sich nicht für alle Berufszwelge eignen und nur unter der Voraussetzung gemeinschaftlicher geschäftlicher Erfahrungen und hoher sittlicher Eigenschaften ausführbar sind; 3) daß endlich der Uebergang zur Productivgcnossenschaft für viele Berufszweige, die gemeinschaftliche Benutzung von Maschinen und Triebkräften als am leichtesten durchführbar sehr zu em pfehlen ist; erklärt der zweite Vereinstag: die Bildung von Markenvereinen und Productibgenossensiyaften ist, wo es die örtlichen finanziellen und persönlichen Verhältnisse gestatten, den Arbeitern anzuempfehlen, die gemachten Erfahrungen sind dem Ausschüsse des Vereinstages ausführlich und regelmäßig mitzutheilen und durch denselben allen Vereinen zugänglich zu machen. — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordne ten vom 26. Oktober. — Der traurige Zustand der Ma schinenhausstraße hat den Stadtrath zu dem Beschlüsse ver anlaßt, dieselbe chauffecmäßig Herstellen zu lassen. Die Kosten belaufen sich auf über 1100 Thlr., welche zu verschiedenen Theilen von den Adjacentcn, der Fleischhauennnung und der Stadtgcmcinde getragen werden sollen. Seiten der Stadtver ordneten wird vorher die Verfassungsdeputation unter Zu ziehung der Finanzdcputation prüfen. — Stadtverordneter Gregor hat bekanntlich in einer früheren Sitzung einen An trag gestellt, dahin gehend, daß die Parochialgemeindevcrtreter zu den Gastpredigten defignirter Geistlichen zugezogen werden mögen. Diesen Antrag hat die Verfassungsdeputation ge prüft, und sie schlägt vor, daß der Stabtrath, dem Anträge entsprechend, ersucht werden möge, Probepredigten vorher dem Collegium anzuzeigen. Stadtverordneter Krenkel meint, man müsse noch weiter gehen, er beantrage daher, die Verfassungsdepu- tation möge prüfen, ob nicht bei Besetzungen von kirchliche» Aemtern die Deputation für Kirche und kirchliche Angelegen heiten der Stadtverordneten zur Berathung hinzuzuziehen sei. Referent (Stadtverordneter Anger II.) ineint, der Antrag greife in das Collaturrecht des Stadtrathes sin. Stadtver ordneter Gregor heißt den Antrag willkommen und führt an, daß Man in geistlichen Sachen überhaupt die Stadtverordne ten nicht gern höre. Stellvertreter Walther ist gegen den An trag, weil sich das Collegium nicht in Rechte des StadtrathA mischen solle. Stadtverordneter Hartwig hält den Antrag für verfrüht, so lange nicht von« Stadtrathe Näheres über di» Spezialvertretung in kirchlichen Angelegenheiten im Allgemei nen mitgethcilt worden sei. Schließlich wird der Antrag mit großer Majorität abgclehnt, das Deputationsgutachtrn ge nehmigt. — Es erfolgen nun die Stadtrathswahlen, von denen heute zwei vorgencmincn werden. Der erste Wahlgang war ohne Erfolg. Bei 58 Abstimmcnden war eine absolute Majorität von 30 nvthwcndig. Herr Stadtrath Kistner er hielt aber nur 27 Stimmen, Herr Kaufmann Herrmann Schmidt L«n 25 Stimmen, die übrigen Stimmen zersplitter ten sich- Im zweiten Wahlgange wurde Herr Kaufmann Herrmann Schmidt mit 3l Stimmen gewählt; Herr Stadt rath Kistner hatte 26 Stimmen. Als zweiter Stadtrath auf Zeit wird bei 60 Abstimmenden Herr Stadtverordneter Nüsse gleich im ersten Wahlgange mit 44 Stimmen gewählt, 13