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MKdnOrÄWbktt Montag, den 19. August 1929 Nr. 192 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt* Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nassen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Sa» Wilsdruffer Tageblatt' erschein: an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in dec Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2RM. irn Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM.» bei Postbestellung 2Nocl>enblatt für Wiisdruss u. klmgeaend Postbotenunduni>re-LuL. irSoerund Gejchöstsneste» - nehmen zu jeder Zeil B-. stelluugen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Lern Anspruch auf Lieferung Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingefandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 »»WSSWLLMSMLL-WSMMMWLWWWSMMM für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20 Apfg., die 4 gespaltene Feile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich»- M Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfenuige. Vvr- 8 gefchrrebc^eErfcheinungS'' „ tage und Platzvorschriften -lerdcn nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige«- annabmcbis r orm.lOUHr. ——— — ' Für die Richtigkeit der durch FcrnrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Ieder Rabatlanspr. ch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muff oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. » Fördert die Ortspreffe » Droht ein neuer Weltkrieg? Das Interesse für Ostasien hatte bei uns in Deutsch- land nach dem Kriege erheblich nachgelassen. Der Grund dürfte in erster Linie darin zu suchen sein, daß wir allein mit uns genug zu tun hatten. Wenn jetzt die Aufmerksam keit wieder mehr in der breiten Öffentlichkeit erwacht ist, so ist es im wesentlichen mit der Z e p p e l i nf a h r 1 nach Tokiozu verdanken. Daß der Zeppelin auf seiner Welt rundfahrt nach Friedrichshafen gerade Tokio sich aus gesucht hat, zeugt schon davon, wie rege sich der Blick auf Japan und damit auf Ostasten hinlenkt. Auch die ver schiedenen Flugzeugunternehmungen anderer Länder und nicht zum wenigsten eine der letzten Fahrten Hünefelds beweisen, daß mit der beginnenden Konsolidierung der Welt die Verbindung des Fernen Ostens mit Europa über all als Notwendigkeit erachtet wird. Die deutsche Fest setzung in Kiautschau nach Beendigung des Boxerauf standes in China zeigt zur Genüge, welchen Wert Deutsch land früher darauf legte, daß ihm der Platz an der Sonne im Osten nicht genommen werden konnte. Unsere da malige Stellung im Osten ist leider durch den Krieg ver lorengegangen. Wie seinerzeit in Europa der Balkan, so hat sich jetzt China gewissermaßen zu einem Pulverfaß, diesmal aber für die ganze Welt, entwickelt. Welche gegenseitigen Inter essen da aufeinander einwirken, davon spricht der russisch- chine fische Konflikt, der sich bereits zu offenen Feindseligkeiten ausgewachsen hat. Wer diese zuerst be gonnen hat, darüber streiten beide Teile wie gewöhnlich. Nach einem halbamtlichen russischen Bericht sind die Chinesen zuerst in Sibirien eingefallen. Ein halbamt licher Schanghaibericht dagegen behauptet, daß die Russen m chinesisches Gebiet eingedrungen sind. China hat durch seinen Washingtoner Gesandten darüber Beschwerde bei den Unterzeichnern des Kellogg-Paktes erheben lassen, r werden wird, läßt sich zurzeit noch nicht über- m alle Fälle scheint sich China sichern zu wollen, uns Anordnung der Nankingregierung hat der Besehls- Mandschurei, der Sohn Tschangtsolins, Truppcnmassen an die sibirische Grenze werfen werden """ andauernd kleinere Kämpfe gemeldet den ^ieüia^n" 'm die. Dinge tiefer hinein, so sieht man in aeü wtzwen Vorgängen Auswirkungen des alten ^"-"^^ten Gegensatzes, der ja schon emmal zu einem gewaltigen Kriege führte und den die beucu letzt unter Voraussetzung der Ohnmacht Chinas auf dessen Rucken moglicherrrwjse ausfechten wollen. China mußte e^ sich gefallen lassen, daß die beiden Mächte über " d s i und besonders über die dortigen mm Ermessen verfügten. Rußland E ,^"^.daß ,hm der Zugang nach Wladiwostok nöww dö Olean abgeschnittcn wird. Japan Amfteu dV^ ebenso wie in K o r c a ständig wachsenden Einwohnerzahl^ - aebiei beansprucht. Durch Ln drei ettigen wurde seinerzeit das Verhältnis Rußlands, Japans und Chinas an der mandschurischen Babu aereaelt „ r Konflikt L darw seine direkte Ursache, daß China au, einmal den Russen die ostchinesische Zahn abnahm. China hat damit allerdings vertrags widrig gehandelt Aber es gibt als Grund an, daß Ruß- Stellung zur Verbreitung kommu nistischer Ideen in Chma benutzte. Wenn die Nankinq- reglerung sich zu einem solchen Schritte entschließen konnte, so zeigt das, daß sie sich inzwischen schon so gefestigt glaubt, um wagen zu können, mit einem Gegner wie Rußland anzubinden. Im geheimen haben die Chinesen wohl die Hoffnung, falls die Sache doch schiefgchcn sollte, würde Japan für sie das Schlimmste abwenden. Das chinesische Vorgehen hat aber noch einen anderen Grund. Seit Sunjatsens Wirksamkeit nnd seitdem feine politische Richtung, der Kuomintang, in China das herr schende Prinzip wurde, hat sich auch der chinesische Natio nalismus mächtig entwickelt, dessen Devise ist: „China den Chinesen". Man will China wieder im eigenen Lande selbständig machen. Deshalb laufen ja nebenher die Ver handlungen mit anderen Mächten über die Aufhebung der Kapitulationen und besonders der Konsular- gerichtsbarkeit Deutschland hat nn Versailler Friedens- Verträge schon darauf verzichtet. Es ist dabei nicht schlecht gefahren; der Verzicht hat uns das Vertrauen Chinas eingebracht. Wir haben deshalb keinen Grund, dem chine sischen Streben nach Selbständigkeit im eigenen Lande Steine in den Weg zu werfen. Ob der augenblickliche russisch-chinesische Konflikt sich weiter ansbreiteu wird, ist zweifelhaft. In China laufen vielzuwel fremde Inter essen zusammen. Neben Japan haben auch England und die Vereinigten Staaten von Amerika ein Interesse daran, den bestehenden Zustand möglichst wenig zu stören. Niemand will zurzeit das dortige Pulverfaß auffliegcu lassen, was zu cmem neuen großen Weltkriege führen könnte. Wir allerd'.ngs hatten daber einstweilen die nicht ungünstige Position, Gewehr bei ^us stehen zu können. Auf jeden Fall m"ssen wir aber den Verlauf der Dinge in Ostasien offenen Auges verfolgen. „Gras Melia" ia Tokio glatt gelandet Tokio in Erwartung. Die Weltfahrt des „Graf Zeppelin". Sonntag hatte das Luftschiff „Gras Zeppelin" nach einem in Friedrichshafen eingcgangenen Funkspruch um 7 Uhr früh mitteleuropäischer Zeit Port Ajan an der Südwestküste des Ochotskischen Meeres erreicht. An Bord war alles klar. Port Ajan liegt in der Luftlinie "etwa 2300 Kilometer von Tokio entfernt. Das Luftschiff über- flog um 6.40 Uhr früh die Stadt Jakutfk in Richtung aus Ochotsk an der Mündung der Ochota. Man rechnet in Tokio damit, daß das Luftschiff am Montag um 6 Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit (2 Uhr nachmittags Tokioter Zeit) in Tokio eintrefsen werde. Um 1 Uhr früh in der Nacht auf Sonntag befand sich das Luftschiff nach einem anderen Funkspruch 150 Kilometer südöstlich von Jakutsk. Die Funkstation Irkutsk drahtete in der Nacht vor Sonntag nach Moskau, daß das Luftschiff „Graf Zeppe lin" um 16 Uhr Moskauer Zeit die Lena nördlich der Mündung des Nebenflusses Witim überflogen habe. Trotz des über dem Aldangebirge herrschenden Regenwetters habe das Luftschiff gute Fahrt. Die Funkstationen Tschita und Chabarowsk hatten den ständigen Wetterdienst für das Luftschiff über nommen. Im Funkverkehr mit dem Luftschiff stellte Tschita fest, daß dieses auch mit japanischen Funkstationen Verbindung habe. Hamburg, 19. August. Die Hamburg-Amerika-Lime teilt mit: Für die bevorstehende Landung des „Graf Zeppelin" in Tokio sind alle erforderlichen Vorbereitungen getroffen, insbeson dere sämtliche Landungssormalitäten eingeleitet. Die Passagiere werden bei ihrer Ankunft von Herren der dortigen Vertretung der Hamburg-Amerika-Linie, der Firma C. Illies öe Co. erwaret, die sie während ihres Aufenthaltes in der japanischen Hauptstadt betreuen. Das Luftschiff, das neben der deutschen Handelsflagge die Hapag-Flagge führt, befördert auf seiner Weltreise außer den Passagieren nur Post. Ueber dem Sachalin-Golf Tokio, 18. August. Das Luftschiff befand sich um die Mit tagszeit über dem Sachalin-Golf, nachdem es in prachtvoller Fahrt Sibirien durchquerte und Sonntag morgen gegen 7 Uhr nach Ueberfliegung des bis auf den heutigen Tag zum größten Teil noch unerforschten Stanowoi-Gebirges Port Ayan erreicht hatte. Das Schiff wird jetzt die Meerenge zwischen dem Festland und der Insel Sachalin überfliegen, um in den Tatarischen Golf und von dort aus in das japanische Meer zu gelangen. Die Be geisterung in Tokio wächst von Stunde zu Stunde. Die russisch-japanische Grenze überflogen Tokio, 18. August. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" teilte um 8.10 Uhr abends Tokioter Zeit (12.10 Uhr mittags m. e. Z.) durch Funkspruch den folgenden Standort mit: 48 Grad nördli cher Breite westlich von Sachalin. Daraus geht hervor, daß das Luftschiff die russisch-japanische Grenze von Tatarensund über flogen hat und den Südkurs beibehält. Tokio, 18. August. Nach den hier vorliegenden Meldun gen über die rasche Annäherung des „Graf Zeppelin" nehmen die Sachverständigen der Regierung an, daß das Luftschiff, dem 140. Längengrad nach Süden folgend, Montag 6 Uhr früh mit teleuropäischer Zeit auf dem Flugplatz Kasumigaura bei Tokio eintreffen werde. Dort wurden heute nachmittag unter dem per sönlichen Befehl des Flughafenkommandanten, Kontreadmirals Edahara, die Landungsmanöver geprobt. Das Marineministerium hat die Kriegsschiffe in den nordjapanischen Gewässern angewie sen, sich bereit zu halten und sofort auszulaufen, wenn der „Graf Zeppelin" es verlange. Ueber Tokio Neuvork, 19. August. Wie aus Tokio gemeldet wird, ist das Luftschiff „Gras Zeppelin" kurz vor 9 Uhr mitteleuropäischer Zeit über Tokio eingetrofsen. Die Landung Tokio, 19. August. Das Lustschiss ist 20 Minuten nach seinem Eintresjen aus dem Flughasen Kasimugaura glatt gelan det. Die japanischen Mannschaften leisteten dem Luftschiff unter Leitung des Flughafenleiters Hilse. Die Begeisterung war über aus groß. Selbst aus entfernteren Orten waren die Menschen herbeigeströmt, darunter zahlreiche Arbeiter und Bauern. Die Deutsche Kolonie in Tokio war vollzählig versammelt, ebenso die Behörden. Die Mannschaften des Luftschiffes wurden nach japa nischer Sitte mit gerösteten Kastanien bewirtet. Im Laufe des heutigen Montag nachmittag wird Dr. Eckener vom Kaiser von Japan empfangen werden. Tokio. „Gras Zeppelin" ist 18.40 Uhr japanischer (10.40 Uhr mitteleuropäischer Zeit) vor dem Luftschisshafen Kasimugaura glatt gelandet. Die Landung hatte sich insolge ungünstiger Winde um rund eine Stunde verzögert, so daß „Gras Zeppelin" vor sei ner Landung rund 1>L Stunden über dem Luftschisfhascn zu kreu zen gezwungen war, ehe er endgültig festgemacht werden konnte. Sein erstes Landungsmanöver, das zu dem Gerücht Veranlassung gab, er sei bereits gelandet, war mißglückt. Krieg ohne Kriegserklärung? Der russisch-chinesische Streit. Aus Muk den melden die Chinesen amtlich, daß 10 000 Manu Sowjettruppen mit Maschinengewehren und 30 Feldgeschützen das Grenzgebiet von Mandschuli über schritten haben. Die drahtlose Verbindung mit Man dschuli sei nicht unterbrochen. Dagegen wird aus Mos kau telegraphiert, cs würden andauernd Überfälle aus Sowjetgrenzposten und friedliche Bevölkerung durch Weiß gardisten und chinesische Banden gemacht. Die Überfälle hätten insbesondere in den letzten Tagen einen heraus fordernden Charakter angenommen. Chinesische Mel dungen, daß die Initiative der Angriffe angeblich von Sowjetseite ausgehe, werden als böswillige Erfindung bezeichnet, die eine Maskierung der chinesischen Überfälle bezweckten. Eine Truppenabteilung, bestehend aus Chi nesen und Weißgardisten, hätte die Sowjetgrenze bei dem Dorfe Poltawskaja überschritten und den Sowjetgrenz posten mit Maschinengewehren beschossen. Die Sowjet truppen hätten den Angriff abgeschlagen. Sie Vmvimsg im Hass Snowden bleibt unerbittlich Der englische Schatzkanzler Snowden gab vor der eng lischen und amerikanischen Presse Erklärungen über den Gang der Besprechungen zwischen England und den vier Mächten Frankreich, Italien, Belgien und Japan ab. Er teilte mit, daß er die unterbreiteten Gegenvorschläge der vier Mächte als „völlig unbefriedigend" angesehen und als vage bezeichnet habe. Er habe dem belgischen Dele gierten Jaspar geantwortet, wenn dies das letzte Wort sei, dann sei ei» weitere Fortführung der Verhandlung unmöglich, da diese Vorschläge nach englischer Auffassung lächerlich und unangemessen seien. Jaspar habe daraus erwidert, daß diese Vorschläge nicht das letzte Wort der vier Mächte darstelltcn und daß man bereit wäre, die Ver handlungen auf der Basis der britischen Antwort fortzu führen. Snowden sagte: „DasPrestigeEnglands stebt auf dem Spiel. Wir versuchen, Englands Rechte in der Weltpolitik gebührend wiederherzustellcn. Bisher waren wir so schwach, daß diese Stellung er schüttert war. Die Zeit wird aber kommen, in der Groß britannien wieder den Platz in der Welt cinnchmen wird, der ihm zukommt. Hierauf hat man bisher weniger Wert gelegt. Schließlich können aber wir Engländer uns wieder erheben und uns nicht unseres Landes schämen." In der englischen Presse wird darauf hingewiesen, es sei falsch, daß die Zugeständnisse der vier Mächte 80 Prozent der englischen Forderungen erfüllten. Die Zu geständnisse belaufen sich auf höchstens 20 Prozent und be deuten keine Konzessionen oder Opfer der vier Mächte. Unwahr ist die Unterstellung, daß sich Snowden unnahbar gezeigt und es abgelehnt habe, vernünftige Vorschläge an- zuhören. Es würde nach seiner Ansicht geradezu ver brecherisch sein, die Verhandlungen zu beendigen, solange noch irgendwelche Hoffnung auf Erzielung eines brauch baren Ergebnisses hesteht. Inzwischen gehen im Haag die persönlichen Besprechungen der Konferenzmitglieder, auch der deutschen, untereinander fort. Warum Vertagungen im Haag? Die Bekanntgabe der Räumungstermine verschoben. Der Vorrang der außenpolitischen Interessen vor den innen politischen war in der Vorkriegszeit ein fest stehendes Postulat jeder Staatspolitik. Der Weltkrieg und die politischen Umstellungen haben hierin einen Wandel eintreten lassen. Die Rücksichtnahme auf den Eindruck, den eine außenpolitische Maßnahme im eigenen Lande aus Stimmung und Meinung der Parteien haben kann, hat immer mehr bei den Entschließungen der Staatsmänner an Einfluß gewonnen Sollte die Haager Konferenz über kurz oder lang einer Vertagung, wie man zu wissen glaubt, nach Genf anhcimfallen, so ist das sicherlich zum großen Teil auf diese Abhängigkeit der Außenpolitik von parteipolitischen Erwägungen zurückzuführen. Die beiden Gegner in dem Streit, der eventuell zu einer Vertagung führen kann. Snowden und Briand, sind sich beide anscheinend ihrer Sache noch nicht ganz sicher und würden es gern sehen, wenn sie Zeit gewinnen könnten, um erst zu Hause noch einmal Stimmung und Anschauung dee Parteifreunde und Parteigegncr kennenzulerncn. Da- englische Arbeiterkabinett sitzt noch nicht fest genug iu Sattel, um obne weiteres die Opposition vor den Kov