Volltext Seite (XML)
VoigÜiinWtr AlUigtt. Amtsblatt für das Köniaiicke Beürfsgericht rn Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu ' " Plauen, Pansa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Zweinn^stfkeilzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. «I W. M.i t«I Dienstag. Diese- Blau erscheint wöckentlich dreimal, und zwar Dienstag-, Donnerstag« und sonnabends. Jährlicher Abonnement-Preis, welcher zu entricht« ist auch vci Beriebuna durch die Post, 1 Tblr. 10 Ngr. — Annoncen, die brS Vormittag« 11 Uhr eingehen, werden in die Tag« darauf erscheinende Nummer aufgenomm«, sväter einacbende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Lorpus-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Mr die auswärtiaen könial ^GettcktsLmtcr und Stadträthe, für welche der Voiatländlsche Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Leh- yur die auswartMN «omg^G^ ^rrn L. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Lhauffeegelder-Einnehmer Holzmüller. Die Weltlage hat sich seit wenigen Wochen sehr bedeutend, und zwar ent schieden zu Gunsten friedlicher Aussichten, zum Nachtheil Frankreichs und seiner Uebermacht, geändert. Diese Uebermacht stand vor kurzer Zeit auf einem ihrer Gipfelpunkte. Durch die Besetzung Syriens hatte Napoleon einen glänzenden Sieg errungen. England zitterte vor den Folgen dieser Expedition, denn diese machte Frankreich zum Herren in der morgenländischen Frage, zum Haupterben der Verlaffenschaft des todtkranken Mannes, zum gefährlichen Nachbar Egyptens, zum immer weiter um sich greifenden Nebenbuhler im Beherrschen des Mittel meeres, zumal Rußland ihm ganz besreundet war. England mußte die Expe dition nach Syrien zugeben, es hatte, außer Frankreich, keinen Bundesgenossen, ja es hätte die Verlängerung des Aufenthaltes der Rothhosen in Syrien zum dritten Male geschehen lassen muffen, wenn nicht die Warschauer Osterereigniffe dazwischen gekommen wären. Diese machten Rußland stutzig und entfremdeten es bis heute Frankreich. Mögen sich die französischen Diplomaten in Peters burg noch so viele Mühe geben, das Vertrauen auf Frankreich wieder herzu stellen, es wird ihnen dieß kaum oder doch erst später wieder gelingen ; vorläufig sind Frankreich und Rußland auseinander. Auch in Italien brauchte England keinen Krieg zu fürchten., denn die Italiener haben vollauf mit sich selbst zu thun, und so sammelte es denn eine ungeheure Flotte und ein Heer in Malta und auf den jonischen Inseln und drohte, wenn die Franzosen Syrien nicht räumen wollten, Saint Jean d'Acre zu besetzen, was eine Handlung offenbarer Feindseligkeit gegen Frankreich gewesen wäre. Dazu kam noch, daß Oesterreich in die Reihe der constitutionellen Staaten trat, dadurch sich sichtbar kräftigte und ein Ersatz für die lästige französische Bundesgenossenschaft den Engländern zu werden versprach. Mit einem concordatlichen Oesterreich war freilich kein Bund zu flechten, anders ist es mit einem verfassungsmäßigen. Nun sah der Fran zosenkaiser die Gefahr. Räumte er Syrien nicht, so war der Bruch mit Eng land fertig, und kein anderer Großstaat leistete ihm Ersatz für diese Bundes- genosienschaft, namentlich nicht das stutzig gewordene Rußland. Was war zu thun? Italien war nicht im Stande, angriffsweise zu verfahren und zu helfen, die Revolution in Polen niedergetreten, in Ungarn entmuthigt, Frankreich allein und in Gefahr, es in einem Kriege mit halb Europa aufnehmen zu müssen. Da wählte Napoleon das kleinere Uebel und zog seine Nothhosen aus Syrien zurück Dieser Rückzug ist aber ein Rückzug auf der ganzen Linie; England wendet sich zusehends von Frankreich ab und Oesterreich zu, und die Räumung Syriens durch die Franzosen ist die erste Frucht dieser Annäherung, denn Eng land hätte diese Räumung nicht erzwingen können, wenn es nicht von Oester reich die Versicherung erhalten hätte, nichts gegen Italien unternehmen zu wollen. Die Partie steht demnach gegenwärtig nicht eben günstig für Frankreich, es ist vereinzelt. A e i t « » g e «. Sachsen. Der evangelisch-lutherische MisfionSverein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Christenthum evangelisch-lutherischen Bekenntnisses unter den Heiden, namentlich in Ostindien z« verbreiten, hat am 22. Mai seine Jahresfeier in Leipzig gehalten. Seine Einnahme betrug im vorigen Sahre 40,598 Thlr., darunter rund 8000 Thlr. aus Sachfen. Die Ergebnisse -!?/*/-?Hätigkeit sind: In 178 ostindischen Ortschaften sind im vorigen Jahre 574 Seeten dem evang.-luth. Ehriftenthum gewonnen worden. Dieß wäre nun immerhin eine genügende Zahl ; allein erstlich vertheilen sie sich auf 178 Orte, so daß auf den Ort etwa drei kommen, und zweitens sind davon nur 185 aus dem Heidenthum übergetreten, die übrigen theils getaufte Christenkinder, theils zurückgekehrte Abgefallene, theils aus andern Kirchengemeinschaften Ueber- gcgangene. Der Missionsdirector deutete dabei an, daß hierbei noch viel Un kraut mit Weizen gemengt, noch viel heidnischer Unrath vorhanden sei. Erwägt man nun, daß die Gesammtzahl der ostindischen evangelischen Christen «ach so langer Missionsthätigkeit nur 4846 Seelen beträgt, die noch überdieß in meh reren hundert Orten zerstreut leben, daß dort sieben europäische Missionare, außer zwei gegenwärtig in Deutschland befindlichen und zwei eingebornen Missi onären, sowie 52 eingeborne ostindische Lehrer und ungefähr 100 Katecheten, Lehrer und Gehilfen arbeiten, und daß jährlich etwa 40,000 Thlr. auf diese Mission verwendet werden, so ist dieses Resultat gewiß ein sehr kümmerliches. Der Centtalvorstand des evangelischen Vereins zur Gustav-Adolf-Stiftung giebt in seinem fliegenden Blatte Nr. 28 eine kurze Geschichte des Protestan tismus in Böhmen und Mähren, aus welcher die fortdauernde Hilfsbedürftigkeit der dortigen evangelischen Gemeinden erklärt und die Nothwendigkeit fernerer kräftiger Unterstützung derselben durch den Gustav - Adolf - Verein nachgewiefen wird. Es bestehen jetzt in Böhmen und Mähren 91 evangelische Gemeinden mit 150,000 Seelen, aber die meisten dieser Gemeinden leiden bittern Mangel; vielen fehlt noch die Schule und manchen sogar noch die Kirche. Dresden, 22. Mai. Was einem heut zu Tage nicht alles passiren kann! Sitze ich heute Nachmittags bei einem Seidel Bairisch in der ... Restauration und lese die Leipziger Zeitung. Noch an dem Eindrücke zehrend, den der Leit artikel derselben, welcher den Hals und Gang des Prinzen Napoleon schildert, auf mich gemacht, tritt ein Polizeigensdarm an mich heran, und bittet sich die gedachte Leipziger Zeitung aus. Auf meine Bemerkung, daß ich noch nicht da mit „fertig" sei, entgegnete der höfliche Diener der öffentlichen Sicherheit: da rauf könne er leider keine Rücksicht nehmen, denn er sei beauftragt, diese Zei tung (Nr. 120) zu consisciren. Das gab eine Aufregung! Die Stammgäste, die seit 10 Jahren gewohnt sind, die gute Leipzigerin zu ihrem Frühstück zu genießen, rotteten sich förmlich zusammen und machten (koridilo clietu) -fast Miene, Widerstand zu leisten! Doch alles war vergebens, weder Proteste noch Vertrauensvoten konnten die gute Leipzigerin retten: sie wanderte unter dem Arme des Gensdarmen nach dem Cosel'schen Palais! Wie ich höre, ist die Beschlagnahme vom Minister v. Beust angeordnet worden, wegen des oben er wähnten Artikels über den Prinzen Napoleon, der allerdings in einem Re gierungsblatte, wie es doch die Leipziger Zeitung ist, wohl nicht hätte erscheinen sollen. Der Umstand, daß der als königl. Commissar bei der Leipziger Zeitung fungirende Regierungsrath v. Witzleben vorgestern und gestern hier in Dresden war, läßt zwar annehmen, daß der betreffende Artikel in feiner Abwesenheit in die Druckerei gewandert ist, indessen die Regeln der Schicklichkeit hätte schon der Verfasser desselben (der bekannte Thüringer) nicht so weit au- den Augen setzen sollen. Stark ist eS immerhin, wenn die Regierung ihre eigenen Organe confi-ciren lassen muß. Daß die ConfiScation auf Reklamation des französischen Gesandten erfolgt sei, wie man hier behauptet, wird mir von dem Redacteur de- Dresdner Journal-, der die Beschlagnahme bestätigt, als völlig unbegrün det bezeichnet. (CH. T.) Leipzig, 22. Mai. Wie unsere Htadt an Ausdehnung gewonnen hat,