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RL 29«. Dienstag. LS. Deeember L8S4 «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu »«ziehen durch «ste Postämter de« In- iM Auslandes, sowie durch die Erpedition in Leipzig tOuerstraße Nr. 8). Ansertionagebübr für den Raum einer Zeil« 2 Ngr. Drei» für das Viertel jahr 1Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. DvtztzßKtzG» Dir Zeitung DcuWt Allgcmtiiic Zcitung Der Allianzvertrag vom 2. Deeember. Die amtliche Wiener Zeitung vom 16. Dec. veröffentlicht in Urtext (französisch) und Ucbersetzung den „Allianzvertrag, geschlossen zu Wien zwi schen Oesterreich, Frankreich und England am 2. Dec. 1854 und in den Meitigen Ratifikationsurkunden daselbst ausgewechsclt am 14. Dec. 1854". Derselbe lautet in Ueberschung: Se. Mai. der Kaiser von Oesterreich, Se. Maj. der Kaiser der Franzosen und Ihre Maj. die Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland, von dtm Wunsche beseelt, dem gegenwärtigen Kriege sobald als möglich durch Her stellung deS allgemeinen Friedens auf festen Grundlage« ein Ziel zu setzen, welche dem gesammten Europa volle Bürgschaft gegen die Wiederkehr der Verwickelungen bieten sollen, die seine Ruhe in so unheilvoller Weise gestört haben; überzeugt, daß nichts geeigneter sein würde, jenes Ergebniß zu sicher», als die vollständige Einigung ihrer Bemühungen bis zur gänzlichen Erreichung des von ihnen beabsichtigten Zwecks, und infolge dessen die Nothwendigkeit erkennend, sich nunmehr über ihre gegenseitige Stel lung und die voraussichtlichen Ereignisse der Zukunft in das Einvernehmen zu setzen, haben beschlossen, untereinander einen Allianzvertrag cinzugehe» und zu diesem Ende zu Ihren Bevollmächtigten ernannt: Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich: Allcrhöchst- ihren Kälnmtrer und Geheimrath, Minister der auswärtigen Angelegenheiten nud des kaiserlichen Hauses, Karl Grafen v. Buol-Schauenstein, Großkreuz des kaiserlich öster reichischen LeopoldordenS, Ritter des Ordens der eisernen Krone I. Elaste re.; Se. Maj. der Kaiser der Franzosen: Allerhöchstihren außerordentlichen Gesandten und bc- poümächtlaten Minister bei Sr. k. k. Apostolischen Maj., Franz Adolf Baron de Bour- queney, Großosfizler des Ordens der Ehrenlegion re-, und Ihre Maj. die Königin des Bereinigten Königreichs Großbritannien und Irland: den sehr chrenwcrthcn Jo hann Kan« Grafen v. Westmoreland, Peer des Bereinigten Königreichs Großbritannien und Irland, General im königlich großbritannischen Heere, Oberst des 56. Lüiienlnfanterie- pegtmentS, Großkreuz des sehr ehrenwerthen Bathordens und Evmmandeur der Mli- tärabthellung desselben Ordens, Nltter des k. k. militärischen Maria-TheresienordenS, Mitglied deS Geheimraths Ihrer großbritannischen Maj., Allerhöchstihren außerordent lichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei Sr. k. k. Apostolischen Maj. re., welche, nachdem sie sich ihre Vollmachten gegenseitig mitgetheilt und solche in gehöri ger Form befunden, die nachstehenden Artikel festgestellt und unterzeichnet haben: Art. L. Die hohen vertragschließenden Theile berufen sich auf die in den Proto kollen vom S. April und vom 23. Mai des laufenden Jahres und in den am 8. Aug. d. I. ansgewechseiten Nöten enthaltenen Erklärungen, und da sie sich das Recht vor- behalten haben, nach Maßgabe der Umstände solche Bedingungen in Vorschlag zu brln« gen, weich« sie im europäischen Interesse für erfoderlich erachten könnten, so verpfllch- ttn sie sich wechselseitig gegeneinander, mit dem kaiserlich russischen Hofe kein Ueber- emkomwen zu treffen, ohne darüber gemeinsame Berathung gepflogen zu haben. Art. 2. Nachdem Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich, kraft des am 14. Juni d. I. mit der Hohen Pforte abgeschlossenen Vertrags, die Fürstenthümer Moldau und Walachei durch Ihre Truppen haben besetzen lassen, so machen sich Allerhöchstdieselben verbindlich, die Grenze der gyiannten Fürstenthümer gegen jede Rückkehr der russische» Streitkräfte zu Pertheldigen; die österreichischeu Truppen werden zu diesem Zweck die nöthigen Stel lungen einnehmen, uni jesie Fürstenthümer vor jedem Angriff zu schützen. Da auch Ge. Maj. der Kaiser der Franzosen und Ihre Maj. die Königin des Bereinigten Kö- yigrflchr Großbritannien und Irland am 12- März mit der Hohen Pforte tinen Ver- trag unterzeichnet haben, der sie ermächtigt, thr-e Streitkräfte nach allen Punkten des »-manischen Reichs zu senden, so kann die oben erwähnte Besetzung der freien Bewe gung der eugltsch-ftanzösischen oder der türkischen Truppen in denselben Gebietstheilen gegen die russische Militärmacht oder das russische Gebiet keinen Eintrag thun, Es wird zu Wien zwischen den Bevollmächtigten Oesterreichs, Frankreichs und Großbritan niens eine Commission gebildet werden, welcher auch die Türkei eingeladen werde» wird einen Bevollmächtigte» beizuordnen, und derer, Ausgabe es sein wird, alle Fra- gM gu uaterfitchen und zu erledigen, die cuswedet diu ausnahmsweisen und pwviso- Achk» Zustand, in welchem dl« genannten Fürstenthümer sich befinden, oder den freien Durchzug der verschiedenen Armeen durch ihr Gebiet betreffen. Art. 3. Kür den Kall des WlSbruchS der Feindseligkeiten Mischen Oesterreich , und Rußland versprechen sich Ee, Maj. det Kaiser von Oesterresch, Se. Mai. der Kaiser btt Manzosen und Ihre M»j. die Königin deSVerrin'.^n Königreichs Großbritannien und Irland gegenseitig ihre Offensiv« und Deftig,Mjäuz ki dem gegenwärtigen Kriege und werden zu die sem Zwecke nach den '^rfoderniffen des Kriegs Land- und Seetruppen verwenden, de- rtn Zahl., BeAgAnheit und Bestimmung eintretendenfalls durch spätere Verabredun- gen lesta^xtzt werden sollen. Art. 4, In dem durch den vorhergehenden Artikel be- selHnsteu Falle versprechen sich die höhen vertragschließenden Theile gegenseitig, keine Eröffnung und keinen auf Einstellung der Feindseligkeiten abzielenden Vorschlag seitens des kaiserlich russischen Hofes entgegenzunchmen, ohne sich darüber untereinander ver ständigt zu haben. Art. 5. Falls die Herstellung des allgemeinen Friedens auf den im Art. I angtdeuteten Grundlage« im Laufe-des gegenwärtigen Jahres nicht gesichert sein würde, werde« St. Maj. der Kaiser Son Oesterreich, Se. Maj. der Kaiser der Franzosen nüd Ihre Maj. die Königin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Irland ohne Verzug über die wirksamen Mittel zur Erreichung deS Ztels ihrer Allianz in Berathung treten. Art. 6. Oesterreich, Frankreich und Großbritannien wer den den gegenwärtigen Vertrag gemeinschaftlich zur Keuntniß des preußischen Hofes bringen und dessen, Beitritt, bereitwillig entgegeuuehuten, falls derselbe sich zur Mitwir- küyg bei dkt AutzfÜhtüng deS gehielNsame» Werks peMldlkch mache« würde. Art. 7. ÄcheriiMticstr Mistrag Ed rätisiktrt und ^« RatWättostSÜrktindtn werde» zu Wien Mn et, 15 Tag in aÜSgrchechstlt werden. Urkund dessen habe» ihn <dte bctreffemdeu Be vollmächtigten unterfertigt und Mit ihren Jnflegein versehen. Gssthehen «zu Wie« am 2. Dec. des Jahres des Heils 1854. (Gez.) Buol - Schauenstein, (1-. 8.) Bour- «Much . W'estmo^ ' Die rWrlicht UlÜerHkift hat der Betttag a'tn 9. Der. 'erhalten. Deutschland. Preußen. ^Merlin, 17.Dec. Die osficielle Notifikation deS De« cembervertrags an Preußen wird heule oder morgen ekwartet. Der Hinzutritt Preußens soll von Hrn. v. Manteuffel befürwortet werden. Ein Theil der Krcuzzeitungspartei soll gegen eine neutrale Jsolirung nichts ein- zuwenden haben, der andere, bei den Geschäften direkt« interesfirt« das Mit rathen nicht aufgeben wollen. Daneben ist die Besorgniß vor der Inter pretation der Garantien, dieselben mögen nun in vertraulichen Stipulatio nen enthalten sein oder sonst noch festgestellt werden, auf der ganzen u«U- tralcn Linie allgemein. In einem Expose der augsburger Allgemeinen Ar tung, dessen Autor den Vertrag selbst augenscheinlich schon kannte, tritt diese Furcht zu wiederholten malen lebhaft hervor. „Zu bedauern wäre nur", heißt es, „wenn Oesterreich sich nicht auch vor dem Abschlusse d«S Vertrags derjenigen Auslegung der vier Punkte versichert hätte, welche die Westmächte in dieselben hineinlegen, sodaß der eigentliche Inhalt derselben der Diskretion Frankreichs und Englands überlassen bliebe." Dann ist von den Vortheilen die Rede, welche der Vertrag ausschließlich für Oesterreich zu enthalten scheint, und es wird hinzugefügt: „Man fürchtet aber gerade deshalb, daß entweder noch andere geheime Stipulationen dem Vertrage bei gegeben seien, oder daß die Westmächte schon jetzt einen Sinn in die vier Punkte hineinzulcgen entschlossen wären, wodurch sie ihre Entschädigung er reichten." Und endlich der „praktische" Vorschlag: „Endlich würden di« deutschen Staaten hoffentlich vom Deutschen Bunde eine genaue Interpreta tion der vier Punkte fodern, damit sie doch wissen, wofür sie sich zu «ntfchG- den und eintretendenfalls zu kämpfen habend Sie haben andererftil- tie Artikel der «Zeit» nicht vergessen, die zum Anschluß riechen, aber v«M dem Gesichtspunkt auszugehen schienen, daß eine Interpretation der Garan tien nicht erfolgen werde. Die Neue Preußische Zeitung hat sich in de» letzten Tagen mit dieser Cardinalfrage vorwiegend beschäftigt. Und nach" dem erwähnten Exposö der augsburger Allgemeinen Zeitung hat FüvO Gortschakow selbst bei dem Grasen Buol sich Aufklärung darüber -» verschaffen gesucht, welchen Sinn die Westmächte w»l in die vier Punktr hineinlegen möchten. Was nun andererseits die österreichische Erklärung« vom 30. Nov. angeht, so spricht sie sich doch, genauer angesehen, «ich»! so „völlig befriedigt" aus, wie dies von neutral-osficiöser Seite ver sichert wurde. Die lebhafte Geyugthuung konnte ebenso gut Vie bekannte gewöhnliche Formel sein, die sich auch in neuern preußischen Actenstücken. in ähnlichem Sinne vorfindet. Dann ist in der russischen Erklärung Mr immer von dem „Ausgangspunkt der Unterhandlungen" die Rede, während Oesterreich mit „Präliminarien" und „Grundlagen eines allgemeinen Ein verständnisses" hervortritt. Es verspricht auch nicht etwa nur die Erklä rung der westlichen Cabinete mitzulheilen, sondern erinnert schon am Av. Nov. an seine „Engagements" mit dem Westen, mit denen es zur Errei- chung einer aufrichtigen und billigen Losung der vier Punkte, die als di« unumgänglichen Präliminarien des allgemeinen Friedens betrachtet würden^ engagist sei. Es scheint also mit der einfachen Hinnahme der vier Punks« keineswegs Alles gesagt zu sein. Rußland wird vielmehr bis zum 1. Jan. die interpretirten Punkte anzunehmen oder zu verweigern haben. In keinem Kall aber ist der Westen „befriedigt", und wenn der Wortlaut deS Ver trags Oesterreich für alle Fälle nicht bindet, so wird Man nach der -anjjtu Sachlage an einen Separatfrieden Oesterreichs und Rußlands nach drm Decemberbeschluß im Ernst nicht glauben wollen. Einem solchen Separat- frieden war schon durch das Palmsonntagsprötokoll vorgebeugt. Der De- cembervcrtrag hat aber doch zum mindesten den früher» Verpflichttrngen eine völkerrechtlich verstärkte Basis verliehen^ /^Berkin, 17. Dec Dit Russen freu» de aller Orten sind unauf hörlich eifrig bemüht, die Schärfen der ihren Planen augenblicklich fo außer ordentlich ungünstigen Situation nach Möglichkeit abzuschwächen. In B«- sprechung der Frage des Anschlusses Preußens an den österreichisch-west» «nächtlichen Vertrag behauptet man von d« genannten Seite, Pxeußen würde durch seinen Hinzutritt keineswegs Verpflichtungen der Art überneh men, daß es den Krieg mit PußlMd vyvguMen müßte. Wo bliebe denn, fragen wir, der ganz« Sinn des Anschlusses an einen aMnscheinlich über das Palmsonntagsprotokoll weit hinausgehenden Vertrag, wodurch würdh sich dieser diplomatische Act von einer einfachen Wiederholung jener proti^ kollarischen Erklärung unterscheiden? Auch gehr in der Lhal die obige B«» hauxtung der Russeufreuüde von einer Voraussetzung aus, welche spWl stichhaltig sein dürste, von der nämlich, daß daS Dccembcrbündniß weitere Interpretation der bekannten vier Foderungcn" enthalte. Gerade -diese Jnterprrkation bildet »hne Zweifel das Object, auf Grund dessen der Vertrag geschlossen worden, wobei «ö unerheblich ist, ob diese JnterprctgtjjW sich im Text des HauptvertragS oder ob sic 'sich in einem diesem Bertra-