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Mittwoch, 8. Jarmar L8S8. Dre-dM,"den 8. Januar. — Dem Auditeur Kotte vom Festungsgerichte ist die erbetene Entlastung aus der Armee bewilligt, die Lcutnarts Baumgarten-Erusius des 3. Jusanterie-Negim.r-ts Nr. 102 und Grüner des FestungS-Artillerie-Negiments Nr. 12 aus ver Armee entlasten, sowie über dcu Leutnant Heinichen des erstgenannten Regiments die Entfernung aus dem Offiziers- pande verfügt, sowie dem Dammmeister Gottlob Eduard Ühle- mann die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Silb-r verliehen worden. — Die Erste Kammer hat gcstern die Berathung deS Entwurfs eines allgemeinen Berggesetzes begonnen. Ein vom Freiherrn von Hausen gestellter Antrag auf Aufnahme des Kohlenbergbaues von den Bestimmungen des Entwurfs wurde von der Kammer mit 36 gegen 2 Stimmen abgelehnt. Die Zw:ite Kammer erledigte den Bericht ihrer vierten Depu tation über die vom pädagogischen Verein und Genossen ein- qegangene Petition um eine zeitgemäße Gehalts Erhöhung der Lehrer des Landes ^Referent Abg. von Steinhardt,. Nach längerer Debatte trat die Kammer dem Anträge der Depu tation bei, „der k. StaatSrcgierung den Wunsch auszudrücken, die weitere Aufbesserung der Gehalte der ElementaroolkLschul- lehrer fortwährend im Auge zu behalten, im Nebligen aber sich vorüber auszusprechen, daß der gegenwärtige Zeitpunkt rv der zur unverzüglichen Erhöhung der Lehrergchalte im Allge meinen, noch auch zu einer Erhöhung der Schulgeldersätze ge eignet erscheine". Die Kammer nahm zugleich einen Antrag des Abg. Schreck: bei der Staatsregierung zu beantragen, da hin Anordnung zu treffen, daß diejenigen Kiechschulleheer, welche zu niederen Küchendiensten, als: dem Läuien der Glocke», Stellen der Uhr, Austräger, der Geoatterbnese benutzt wür den. sobald sie daraus antrügen, derartiger Dienste gegen Weg fall der dafür bestimmten Emolumente enthoben würden, gegen 4 Stimmen an. Schließlich beschieß man, eine Petition der Dresdner Wechselinhastaten Koch und Genosten, um Abände rung des tz 13 deS Gesetzes vom 7. Juni 1849, den Schuld arrest und Wechselprozeß betreffend, zur Zeit auf sich beruhen zu lasten. — «Il Nebst vielen anderen Gästen freundlichst dazu ein geladen, waren wir am Feste der Erscheinung Christi im großen Saale deS hiesigen LogenhauseS Z-ugen einer erhebenden und rührenden Feier. Wie schon in den Jahren vorher, hatten nämlich die vereinigten Logen zu den drei Schwertern und Astcäa zur grünenden Raute armen Kindern, welche künftige Ostern confirmirt. werd.n sollen, eine feierliche, schön und sinnig arrangirte Christbeschcerung bereitet, bei welcher diesmal 8 Knaben und 12 Mädchen mit vollständigem neuen EonsirmationSanzuge und einem neuen Gesang- oder Andachtsbuche beschenkt wurden. 19 dieser Kinder waren evangelischer und 1 katholischer Con- fesfion. Nach einem schönen Qua'tettgesange hielt der diesmalige Vorsitzende der Voisteherschaft, Herr Hofschauspieler Walther, zuerst eine gediegene, schwungvolle Ansprache an die Versamm lung der Erwachsenen und sodann eine eindringliche Anrede an die jungen Empfänger der reichen Gaben. Sicherlich wird diese herrliche Feier, die noch durch zwei musikalische Vorträge ver schönt und mit Gebet und einem allgemeinen religiösen Gesänge beschlosten wurde, auch auf die jungen Seelen der Consirmanden eines tiefen und bleibenden wshlthätigen Eindruckes nicht ver fehlt haben. — II kk. HH. der Kronprinz und Prinz Georg haben sich g stern nach Bornitz zur Jagd begeben. — Dermalen hält sich in Dresden Se. k. H. der Groß herzog von Mecklenburg-Schwerin zum Besuch auf und wohnt im Hctsl Bellevue. — Wie wir zu beobachten Gelegenheit hatten, tauchen in der jüngsten Zeit in den hiesigen Restaurationen häufig Personen auf, welche sich durch ihren gebräunten Teint, sowie durch ihr gebrochenes Deutsch und ihre zum Theil höchst phan tastische Kleidung als Bewohner eines südlichen Landes docu- mentiren und unter Producirung eines Spielwerkes, eines AffenS oder einer anderen Kleinigkeit die anwesenden Gäste um eine Gabe bitten. Diese Personen stammen zum größten Theile au» Italien und Savoyen; sie haben, in Folge der jetzigen fast allgemeinen NahrungSlosigkeit, in großer Anzahl »hr Vaterland verlosten, um tn der Ferne ihr Glück zu su chen. Leider arten ihre Kunstproductionen nur zu häufig in zudringliche, die Gäste belästigende Betteleien aus, weshalb das Publikum es lieber sieht, mit dem Anblick ihrer Kunst verschont zu werden. — — Die große Roth in Ostpreußen und die Aufbringung der Mittel zu deren Linderung rufen laut das Mitleid jedes theilnehmenden Menschen wach. Deshalb regen sich auch schon Vereine und di« edle Tonkunst, um die Gelegenheit zur För derung diese» wohlthätigen Zwecke» zu bieten, wie dir« durch da« heutige Loncert geschieht, welche« die Herren Helbig und Nagel in ihre« schönen und neu restaurirten Saale veran staltet haben, und welches durch die Güte des Herrn StabS- irompeter Böhme nebst Chor zur Ausführung gelangt. — Ihr Artikel aus der Provinz, veranlaßt mich, auch ein Wort mitzusprechen, da derselbe neben vielem Nichtigem auch manches Ungenaue enthält. Zunächst muß jeder Ver ständige zrgebcn, daß eine Appellation des Arztes an das Publikum wegen Erhöhung der Hovorirung, durchaus unan- gemessen und nutzlos ist Jeoes Gewerbe, jever Stand hat für seine Leistungen einen Anspruch, ein Recht aus Bezahlung, warum nicht auch der Arzt? Ist sein Beruf etwa weniger nützlich als irgend ein anderer? Den Werth der Leistungen kann rn keinem Stande ein Anderer schätzen als der Fachmann selbst. Demgemäß muß der Arzt seinen Ansprüchen eine ge rechte, äqnivalente Höhe reden können, und hat man seine Bemichangen bisher zu schlecht belohnt, so kann er seine For derunge r mit vollem Recht steigern. Wozu also bitten, wenn man höflich fordern kann? Das Jntc-reffe des Publikums im Allgemeinen >st natürlicherweise dahin gerichtet, die Dienste Anderer so bill g als möglich zu erlangen. Schlecht sind die Aelzte nur in solch:« Fällen daran, wo die Mittel zu Be zahlung mangeln, denn auch dann kann und wird er seine Hülfe n cht versagen, während andere Gewerbe sich mitleidslos abwendm. Man würde es keinem Bäcker verargen, wenn er einer verhungernden Familie ohne Geld kem Brod liefert; beim Arzte ist dieß anders, sein Siandpur.kt ist neben dem aewcrdl chen auch vorzüglich ein humaner. Aber dann nützen offentlicheMufrufe n.cht. Die Ursache, knß selbst in Fällen wo himerchend Mittel sür die Belohnung ärztlicher Müh-n vorhanden sind, diese doch gewissenlos vernachlässigt und sehr ungenügend geschieht, die liegt ganz wo anders und kann nicht be-m Publikum liegen, sie zu erörtern gehört nicht hierher. Gegen die Bchrup'uvg dagegen, als drängten sich junge Aerzte mit Vorliebe nach g tigeren S:ä-ten, des angenehmen Lebm« rvegr.., muß man sich streng verwahren. Kein Arzt, den nicht ganz bist mmte Familienrücksichten oder sonstige Gründe tn die große Stadt ziehen, scheut sich irgend welchen abgelegenen noch so trostlosen Winkel aufzujuchen, sobald sich ihm mit nur einiger Sicherheit Aussicht bietet, durch die oft furchtbaren Strapazen sciner Thärrgkut eiae auskömmliche, bescheidene Exi stenz und dre Möglichkeit eine Farwl.e ernähren zu können, dielet. Doch wer darf ihm zumothen wollen nach Gegenden zu ziehen, wo er voraussichtlich außer einer aufreibenden Be, schäftigung noch mit So-.gsn und Kummer zu kämpfen hrb-n wird? D e Aerzte auf d m Lande, di« in un ndlcch höh.r-m Grade Leben und Gesundheit an ihren Bcruf setzen muffen, als die Herren Geistlichen, haben es in d.r Mehrzahl ver Fälle kaum halb so gut, für sie sorgt der Staat nichr. Se rangiren hinsichtlich ihrer Einnahmen oft m:t dem Schullehrer, nur Laß ihnen ihr geringes Einkommen nicht garactnt ist. Wer genaue Einsicht rn dre Sache genommen hat, muß zuge- b.n, daß Mnn irgend wo eine Lücke sich nicht autfüllt, der Fleck ein fauler sein müsse, ter Einem, d-r nicht selbst bemit telt ist, geoügendcs Auskommen nicht gewähre. WaS bedeuüt dann ein F>xum von ewigen Hundert Thalcrn, und ein sttches wird nur selten gewährt: Kem Stand kann an Opfersährg- k-it mit dem ärzrUcheii sich messen, wer ihn hart zu beu ther- len wagt, orienvre sich erst grünblich! — Die erste eigentliche Organisation eines stehenden Heeres in Sachsen wurde 1681 von dem tapferen Chulfürstcn Johann Georg lll. bewerkstelligt. Eine mehr vervollkommnete Organisation erhielt dasselbe unter dem Chursürsten Friedrich August I. (als König von Polen August II) za Ende des 17. Jahrhunderts, und im Lustlager von Zeiihain (1730) bestand die sächsische Armee aus 30 000 Mann vorzüglich organisirter Truppen. Chuickürst Friedrich August II. brachte sie auf 51,778 Mann, aber nur auf kurze Zeit, indem die Armee in einem Zeiträume von zwölf Jahren von 1733 bis 1745 durch die Feldzüge gegen die Conföderirten in Polen, argen Frankreich als Reichs conting-mt, gegen die Türken und durch die beiden schlesischen Kriege bis auf 6,000 Mann reducirt wurde. In dem Lager bei Mühlberg 1303 zählte die Armee 30,000 Mann, und 1814 wurde dieselbe nach ven bedeutenden Verlusten in den Feldzügen von 1812 und 1813 mit ungeheuer« Opfern auf 46,000 Mann gebracht. Daraus geht hervor, daß die oben genannte Armee von 5i,778 Mann bis vor Kurzem die stärkste gewesen ist, welche Sachsen gestellt hat, als es noch eine bedeutend größere Quadratmeilenzahl besaß alSi heute, und doch hat es jetzt ein Armeecorps von gegen 70.000 Mann für den Kriegsfall organisirt und voll ständige Equipirung und Ausrüstung für dasselbe binnen Jah resfrist angeschafft, und Alles das nach einem unglücklichen Feldzuge, nach welchem sofort viele Millionen Thaler KriegS- Contribution baar gezahlt werden mußten, ungerechnet noch vieler anderer schwer lastender Umstände, welche Sachsen zu tragen hatte. Da« spricht gewiß sehr deutlich für die außer ordentlich geregelten FinanzverhLltniste unsere» sächsischen Va terlandes. E» wird nicht viele Länder geben, welch« nach verhältnißmäßig so harten Prüfungen in der kurzen Zeit die Stärke ihrer Armee nicht nur ergänzen, sondern sogar mehr als verdoppeln können, wie es Sachsen jetzt gethan hat, ohne in sehr drückende finanzielle Verlegenheiten zu gerathen und ohne die anderen Departements dabei zu vernachlässigen. — Ein seltner Fall, eine seltne Mutter. In eine der hiesigen öffentlichen Schulen kam eines TageS, ku-z vor dem letzten Weihnachtsfeste, eine Mutter und erkundigte sich bei dem Lehrer ihres etwa 12jährigen Sohnes, warum letzterer im Betragen eine auffallend geringe Censur erhalten habe. Sie that dies mit aller Ruhe und bestätigte nicht nur unverholen, daß der Kcabe zu Hause dieselben „Mucken" zeige, die dcr betreffende Lehrer an demselben rügte, sondern bat auch inständig, ihren Sohn ja so streng als möglich zu halten und ihn aufs Nachdrücklichste zu züchtigen, wenn er wieder Noth machen sollte. Hierauf bat die Mutter, den Knaben auf einen Augenblick aus der Klaffe heraus zu rufe». Der Knabe erschien. Seine Gesichtsfarbe veränderte sich ind ß sofort und sein Auge suchte den Boden als er seine Mutt,r erblickte. Diese hielt ihm nun in ernstmüttrrlicher und dabet recht taktvoller Weise sein Verhalten vor und mahnte ih», unter Androhung häuslicher Strafen, zur Besterung. Al» sich aber der Knabe , v:i maulea" und seine Unarten beschönig a wollte, da riß plötzlich der mütterliche Geduldsfaden. De« kräftige Frau schlug ihren weiten Mantel zurück, zog mit d-n Worten: „Junge, du willst also auch noch leugnen und lü gen? Siehst Da, hier habe ich gleich Etwas mitgebracht sür D:ch!" einen ziemlich langen und sehr rechtschaffenen Roh.-- stock hervor, ergriff den schier überraschten Knaben beim Arme und zählte ihm mit jenem ergiebigen Strafinstrumente ei,.e solche determinnte Tracht Hiebe auf den Rücken, daß ihm di«!« mütterliche Justiz im Corridor des Schulhause!! wohl eine ge raume Zeit in Erinnerung bleiben wird. Der betreffen»« Lehrer ader war s-lbst nicht wenig ob dieser Scene überrascht und wußte einen Augenblick nicht, ob er die Wirklichkeit v»r sich hrbe. Nach beendigter Executive barg die charaktervoll« Mutrer das Rohr wieder unter ihren Mantel, wiederholte ihre frühere Bitte und ging ruhig von dannen. Der Lehrer aber, erwägend, wie oft eS die Schule mit gerade entgegengesetzten Erscheinungen zu ihun hat, sVh ihr dankend nach und dachte: „Das war eine seltene Muttei!" — Gestern Vormittag in der 11. Stunde erregte durch Schreien und Wehklagen ein ungefähr 12jähriger Junge aas der Schöffergaffe die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden auf sich. Derselbe behauptete, von dem großen schwarzen Hun:« eines daselbst wohrchasten Geschäftsinhabers in das Bein ge- bffsen worden zu sein, doch stellte sich später heraus, daß Neckerei Seiten des Jungen ven Vorgang hecb.i.eführt hatie. — In der Pilsner Bierhalle ber Hollack auf der Schieß- gaffs befindet sich ein interessantes, künstliches Uhrwerk, zwei Musikoilettanten rn bizarrer Situation darstellend, welche ihr Streichduett nach allen Regeln der Kunst loslaffen. Em« gegenüber stehende, große, melodienreiche Spieluhr ersetzt durch ihre Töne das, was die beiden Gestalten durch Schweigen andeuten. Eine sinnige Würze des Pclsner Bierstoffs. — In Weißenfels ist ein Cigarrenarbciter, besten Schwe ster in Neuschönefeld bei Leipzig wohnt, von einem Fäzndnch Namens H'llsr v. Gäctringen mit einem Degen, den er sich dazu von einem anwesenden Osficier lieh, so sch ver in dem Unierleib verwundet worden, daß er alsbald starb. Der Thäter stellte sich der Behörde selbst. — In einem hiesigen größeren Fabriketabliffemcnt wurde in diesen Tagen ein Arbeiter über dem Diebstahl von Arberts- material betroffen und dcr Polizei übergeben, die ihn verhaftete. Da in derselben Fabrik schon früher wiederholt ähnliche Dieb stähle vorgekommcn, die bisher »«entdeckt geblieben sind, so hat das neuerliche Ereigniß, womach man endlich einmal einen Dieb auf der That ertappt, beim Principal, sowie unter dem gesammten Fabrikpersonal allgemeine Befriedigung erregt. — — Vorgestern Morgen ist «in Zug auf der Berliner Bahn zwischen Podelwitz und Rackwitz im Schnee stecken geblieben. Nur dadurch, daß man den Zug auSeinandcrnahm und wagen- weise durch requirirte Hilfsmaschinen nach vem Bahnhofe be förderte, wurde cs möglich, die Passagiere, allerdings erst um 8 Uhr, nach Leipzig zu bringen. — Vor einigen Tagen wurde vor Engels Restauration auf der Sophienstraße ein hiesiger Lohnfuhrwerksbesitzer von einem kleinen Postwagen überfahren Beide Wagenräder gingen ihm über die Beine; glücklicher Weise sind dieselben nicht ge brochen, immerhin aber so verletzt, daß ihre Heilung eine längere Zeit beanspruchen wird. — — In der Seevorstadt wurde dieser Tage ein sehr schwerer Diebstahl ausgeführt, e» wurde au» einem dortigen kaufmännischen Geschäfte ein ganzes Centnergewicht gestohlen. Der Dieb hat hier wirklich einmal sein Brod im Schweiße seine» Angesicht» verdienen müssen. — In jüngster Zeit wurden wiederhott in hiesigen Ho.