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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 °b.rr, »ir dein- D°r°n.N. ««battanspruch "n d« «ingrzogkn werden muß oder Ler Auftraggeber ,n«onk»rL gerät. Anz. nehmen allcD-rn-.Ut!un,-stellcn entgrg«. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt sllr Wil-de»ff u. Umg-g°»d Nr. 281 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdrufs-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 3. Dezember 1930 gegen Sie polnilehe AMKür Unter dem Artikel 48. Der „parlamentarische Weg", den Dr. Brüning, mit dem-Paket seiner 28 Gesetzentwürfe unter dem Arm, zu beschreiten entschlossen war, Hal sich als ungangbar er wiesen; der Reichskanzler hatte nicht die Gewißheit er halten können, daß seine Neformvorschlüge im Reichstag schnell und ohne wichtigere und wesentliche Abänderungen angenommen werden, — infolgedessen hat er oen „außer parlamentarischen Weg" der Notverordnung eingeschlagen. Er geht dabei so sehr aufs Ganze, daß er vom Reichstag auch noch ein klares Ja oder Nein über diese Not verordnung verlangen, sich also nicht darauf einlasscn will, auch für diese Notverordnung im Reichstag eine irgend wie abändernde Beratung des Haushaltsausschusses zu gestatten, wie dies mit der Juliverordnung geschieht. Auch über diese hat man sich außerhalb des Parlaments geeinigt zwischen Regierung und Sozialdemokratie, und so bilden denn den ersten Teil der neuen Notverordnung zunächst einmal einige Abänderungen der Juli bestimmungen. So wird die bisherige Staffelung der Bürgersteuer noch stärker nach oben und unten ge gliedert, wird für notleidende Kranke die Gebühr für den Krankenschein teils heruntergesetzt, teils ganz erlassen. Und dann folgen in dem Buch, das diese Notverord nungen vom 1. Dezember darstellt, die vier Kapitel, über denen als gemeinsame Überschrift steht: Sicherung des Haushaltsplanes. Dazu gehört aber als dritter Teil noch unmittelbar die Reihe der sieben Kapitel, in denen die Steuerreform niedergelegt ist, allerdings nur hinsichtlich der Einkommen-, Vermögens-, Umsatz- und Grundsteuern. In der Hauptsache decken sich die Bestimmungen der Not verordnung hierin mit den Beschlüssen des Reichsrats über die Regierungsvorschläge. Um es ganz kurz zu sammenzufassen: Zuschläge zur Einkommensteuer, Ledigen steuer, sechsprozentige Aufsichtsratssteuer bleiben, Grund-, Gewerbe- und Umsatzsteuer fallen für die Kleinzensiten fort, ebenso wird die Freigrenze bei der Vermögenssteuer auf 20000 Mark heraufgesetzt. Andererseits wird die Tabaksteuer gemäß^den Beschlüssen des Reichsrats erhöht und die Beamten des Reiches bzw. der öffentlich- rechtlichen Körperschaften, soweit sie der Reichsaufsichl unterstehen, werden ab 1. Februar eine Gehalts kürzung um sechs Prozent erfahren. Die Länder und durch sie die Gemeinden bzw. die ihnen unterstellten Körperschaften sollen für ihre Beamten eine entsprechende Gehaltsherabsetzung vollziehen. Damit ist vermieden worden, daß die Notverordnung verfassungs ändernde Bestimmungen enthält; die Reichsregierung glaubt aber auf Grund von Verhandlungen mit den Ländern die Gewißheit zu haben, daß diese Gehalts kürzung auch bei diesen durchgeführt wird; nötigenfalls aber haben die Länderregierungen hierfür das Notver- vrdnungsrecht erhalten. Der Teil IV behandelt nun die Realsteuer senkung, auch hier in Übereinstimmung mit den Reichsratsbeschlüssen, gegen die, allerdings vergeblich, Proteste der Wirtschaft eingelaufen sind. Daß Erhöhungen der Realsteuern erst nach dem 31. Dezember nicht mehr erfolgen können, wird man ungern lesen; denn es ist damit zu rechnen, daß manche Gemeinde den Zeitraum bis Ende dieses Jahres ausnutzen wird. Allerdings werden sich später die Grundsteuer um 10, die Gewerbesteuer um 20 Prozent ermäßigen müssen, aber auch nur in jenen Ge meinden, die seit 1927 Erhöhungen dieser Steuern voll zogen haben. Nun muß man zunächst einen Blick auf jene Reform- Vorschläge derRegierung werfen, die in der Notverordnung nicht erscheinen. Neben dem schon erwähnten allgemeinen Gehaltskürzungsgesetz ist auch das Besoldungssperrgesetz draußen geblieben, das namentlich die Angleichung der Kommunalbeamtengehälter an die Besoldung verlangt, die das Reich seinen Beamten zahlt. Man ist der Ansicht, daß auch dieses Verlangen ebenso verfassungsändernd iväre wie das sog. Plafondgesetz, wonach die Aus gaben der Länder und Gemeinden für die nächsten drei Fahre grundsätzlich nicht höher sein dürften, als sie es zur zeit sind. Nur für sich selbst hat das Rerch in der Notverord- dung eine entsprechende Bestimmung getroffen. Und schließlich fehlt auch noch ein Gesetz über den endgültigen Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden; dur für 1930 und 1931 wird ein vorläufiger Ausgleich ge schaffen bzw. der bestehende verlängert und irgendeine Uentliche Änderung des jetzigen Zustandes erfolgt nicht. Man hofft aber, diesem Mangel doch bald durch ein diesen Ausgleich regelndes Gesetz abzuhelfen. . Die neue Notverordnung enthält nun aber auch noch °Me Reihe von Vorschriften, mit denen eigentlich vorher -ücht gerechnet wurde. Allerdings wußte man, daß eine >> t e u e r a m n e st i e gewährt werden soll„ wie sie nun A der Notverordnung auch erscheint. Aber schon die An ordnung einer statistischen Erhebung über die Möglich sten, die Betriebe der öffentlichen Hand ebenso zu be- lleuern wie die der Privatwirtschaft, deckt sich mit einem ^sprechenden Gesetz, das vom Reichstag bereits ange- , r>Mmen wurde. Ähnliches gilt von den Bestimmungen Notverordnung, die dem Handelsklassengesetz — das v" Reichstag steckenblieb — für die Erzeugnisse der ^ndwirtschast endlich Rechtskraft geben; auch das rvtgesetz wird jetzt mit Strafbestimmungen versehen und Ser Auswärtige Ausschuß Wer Polen. Die Note an den Völkerbund. Der Reichstagsausschuß für auswärtige Angelegenheiten trat zusammen, um sich insbesondere mit den Anträgen wegen der Vorgänge in Polnisch-Oberschlesien zu beschäftigen. Der Debatte, in die wiederholt auch Reichsaußenminister Dr. Cur tius, der über, die deutsche Note an den Völkerbund sprach, eingriff, lagen etwa fünfzehn verschiedene Anträge zugrunde. In der Debatte nahmen u. a die Abgeordneten Ulitzka (Ztr.) und Freiherr von Freytagh-Loringhoven (Dtn.) das Wort, beide zu sehr scharfen Ausführungen. Auch einzelne der hinter der Regierung stehenden Parteien haben ziemlich weitgehende Anträge eingebracht, die bis zur Drohung mit dem Austritt aus dem Völkerbund gehen. Reichsinnen minister Dr. Wirth berichtete über seine Besprechungen mit Behörden und Bevölkerung in Oberschlesien. Der Auswärtige Ausschuß beschließt. Gegen die polnischen Gewaltakte und das Liquidakions- abkommen. — Deutsche Abrüstungsvertreter sollen durch Beobachter ersetzt werden. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages nahm mehrere Entschließungen zu den Vorgängen bei den polnischer Wahlen an. In einer Entschließung.der Deutschen Volkspartei, des Zentrums und der Bayerischen Volkspartsi mit Zusätzen de. Deutschnationalen gibt der Ausschuß seiner Empörung über die Gewaltakte Ausdruck, die von Polen aus Anlaß der letzten Wahlen unter Bruch von Recht und Vertrag gegen die deutsche Minderheit verübt worden sind. Die deutsche Minderheit sei in ein Gefühl vollkommener Rechl und Schutzlosigkeit versetzt worden. Die Vorgänge seien uni so ernster, als sie ein Glied in der langen Kette von Vorgiktzgen seien, die klar ein auf die Bedrückung, die Verdrängung und die Vernichtung der Minderheit gerichtetes polnisches System erkennen ließen. Der Ausschuß halte den Beweis für erbracht, daß eine solche offene Bedrückung nur mit stillschweigender Billi gung und.Ermutigung seitens der polnischen Behörden möglich waren. Von der Neichsregierung werden Maßnahmen erwartet, um die Polen zur Änderung ihres Kurses zu zwingen, die Bestrafuna der Schuldigen herbeizuführen und den geschädigten Minder heitsangehörigen eine angemessene Entschädigung zu ver schaffen. Sodann nahm der Ausschuß Entschließungen der Deutschnationalen, der Nationalsozialisten und des Landvolkes an, in denen u. a. die Regierung ersucht wird, die Ratifikation des deutsch-polnischen Liquidations abkommens nicht zu vollziehen und alle Verhandlun gen mit Polen über den Abschluß eines Handels vertrages oder sonstige Abkommen unverzüglich abzubrechen. Darüber hinaus soll die Regierung unverzüglich auch die Auf hebung des Reichstagsbeschlusses beantragen, durch den dem Liquidationsabkommen zugestimmt wurde. Endlich nahm der Auswärtige Ausschuß eine national sozialistische Entschließung an, die die Reichsregierung ersucht, auf Grund der vom Vertreter der Deutschen Republik selbst festgestellten Weigerung der Mehrzahl der Teilnehmer des Vor bereitenden Abrüstungsausschusses, ihren Abrüstungsverpflich tungen nachzukommen, die deutsche Vertretung aus Genf sofort zurückzurufen und nur einen Beobachter dort zu belassen. Wie man hört, wurde die nationalsozialistische Resolution aus Zurückziehung der deutschen Vertretung aus Genf mit 13 Stimmen der Nationalsozialisten, Kommunisten, Christlichsozialen, bringt den 30prozentigen Noggenveimaylungszwang. Da zu kommt noch die Ermächtigung für eine Reihe von Zoll erhöhungen auf Agrarprodukte wie Futtergerste, Hopfen, Fette u. a. Zum Schluß mag noch erwähnt werden, daß die Amtsgerichte jetzt Prozeßsachen im Wert bis 800 Marl zu erledigen haben und daß den Rechtsanwälten für Armensachen die Gebühren gekürzt werden, die allein in Preußen 1929 die stattliche Summe von 25 Millionen er reichten. Man sieht also, daß von dem Recht der Notverord nung durch die Neichsregierung ein überaus umfassender Gebrauch gemacht worden ist. Begreifen kann man es, daß die Regierung eine Durchberatung dieser Notverord nung im Reichstag ablehm; denn der Kritik an einzelnen wie an großen Teilen dieser Reform stehen infolge ihres Umfangs zahlreiche Möglichkeiten offen. Und wenn irgend wo ein Loch einmal hineingerissen wird, dann weiß man nicht, wie weit die Abänderungsarbeit gehen würde. Weis ebensowenig, wie lange sie dauert. Gerade deswegen ver langt ja die Reichsregierung eine Entscheidung des Reichs tages, die nichts auf- und hinausschieben, sondern sofori ein endgültiges Recht schaffen soll für diese Notverordnung vom 1. Dezember des Unheilsjahres 1930. Bredt beim Reichskanzler Entscheidung vertagt. Berlin, 2. Dezember. Reichsjustizminister Bredt ist am Dienstag aus Marburg nach Berlin zurückgekehrt und hat bald Deutschnationalen und Landvolkpartei gegen 12 Stimmen der So zialdemokraten, Zentrum, Deutsche Vvlkspartei und Bayerische Volkspartei bei Stimmenthaltung der Wirtschaftspartei ange nommen Eine Reihe anderer Anträge wurde abgelehnt, darunter ein Antrag auf Aufstellung eines Grenzschutzes gegen Polen aus IM OM Erwerbslosen. Deutscher Antrag in Genf abgelehnt. Verbot schwerer Wassen gesordert. Die Vorbereitende Abrüstungskommission in Genf lehnte mit zehn Stimmen gegen die Stimmen Deutschlands und Rußlands bei dreizehn Stimmenthaltungen den An trag des deutschen Bertretcrs Grafen Bernstorfs ab, in das Abkommen das Verbot der Verwendung schwerer Ge schütze, Mörser, Minenwerfer und aller Arten von Tanks auszunchmcn. Zur Begründung seines Antrages führte Graf Bern storff aus, sein Antrag solle einen gewissen Ausgleich gegenüber dem Beschluß darstellen, das Landkriegs material nur indirekt zu beschränken. Man solle wenig stens eine direkte Beschränkung der gefährlichen und am leichtesten zu kontrollierenden Angriffswaffen herbei führen. In der Welt und namentlich in Europa herrsche eine tiefe Beunruhigung. Nach einer Polemik des griechischen Vertreters gegen den deutschen Antrag wurde er abgelehnt. Glicht AllslMWktde des franzSstsche« Kriegsministers. Die Militärkredite ruft großer Mehrheit bewilligt. Paris, 2. Dezember. Die französische Kammer setzte am Dienstag nachmittag die Beratung über den Heereshaushalt fort. Kriegsminister Maginot hielt eine Rede, in der er darauf hin- wres, daß die französische Regierung unmittelbar nach dem Kriege die Heereskredite nicht erhöhen wollte. Heute habe das Heer je doch sehr viel verbessertes und dadurch auch teureres Material nötig als damals. In seiner Eigenschaft als reines Verteidigungs- instrument müsse das Heer nach Möglichkeit motorisiert werden. Es sei die heilige Pflicht, das Heer mit Munition und Material zu versorgen, daß es im Ernstfälle seinem Gegner nicht unterlegen sei. — Die sranzösische Regierung sei Anhänger der Abrüstung, aber nur unter der Bedingung, daß die ehrlichen und friedlieben den Völker nicht die Narren der anderen werden. Ein Krieg wäre der Selbstmord aller beteiligten Staaten, auch der Sieger. Für die Verhinderung eines Krieges seien alle Anstrengungen gut, nicht nur die, die aus eine internationale Abrüstung hinausgingen, sondern auch die, die die sriedliebenden Staaten vor einem bösen Streich schützten. Das Heer habe sicherlich durch die Einführung der einjährigen Dienstzeit an Wert etwas verloren. Die Regie- rungn sei jedoch bemüht, durch eine bessere Organisation diese Scharte wieder gut zu machen. Als letzter Redner unterstrich der sranzösische Lustsahrtmini- ster die Notwendigkeit der Ergänzungskredite für die französische Luftfahrt. Die Vorlage über die Militärkredite wurde dann mit 433 gegen 139 Stimmen angenommen. nach seinem Eintreffen mit den» Reichskanzler eine längere Rück sprache gehabt. Eine Entscheidung über den angekündigten Rück tritt des Ministers ist in dieser Aussprache nicht gesallen. Prosss- sor Bredt, der bekanntlich eben erst von einer längeren Krankheit genesen ist. wird noch einen kurzen Urlaub antreten. Nach seiner Rückkehr, mit der man sür etwa Mitte nächster Woche rechnet, wird dann die Entscheidung darüber sallen, ob der Reichsjustiz minister seine Absicht, aus dem Amte auszuscheiden, ausrecht er hält. In politischen Kreisen, die der Reichsregierung nahestehen, gibt man der Auffassung Ausdruck, daß angesichts der dann völlig veränderten Lage — bis dahin ist die Entscheidung über das Schicksal der Notverordnung gefallen — für Bredt kein Anlaß mehr bestehe, seine Demission weiter aufrecht zu erhalten. Konferenz der Landwirtschasismimster ve< Schiele. Im Reichsmittistcrium für Ernährung und Land Wirtschaft fand eine Konferenz mit den Landwirtschafts und Ernährungsministern der Länder statt. Ncichsministe Schiele erörterte die Gcsamtlage der Landwirtschaft uni die zurzeit wichtigen agrarpolitischen Maßnahmen. Jr der eingehenden Diskussion wurde sowohl den teils durch geführten, teils eingeleiteten Maßnahmen grundsktzliü zugestimmt. Hierbei wurde insbesondere die Notwendig kcit betont, in Zukunft das Gebiet der bäuerlichen Ver edlungswirtschast stärker zu fördern. ls