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— M» —» O 0 mötM Anzeiger und ^2W. 1874. Dienstag, 15. December -ist ,!'S Erscheint i.Kr«werg jed. Wochen«. Ab. 6U. für dm and. Tag. Jnser werdm bis V. 1 i U. für nächste Nr. angen. Preis vierteljihrl. 20 Ngr. Inserat« «verdm di« gespalimt Zeil« od«r d«rm Raum mit > Ngr. ber«chn«t. ''s > Krast treten. In der Sitzung vom vorigen Sonnabende motivirte Abg. Ackermann folgende Interpellation: „Da der dem Reichstage in der vorigen Session vorgelegte Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen der Gewerbeordnung, nicht zur Verab schiedung gekommen ist, auch die Berichte der PetitionSkommisfion über den fraglichen Gegenstand in den beiden letzten Sessionen de» Reichstags nicht zur Berathung gelangt find, nun aber in den bethetligten Kreisen noch immer da» Bedürfntß nach Abänderung mehrerer Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung lebhaft empfunden und solche Abänderung nach verschiedenen Seiten hin al» ein dringendes Bedürfntß anerkannt wird, so erlauben sich die Unter zeichneten an den Herrn Reichskanzler die Anfrage: ob derselbe beabsichtige, dem Reichstage, wenn nicht in dieser, so doch in der nächsten Session eine Vorlage zu machen, durch welche an der Gewerbe-Ordnung die nach den Erfahrungen der jüngsten Jahre gebotenen Abänderungen vorgenommen werden?" Präs. Delbrück erklärte: Das RetchSkanzleramt sei mit Er hebungen behufs Informationen zu diesem Zweckt beschäftigt. Die Vorlage werde aber in dieser Session nicht gemacht werden. Infolge der Verhaftung des Abg. Majunke (Redakteur der „Germania") zur Verbüßung einer rechtskräftig gegen ihn erkann ten einjährigen Gefängnißstrafe hat Abg. LaSker den Antrag ein gebracht, die Geschästsordnungskommission zur schleunigen Bericht erstattung darüber aufzufordern: 1) ob di» Verhaltung »ine» Reichstagsmitgliedes auf Grund eines rechtskräftigen StrafurthrtlS wähcend der Dauer der Session ohne die Zustimmung de» Reichs tages zulässig sei, und 2) ob und welche Schritte zu veranlassen find, um derartige« Verhaftungen von ReichStagSmitgliedern vor- zubeugen. — Das hohe Haus trat dem Antrag» einstimmig bei. — , , . , . -tt'KE. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. GerichtSLmter u. der StadtrLthe zu Freiberg u. Braud. Arnim vom 23. Decbr. 1873. Derselbe handelt von d»m Ver- hältntß zwischen Deutschland und Frankreich; Bismarck entwickelt hierin ein auf Erhaltung des europäischen Frieden» berechnete» Programm, welches von einer Kenntniß der Dinge in Frankr»ich zeugt, deren sich Arnim nicht rühmen kann. Arnim betrieb de« Sturz von Thiers und die Wiederherstellung einer Monarchie, am liebsten der Bonapartisten; Bismarck warnte aber hiervor, da »in» Monarchie in Frankreich dasselbe stärker und bündnißfähiger mach«« würde, während sich die europäisch»» Mächt» vor »iuer Allianz mit d»r Republik Frankreich wohl hüten würden. — Der Prozeß wird jedenfalls noch einige Tage in Anspruch nehmen. Areiberg, den 14. December 1874. Mit dem fortschreitenden Verlauf der Arnim'schen Prozeß- Verhandlungen nimmt das Interesse für die passive Hauptperson sichtlich ab, während die Sache selbst durch gewisse hierbei zu Tage tretende Nebenumstände immer brmerkenswerther sich gestaltet. Traf Harry von Arnim erscheint in der That als ein Mann von itetnlicher, intriguanter Natur. Er macht den Eindruck, wie jener Mensch, der die Wiener dadurch in Erstaunen setzen wollte, daß er seinen Fuß in die Donauquellt steckte, und nun der Zuversicht lebte, den ganzen Strom in seinem weiteren Verlauf trocken legen zu können. Fürwahr, auf Harry von Arnim paßt Mephtsto's Wort: „Du bist der Mann noch nicht, den Teufel festzuhalten." Die Art und Weise, wie er den Reichskanzler theils geradezu chikanirt, theils offen reizt, theils durch prononzirte Berichte über seinen Kopf hinweg an den Kaiser unter Umständen in die Enge zu treiben und ihm so Verlegenheiten zu bereiten sucht, ist kaum ander» als mit „widerwärtig" zu bezeichnen. Während er so ge- viffvmaße« durch Lehmkügelchen, die Knaben aus ein»m Blaserohr argen die Schießscheibe werfen, in eine bombensicher» FestungSmaurr Bresche l»g«n will, hat er auf der anderen Seite kaum den Muth, die ihm für seine Zwecke dienlich scheinenden Persönlichkeiten kräftig w verwenden. „Bei einigen amtlichen Erlassen," erklärte der Präsident deS Gerichtshofes dem Angeklagten gegenüber, „haben Eie neben der Unterschrift des Reichskanzlers die Bemerkungen, wie: „Paule, Paul", „Oho", „Nanu", „Jnspirirt Eure Kosacken besser", „faule Klatschereien von Edwin" (womit General von Man teuffel genannt ist) gemacht " Darauf bedauert der Angeklagte, daß dieser Nam« genannt werde und bittet, vom Verlesen des be treffenden Briefes Abstand zu nehmen Giebt es wohl ein un männlicheres Verhalten? Erst freut sich Arnim, daß ihn Man teuffel wenigstens indirekt bei seinen Jntrigusn unterstützt, dann hat er wieder eine gewisse Scheu vor dem Bekanntwerden dieser Bundesgenoflenschaft und sucht mit einer Art von Bedauern über diesen Zwischenfall htnwegzugehen, während er gleichwohl diesen General als den Keil bezeichnet, der sich zwischen ihn und den Reichskanzler einzuschieben sucht. Was aber soll man erst von der schmutzigen Wäsche denken, die von der sauberen Wiener und Pariser Literatenqesellschaft im Verein mit Herrn von Arnim ge waschen wird? Mit Genugthuung können wir konstatiren, daß die deutsche Presse doch zu anständig ist, um damit konkurrlren zu können. Mansagtoft, die österreichische Presse stehe höher, als die deutsche. Nun ja, eS ist allerdings keine Kunst, Blätter im Style der „N. Fr. Pr." rc. und mit sichtbar erheblichem Kostenaufwande zu führen, wenn aus- vSrtige Quellen für sie fließen Geld vom Auslande zu nehmen, eine Jntrigue zu unterstützen, die das eigene Vaterland gar nichts angeht, die jedoch den Brand zwischen auswärtigen Mächten schüren soll und dafür mit der ganzen Autorität der Redaktion bewußt und dauernd etnzutreten — ein solches schmutziges Geschäft geht über das Vorstellungsvermögen jeder anständigen deutschen Redaktion- Arnim konnte dies nur mit österreichischen und französischen Blättern fertig kriegen, flog aber mit solchen Zumuthungen bei der „Spenerschen Ztg." und beim „Berliner Tageblatt", wie die Gerichtsverhandlungen ergeben, glänzend ab. Dieser kleine Jntriguant hoffte Bismarck stürzen und an seine Stelle treten zu wnnen I Und wie unendlich höher steht der Reichskanzler, als der eitle Botschafter! Selbst die „Dresd. Nachr ", denen Niemand be sondere Sympathie für Bismarck zum Vorwurf machen wird, ge nehm in ihrer letzten Sonntags Nummer, „daß Bismarck in der <hat der größere, weitsichtigere Diplomat und daß er Arnim an staatsmännischen Eigenschaften überlegen ist." Was alle Welt »angst weiß, folgert dieses Blatt aus einem Erlaß Bismarcks an Im Reichstage gehen die Arbeiten ihren Lauf ununterbrochen weiter. Trotz alledem ist es sehr fraglich, ob dieselben t« dies»« Jahre werden zu Ende geführt werden können. Noch bringt jeder Tag neue Vorlagen. So verlangt die Retch-mtlitärv»r- waltung eine Abänderung des Gesetzes vom 8. Juli 1872, -i» - französischen Krtegsgelder betreffend. Damals wurden. «Lmlich circa 401 Millionen zu militärischen Anlagen für Elsaß-Lothringen angewiesen; dies» Summe soll auf 43 Millionen erhöht werd»«. Als Motive hierfür giebt die RetchSregierung die immer noch steigenden Arbeitslöhne und Materialprets» an. Sollte di»S in Wahrheit der Fall sein? Es verlohnte wohl der Mühe, nachzq- forschen, um wie viel theurer sich die Bauten deshalb stellen, well sehr rasch gebaut werden mußte. Ferner hat die Regierung ein««. Gesetzentwurf zu Erwerbung eines Grundstückes und zum Bau eines Seemanns-HoSpitalS auf demselben in Yokohama vorgelegt. Dasselbe ist für vier Offiziere und vierzig Soldaten berechn»!. Ausserdem hat der unermüdliche Generalpostdtrektor Stephan »ine« Zusatzartikel zu dem im Jahre 1868 mit Belgien abgeschlossenen Postvertrag, betreffend kleinere Packete und Geldsendungen, einge bracht. Dieser Artikel soll schon mit dem nächsten 1. Januar i«