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Dresdner Journal : 19.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189908197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990819
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990819
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-19
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 19.08.1899
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veius-PretS: Tür Dre-den vierteljährlich: 4 Mark 50 Ps., bei den Kaiser lich deutschen Poftanstalten vierteljährlich S Mark; autzer- halb de- Deutschen Reiche- Post- und Stempclzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Ps. Erscheinen: Täglich mit Au-nahme der Eonn- und Feiertage abend-. Fernspr.-Anschluß:Nr 1LSS Dresdner M Journal. ElnkündigungSgebührrn: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile so Ps Bei Tabellen- und Zissernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de- Dre-dner Journal» Dresden, Zwingerstr. 20 Fernspr -Anschluß: Nr. 12SL ^192. Sonnabend, den 19. August abends. 1899. Diejenigen Bezieher unseres Plattes, Lie es von hier aus nach einem andern Aufenthaltsorte nachgesendet zu haben wünschen, bitten wir, mit der bezüglichen Bestellung gleich zeitig die an die Post zu entrichtende Ueber- weisungsgebühr einsenden zu wollen. Die Gebühr beträgt im ersten Monate eines Viertel jahres 60 Pfg., im zweiten Monate 40 Pfg. und im dritten Monate 20 Pf. Wir bemerken hierzu, daß überwiesene Blätter beim Postamte des gewählten Aufenthaltsorts in Empfang zu nehmen sind. Die etwa ge wünschte Zustellung ins Haus muß daselbst be sonders beantragt werden. Auf ausdrückliches Verlangen besorgen wir die Nachsendung unter Kreuzband. Die dadurch entstehenden Kosten richten sich nach dem Gewichte der einzelnen Sendungen. Während der Weisezeit kann unser Blatt auf beliebige Dauer ebenfalls unter Kreuzband bezogen werden. Die Be stellungen sind ausschließlich zu richten an die Geschäftsstelle des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben dem geprüften Hufbeschlagsmeister Friedrich Traugott Hermann Schäfer in Dresden das Prädikat „Königlicher Hof lieferant" Allergnädigst zu verleihen geruht. 'Bekanntmachung, die Eröffnung des Betriebes auf der elektrischen Straßenbahn Kötzschenbroda—Mickten betreffend. Nachdem die vom Staate erbaute elektrische Straßenbahn von Mickten nach Kötzschenbroda bis zum Weißen Roß in Serkowitz fertiggestellt worden ist, hat daS Finanzministerium beschlossen, zunächst diese Teilstrecke der Bahn am 21. August 1899 dem allgemeinen Verkehre zu übergeben. Der Betrieb auf der genannten neuen Bahn ist bis auf weiteres an die Dresdner Straßenbahn ver pachtet worden, und erfolgt derselbe im Anschluß an den Betrieb der elektrischen Straßenbahn Dresden— (Postplatz) —Mickten nach Maßgabe der von der Direktion der Dresdner Straßenbahn bekannt zu gebenden Tarife und Fahrpläne. Die Aufsicht über den Betrieb führt der Regierungskommissar für elek trische Bahnen, Finanz- und Baurath vr. Ulbricht. Dagegen verbleibt die Erledigung der Bauangelegen- heiten und die Regelung der Besitzverhältmsse im Bereiche der neuen Bahnstrecke der Generaldirektion der StaatSeisenbahnen als der bauführenden Behörde. Die Eröffnung der Endstrecke bi; Kötzschenbroda wird in etwa drei Wochen erfolgen und von der Direktion der Dresdner Straßenbahn bekannt gemacht werden. Dresden, am 19. August 1899. Finanz-Ministerium. Für den Minister: vr. Ritterstädt. Wunderlich. Erneaauuze«, Versetzungen re. tm öffmtttche« Dienste. Zm Geschäftsbereiche »es MintstertnmS de» KnltnS und öffentlichen UnterrtchtS. Erledigt: die 2. ständige Lehrerstelle zu Pappendorf. Kollator: die oberste Schul behörde. Einkommen: außer freier Wohnung, anteiligem Honorar für Fortbildungsschule und 7ö M. Holzgeld, !2VO M Bewerbung-gesuche sind bi» 17 September bei dem König!. Bezirksschulinspektor in Döbeln, Schulrat Mushacke, rinzu- reichen; — die 2. ständige Lehrerstelle zu Grünbach bei Falkenstein i. Bgtl. Kollator: die oberste Schulbehörde. Ein kommen: 1000 M. Gehalt vom Schuldienst, 72 M. sür Unter richt in der Fortbildungsschule, 21k M. für Ueberpunden, S00 M vorausgewährte Zulage und 200 M. Wohnungsgeld. Gesuche mit den ersorderlichen Unterlagen sind bi» zum 31. August bei dem König!. Bezirksschulinspektor Schulrat vr. Bräutigam in Auerbach i Bgtl. einzureichen — Zu be setzen am 1. Oktober die neugegründete 2. ständige Lehrer stelle an der einsachcn römisch-katholischen Schule zu Plauen i. Bgtl. Kollator: da» apostolische Bikariat zu Dresden Einkommen: 1500 M. AnsangSgehalt, durch 10 dreijährige Zulagen bis 3300 M steigend, einschließlich 20 Proz. Wohnungsentschädigung. Die an den Kollator zu richtenden Gesuche sind nebst den erforderlichen Beilagen mittelst Begleitschreiben- bis zum S. September bei dem Königl. Bezirksschulinspektor Schulrat Seltmann in Plauen i.B. einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Die auswärtige Politik der Woche. Am 18. August, dem blutgetränkten Tage von Saint-Privat, der für die preußischen Garden und für die sächsischen Truppen eine ruhmreiche Erinnerung in sich schließt, ist bei Saint-Privat in Anwesenheit Sr. Majestät des Deutschen Kaisers ein Denkmal für daS Erste Garde-Regiment zu Fuß enthüllt worden. Hierbei hielten Se. Majestät eine Ansprache, in der er an die Thaten jenes Regiments erinnerte und dann, die allegorische Figur des Denkmals erklärend, auch auf daS heldenmütige Verhalten der französischen Verteidiger von Saint-Privat hinwics und ihrer in wehmutsvoller Achtung gedachte. ES darf angenommen werden, daß man in Frankreich die Empfindungen ebenfalls hegt, die unsern Kaiser bewegten, als er diese Worte sprach. Keinen Ausdruck enthält die Kaiserliche Rede, der irgendwie dem französischen Nationalgefühl peinlich klingen könnte. Und bei dem ritterlichen Wesen der Franzosen kann cs nicht aus bleiben, daß die edle Huldigung, die der Enkel des Siegers von Saint-Privat den Besiegten nachträglich gezollt hat, in jedem französischen Herzen einen sym pathischen Widerhall findet. Als eine sehr erfreuliche Erscheinung auf dem Gebiete der auswärtigen Beziehungen möchten wir den Stimmungs-Umschlag verzeichnen, der sich nach Aeußerungen angesehener holländischer Zeitungen in den Niederlanden gegenüber dem Deutschen Reiche zu vollziehen beginnt. Unsere holländischen Nachbarn sind Jahrzehnte hindurch von verschiedenen Seiten her zu mißtrauischen Empfindungen gegen die deutsche Politik angeleitet worden; und es ist nicht zu erwarten, daß dieses Mißtrauen bei dem schwer be weglichen Charakter der Niederländer von heute auf morgen ganz verschwinden sollte. Der Anfang ist aber gemocht. Und bemerkenswerterweise wächst die bezeichnete Bewegung aus der niederländischen Volks seele von selbst heraus, ohne daß wir nötig hätten, ihr künstlich nachzuhelfen. Wir hoffen, daß sich hier Keime entwickeln, die in späterer Zeit nicht ohne ge deihliche Früchte bleiben werden. Wiederholt sind letzter Tage in der Presse Meld ungen laut geworden, die die Möglichkeit andeuteten, daß ViSconti-Venosta, der vortreffliche Minister des Auswärtigen in Italien, sein Amt niederleqen wollte. Wir hegen den Wunsch, daß diese Gerüchte keine endgiltige Bestätigung finden mögen, und hoffen, daß dem greisen Staatsmanne auch in seiner Familie weitere Schicksalsschläge, die ihm den Entschluß, auf seinem Posten auszuharren, verleiden könnten, erspart bleiben. Wie wir annehmen, ist ViSconti-Venosta mit Aussicht auf Erfolg bemüht, die durch Admiral Canevaro verfahrene ostasiatische Politik Italiens wieder in eine glücklichere Bahn zu lenken. Wir empfinden auf deutscher Seite keinerlei Anlaß, dem verdienten Staatsmanne einen solchen Erfolg zu miß gönnen. Viele deutsche Blätter haben einen großen Teil ihres Raumes den Verhandlungen des Kriegsgerichts von Rennes zur Verfügung gestellt. Dort galten die dieSwöchentlichen Sitzungen dem sehr eingehenden Zeugenverhör. Was indessen von allen diesen aus der „Affaire" genugsam bekannten Herren vorgebracht wurde, war^ keiner Weise im stände, irgend eine Vorhersagung über das Ende dieses Handels anheim zugeben. Zwar schien cs so, als ob der Gerichts präsident Jouaust mit einer gewissen Geflissentlichkeit die für Dreyfus belastenden Zeugen ins Vordertreffen schickte und sie alles vorbringen ließ, waS sie nur auf dem Herzen hatten. Aber man kann annehmen, daß damit daS Pulver der Dreyfusgegner einiger maßen verschossen ist und die zu seinen Gunsten aus sprechenden Zeugen, von denen bereits BertuluS und Oberst Picquart gehört wurden, um so leichteres Spiel haben. Die ärgste Enttäuschung rief der General Mercier hervor, von dessen Erklärungen man eine geradezu niederschmetternde Wirkung er hofft hatte. Insbesondere ging durchaus spurlos vor über, was der General über das Hereinziehen Deutschlands in den Dreyfus-Handel zu sagen für gut befand. Das Thatsächliche! eines amtlichen Eingreifens Deutschlands unter Casimir-Periers Prä sidentschaft dürfte sich wohl darauf beschränkt haben, daß man in Berlin es sür nötig hielt, in Paris an die Beobachtung gewisser elementarer Höflichkcits- formen zu erinnern, die jede auswärtige Regierung erfüllen muß, wenn sie Wert darauf legt, einen deutschen Botschafter bei sich beglaubigt zu sehen. Jedenfalls kann keiner der bisher aus Rennes ge meldeten Zwischenfälle der deutschen Regierung An laß geben, ihrerseits zum Falle Dreyfus nochmals daS Wort zu ergreifen. Was etwa gesagt werden könnte, würde sich ohnehin auf eine Wiederholung der schon früher mehrfach abgegebenen Erklärung be schränken, wonach Deutschland mit Dreyfus nichts zu thun gehabt hat. Durch diese Erklärung ist die An gelegenheit zwischen den Kabinetten von Berlin und Paris diplomatisch erledigt. Der französischen Re gierung ist es nie in den Sinn gekommen, im amt lichen Verkehr mit uns cinen Zweifel an der Richtig keit der Erklärung anzudcuten; und ein derartiger Versuch wird auf diplomatischem Gebiete auch in Zukunft nicht unternommen werden. Wie aber die französische Regierung innerhalb der Grenzen ihres eigenen Landes durch ihre Militärgerichte gegen Dreyfus ver fahren ist bez. noch verfährt, ist eine Frage, deren Lösung uns gleichgiltig läßt. Wir haben weder eine Pflicht, noch ein Recht, uns zum Seelenarzt der Fran zösischen Republik aufzuwerfen und die Befreiung der Franzosen von der Wahnvorstellung zu übernehmen, daß sie im eigenen Hause beständig von Verrätern umgeben seien. — Einer der Zwischenfälle, deren man bei dieser Angelegenheit stets gewärtig sein muß, war ein feiger Mordanfall auf den Hauplvertcidiger deS Angeklagten, Labori. Er ries in der Pariser Presse begreifliche Erregung hervor, und mit ihr die Be schuldigung, das Attentat wäre von den Dreyfus- Gegnern angezettelt worden. Nach den letzten Nach richten ließ der Zustand des Verwundeten dessen baldige Heilung erhoffen. Gleichzeitig kamen die er regungsbedürftigen Pariser noch mit einer anderen Affaire auf ihre Rechnung: Hr. Guerin, den man mit anderen Antisemiten und Nationalisten wegen an geblich hochverräterischer Umtriebe hatte verhaften wollen, widersetzte sich seiner Festnehmung, indem er sich nebst anderen Antisemiten in dem Hause der Antisemiten-Liga zu Paris buchstäblich verschanzte, sodaß eine regelrechte Belagerung dieser renitenten Herrschaften nötig wurde. Mitten in Paris eine be lagerte Beste: man kann sich Vorsteven, wie „8uggestik" dieser Scherz sür die Pariser war. DaS Nachrichtenmaterial, das im Laufe der Woche über die Lage in Südafrika einlief, war einiger maßen spärlich und ließ bestimmte Schlüsse auf den Fortgang der Dinge nicht zu. Jndesfen zeigte sich in der englischen Presse eine steigende Beunruhigung; und auch in den Blättern der Südafrikanischen Re publik spiegelte sich eine große Erregung wieder. WaS an Meldungen über Kriegsvorbereitungen während der letzten Tage bekannt geworden ist, konnte aller dings die Befürworter eines friedlichen Ausgleiches der Streitfragen mit lebhafter Besorgnis erfüllen. Wir geben aber die Hoffnung noch immer nicht auf, daß, wenn die Antwort des Präsidenten Krüger auf Chamberlains letzte Vorschläge in London bekannt wird, das Kriegsfieber sich legen dürste und die Möglichkeit sich herauSbildet, eine neue Grundlage für neue Verhandlungen zu gewinnen. Nach wie vor bleibt Vorsicht und Zweifel gegenüber allen alarmierend klingenden Berichten, zumal wenn sie aus englischen Blättern kommen, geboten. Wie wenig Depeschen dieser Art zu trauen ist, hat in jüngster Zeit eine Erzählung der „Daily Mail" gelehrt, wonach die portugiesischen Behörden in Mozambique eine für Transvaal bestimmte deutsche Waffenscndung angehalten und dadurch 2inen politisch bedeutsamen Eingriff unseres Konsuls in Pretoria hervorgerufen haben - sollten. An dieser ganzen Geschichte ist, wie sitzt fest steht, kein wahres Wort. Die Thatsache, daß die russische Regierung nun mehr die Eröffnung TalienwanS als Freihafen an gekündigt, hat besonders in der englischen Presse Kommentare hervorgerufen, die diesem Schritte Ruß lands eine nur zögernde Anerkennung zollten. Es verleugnete sich auch bei diesem Anlässe nicht, mit welch tiefem Mißtrauen die englische HandclSwelt den politischen Erfolgen Rußlands in Ostasien gegenüber steht. — Aus Südschantung kamen wiederholt Meldungen von Angriffen chinesischer Eingeborenen auf die dortigen christlichen Missionen, die später dahin präzisiert wurden, es wäre die Hälfte der christlichen Gemeinden des apostolischen Vikariats Südschantung zerstört worden. Eine amtliche Bestätigung hatten indessen diese Nachrichten bisher nicht erfahren. Sind deutsche Missionen in der That geschädigt, so wird sich die deutsche Regierung ihrer selbstverständlich annehmen. Ein solches Ein schreiten kann aber nur zu Gunsten des wirklichen Eigentums dieser Missionen und nicht etwa der Habe von Chinesen stattfinden, die zum Christentum bekehrt sind. Dafür fehlen völkerrechtliche Handhaben, wie überdies im Interesse der guten Beziehungen Deutsch lands und Chinas auch jeder Schein vermieden werden muß, als wäre ein dem Christentum gewonnener Chinese zugleich deutscher Reichsangehöriger geworden, der nun beim Deutschen Reiche Ansprüche hätte auf einen besonderen Schutz der chinesischen Regierung gegenüber. Aus Portugal ist ein schlimmer Gast, die Pest, gemeldet und dadurch eine begreifliche Beunruhigung hervorgerufen worden. Diese hätte jedoch vermieden werden können, wenn von portugiesischer Seite gleich beim Auftreten der Seuche zugegeben worden wäre, Kunst und Wissenschaft. Refidenztheater. — Am 18. d. Mts: „Die Cameliendame". Dramatisches Gemälde in fünf Aus zügen von Alexander Dumas' Sohn. Deutsch von L. v Alvensleben. Man kann es begreiflich finden, daß da« Geschlecht der Cameliendamen, von der Marguerite de« jüngeren Duma» bi« zu der Bertonschen Zaza hinab, noch immer nicht von der Schauspielbühne verschwinden will; diese Gestalten bieten zu viel des Verlockenden an darstellerischen Effekten, an glänzenden Virtuosenkünsten dar, als daß eine Schauspielerin von Bedeutung und Ehrgeiz Verzicht leiste auf derartige Rollen, in denen ihrer individuellen Gestaltungskraft der weiteste Spielraum gelassen ist. Der Mehrheit de» Publikum» freilich ist wenig mit der gänzlich undeutschen Verherrlichung der Gesellschaft „äs css äawss" gedient; man ist durch eine gesündere deutsche Realistik glücklicherweise längst über den untragischen Jammer hmweggekommen, von dem die französische Courtisanen- dramatck erfüllt ist. Wenn Frau Maria Reisenhofer vom Deutschen Theater in Berlin gestern abend als Marguerite Gauthier ein volle« Hau« vor sich hatte und reichen Beifall erhielt, so galt da» eine wie der andere nur ihr, die man hier in Dresden seit langem al» hervorragende Darstellerin schätzt, nicht dem 'moralisch ungesunden, sentimentalen Stücke, in dem sie wirkte. Von diesem Gesichtspunkte au» beurteilt, konnte man sogar da» unterdrückte Schluchzen begreifen, da« während de» unerträglich rührseligen letzten Akte« sich hier und da im Zuschauerraume bemerkbar machte So wenig Maria Reisenhofer ihrer blühenden, schönheit-vollen, in weichen Linien dahinfließenden Er scheinung nach zur Verkörperung der kränklich-zarten Marguerite, auf deren Wangen die TodeSrosen blühen und oeren jHlanter Körper von uauuSgeietzlen heftigen Schwächeanfällen durchschüttert wird, prädestiniert ist, so bedeutend ist sie es darstellerisch, deklama torisch wie mimisch. Ohne Pathos, ohne äußere Effekt hascherei, lediglich durch tiefe innere Beseelung von Sprache und Spiel, durch feinkünstlerische Betonung deS pathc logischen Zustandes Marguerite«, durch zarte Andeutung jener verschleierten Müdigkeit, die Körper und Seele der reuigen Sünderin beherrscht, durch den wirkungsvollen Ausdruck stiller Entsagung, als e« gilt, eine tiefe und echte Liebe aus dem Herzen zu reißen, durch da« große Vermögen, die innere Wandlung einer Gefallenen zu charakterisieren, wirkt die Berliner Künstlerin, und gerade de«halb ist diese Wirkung eine volle, unmittelbare, den Zuschauer erschütternde und mächtig bewegende. Mit ihrer gestrigen Leistung hat sich Frau Maria Reisenhofer ein neue« Blatt in den Kranz ihrer hiesigen Erfolge ge wunden. Da« Stück gab von unseren einheimischen Künstlern besonders Hrn. Han» Siebert (Armand Duval) Gelegen heit zur Bethätigung seine« Können«. Allgemein betrachtet, war die Leistung de« Lobe« wert. Der Künstler war mit Hingebung bei seiner Aufgabe, er zeichnete die Linien der Gestalt fest und klar, er fand den vollen, warmen Aus druck für die leidenschaftliche Liebe Armand« zu Marguerite, ohne die Beherrschung über Sprache und Spiel zu ver lieren, und er verstand e« insbesondere, seinem Armand da« zu geben, waS der Dichter in dieser Figur bedeutsam betont: den von der moralischen Fäulnis der Zeit noch nicht ergriffenen, rein und edel fühlenden und handelnden Jüngling. Im Einzelnen bleibt freilich noch manche« aulzusetzen an dem wohl noch jugendlichen Künstler. Au« seinem Dortrage will da« des öfteren erwähnte Tremolo nicht weichen, und im Spiel macht sich hie und da noch künstlerische Unfreiheit geltend. Enttäuscht hat der sonst so treffliche Hr Ignaz Janda durch seine wenig lebens volle Darstellung de« allerdings vom Dichter völlig ver- zellynete», innerua) unwahren alleren Duval. Da» Palhos, das Hr. Janda in die Worte seiner Rolle legte, war ein wenn nicht direkt falsches, so doch unbedingt ungerecht fertigte«. Die kleineren Rollen der Prudence und Nanine und des Gaston, de» St-GaudenS und Varville wurden von den Damen Julie Kronthal und Bertha Blanden und den Herren Heinz Stillfried, Karl Friese und Karl Bayer angemessen durchgeführt. W Dg». Die Deutsche Kunstausstellung Dresden 1899. XVII. Die dekorative Kunst. Durch das Rosesche Treppenhaus gelangt man in ein gleichfalls ganz in lichten Farben gehaltenes und von dem hellsten Licht durchflutetes Speisezimmer (Nr 38), dessen ganze Einrichtung al« Teil eine« Landhauses gedacht ist. Als Urheber dessclben führt der Katalog den Architekten Martin Dülfer in München an, während die Ausführ ung der einzelnen Arbeiten verschiedenen Münchener Firmen, wie Anton Pössenbacher, Steinicken u. Lohr und Wilhelm u Lind anvertraut worden ist. DaS ganze Zimmer ist in seinen unteren Partien mit einer Wandverkleidung au« hellpolicrtem Fichtenholz, daS mit geblauten Eisenbeschlägen geschmückt ist, versehen. Höchst originell und dem Charakter eines nur im Sommer bewohnten Landhauses entsprechend nimmt sich die über der Vertäfelung angebrachte Matten- Verkleidung aus. Der obere Teil der Wand ist weiß gelaßen. Nicht nach jedermanns Geschmack wird e« sein, daß der Fußboden mit roten Thonplatten aus der Mosaik-Plattensabrik Deutsch-Lissa ausgelegt ist Doch ist der auf diese Weise erzielte farbige Gegensatz zu der Hellen Stuckdecke mit Flammenbogcn recht wirksam. Auch hat man da« Gefühl angenehmer Kühle und einer an holländische Vorbilder erinnernden Sauberkeit. In die Wandverkleidung sind Schränke, Nischen und Bortbretter emgetayen, die vielleicht zu zahlreich sind und zu regel mäßig wiederkehren, sodaß man den Eindruck de« Apotheken artigen nicht recht loS wird. Besondere Sorgfalt ist auf die Auswahl de« Holze« verwendet worden. Da« fein jährig, langsam gewachsene Fichtenholz stammt von den höchsten Bergen der Jachenau bei Langgrün und hat drei Jahre lang vor der Verarbeitung gelagert. Das Licht empfängt diese« Zimmer durch zwei nach Süden und Westen gelegene Fenster, von denen da« größere, fünf teilige mit marmoriertem Gla« und drei Einsätzen (Hahn, Katze und Laubfrosch) besonder« gelungen ist Wunder voll ist auch der in einer Nische untergebrachte graue Marmorkamin von Bardiglio Fiorito mit eingelegten Onyxplatten, den Zuisler u Baumeister in München ausgeführt haben. Die einzigen Möbel diese» Speise zimmer» sind ein Tisch und einige hohe Korbstühle von großer Bequemlichkeit. Der Tisch ist mit Zinngeräten und verschiedenen Speiseutensilien überaus wohnlich gedeckt. Die aufgelegten Besteck« sind Proben der von Riemer schmid erdachten neuen Art, die sich jedoch erst noch al« praktisch erweisen muß, ehe sie allgemeine Verwendung finden wird. Die Eigenart de« ganzen Dülferschen Entwurfes besteht in der großen Zweckmäßigkeit der Er findung Die neuen Formen, die er hier geschaffen hat sind der Bestimmung de» Raumes in jeder Hinsicht an-' gemeßen und bewegen sich in Linien, die un« wohl an fangs etwa» fremd anmuten, die aber schon nach kurzem Verweilen in dieser Schöpfung wegen ihrer klugen Berech nung al« selbstverständlich erscheinen. In dem kleinen Zimmer Nr 39, dessen Decke au« Kalkmörtel nach einer Skizze der Architekten Schilling und Gräbner von Ernst Hottenroth in Dresden modelliert worden ist, fallen einige einfache, aber geschmack volle Möbel von Jol Ernst Sattler auf, die vermut lich in Privatbesitz sind, da sie der Katalog als unver käuflich bezeichnet Außerdem bewundert man mehrere prachtvolle Stickereien von Frau v. Brauchitsch in Halle,
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