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dtr. 83. Dienstag den 5. März Lvtt7. v. ^Zayrgaaft. »stchelnt tüalich nach«, mit Ausnahme der Sonn- und Hesttage. Be»»g-prei-t Biertelj. 1 8V 4 (ohne Bestellgeld), für Oester- reich »X LS d. Bet a, a. Postanstolten l. ZeitungSvreiSIiste Nr, «8KS. Ut»j«tnummer 10 Ps. — RedaktionS-Sprechslunde' 11—12 Uhr. »SS——»SL-.-L»-! --,,»7-« H Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Reiht «.Freiheit I Inserate werde» die»gespalt Perilzeile od derenRnum mtt 15» 4, ! Rellnme» mil LO 4 die Zeile berechn b Wiederd dedeu, Bod.iN. «uchdriickerei. Redaktion und <«cschastsfie!Ie> Dresden Pillniher Strafte 1!». — ?eern>drecher Nr. 136Ü. Zur Privatbeamtenbewegung. Eine der ersten Interpellationen, welche den neuen Reichstag bescl>äftigen wird, betrifft die Privatbeamten - frage. Die Interpellation verlangt Auskunft darüber, rvarum die Denkschrift iiber die von den Privatbeamten veranstaltete private Engnete vom 15,. Oktober 1903 noch immer nicht erschienen ist. trotzdem die Negierung ihr Er scheinen schon für das Frühjahr 1906 und neuerdings für den Herbst 1906 in Aussicht gestellt hatte. Dem Erscheinen dieser Denkschrift wird in den Kreisen der Beteiligten mit größter Spannung eutgegengesehen, ist der Jnlsalt doch) be rußen, eine statistische Lücke auszufüllen, welcl>e sich bei den bisherigen Bestrebungen in der empfindlichsten Weise geltend mochte. Welche Berussgruppen können unter der Sammel- bezeichnung „Privatbeamte" oder „Privatangestellte" zn- sammengefaßt werden? Eine einwandfreie Präzisierung dieses Begriffes ist zur Stunde nicht gegeben, trotzdem inan es versucht hat, durch Positive und negative Umschreibungen zum Ziele zu gelangen. In Anknüpfung an vorhandene ge setzliche Bestimmungen hat man sich in der -Oeffentlichkeit daran gewöhnt, folgende Gruppen dem Privatbeamten- staude anzuglicderu: 1. Alle diejenigen Personen, welche gemäß 8 5,9 des Handelsgesetzbuches als kaufmännische Angestellte anzn- sehen sind, also die Handlungsgehilfen und -Gehilfinnen. 2. Das technische Betriebs- und Aufsichtspersonal, das im 8 133rr der Gewerbe-Ordnung erwähnt ist, u. a. die In genieure, Techniker, Werkmeister, Zeichner, Chemiker in privaten Betrieben. Zu diesen Angestellten zählen auch nach den Vorschriften des 8 20 des Reichsgesetzes betr. die privat rechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, die Schiffs- sichrer der Binnenschiffahrt, ebenso die Floßsührer. 3 tverden als Privatangestellte angesehen die im 8 -98 des Allgemeinen Berggesetzes mit höheren Dienstleistungen be trauten Personen im Bergbau, ebenso die zahlreichen Ange stellten der Handelsmarine, wie Kapitäne, Offiziere. Aerzte Proviant- und Zahlmeister, deren Dienstverhältnis in 8 2 Absatz 2 der Seemaunsordunng Ertnähuung findet. — 4. ge- hören zu dem großen Heere der Privatbeamten noch die in 8 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches erwähnten Personen, „der mit festen Bezügen zur Leistung böberer Art Ange stellten, deren Erwerbstätigkeit durch das Dienstverhältnis vollständig oder hauptsächlich in Anspruch genommen ist. insbesondere der Lehrer, Erzieher, Privatbeamten, Gesell schafterinnen." Ter Begriff „Angestellte höherer Art" läßt allerdings einen weiten Spielraum zu, und bringt es mit sich, daß cs in Einzelsällen stets zu Auseinandersetzungen darüber kommt, wo das Grenzgebiet des Privatbeamtenstandes m einwandfreier Wei'e abzustecken ist. Einer später ent setzenden Gesetzgebung wird es Vorbehalten sein, hier die Scheidelinien festzulegcn. — Immerhin kann man das große Heer der geistigen Arbeiter im vrivatwirtschastlichen Er werbsleben in vier große Gruppen einteilen. An 1. Stelle die kaufmännischen Angestellten. 2. Tie technischen Privatbeamten, hierzu rechnen wir auch die ver wandten Berufe, wie die Faktoren, Schisfskapitäne, See- Maschinisten n. a. 3. Die Gruppe der Bnreaubeamten, Notariats- und Anwaltsgebilsen, Angestellte der Kranken kassen und Berufsgenossensckxiften. -1. Tie landwirtschaft lichen bezw. Güterbeamten. Es bliebe dann noch die kleine Gruppe der Privatsekretäre. Privatlehrer. Volkswirtschafts beamte, die man unter der Rubrik „Verschiedenes" cin- reihen könnte. Die letzten amtlichen Statistiken über die zahlenmäßige Stärke dieser Gruppen fußen ans den Ergebnissen der Be rufs- und Gewcrbezählung vom Jahre 1895 und können beute nicht mehr als Maßstab angelegt werden. Der Be rufs- und Gcwerbezählung im Juni dieses Jahres wird es Vorbehalten sein, die nötigen Ergänzungen zu schaffen. Maß gebende Publizisten schätzen die Gesamtzisfer der Privat beamten im Deutschen Reiche auf 2 Millionen Köpfe ein. Die Familicn-Angebörigcn in Betracht gezogen, repräsen tieren diese Erwerbsgruppen mithin einen Bevölkernngs- Bnlchteil von rund 5 Millionen Staatsbürger. Der angeführten Gruppierung entspricht auch der organisatorische Zusammenschluß der einzelnen Gruppen. Dieser Zu'ammcnschlnß weist gerade in den letzten Jahren eine äußerst starke Entwicklungskurve auf und mit Ende dieses Jahres dürfte die erste halbe Million organisierter Privatbeamten überschritten sein. Am stärksten entwickelt ist die organisatorische Form bei den kaufmännischen Angestellten, welche heute bereits ein Kontingent von 350 000 Angehörigen stellen, während die technischen Angestellten rund 100 000 organisierte Be rufsangehörige aufweisen. Am rückständigsten aus diesem Gebiete erscheinen die Bnreanbeamten sowie die Landwirt schafts- bezw. Güterbeamten. Die Zahl der letzteren wird heute auf 100 000 Köpfe veranschlagt, von denen annähernd 6000 in kleineren Vereinen znsammengeschlossen sind, welche sich in dem „Gütcrbeamtcn-Verband" zentralisieren. Sichere Anzeichen lassen jedoch erkennen, daß auch innerhalb dieser beiden Gruppen der organisatorische Gedanke bald an Ein fluß gewinnen wird. Fnsionsbestrebungen zwischen den be stehenden Verbänden und Vereinen der Bnreanbeamten sind seit einiger Zeit eingeleitet. Der SchNvrpunkt der Entwicklung, den die Privat- beamten-Organisationen in den letzten Jahren durchgemacht haben, liegt weniger in dem starken zahlenmäßigen An wachsen des Mitgliederbestandes und der finanziellen Er starkung der Verbands-Einrichtungen begründet, als viel mehr in der inneren Wandlung, die diese Gebilde durch gemacht. Anfänglich als Wohlsahrtseinrichtuugen bezw. Stellenvermittelung begründet, lag der Sckfwerpnnkt der Tätigkeit längere Zeit in der Pflege dieser Einrichtungen. Das txiritätische Prinzip war allein maßgebend, die gewerk schaftliche Grundlage wurde grundsätzlich verworfen. Heute ist die diesbezügliche Entwicklung bereits soweit gediehen, daß behauptet lverden darf, daß der Gedanke des geinerk- schaftlichen Zusammenschlusses innerhalb der Privat- l-camtenorganisation gesiegt hat. Nock) nehmen nicht alle vorhandenen Gebilde diese Lösung an, einzelne weisen sie nach wie vor konseguenterweise zurück, aber für den auf merksamen Beobachter dieser Vorgänge sind die Würfel ge fallen. Die Form des gewerksckxistlichen Zusammenschlusses wird für die Zukunst das Feld beherrschen! Nicht mehr die Wohlfahrtseiurichtung, die Stellen vermittelung, die Pensions- und Krankenkasse sind aus schlaggebend, sondern das sozialpolitische Programm, die Propaganda, die Beeinflussung der Gesetzgebung, die standespolitische Betätigung werden in Zukunft den Aus schlag geben. Das muß man berücksichtigen, wenn man die modernen Forderungen der Privatbeamtenbewegung, auf die noch näher eingegangen werden soll, verstehen will. Deutscher Reichstag. k. Berlin. 8. Sitzung vom 2 März 1907 Au) der T-igesoidnung siebt die Fortsetzung der Gen-ral- debatte zum Etat. — Der Mmistertisch ist zuerst ur.beützr Mg. Dr. Schädler (Zentr., widerlegte die mit orient.Nisckier Phantasie erzählten Märck n über da? Zentrum und geh! auf d»n Nacktragsetat für Südwestah ika aussührlich ein Er betont, datz der Zentrumsantiag nur von Vorbereitung? , spreche. Im Frilb- jahr 1906 hat der Reichstag einstimmig die „Heimbistöcdeiuug von Verstärkungen" beschlossen, wenn man von einem Eingriff in die Kommandogcwalt redet, war hier der erste Eingriff (Sehr gut!) Der Zentrumsantrag spricht nur von ^Vo>beieitnngen". er be stimmt nicht, daß am 1. April 1907 nur 2500 Mann dort sein sollen. (Sehr richtig!) Die Zahl der Vorbereitungen ist eine grotze und umfassende. Wo tlaur und Begründung des Antrages zeigen daß wir für Unt rWeisung des Umstände« jeden Mann und jeden Groschen bewilligten. (Sehr richtig!) Die Ealnstckeluui, der Dinge hat uns reckt gegeben. Dank der Vermittelung des Paters Matinowsky kam die Unterwerfung zu stunde. Hoffentlich schadet es nichts dem Reiche wenn der Pater ein Pole ist. (Hei'erkcit.) Noch sonderbarer ist, daß dieser so verdienstvolle Pater jetzt nicht in Deutschland von seinen Muhen und Strapazen ausrufen darf. Noch mehr Aufseben aber muß es erregen, wie man jetzt die k thobschen Schwestern aus Südwestaliik.r entsrrncu will. (Hört! hört!) In dts Kvinmandogewalt des Kaisers greisen wir nicht ein, schon weil wir eine Vcrfassunaspartci sind. Kein NcickSgel'etz ver pflichtet den Reichstag, eine bestimmte Truppenzabl für die Kolonien zu bewilligen. Der Reichstag hat srei zu entscheid.» und tat dieS auch. Sowohl heim Et t für Ostafrik^, w e auch bei der ostasia- trschen Expediti-m hat der Reichstag Abstriche beschlossen und niemand bat von einem Eingriff in die.Kommandogcwali gesprochen. Damals war also alles „antinationo!" im heutigen Sinne. (Sehr put!) Unser Antrag zum Eise bahnbau in Südwestafrika war keine Ueberraschung; da« Zentrum hat die Sacke nicht verschleppt. Dr. Spahn ha' sogar vocgeschlagen, noch >-inen Tug länger zu sitzen, aber da hieß es: »Mutter, der Mann mit der ro en Mappe ist du!" (Große Heiterkeit.) Der Kollege Gröver, von dem man nicht weiß, ob man ihn außerhalb des Hauies als .Landgerichtsral" oder „Landgerichlsdirekor" o-,reden muh (Heiterkeit), hat mit Recht heivorgchoben, daß der Reichskanzler aut die vorgebrachten Dinge nicht eingehe und etwas widerlege, waS niemand belmup'et hat. Ich muß dasselbe sogen. Der Reichskanzler ve>tcidigl sich, daß er Volksrcchte nicht ve letzen wollte, aber wir haben ihm di sen Vor- wuis gar nicht gemacht. Dagegen steht fest, daß in der liberalen Presse ein Kampf gegen die Volksrcchte (allgemeines W»h recht) geführt wird, was Redner des längeren nachweist. lieber die tat sächlichen Einwürsc geht man flüchtigen Balleischri'teS hinweg. Der Neichkanzler hat versichert, daß er am Wahlrechte nicht rüttle. Sein Wort in Ebren, aber pup'llarische Sicherreit hat eS nickt. Wre rasch verschwinden die Reich'- 'anz'er. Wie haben die National- liberalen bezüglich des Wahlrecht sich geh Ulen in Preußen. Sachsen. Votier» »sw. Der Reichskanzler hat gesagt, daß er künftig noch mehr eingrerfen werde. Das sind wir nicht gewohnt! Wir schützen aber da« Recht der Beamten und wir protestieren daß der Beamte als Handlanger und Speisbub von der Regierung angesehen wird. Auch der Beamte hat seine politische Ueberzeuguug. (rkebh. Beifall ) Und diese schützen wir. Der Reichskanzler hat gesagt, er habe keine Gelder aus .nimlichem Wahlfondö" verwendet. Hurst Bismarck hat sich am 3. März 199) ganz anders ausgesprochen Er wollte keine Wahlbeeiiiflussung der Beamten: ,,Es ist des ersten Beamten des Reiches unwürdig, daß er mir dem Klingbenlel herumgeht!" (Sehr richtig!! Und hat der Reichskanzler sich um die Verteilung der Gelder gar nicht gekümmert? Wie viele Beamte der Koloniul- abtciluna haben Flugblätter geschrieben ' Ta schrieb ein »Katholik" von unserer .allerheiligsten Religion" (GroßesHeiterkcil!) Ganz anders hat der Reichskanzler sich am 24. November 4900 aus gesprochen. wo er die Sammlung von Geldern als einen „Miß griff* bezeichnet. Damals sagte der Reichskanzler: „Sie kennen mich noch gar nicht." Fetzt kennen mir ihn sehr gut! (Große Heiterkeit.) ES war gut, daß die Römer einen Mann mit dem doppelten Gesicht hatte»; ein Fanusgesicht! Das Zentrum müßte gottessträflich dumm sein, wenn es sich in der Stichwahl nach dem Wunsche des Reichskanzlers hätte richten wollen! Denn der Reichskanzler ist Parteiführer und wollte uns an das Messer liefern, aber da laufen wir ihm nicht entgegen! Der Reichskanzler hat mit hohem Lobe der Bischöfe und Natsonalkatholiken gedacht Ich vindicire den Bischöfen das Recht, in Wahlfragen Stellung zu nehmen: ich begrüße den Anfang und hoffe, daß die Tradition des Schweigens aufhört in Sachen, die die Diözesen beschäftigen. Ich bedauere nur, daß man die Kundgebungen mißbraucht hat! (Sehr gut!) Der Block hat sich an den bischöflichen Hirtcnstab ge halten! Der Flotteiwerein hat in skrnvelhaftcr Weise Politik ge trieben, aber auch Konfessionshetze! (Sehr richtig!) Für den über zeugten ZentrumSmann gibt eS nur eins: Heraus aus dem Flotten- verein! (Sehr richtig!) Fm Block soll Pas „freie Bürgertum* sitzen? Das ist eine Ueberhebnng! Was sind wir? Sind wir Heloten? (Rufe: Sehr gut!) Den Schlag führte man gegen uns; aber er ging daneben! Wir sind gestärkt zurückgekehrt. (Bravo!) 11ns hat es nichts geschadet! Wir stehen hier zu erneuter Aidest. Fn den Schmollwinkel stellen wir uns nicht! Wir stehen ans unserem allen Standpunkt. Treue gegen Treue. Unser Volk stetst zu uns. Versuchen Sie cs nur aufs neue mit einer Auflösung. Sie beißen auf Granit. (Lcbbaslcr Beifall.) Abg. Gothkni (Frei«'. Ver.): Wir verurteilen die gräßliche Wahibecinflussnug Das Reichstagswahlrecht ist h-nte nicht mevr gefährdet, besonders nach dem Ausfall der Wahl Gröber hat in Württemberg mir aller Kraft gegen die Wohlreform ge arbeitet. Der Unwille deS Volkes war entstanden ob der heim lichen Nebenregiernng. An die liberal-konservanve Paarung glaube ich nicht: sie kann nicht lange dauern: im Wahlkampfe habe ich hiervoll nichts gemerkt. Mir ist im Wahlkampfe vorgeworfcn worden, ich wollte u-e-ne Wähler !U Greifswald katholisch »rachen. (Große Heiterkeit.) Wenn wir einem tonservaliven Kandidaten Vorwerken, daß er eine katholische Frau habe, so füge» wir bei, daß er sehr unter dem Einfluß seiner Frau stand. (Heiterkeit.) 0 ir werden der Regierung da Opposition machen, wo sie reaktionäre Politik macht (Beifall links.) Staatssekretär Graf Posadowsky: Schädler stützt sich auf Memoiren: aber diese sind nicht beweiskräftig. ,Gröber: Eben sowenig wie Registraturen. (Große Heiterkeit.j Man sei nicht so nervös in der Frage des Wahlrechts. Der Reichskanzler hat seine Stellung klar ausgesprochen. Das Hans vertagt die Weilerführnng der Debatte auf Montag 1 Uhr. Schluß 3 Uhr. Dresden, den 4. März 1907. - Ter Kaiser wohnte am 2. d. M. dem Vortrag« des Nordpolfahrers Amnndseii bei. Auch Knltnsininister Tr. v. Stndt war bei dein Vorträge anwesend. — Tas preußische Abgeordnetenhaus hat den Handel s- ctat zu Ende beraten. Ter ZentrnmSabgeordnete H o h - eisel sprach sich für Einsühriliig des Religionsunter richtes iit Fortbildungsschulen ans. Tie Debatte zeitigte aber sonst nichts Nennenswertes. Es wurde alsdann die Beratung des Etats der Preus;iscl>en Zentralgenossenscklasts- lasse begonnen. Ter Abgeordnete F a s; b e n d e r (Ztr.) trat für Ausbesserung der Kassenbeaniten eilt und regte an. das; die Genossensckxutstässe sich in den Dienst der Ent schuldung des kleinen ländlichen Grundbesitzes stellen solle; letzteren Gedanken griff der Finanzminister v. Rheinbaben dankbar ans und hielt denselben nie sehr fruchtbar; alsdann gab der Minister eine lieb erficht über die Entwicklung der Zentralgcnossenschaststasse. — Am Montag wurde die Be ratung fortgesetzt. Jin preußischen Abgeordnetenhause bat sich die Fraktion der Freisinnigen Vereinigung ans Grundlage der Vereinbarung, die die Fraktionen der liberalen Linken im Reichstage getroffen haben, zu gemeinsamer Parlamen tarischer Arbeit bereinigt. — Der Brannschwciger Landtag ist vom Negentscharis- rate ans den 12. März einbernfen worden. Tic Tciniisiviisgerüchtc Studts entbehren nach der „Post" jeder Unterlage. Seine Stellung soll zurzeit fester denn je sein. Sollte Herr v. Stndt wirklich in Anbetracht seines Alters, w as nicht u n wahrsche ! nlich ist. nach einiger Zeit seinen Posten verlassen, io geschieht dies jedenfalls nickst wegen eines Konfliktes im Staats- ministerinm, von dem jetzt gefabelt wird. Als sein Nach folger soll dann, wie inan in Kreisen, die dein Kultus ministerium nahestehcn, annimmt, in erster Linie der jetzige Handelsminister Tr. T e l b r ü ck in Betracht kommen. — Staatssekretär Gras Posadowsky ist den Konservativen ein Dorn im Auge; sie benützen deshalb jeden Augenblick, um gegen ihn anslürmcn zu können! Dazu bietet ihnen die letzte Rede desselben im Reichstage wieder Gelegenheit. So schreibt die „Deutsche Tageszeitung": „Tie große Heiter- keit, die er mit der Bemerlnng, das Programm des Fürsten Bülow erfordere den Zeitraum vieler Sessionen, im Zen trum und bei den Sozialdemokraten erweckte, bekundete am besten, dos; die Ausführungen des Staatssekretärs des Innern nicht ganz geschickt Nxiren. Tas gilt besonders bon dem letzten Satze, in dem er die Entscheidung über die Tilichsübrbarteit der Projekte des Reichskanzlers der Zu kunft überließ und nur die Hoffnung, nicht die sichtbare Er wartung anssprocb, das; es dem Geschick des leitenden Staatsmannes gelingen werde, in absehbarer Zeit sein Pro gramm auch zu verwirklichen. Nun ist es ja staatsrechtlich und formell durchaus richtig, daß es sich im Tentschen Reiche nickst um ein Programm der Negierung, sondern nur um ein solches des allein verantwortlichen Reichskanzlers lxni- deln kann. Gleichwohl wäre es vielleicht zweckmäßiger und für die lnnftige Entwicklung gedeihlicher gewesen, wenn der Stellvertreter des Reichskanzlers etwas wärmere Töne und etwas entschiedenere Werte gewählt hätte. Wir sind unserer seits dnrckxins davon überzeugt, das; Gras Po'adowSky voll kommen den Standpunkt des Fürsten Bülow teilt. Andere aber könnten ans seinen Worten vielleicht schließen, das; doch gewisse Meinungsverschiedenheiten obwalten dürsten. Ge rade jetzt ist jede Möglichkeit eines Zweifels an der Einheit lichkeit der Regierung doppelt bedenklich und deshalb alles zu vermeiden, was als Zeichen mangelnder Einheitlichkeit von den Gegnern der Negierung und mißgünstigen Be obachtern gedeutet werden könnte," Alsa doch cingemischt. Tei nationalliberale Abge ordnete Feblbauer bat einem Provinziallstatt einen Brief geschrieben, der mit seiner Zustimmung vcrönentlicht wird. In diesem Briefe teilt der genannte Abgeordnete mit, daß Fürst Bülow bei der Wabl des Reichstagspläsidiums ein- gegriffen habe. Es beißt in dem Schreiben: „Ich kann kon statieren, daß der Ausfall der Präfidinmswahleu ein