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MdmfferTagehlatt M Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt i.. i Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Tageblatt" erscheint wcrltagr nachm. t Uhr. Bezugrpr. monatl. 2 RM. frei Haus, bei Postbestellung »ebn, ° "destMgeld. Einzelnummer W Rpf. Alle Poftanstalten, Postboten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle aen^b^^«^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend sonstiger"!»?,^ drstchl kein Anspruch ! U 2-2 au, Li-s-rung der Z-i- mng oder Kürzung des Bezugspreises. 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Ter tschechische Staat Pflegt die deutschen Forderungen zu überhören. Er be treibt die systematische Unterdrückung der Sudelendeut schen. Er ruiniert sie wirtschaftlich und überläßt sie dem Hunger und Elend. Die folgenden Tatsachenberichte er heben laute Anklage. Im sudetendeutschen Gebiet gibt es über 400 000 Er werbslose unter 3,5 Millionen Einwohnern, mehr als in Frankreich unter 40 Millionen, d. h., daß jeder dritte Sudetendeutsche von der Arbeitslosigkeit betroffen ist. „Helfet, hier sterben Menschen Hungers!", so rief es kürzlich Konrad Henlein in die Welt. Die Antwort der tschechischen „Menschenfreunde" war: Vernichtet die Deut- lchen, sie sind die Feinde des Friedens! Und sie zählten °uf, was zu ihrer Vernichtung führt: Enteignung ihres Grund und Bodens, Enteignung der Bergwerke, die "och in ihren Händen sind, Entfernung ans dem Staats- bienst und der Polizei. Die sudetendeutsche Wirtschafts- ist der Spiegel ihrer nationalen Versklavung! Es war m den Zeiten wirtschaftlicher Hochkonjunktur, als 40 000 Autsch^ Staatsbeamte und -arbeitet von ihrem Arbeits- w.H.vertrieben, die Neueinstellung deutscher Beamten und Arbeiter unmöglich gemacht, 800 000 Hektar deutscher . veil geraubt und 20 000 Forst- und Güterbeamte Amenzlos, dadurch ferner die Neubildung deutschen ^üUerntums unmöglich gemacht wurden, deutsche Jndu- strieunternehmungen deutsche Arbeiter entlassen und tschechische aufnchmen mußten, ihre Produktion durch die Errichtung tschechischer Werke einstellen oder ins tschechische Gebiet verlegen mußten. 'Durch diese Maßnahmen, die auf die Vernichtung des ^udeiendeutschtums abzielen, wurde es um rund MO 000 Arbeitsplätze beraubt! In diesen von Deutschen- haß diktierten Maßnahmen liegt die Wurzel allen Elends, der Anfang allen Hungerns und Leidens, das sein Ende "Ur im Sterben findet. Ist das noch Menschlichkeit, wenn man Menschen sterben läßt, nur weil sie Deutsche sind? Seit Jahr Und Tag erschallen die Verzweiflungsrufe der Hungern den, und als Antwort aus Prag schickt man ihnen Staats polizei mit Panzerwagen, statt Brot und Kartoffeln, oder man quittiert die Hilferufe mit Haß und Hohn. Es ist der Weisheit letzter Schluß, den hungernden Arbeitern eine Freifahrkarte in das Sowjetparadies zu schicken, um sie nur los zu sein und sie im Land des Massenmordes im Hungerelend untergehen zu lassen. Das ist die Arbeits losenfürsorge in einem demokratischen Staate. So sieht es in dem demokratischen Staate aus, in dem vier sozialdemokratische Minister in fetten Pfründen sitzen: Arbeitslosenunterstützung be ziehen nur die gewerkschaftlich Organisierten, und die nicht tsiehr als 75 Pfennig am Tage. Von den Erwerbslosen aber waren nur 36 v. H. gewerkschaftlich organisiert! Die anderen 64 v. H. sind angewiesen ans die w ö ch e n t l i ch e Unter st ützungvonl Markt!), wenn sie ledig, und 2 Mark, wenn sie verheiratet sind. Viele erhalten über haupt keine Unterstützung, wenn sie etwa als Heimarbeiter im Gebirge ein Häuschen besitzen. In den drei Erzgebirgs orten Brandan, Katharinaberg und Gobiegsneudorf gibt es bei zusammen 3000 Einwohnern 848 Erwerbslose, von denen 257 die gewerkschaftliche Unterstützung, 162 die staatliche Unterstützung beziehen und 429 ohne jede Unter stützung ihr Leben von Kräutern und Mäusen fristen müssen. Von den 253 Kindern einer Schule in Silberbach im Egerland kommen 38 täglich ohne Frühstück, 57 ohne Mittagessen, 237 aber können sich niemals sattessen. Im Karlsbader Ferienheim waren 75 v. H. der untergebrachten Schulkinder tuberkulös und rachitisch, blutarm und skrofu lös, 38 v. H. kennen keine Milch, 19 v. H kein Ei. Ein Drittel aller Arbeitnehmer in der Tschechoslowakei ver dient wöchentlich bis 6 Mark, die Hälfte höchstens 10,80 Mark. Ja, 6 Mark, 8,40 Mark, 10 Mark, das sind bei fast gleichen Preisen wie im Deutschen Re«ich die Löhne in der tschechischen marxistischen Hochburg! In Prag und Budweis z. B. wurden die Arbeiter gezwungen, für freie Wohnung und Beköstigung zu arbeiten, viele müssen alle sozialen Abgaben leisten, in dem gleichen Bezirk wurde ein jüdischer Damenkonfektionär festgestellt, der drei Angestellten zusammen am Tage 1 Mark zahlte. Vor dem Postamt inTroppau (Schlesien) brach ein junger Mann plötzlich zusammen. Als er wieder zu sich kam, erzählte er, daß er schon acht Tage nichts zu sich genommen habe außer Wasser. In einem Gebirgsort im Adlergebirge fand man in einer ärmlichen Wohnstube die Leichen einer Frau und zweier Kinder, die in un gelenker Schrift die erschütternde Ursache für ihren Mord und Selbstmord angibt: „Ich kann das Hungern und das Rufen meiner Kinder nicht mehr m i t a n s e h e n un d a n h ö r e n. Ich habesie und mich erlöst Der liebe Gott möae mir verzeihen," IM des Älter m sei« Mem. Ministerpräsident General Göring übergab Generalseldmarschall von Mackensen den Erbhos Brüssow. Im Auftrage des Führers und Reichskanzlers über- gab Ministerpräsident General Göring Dienstag mittag dem Generalfeldmarschall von Mackensen die ehemalige preußische Domäne Brüssow im Kreise Prenzlau als Erbhof. Damit ist der aus altem Bauern geschlecht hervorgegangene ruhmvolle Feldherr mit der Scholle, der er in seinen Jugcndjahren als praktischer Landwirt diente, wieder verbunden worden. Ministerpräsident Göring faßte in seiner Ansprache an den Generalfeldmarschall den Dank des deutschen Volkes gegenüber dem ältesten Feldherrn des Weltkrieges und hervorragenden Soldaten in herzlichen Worten zu sammen und überreichte die Schenkungsurkunde des Führers und Reichskanzlers. Für den Reichsernährungsminister und damit für die Reichs- regicrung händigte Ministerpräsident Göring gleichzeitig dem Generalfeldmarschall die Erbhofurkunde für Brüssow aus. Nach der Übergabe der Schlüffe! für Haus und Hof durch General Göring dankte Generalfeldmarschall von Mackensen bewegt für die ihm erwiesene hohe Ehrung und versicherte, daß er die Schenkung in der Überzeugung annehme, mit ihr die deutschen Soldaten des großen Welt krieges insgesamt geehrt zu wissen. Die Familie Mackensen sitze noch heute wie vor 300 Jahren auf eigener Bauernscholle. Er, so führte der Generalfeldmarschall aus, sei als Junge am Pfluge ausgebildet und könne nun, nachdem er seinem Vaterlande ein Leben lang mit dem Schwert gedient habe, wieder zum Pfluge zurückkehren. Die feierliche Übergabe des Erbhofes schloß mit einem Sieg Heil auf den Reichskanzler und Führer, vas ver Generalseldmarschall mit dankerfülltem Herzen ausbrachte. Im Anschluß an die Übergabe des Erbhofes Brüssow besichtigte Ministerpräsident General Göring in Be gleitung des Reichsministers Darrs und des Staats ministers Popitz, überall von starkem Jubel und herzlicher Freude der Bevölkerung begrüßt, die Sehenswürdigkeiten der Stadt, insbesondere den Dom von Prenzlau, das alte Wahrzeichen der Uckermark. Gegen Einführung -er Wohnungs- zwangswirischast. Ein Erlaß des Reichsarbeitsministers an die Länder. Der Reichsarbeitsmini st er hat sich in einem Erlaß an die Ministerien der Länder gegen die Be strebungen auf Wiedereinführung der Wohnungszwangswirtschaft, d. h. des Rechts der Gemeinden zur Beschlagnahme von leerstehen den Wohnungen, ausgesprochen. Der Minister erklärt, daß eine Wiedereinführung der Wohnungszwangswirtschaft ungünstige Rückwir kungen aus den Realkredit und den Woh nungsneubau haben müßte; das Beschlagnahmerecht sei auch nicht geeignet, etwaige Schwierigkeiten des Woh nungsmarktes in einer Gemeinde zu beheben. Dies könne nur durch genügenden Wohnungsneubau geschehen. Dieser müsse daher in erster Linie gefördert werden, und es müsse alles unterlassen werden, was den Wohnungsneubau hemmen könne. Home MerstrMt WM MMMn. Englische parlamentsausspraSe über den AbessinienMeg. Der britische Außenminister erstattet Bericht — Auch die Opposition kommt zu Worte. Das englische Parlament hält seine letzte Sitzung vor den Neuwahlen ab. Die auf mehrere Tage berechnete Aussprache beschäftigt sich mit dem Abcssinienkrieg und der weltpolitischen Lage. Nach der grundlegenden Rede des britischen Außenministers Sir Samuel Hoare wer den noch mehrere namhafte Politiker und voraussichtlich auch Ministerpräsident Baldwin das Wort nehmen. Für die Stellung der Regierung werden im Hinblick auf die bevorstehenden Parlamcntswahlen auch die Redner der Opposition beachtenswert. Die Regierung hat ihre Gegner im Lager der Arbeiterpartei, deren Wortführer Major Attlee ist, und bei den Liberalen, deren Führer Sir Herbert Samuel ist. So ist die Parlaments- tagung neben ihrer außenpolitischen Bedeutung gleich zeitig Stimmungsbarometer für die inncrpolitische Lage Englands. Zur Vorbereitung der Parlamentssitzung fanden zahlreiche Besprechungen statt, zu denen sich auch die Ver- treter der Admiralität sowie die Stabschefs der drei Waffen einfanden. Wie es heißt, sind außer der abessi nischen Frage auch die Voraussetzungen für die näch ste Flottenkonferenz, die nach einer Meldung der „Daily Mail" im nächsten Monat in London stattfinden soll, sowie auch die Verhältnisse im britischen Bergbau und die Gefahr der Streikbewegung besprochen worden. Sir Samuel Hoare spricht. Die Unterhaussitzung begann gegen 3 Uhr. Die Ab geordnetensitze und die Galerien waren voll besetzt. Zu nächst teilte Ministerpräsident Baldwin mit, daß der Wahltermin am Mittwoch bekanntgegeben werden würde. Nachdem dann ein Arbeiterparteiler und ein Linksliberaler kurz zu den Wahlen gesprochen hatten, begann Außen- So könnte Elendsbild an Elendsbild gereiht und die Zahlen, die von der Katastrophe künden, die über 3,5 Mil lionen deutscher Menschen hereingebrochen ist, in langer Reihe fortgesetzt werden. Die Fabriken stehen still, und durch die Werkhallen heult der Wind, vor den Toren aber stehen verzweifelte, hungernde- Menschen. Sie alle sind Ankläger des Prager Systems, das die Unmenschlichkeit zum Prinzip erhoben hat! Minister Hoare seine Unterhausrede mit einem warmen Nachruf für Arthur Henderson. Dann wies er mit Nach druck darauf hin, daß sich die Ereignisse seit feiner letzten Rede zur internationalen Lage überstürzt hätten. Er er innerte an den Kern seiner damaligen Unterhausrede und die danach eingetretenen Geschehnisse. Die englische Politik sei diese ganze Zeit hindurch unverändert ge blieben. (Großer Beifall.) Hinter dieser Politik der Regierung stände das ge samte Parlament und die große Mehrheit der Nation. Ein stärkendes Moment sei auch die Solidarität deS britischen Weltreichs, insbesondere die Einmütigkeit der großen Dominien, deren Repräsentanten ihre eigene Mei nung zum Ausdruck gebracht hätten, ohne jeglichen Druck seitens des Mutterlandes. Sie seien zu denselben Schlüffen gekommen wie die Londoner Regierung. Wenn sich England geweigert habe, für hypothetische Umstände neue Verpflichtungen einzugehen, so stände seine Haltung in einem klaren und konkreten Fall aber fest. Die englische Regierung sähe in dem Völkerbund nicht nur ein Instrument zur Verhinderung eines Krieges, sondern auch ein Instrument zur Unterdrückung von Kriegsunruhen. Man wolle im Ausland augenscheinlich nicht ver stehen, daß die meisten Engländer in dem Völkerbund auch die Brücke zwischen England und Europa sähen. Werde diese Brücke ernstlich geschwächt oder gar zerstört, so werde die Zusammenarbeit zwischen England und dem Kontinent schwierig und gefährlich. Es gäbe Schwächen, Verzögerungen und Irrtümer, die man dem Völkerbund vorwerfen könnte, aber man dürfe auch von dieser noch jungen Organisation keine Wunder erwarten, wenn es sich um eine sehr schwierige Frage handele. Das System der kollektiven Sicherheit berge augen scheinlich große Schwierigkeiten in sich, denn eine kollektive Aktion fordere auch ein gemeinsames Ziel und eine gemeinsame Entscheidung von mehr als 50 Staaten. Bei einer Auseinandersetzung zwischen dem Völkerbund und einem seiner mächtigsten Mitgliedsstaaten sei die Versuchung gekommen, die Aufgabe des Völker bundes als unmöglich aufzugeben. Diese Versuchung sei sehr groß gewesen für gewisse Staaten, die sogar dazu Neigten, ihr zu erliegen. Sogar für England habe diese Versuchung bestanden. Anstatt Vorteilen habe der Völkerbund England noch mehr ! Verpflichtungen auferlegt. Diese hätten zu Auseinander setzungen geführt zwischen Mächten, die stets miteinander