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Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich r Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, dis Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 272. Freitag, den 25. November 1881. Bekanntmachung. Die in heimathlichen Verhältnissen lebenden Militär-Anwärter, welche im Besitze des Civilanstellungs- oder Civilvsrsorgungs-Scheines sind, werden daran erinnert, daß sie I) so lange, als ihnen noch keine Anstellung zu Theil geworden, und sie eine solche wünschen, die Anzeige hiervon bei dem Landwehr- Bataillon, in dessen Bezirk sie sich aufhalten, jährlich zum 1. Decem- ber und 1. Juni zu erneuern und 2) dem vorbezeichneten Landwehr-Bataillon jeden dauernden Wechsel ihres Aufenthaltsorts, auch nach dem Ausscheiden aus jedem Mili tär-Verhältnisse, bis zu wirklich erfolgter Anstellung zu melden haben. Dresden, den 21. November 1881. Kriegs-Ministerium, von Fabrice. Bekanntmachung, die Einkommensdeclaration betreffend. ! Am heutigen Tage ist mit der Austragung der Declarationsaufforderungen ! begonnen worden. Denjenigen, welchen eine Declarationsaufforderung nicht zugesendet wird, steht es frei, eine Declaration über ihr Einkommen bis zum <» December dieses Jahres bei dem unterzeichneten Stadtrathe einzureichen. Zu diesem Zwecke werden Declarationsformulare in der Rathsexpedition unentgeltlich auf Verlangen verabfolgt. Gleichzeitig werden alle Vormünder, ingleichen alle Vertreter von Stiftungen, Anstalten, Personenvereinen, liegenden Erbschaften und anderen mit dem Rechte des Vermögenserwerbs ausgestatteten Vermögensmassen auf- ! gefordert, für die von ihnen bevormundeten Personen, beziehentlich j für die von iynen vertretenen Stiftungen, Anstalten u. s. w. Deklara- tionen bei dem unterzeichneten Stadtrath auch dann einzureichen, wenn ihnen § deshalb besondere Aufforderung nicht zugehen sollte. Waldenburg, am 24. November 1881. Der Stadtrath. In Vertretung: Limmer, Stadtrath. *Waldeuburg, 24. November 1881. Furst Bismarck und die innere Politik. Die neueste Nummer der „Prov.-Corr." bringt an ihrer Spitze unter obiger Ueberschrift einen Artikel, welchen sie mit der Hinweisung beginnt, daß in liberalen Blättern es gleichsam als ein un bestreitbarer Satz gelle, daß Fürst Bismarck, wenn man auch zugeben wolle, daß er in auswärtiger Politik ausgezeichnet sei, doch von der inneren Po litik nichts verstehe; er habe für dieselbe weder Vorbildung noch Beruf. Die „Prov.-Corr." rekapi- tulirt in kurzen Umrissen das Wirken des Fürsten in den inneren Angelegenheiten, und ermähnt hier bei des Ausspruches des Abg. v. Bennigsen, die Fortschrittspartei habe die Politik des Kanzlers vom ersten Augenblicke an mißbilligt und Alles gethan, was in ihren Kräften lag, das Zustandekommen des Norddeutschen Bundes, des Deutschen Reiches zu hindern, sie werde auch nicht aushören, diese Politik aucy später zu hindern. Diese Vorhersage — meint das officiöse Blatt — hat sich erfüllt und wird sich ferner erfüllen. Ob auch die Zusicherung desselben Redners, daß diese Politik für alle Zukunft die Zustimmung der Mehrheit des Reichstags finden werde, sich bewahr heiten wird, erscheint heute fraglich. Und doch hat sich die Politik des Kanzlers, die kein anderes Ziel kennt, als die Größe und das Glück Deutschlands, nicht geändert, — es sind nur neue Aufgaben in dieser Beziehung an ihn herangetreten, ohne daß bis jetzt die frühere Mehrheit unabhängig von der Fortschrittspartei ihrem Versprechen treu geblieben ist: „weiter mit ihm zusammen zu arbeiten". Aber in diesen Widerwärtigkeiten liegt weder ein Beweis dafür, daß Fürst Bismarck auf dem Gebiete der inneren Politik nichts verstehe, noch ein Grund da für, daß er neue Bahnen einschlagen müsse. Seine unsterblichen Verdienste in dec inneren Politik kön nen durch Abstimmungen oder Mißerfolge bei den Wahlen nicht in Frage gestellt werden, wie auch hierdurch die Verwirklichung seiner reformatorischen Ideen auf die Dauer nicht gehindert werden kann. Dieselben sind durch parlamentarische Mehrheiten nicht mehr aus der Well zu schaffen. Fürst Bismarck ist sich selbst stets darüber klar gewesen, daß seine reformatorischen Ueberzeugungen auf mancherlei Hindernisse und Schwierigkeiten stoßen werden, ehe sie zur Durchführung gelangen. Daß er vor denselben jetzt nicht zurückschrecke, son dern auch ferner die Leitung der inneren Politik fortsetzen werde, dafür haben wir vielleicht eine Bürgschaft in seinen Worrten, die er einst beim Beginn der Reform aussprach: „Ob ich auf der Bahn Niederlagen erleiden mag, ob ich wieder von vorn anfangen muß, — ja so lange ich Minister bleibe, werde ich in diesen Bestrebungen nicht nachlassen. Mein Vorbild ist darin Robert Bruce in seiner Geschichte mit der Spinne, an deren ste tem Wiederauskiimmen nach dem Herunterfallen er sich ermutyigte, um seinerseits das, was er für Recht und seinem Vaterlande nützlich hielt, auch bei den übelsten Aussichten nicht aufzugeben." "Waldenburg, 24. November 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser kann das Zimmer noch nicht ver lassen. Er leidet an empfindlichen Unterleibsbe- schwerden, die auf zu reichen Genuß von Hummer zurückzuführen sind. Der älteste Sohn des Fürsten Bismarck, Graf Herbert, ist als zweiter Sekretär an die deutsche Botschaft nach Loudon geschickt worden. Die preußische Regierung hat den Ausbau des Kanalsystems kräftig in die Hand genommen. Wie die Magdeburger Ztg. mittheilt, ist sie jetzt bereit, den Nhein-Weser-Elb-Kanal zu bauen, falls die Interessenten eine Zinsgaranlie von 2 pCt. über nehmen. Die Forderung erscheint nicht zu hoch. Zu den Zielen der socialen Reformen, welche jetzt angestrebt werden, gehört es, die deutsche Arbeit zu schützen vor dem arbeitsscheuen, gewinnsüchtigen, beutelustigen Börsenspekulanten- und Wucherlhum, wie vor einem Freihandelsthum, das höhnisch den brotlosen deutschen Arbeitern zurufl: „Wir kaufen unsere Waaren, wo mir sie am billigsten haben können, ob in England und Amerika oder in Deutsch land, das ist uns einerlei, der Handel und die Ge winnsucht kennen kein Vaterland." Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt, die Jahres berichte mancher Handelskammern sowohl in den von ihnen selbst gebrachten Ziffern über den Nutzen des Güter- und Personenverkehrs, sowie der Verkehr der Eisenbahnen, der Post und der Tele graphen, die Zahl der Arbeiter, die Höhe der Löhne rc. lieferten den Beweis, daß die Erwerbsihätigkeit ihres Bezirks in steigender Zunahme und theilweise wieder in der Blüthe sich befinde, und endigte den noch als Conclusium mit der Behauptung, das alle geschäftliche Thäligkeit darniederliege und diese Er scheinung der neuen Zollgesetzgebung zugejchrieben werde. Wie die „Nordd. Allg. Ztg." hört, beab sichtigte die Staatsregierung gegen die Verfasser dieser in sich widerspruchsvollen amtlichen Akten stücke zunächst mil einer verantwortlichen Verneh mung vorzugehen, um darnach zu erwägen, ob und welches weitere Verfahren nach Maßgabe der Ge setze angezeigt erscheint. Beim Fürsten Bismarck findet am 24. d. ein parlamentarisches Diner statt, zu welchem zahl reiche Einladungen an Mitglieder des Reichstags ergangen sind. Man glaubt, deshalb Fürst Bismarck habe sich entschlossen, schon am 24. d. im Reichstage nicht zu erscheinen, namentlich sich aber nicht an der General-Debatte über das Budget zu betheiligen. Man glaubt, Fürst Bismarck werde das, was er vielleicht im Reichstag ausgeführt hätte, sich für die zwangslose Unterhaltung an der Tafel aufsparen, wo es viel bequemer sei, sich über diese Dinge aus zulassen und wo man das ja auch viel besser thun kann, weil man weniger nöthig hat, auf die offiziellen Formen zu achten, die doch bei der Debatte im Parlament unbedingt beobachtet werden müssen. Viele Abgeordnete, welche zu dem Diner vom Reichs kanzler geladen, waren garnicht einmal in Berlin an wesend, und wurde ihnen die Einladung per Tele graph in ihre Heimalh nachgesendet. Die Zahl der bis jetzt beim Reichstagsbureau angemeldeten Mitglieder beläuft sich auf circa 360. Man erwartet, daß am 24. d. noch eine größere Zahl, die sich bisher aus ihrer Heimath her beur laubt hatten, in Berlin eintreffen und an den Ver handlungen theilnehmen werde. Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, daß, ob gleich bald nach der Wahl von allen Seilen ein Geschrei erhoben wurde über die mannigfachen Wahlbeeinflussungen, Verstöße rc. gegen das Wahl reglement und obgleich von allen Seilen die Mel dungen eintrafen, baß man gegen die Wahlen Pro test erheben werde, doch bis heut noch sehr wenig Proteste beim Bureau des Reichstags eingetrof fen sind. Höchstens 10 Proteste sind bis jetzt erst eingetroffen; das wäre allerdings wenig, wenn nicht noch derartige Schriftstücke nach kommen sollten. Soll dies aber geschehen, dann möchten wir doch i darauf aufmerksam machen, daß jeder Protest, der nach dem 27. d. M. beim Bureau des Reichstags I einlrifft, und wäre er noch so begründet, ungültig ist.