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WilnmM Tllgl'HIatt und K Waldenburger Anzeiger SIL Amtsblatt far dr» Aabttath za Waltend«-. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage «ach Sonn- und Festtagen. Ammahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Brr AbonnementspreiS beträgt viertelj Sch 1 Mk. S5 Pf. Einzelne Nrn. 5 »«serate pro Zeile 10 Pf., Linges. SO Expedition: Waldenburg, Obergasse 2918. Filialen: in Lltstadtwaldenburg bei Herrn Smifmaml Otto Förster, in LangenchnrS- dorf bei Herrn H. Sttegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Nob. Härtig, Mandelgassez in NochSburg bei Herr» Paul Zehl; in Wollenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirste». Zugleich weit verbreitet in dm Städten Penig, Luuzeua«, Lichteusteiu-Calluberg und in den Ortschaften der nachstehmden StandeSamtSbeztrke: Lltstadt-Waldenburg, BräunSdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. M SV». Sonntag, den 28. August 1892. WitteruuaSdertldt. aufamommm am 27. August, nachm. 4 Uhr. Bar»«eterstm»H 760 mm. reducirt auf dm Meeresspiegel. Thermometerftuud -s- 22" 0. (Morgms 8 Uhr -s- 18,»*.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 40*/,. Thaupuutt -s- 9 Grad. Windrichtung: West. Daher WttterungSauSfichteu für den 28. August: Wechselnde Bewölkung, zeitweise halbhetter. 'Waldenburg, 27. August 1892. Die kurze Periode der Mißstimmung, welche in Parts geherrscht, weil Kaiser Alexander von Rußland sich nicht dazu entschließen konnte, das sogenannte „un geschriebene Bündntß' zwischen Frankreich und Ruß land zu einem in aller Form vollzogenen geschriebenen Vertrage zu machen, hat nicht lange angehalten. Es waren nur einige wenige entschiedene Geister in Frank reich, welche entschlossen waren, der Russenverehrung unter ihren Landsleuten die Spitze zu bieten, aber auch fie find heute eingeschüchtert, nachdem die große Masse Derer, welche Alles thut, was der Czar haben will, zu erkennen gegeben hat, daß ihr die Höflingsrolle vor dem russischen Selbstherrscher viel zu gut gefällt, als daß fie daraus verzichten möchte. Kaiser Alexander hat fich nicht die Mühe zu geben brauchen, den Fran zosen klar zu machen, daß fie wohl von ihm Befehle anzunehmen haben, aber er nicht von ihnen, die erste leise Andeutung, daß Rußland mit dem Deutschen Reiche neue HandrlSvertragSverhandlungen einleiten wolle, hat schon genügt, die Pariser Hüpfen zu lassen, wie gut dresfirte Pudel. Es war kein Zeichen von ! czartscher Ungnade für Frankreich, welche in der An- i kündigung der Handelsvertragsversprechungen lag, mit s Nichten! Rußland mußte seiner wirthschaftlichen Existenz, der eigenen so grenzenlos herabgekommenm Landwtrth« schäft wegen eine Wiederannäherung an Deutschland suchen, die durchaus nicht gleichbedeutend sein sollte mit einer neuen Verständigung auf politischem Gebiet, wie fie bis zu den Tagen von Skterniewice bestanden hat, aber schon bet dem Gedanken an die entfernte Mög lichkeit, der Ezar und Deutschland könnten einander vielleicht doch mittels de« zu Stande gekommenen Han- delsvertrages näher treten, begann man in Parts zu zittern und zu sorgen, derart, daß sofort alle und jede - Wünsche wegen einer osfictellen französisch-russischen Allianz unterdrückt wurden. Mochte Kaiser Alexander s der französischen Republik selbst den Fuß auf den j Racken setzen, schadete Alles nichts, lieber den Ezaren , als Führer Frankreichs, denn ohne den Ezaren allein vorwärts gehen. Alexander III. kann mit dem offi- ciellen französischen Schranzmthum zufrieden sein, so unterwürfig find nicht einmal seine Russen. Früher, in einer traurigen Zeit, hteß eS: „Rußland gtebt für die preußische Politik den Ton an.' Mit mehr Recht kann man heute sagen, Frankreich tanzt just so, wie Rußland aufspielt, und das ist kein sehr würdiges Schauspiel, am allerwenigsten für eine Republik, deren Devise „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit' ist. ES ist nicht allein die Revanchehoffnung, welche die Franzosen antrrtbt, beständig vor den Moskowitern auf den Knteen herumzurutschen. Die Revanchehoffnung ist allerdings der rothe Faden, welcher fich durch das ge- sammte Thun und Lasten der französischen Politik hindurchzieht, fie ist es, welche alle die schönen Gedanken von Abrüstung und internationalen Schieds gerichten als ideale Träumereien erscheinen läßt. Kaiser Alexander, welcher der Träger einer ech ten Friedenspolitik zu sein behauptet, stellt fich in den Dienst einer entgegengesetzten, kriegerischen Poli tik, indem er in den Franzosen die Hoffnung auf einen siegreichen Krieg, und damit auch die Lust zu einem Kriege wach hält. Der Ezar spielt, um fich eine per sönliche Autorität zu geben, mit dem Heiligsten der Völker, dem Frieden, er, der absolutistische Herrscher führt die Radicalen von der Seine am Lettseil, weil die blinde Zuvorkommenheit der Franzosen gegen Ruß land Rußland's Ansehen hebt. Und dasselbe ist auch der zweite Grund, weshalb die Franzosen um den Ezaren herumscherwenzeln und herumtänzeln. Frankreichs politische Bedeutung war völlig gleich Null, man achtete auf die Pariser Ent schließungen so wenig, als ob der Kaiser von China fie gefaßt hätte. Durch die Gunst des Ezaren ist das anders geworden, Frankreich kann fich wieder etwas brüsten, die Republik ist ja der Allttrte des Ezaren. Ist eS in Wahrheit so? Nein! Der Lzar befiehlt, und die Franzosen springen in moskowtttscher Livree, wie der Czar befiehlt. Die jüngste, obenerwähnte Auflehnung gegen Rußland, welche den schriftlichen Abschluß eines beiderseitigen Bündnisses bezweckte, wird wohl die erste und letzte dieser Art gewesen sein. Wenn der Ezar an der Newa seine Gunst den Franzosen entzieht, dann erlischt auch für Frankreich die politische Sonne. Darum schweigen fie, darum pariren fie, da rum lauschen fie begierig nach einer Gelegenheit, wo fie dem Patron ihre Verehrung erweisen können. Echte Lakaten-Naturen find die Franzosen trotz des republi kanischen Mäntelchens doch geblieben. Das find die beiden Nachbarn des deutschen Reiches zur Rechten und zur Linken, zwischen denen es in der Mitte steht. Der Platz ist nicht der beneidenswertheste, es giebt bessere Situationen, aber eben weil wir die Situation kennen, erscheint fie nicht allzuschlimm. Sie nicht in eine schlimmere umzuwandeln, dafür giebt eS nur ein Mittel, nämlich, den angenehmen Nachbars leuten Furcht oder Respekt einzuflößen. An dem Tage, an welchem in Parts oder Petersburg der Respekt vor dem deutschen Namen erlischt, an eben demselben Tage beginnt auch der Krieg. Potttische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hatte zu der am Donnerstag Mittag im Berliner kgl. Schlöffe stattfindenden Tafel den Gesandten bei den Vereinigten Staaten von Nord amerika, v. Holleben, sowie den früheren Gesandten in der Schweiz, Wirkt. Geh. Rath v. Bülow, welcher an Stelle des Herrn v. Schlözer zum diesseitigen Ge sandten beim Vatikan ernannt worden ist, und den kaiserlichen Gesandten in Bukarest, v. Bülow, welch Letzterer sich vor seiner Abreise auf seinen Posten bet dem Kaiser verabschiedet hatte, mit Einladungen beehrt. Am Freitag Vormittag empfing Se. Majestät im Marmorpalais zu Potsdam zum Vortrage den Reichs kanzler Grafen Caprivi. Die Einnahmen der Reichs-Post- und Tele graphenverwaltung haben vom Beginn des EtatS- jahres bis zum Schluß des Monats Juli 78,909,058 Mk. (gegen denselben Zeitraum des Vorjahres mehr 3,201.237 Mk.). die Einnahmen der Reichs-Eisenbahn« Verwaltung 19,638,000 M. (-s- 821,000 M.) betragen. Gegenüber den widersprechenden Angaben, die in jüngster Zett über die neue Mtlttärvorlage verbreitet worden find, kann dte „Köln. Ztg." aus zuverlässiger Quelle feststellen, daß sich diese Angelegenheit heute in folgendem Stadium befindet: „Dte Vorlage ist bis auf wenige Einzelheiten in aller Form festgestellt und wird dem Reichstage jedenfalls noch vor Ablauf des Septennats vorgelegt werden. Ob dies jedoch in der Session von 1892/93 oder 1893/94 geschehen wird, darüber ist bis zur Stunde noch kein Beschluß gefaßt, da man der Ansicht ist, daß dte Vorlage nicht al« unbedingt dringend zu betrachten ist, wenn fie auch andererseits zu denen gehört, dte unter keinen Umstän den auf die lange Bank geschoben werden können. Dte Vorlage beruht auf dem Ergebntß derjenigen Prüfungen, die seit Jahren tn dieser Angelegenheit stattgefunden haben, und dte Regierung nimmt dabet den Standpunkt rin, daß wir es hier mit einer mili tärisch-technischen Frage zu thun haben, dte lediglich nach sachlichen Grundsätzen beurthetlt werden muß und bet der neben den mtl'tärtschen Rücksichten nur noch dte finanzielle Seite tn Betracht zu ziehen ist, der man möglichst Rechnung zu tragen beabsichtigt. Man steht aber auf dem Standpunkte, daß einer fakttschen Herabsetzung der Dienstzeit eine faktische Erhöhung der Einstellung entgegenzusetzen ist. Unter Ander« ist hierfür auch di« Rücksicht maßgebend, daß man tm Falle einer Mobilmachung bet einem niedrigen Frte- densstande genöthigt sein würde, sofort zur Aufstellung der eigentlichen Feldarmee auch auf sehr alte Jahrgänge zurückzugretfen, während man bet hohem Friedensstande nur jüngere Jahrgänge der Feldarmee einzuverleiben braucht. Auch würde fich bet niedriger Friedensstärke der Uebelstand herausstellen, daß tm Mobilmachung«- falle zahlreiche Mannschaften ohne oder doch ohne völlig ausreichende Ausbildung vorhanden sein würden, dte man sowohl wegen mangelnder Zeit als auch wegen vorgeschrittenen Alters nicht mehr rechtzeitig würde auSbtlden können. Einzelheiten über die Vorlage sollen vorläufig nicht bekannt gegeben werden, doch ist fest zustellen, daß fich dieselbe, ohne fich das Schlagwort der zweijährigen Dienstzeit anzuetgnen, doch im Grund sätze der faktischen Herabsetzung der heute zu Recht bestehenden Dienstzeit bewegt.' In kurzer Zeit werden tn Berlin die Vorarbeiten j für ein einheitliches Reichsgesetz betreffend Abweh r- ' maßregeln gegen ansteckende Krankheiten beginnen. ! Aus Kamerun ist bekanntlich berichtet, daß die ? deutschen Expeditionen Ztntgraff und Ramsey zum Stillstand gekommen find. Die Bemühungen beider Herren find aber insoweit erfolgreich gewesen, als jetzt tm Norden, wie tm Süden bis auf etwa 250 Kilo meter <ns Innere Wege und zu deren Sicherung Stationsanlagen vorhanden find. In Hamburg steht es sehr bös aus. Die „Nordd. Allg. Ztg.' veröffentlicht folgende offictelle Kundgebung: Nah den Mtttheilungen des aus Hamburg zurückge kehrten Gehetmralhes Or. Koch ist nicht mehr daran zu zweifeln, daß tn Hamburg und Altona dte asta tische Cholera in einem bedrohlichen Umfange herrscht. An beiden Orten sind unter dem Betrath 0r. Koch's und des noch tn Hamburg verbliebenen RegierungS- rathes Or. Rahts umfassende Maßregeln gegen dte Seuche von den Behörden tn dte Wege gelettet. Auch ist ein Nachrichtendienst vorbereitet, um bis auf Wei teres täglich die gemeldeten Erkrankunzs- und Sterbe fälle durch das Kaiserliche Gesundheitsamt bekannt zu geben. Sonnabend Nachmittag wird im Retchsamt des Innern tn Berlin eine Commission, zu welcher Abgesandte der vornehmlich bethetligten Bundesregie rungen etngeladen find, zur Berathung der unter dem Ernst der Verhältnisse für das übrige Reichsgebiet über das schon Geschehene hinaus, noch weiter zu ergreifenden Maßregeln zusammentreten. Trotz der etngetretenen Abkühlung ist in Hamburg am Freitag wieder eine große Anzahl neuer Erkrankungen