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Nr. L4V — LV. Jahrga«G DienSraa den St. Oktober IVIt WscheUMszkiluil »scheint «Sgltch nachm, mit «iiSnahm» der Tonn- und Festtage, «„«»ab» ^ mit ».i« ^ r Deutschland «»«»ade « ohne illustrierte Beilage vierteljährlich l,»v Ja Dresden durch Boten »I« In ganz Deutschland frei Hau» ».22 in Oesterreich 4,«7 L — Linzei-Rr. 10 Anabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Deutschlands Lebensmittelversorgung durch die — Sozialdemokratie. Den sozialdemokratischen Vorwürfen gegen unsere bis herige Wirtschaftspolitik, sie sei schuld au dein Anziehen der Lebensmittelpreise, kann man nicht besser begegnen als mit der Frage: Wie stände es heute um die Lebensmittel versorgung Deutschlands, wenn wir immer den Rezepten der Sozialdemokratie gefolgt wären? Bis jetzt ist die So zialdemokratie eine Widerlegung unserer Behauptungen schuldig geblieben, daß wir schon längst in die allergrößten Schwierigkeiten mit unserer Lebensmittelversorgung ge kommen wären, wenn wir unsere heimische Lebensmittelpro duktion nicht beizeiten geschützt und so das Angebot von Lebensmitteln im eigenen Lande gestärkt hätten. Diese Selbstverständlichkeit leuchtet immer mehr ein, weil eben die unsichere ausländische Lebensmittelzusuhr immer mehr versagt. Diö Sozialdemokratie aber drückt sich hartnäckig au einer Stellungnahme zu dieser so überaus wichtigen Frage vorbei. Die dauernde Lebensmittelversorgung un seres Volkes ist ihr anscheinend vollkommen gleichgültig: ibr kommt es nur darauf an, Krach zu schlagen, und auf -einen „Kladderadatsch" hinzuarbeiten. In den 90er Jahren noch verkündete die Sozialdemo kratie mit ihrer unfehlbaren Prophetenstimme: Wir brau chen keine eigene leistungsfähige Landwirtschaft. Andere Länder, wie Rußland und besonders Amerika, liefern uns unsere Nahrungsmittel viel besser und billiger. Und feier lich wurden damals Rußland und Amerika von der Sozial demokratie zu Brotlicferanten des deutschen Volkes ernannt. Wie aber haben diese „Brotlieferanten" die ihnen von unse rer Sozialdemokratie zndiktierte Aufgabe erfüllt? Hören wir darüber die Sozialdemokraten von heute selbst. So schrieb schon der „Parteipapst" Kautskh im Jahre 1909: „Der Bankerott der russischen Landwirtschaft, sowie die Verwandlung der Vereinigten Staaten aus einem Agrar staat in einen Industriestaat läßt erwarten, daß der massen hafte Zustrom billiger Lebensmittel nach Europa all mählich versiegt. .. . Die amerikanische Weizen produktion zum Beispiel nimmt seit einigen Jahren nicht mehr zu . . . ist eher im Rückgang als im Fortschreiten begriffen, dafür zeigen die P r e i s e e i n e e n t s chi e d e n e Tendenz zum Steigen." („Der Weg zur Macht" Seite 75.) Im Laufe der Zeit sind im sozialdemokratischen Lager verschiedene Stimmen laut geworden, die dieselbe Tatsache konstatieren. In allerjüngstcr Zeit schrieb wiederum die sozialdemokratische Frankfurter „Volksstimme" (Nr 295,1911): „Rußland und die Vereinigten Staaten waren die Länder, die der europäischen Landwirtschaft die schärfste Konkurrenz machten. Beide produzierten billiges Brot, das- sie nach Europa versandten. Die Schutzzölle wurden eben dadurch verteidigt, daß Rußland und Amerika die deutsche Landwirtschaft bedrohten. Nun leiden gerade diese Länder Heuer unter einer furchtbaren Teuerun g." Diese Behauptung beweist die „Volksstimme" sodann mit zahlenmäßigen Tabellen. Darauf heißt es: „In Odessa, dem wichtigsten südrussischen Hafen, wurde (1910) für Roggen um 22 Prozent und für Weizen um 34 Prozent mehr als in den Jahren 1890 bis 1899 gezahlt (ob- fchon das Jahr 1910, das nach einer außerordentlich guten Ernte folgte, eine gewisse Abschwächung der Getreidcpreise gebracht hat). Besonders hoch sind aber die Preise in den Großstädten, speziell in den Residenzen Petersburg und Moskau gestiegen, wo 1910 die Fleischpreise um .50 bis 100 Prozent höher waren als 1900 bis 1904. Aber auch in Zen- tralrnßland macht sich diese Teuerung äußerst fühlbar." Weiter schreibt das Blatt dann von den Vereinigten Staaten von Amerika, daß wir von dort ebenfalls nichts mehr zu erwarten haben. Hierüber führt er aus: „In den Vereinigten Staaten hält die Ausdehnung der Ackerfläche mit der Zunahme der Bevölkerung nicht gleichen Schritt. ... Es ist deshalb eine gewisse Knappheit an Ge treide eingetreten, die durch Einfuhr gedeckt werden muß." Wieder dient die „Volksstimme" hier mit zahlenmäßi gen Angaben, und sie schreibt dann schließlich: „Es folgt daraus, daß Amerika in steigendem Maße zum Import von ländlichen Erzeugnissen übergeht. . . . Mau sieht, daß der Druck, den die Vereinigten Staaten auf die Landwirtschaft des Kontinents ausgeübt haben, immer mehr verschwindet, um so mehr, als wie bekannt, die Lebens mittelpreise auch in Amerika sehr hoch gestiegen sind. So der Weizenpreis von 111 Mark im Jahre 1901 auf 159 Mark im Jahre 1910." Das ist also das elende Fiasko der Prophezeiungen der „unfehlbaren" Sozialdemokratie. An diesem Beispiele sieht man wieder so recht deutlich, welch unverantwortliche Politik die Sozialdemckratie betreibt, die die wichtigsten Lebens interessen des Volkes in der leichtfertigsten Weise aufs Spiel setzt. Wie ständen wir heute da, wenn wir uns nach dein weisen Rate der Sozialdemokratie damals so blind auf die Lebensmittelversorgung durch Rußland und Amerika ver lassen hätten! Man komme uns nicht mit der einfältigen Ausrede, dafür kamen neue Zufuhrländer. Als wenn das nicht einmal ein Ende haben müßte und die übrigen Länder nicht die gleiche Entwickelung durchmachen würden! Auf diese Ausrede antwortete selbst der sozialdemokratische „Vor wärts" am 15. Februar 1911 (Nr. 39): „Wenn inan dagegen (gegen das Aufhören der Lebens mittelzufuhr aus Amerika) einweudet, daß andere Länder als Getreideerporteure hervortreteu ... so genügt der Hin weis auf den hohen Stand des Weltmarktpreises, um zu beweisen, daß die Judustriealisierung der früheren Agrar länder rascher vor sich geht als das Erwachen neuer Agrar länder. und daß folglich der wachsende Bedarf durch diese Länder nicht gedeckt werden kann." Aus derartig bedrohlichen Tatsachen müßte doch jeder vernünftige Politiker und wirkliche Volksfreund beizeiten die notwendigen Schlußfolgerungen ziehen und danach auch handeln. Tenn die Sicherung der Lebensmittelversorgung des Volkes ist doch gewiß eine der wichtigsten Aufgaben des Staates. Die Sozialdemokratie aber hat für die Lebens mittelversorgung des Volkes bisher nicht das Allergeringste geleistet. Im Gegenteil hat sie unsere Lebensmittelversor gung immer und überall auf das schwerste gefährdet. Wenn wir ihren Rezepten gefolgt wären, wenn wir uns immer so auf das Ausland verlassen hätten und unsere lebensmittel- schaffende Landwirtschaft schutzlos dem Untergange Preisge geben hätten wie etwa England, was sollten wir dann an fangen? Müßte nicht die Not eine furchtbare sein, wenn wir keine eigene Lebensmittelproduktion mehr hätten und ganz von dem unzuverlässigen Auslande abhängig wären, das selbst seine große Not hat, die eigene Bevölkerung zu ernähren! Das wäre die furchtbare Folge des sozialdemo kratischen Rezeptes. Und da wagt es die Sozialdemokratie noch in ihrer uferlosen Dreistigkeit, sich als „die einzig wahre Volksfreundin" aufzuspielcn. In Wirklichkeit aber ist die Sozialdemokratie die Partei des allerschlimmsten Volks verrates! Der italienisch-türkische Krieg. Der laute Jubel der italienischen Presse tönt bereits recht gedämpft. Man glaubte mit einem kühnen Näuber- grisfe einen günstig gelegenen großen Länderstrich annek tieren zu können, und hatte dann die Unverfrorenheit, der Türkei noch 50 Millionen Entschädigung zu bieten. Diese Zahlung ist nicht angenommen worden, sondern die Tür kei rüstet sich zur Verteidigung von Tripolis. Nun hat Italien im Kriege längst 50 Millionen verbraucht, und doch steht es erst am Anfänge des Kampfes. Jetzt sieht man in Italien ein, daß er wenigstens eine halbe Milliarde kosten wird, ganz abgesehen von den Menschenleben, die der Naub- zug vernichtet. Dazu kommt noch, daß die Türken neben cem Bewußtsein ihres Rechtes die Sympathien aller Völker auf ihrer Seite haben, die sich zum Teil von seiten ihrer Glaubensgenossen durch materielle Spenden und Aufforde rung zum äußersten Widerstande, zum Teil von seiten euro päischer Völker durch eine moralische Pression auf Italien zu ihren Gunsten betätigt. Dem Kriegsrausche der Ita liener dürfte unter solckien Umständen eine lange Lebens dauer nicht beschieden sein, da gerade bei diesem Volke das Bewußtsein des Alleinstehens einen deprimierenden Ein fluß ausübt. Dazu werden sich bald die Klagen der Groß industriellen und ihrer Arbeiter in Norditalien gesellen, von wo aus ein sehr bedeutender Teil der Erzeugnisse in die Levante ging. Die Türken aber haben sich zum äußersten Widerstande entsckilossen. Sie sind darin mit der Regierung eins, daß Widerstand bis zum äußersten die einzig mögliche Antwort c uf den italienischen Angriff bedeutet, will nicht die Türkei morgen von anderen beutelustigen Staaten überfallen und zu Gebietsabtretungen gezwungen werden. Der anfänglich befürchtete Konflikt mit den Balkanstaaten nimmt inzwi schen an Wahrscheinlichkeit eher ab als zu. So gern Grie chenland und Bulgarien eine Verlegenheit der Türkei zu ihrem Vorteile ausuutzen möchten, sie erkennen deutlich, daß der jetzige Moment einer der ungeeignetsten ist. Die tür kische Armee ist fast vollständig mobilisiert und gefechts bereit. Sie ist heute kriegslustiger denn je und wünscht sehnlich den Moment herbei, an den Feind zu kommen. In diesem Zeitpunkte mit der Türkei Händel anzufangcn, dürfte daher selbst für die vereinigten Bulgaren und Grie chen eine recht gewagte Sache sein, um so mehr, als sie auf eine italienische Unterstützung in Mazedonien' keineswegs rechnen können. Auch würde Oesterreich-Ungarn jeder Truppenlandung in der europäischen Türkei mit den Waffen in der Hand entgegentreten. Italien droht, einige europäische Inseln besetzen zu »vollen. Das ist schneller gesagt als getan. Aber auch wenn cs geschieht, so ist es von keiner Wichtigkeit. Bei einer Truppenlandung in der asiatischen Türkei würde Italien auf den Widerstand der nen organisierten und modern be waffneten türkischen Armeeteile stoßen. Außerdem wächst die Truppenmacht in Tripolis von Tag zu Tag; sie beträgt gegenwärtig 60 000 Mann. Auch kam es in Tripolis selbst zu einem Aufstande, der den Italienern 120 Manu gekostet hat. Täglich werden 40 bis 50 Araber erschossen. Vom Kriegsschauplätze wird gemeldet, daß die italieni- schen Truppen am Freitag ihre Verteidigungslinie enger ^ entsprechenden Rabatt. konzentriert haben, um sich der fortgesetzten Angriffe der Türken zu erwehren. Der Kampf am Freitag soll nach Ualienischen Meldungen der Türkei 2000 Tote gekostet haben. Ihre Gesamtstärke belief sich auf 0> 000 Mann. Aus Koustautiuopel wird gemeldet, daß die Italiener 300 Tote und 700 Verwundete hatten. Die italienischen Verluste haben sich als größer heraus gestellt, als anfangs gemeldet wurde: aber es ist unmöglich, die Gesamtzahl genau anzugebcn, da die notwendigen Mel- düngen beim Kommando noch nicht eingelaufen sind. Am schwersten litten das 84. Infanterieregiment, von dem 70 Manu kampfunfähig wurden, und die Kavallerie aus Lodi, die 18 Manu verlor. Viele Gefangene versichern, daß die Araber den Türken nicht freiwillig folgen, sondern, weil diese ihre Familien als Geiseln genommen haben. Trotz dem kann man nicht leugnen, daß die arabischen Massen auch von religiösem Fanatismus getrieben werden, der in geschickter Weise in ihnen angefacht worden ist. In Derna geht alles seinen ruhigen Gang. Die Ausschiffung der Truppen ist vollendet. Die Gegend ist ruhig. Der 28. Ok tober und die Nacht sind in der Umgebung von Tripolis ruhig verlaufen, nur in der Oase haben sich einige Zwischen fälle ereignet. Am gleichen Tage unternahm der Feind einen Angriff auf Homs, wurde aber unter beträchtlichen Verlusten, deren genaue Höhe noch nicht feststeht, zurückge- schlagcn. Tie Italiener hatten zwei Tote und ztvei Ver wundete. Am Sonntag ist das Hospitalschiff „Regina Elena" mit Kranken und Verwundeten an Bord aus Tri- polis abgegangen. 920 gefangene Araber sind auf der Insel Ustica, 595 weitere auf Tremiti gelandet worden. Der Minister des Aeußeren hat eine Depesche des türki schen Konsuls in Malta erhalten, wonach der seit Tagen er- w-artete allgemeine Angriff der türkischen Truppen gegen die italienischen Positionen in Tripolis erfolgt und für die Türken siegreich gewesen sei. Es handelt sich zweifellos um den Kampf am Freitag. Der „Jkdam" meldet, die Türken hätten zahlreiche Stellungen besetzt, Verschanzungen aufgeworfen und, von Artillerie unterstützt, in vier Kolonnen die im Vormarsch befindlichen Italiener angegriffen, die geschlagen worden seien und zahlreiche Gefangene, darunter drei Hauptleute und mehrere Offiziere, verloren hätten. Die Zeitung „Jkdam" teilt mit, daß infolge der Stürme im Mittelländischen Meer die italienische Flotte Tripolis verlassen müsse. Die türkischen Truppen hätten, unter stützt von den Eingeborenen und Arabern, nach einem sehr heftigen Kampfe und Angriffen die Stadt Tripolis wieder genommen. In Nom begegnet man der Nachricht noch mit Zweifeln. Die Bemühungen des deutschen Botschafters Freiherrn v. Marschall Fricdensverhandlungen einzuleiten, sind voll ständig zum Stillstand gekommen. Die Stimmung ist in folge der neuesten Meldungen aus Tripolis sehr gehoben. Die türkenfreundlichen Artikel der deutschen Blätter machen hier einen günstigen Eindruck und verbessern wieder die Stimmung für Deutschland. Politische Rundschau. Dresden, den 30. Oktober 1911. — Die Stichwahle« i« Elsaß-Lothringe« brachten dem neuen liberal-sozialdemokratischen Großblock nicht die erhoffte Verstärkung. Das Zentrum gewann zu den 20 Sitzen bet der Hauptwahl weitere 4 hinzu. Die Sozialdemokraten zogen den Nutzen aus dem Block; zu den 6 Mandaten erlangten sie Dank der liberalen Unterstützung weitere 6 Mandate. Die Liberalen bekamen zu den 2 Sitzen noch 7 dazu. Der Lothringer Block eroberte zu den 9 Mandaten ein neues dazu. Außerdem zählt die Zweite Kammer: 6 Unabhängige, und zwar 4 liberal- und 2 zentrumSgestnnte Unabhängige. Es ist dem liberal-sozialdemokratischen Groß- block also nicht gelungen, die 25 Mandate bei der Stich wahl unter sich auszuteilen. — Der Reichstag und der Marokkohandel. Die Nord deutsche Allgemeine Zeitung schreibt: „Die Frage, ob ein Staatsvertrag über die Abtretung oder den Erwerb von Kolonialbesitz zu seiner staatsrechtlichen Gültigkeit der Zustimmung des BundeSrateS und der Ge nehmigung des Reichstages bedarf, ist, wie wir hören, von den zuständigen Reichsämtern geprüft und im verneinenden Sinne beantwortet worden. . . . Das deutsch-französische Abkommen geht nach allen vorliegenden Nachrichten seinem Abschluß entgegen, und es ist zu hoffen, daß, wenn erst einmal die Leidenschaften sich gelegt haben, die Nützlichkeit dieser Abmachungen für beide Teile Anerkennung finden wird. Ueber die Vorgeschichte und den Verlaus der Ver handlungen zu sprechen, wird sich bei der Erörterung deS Abkommens Anlaß bieten. Dies ist uni so erwünschter, um nicht zu sagen notwendiger, als noch immer die merk würdigsten Mythen darüber verbreitet werde». Insbesondere wird die Rolle Englands und deren Einwirkung auf die Haltung Deutschlands noch immer falsch dargestellt. ES wird sich weiterhin zeigen, wie haltlos diese Behauptung ist, daß Deutschland bei Einleitung oder während des Verlaufes der Verhandlungen mit Frankreich vor einem ^ ^ ^ . Einspruch von dritter Seite zurückgewichen sei. Deutschland We,e» de« R-soemationstage- nad de« Festes A» «heilige» erscheint die nichste Rnmmer erst Donnerst«, de, 2. Nooenete, nachmittags. -M»