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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.03.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110327022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911032702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911032702
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-27
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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Luzeigeu-Prei» M SMmM» an« Leipzig und Umgedun, G, in^Mlten« -0 nur» breite Berits 2b di» V4 mm brrrt« »ieklamezrü« l ^e »»» -Mwätt« üv ma««. r.» »chehttt««»zeigen »tt Platznortchrtkt«» uno in dar UdMdanßnab« im llreile erhöhi. pknSarr nach lar>t. Beilage,edübr ö p. Tanlrno «xv. Postgebühr. gGGktMG »ntträa« Snoen nicht zuräck- ,,»e,m »«den. KSr da« ärlcherrw» an bestimmt«» Ta^n nnd Plätzen wird keine Garantie tvernommen. Anzeigen-Annahme: tzlugustnäplatz »o jänittlche» Filialen u. allen Annoncen- »rpedttionen dG I» und Au «lande«. tz^dakttn» nnd «eschästlstestr: Johann'«gag« tl. Fernipreider: l««L 14603, 14«8. chaupt-Sillale Dresden: «eestrad- 4. 1 (Telephon 4ü-'l-. Nr. 86. wonnig, üen 27. Mär, lSll. 105. Zshrgsn-. Imperislistssche Regungen. Brief aus Washington. Im Schatze der zielbewußten amerikanischen Poli tik liegen Möglichkeiten verborgen, deren weitreichen der Wirkungen beide Hälften dieses Kontinents sich nicht entziehen können. Der weite Rahmen des Bun- desaebiets wird für die kraftstrotzende Fülle wirt schaftlicher Betätigung zu eng: Üncle Sam streckt seine Arme über die Weltmeere aus, um für die Zu kunft oorzusorgcn, in der sein Reservat an jungfräu lichem Boden aufgebraucht sein wirt'. Aus diesem Streben heraus haben die Vereinigten Staaten den großartigen Gedanken des Panamakanals wie der ausgenommen, der einst in der Korruption der Lessepsgesellschaft jämmerlich ersticken mutzte. Aus diesem Streben heraus tat Amerika zielbewutzt einen Schritt nach dem andern, um das große Werk auch nach seiner Vollendung vor allen jenen Fährlichkeiten zu sichern, die die scharfe Konkurrenz der um die Palme ringenden imperialistischen Strömungen im Gefolge hat. , Das Streben Nordamerikas, auf eine knappe Formel gebracht, ist auf nichts anderes gerichtet, als darauf, die Integrität des Panamakanals da durch geschützt zu sehen, daß er ausschließlich durch Bundesgebiet seinen Weg nimmt. Na- rürlich treibt man in Washington nicht eine Politik °der Kinderstube, die etwa Expansionsgeliiste öffent lich zur Schau trägt. Aber man nutzt klug die Mög lichkeiten, um den Einfluß der Union auf Mexiko wirksam zu machen, und unterschätzt auch nicht die Macht, die dem rollenden Dollar innewohnt. Das Beispiel von Kolumbia bat uns bewiesen, was eine von klingender Münze unterstützte Fnteressenpolnik durchzusetzen vermag. Die mexikanischen Verhältnisse sind nicht so, wie die Regierung des Aztekenlandes sie gerne dar stellt. Der greise Porfirio Diaz steht heute, am Aus gang eines mühe- und arbeitsreichen Lebens, vor der schmerzlichen Erkenntnis, Laß er umsonst gewirkt bat. daß das Gebäude, an dessen Errichtung er vierzig Jahre seines Lebens verwandte, nach seinem Abschei- dcn tusammenstü''zen >nuü. Das Wtert der Konsoli di->rung der süd und minelawcritanischen Republi ken ist äußerst undankbar, vom Zufall und der ein relnen Persönlichkeit abhängig. Nur das straffe Re gime des greisen Präsidenten vermag den Eindruck norzu'äuschen daß in Mexiko alles zum Besten be stell' ist Es liegt auf der Hand, daß die Regierung in Washington nicht gerade bemüht ist, diesen Eindruck zu verstärken. Vielmehr legt sie Wert darauf, die wahren Zustände möglichst kraß hervor treten zu lassen, und im Interesse ihrer Sonder zwecke schreckt sie auch vor Uebertreibungen nicht zu rück. Eine genaue Kontrolle der alarmierenden Nach richten aus und über Mexiko, die in diesen Wochen die Welt erfüllen, ist schlechterdings nicht möglich, und die maßgebenden Persönlichkeiten der Bundes regierung sind mehr als ängstlich bemüht, neugierigen Ausfragern aus dein Wege zu gehen, so daß die Auf gabe des Korrespondenten schwer und undankbar wird. Aber die nächsten Tage bereits können folgen schwere Entscheidungen bringen, die in ihrer Gesamt wirkung geeignet sein mögen, weitreichende politische Verschiebungen auf dem amerikanischen Festlande her- oorzubringen. Die partielle Mobilmachung der Bun desarmee ist eine so ungewöhnliche Maßregel, daß sich in ihr der Ernst der Lage in Mexiko wider spiegelt, zumal versichert wurde, daß die Mitwirkung der gesamten atlantischen Flotte, von der vorerst nur die fünfte Division herangezogen wird, in Aus sicht genommen sei. Ueber die Tragweite eines derartigen Vor gehens der Union, wenn auch Ausdehnung und Dauer keineswegs feststehen, wird niemand im Zweifel sein. Die Regierung in Washington kann nur das eine Ziel verfolgen, die Nachbarrepublik unter ihre poli tische Botmäßigkeit zu bringen, so daß Mexikos Unabhängigkeit fortan nur auf dem Papier stehen würde. Die Sorge um den Panama kanal und seine unermeßliche Bedeutung für die poli tische Zukunft der Vereinigten Staaten treibt die Union zu Maßnahmen, die neben dem schwerfälligen Gang der europäischen Politik fast wie ein Wieder aufleben des mittelalterlichen Faustrechts erscheinen müssen. Es wäre müßig, nach dem Rechtstitel für solches Beginnen zu suchen; Wahrnehmung bedrohter Interessen heißt der Mantel, der solche Verstöße gegen ungeschriebene Gesetze zudeckt. Die jingoistischen Organe fließen über von Berichten über die Inter ventionsgesuche amerikanischer, in Mexiko ansässiger Staatsbürger. Und da die mittelamerikanische Frage in der Tat fast ausschließlich die Interessen der Union tangiert, hat kaum eine der europäischen Mächte Anlaß, sich solchem Tun zu widersetzen. Die Regierung nutzt klug den Augenblick, um in Washing ton schätzbare Dankespflichten zu prägen, indem sie der Union die Wahrnehmung der Interessen britischer Untertanen übertrug. Deutschland würde gut daran tun. die gleiche Münze zu schlagen. Oer rullllch-HineMche Konvikt. Wir brachten in der heutigen Morgennummer die 'Nachricht, daß China gegenüber Rußland rückhaltlos, nachgegeben habe, da es auf einen Krieg vollkommen unvorbereitet sei. Berliner Blätter melden dagegen, daß zwei chinesisck) c Armee en von je 60 000 Mann sich im Avfmarschravm Chardin--Hingan ver sammelt hätten. Auch sei schon eine Volksmiliz ge bildet worden. Anderseits seiKuldscha von russischen Truppen besetzt worden. Ebenso seien russische Generale, die am Russisch-Japanischen Kriege teilgenommen haben, nach Petersburg berufen worden, um Kommandostellen bei den Truppen in Turkestan zu erhalten. Die Ernennung des Generals Nikitin zum Kommandanten von Irkutsk spricht für den Ernst der Situation, da auch Nikitin vom Russisch-Japanischen Kriege her die dortigen Ver hältnisse genau kennt. Auch ist er für den Fall eines Krieges zum Befehlshaber designiert worden. Wie aus Charüin verlautet, haben Zusammen stöße zwischen den beiderseitigen Mi lizen stattgefunden. Auch soll die russische Grenzwache von Chinesen beschossen worden sein. Die Lage ist jedenfalls trotz der angeblichen Nachgiebigkeit Chinas immer noch recht ernst. p Milche Nachrichten. König Friedrich August bei Fürstbischof Kopp. Der König von Sachsen gedenkt Ende April, einer Einladung des Kardinal-Fürstbischofs Kopp folgend, sich nach Breslau zu begeben. Aus dem 22. Reichstagswahlkrerse (Mylau-Reichenbach) wird uns geschrieben: Der Rationalliderale Verein zu Treuen i. V. faßte in seiner gestrigen zahlreich be suchten Versammlung den einstimmigen Beschluß, dem Vertreter Les 22. Reichstaaswahlkreises, Herrn Stadt rat Robert Merkel (Mylau), telegraphisch den Wortlaut einer einstimmig gefaßten Resolution zu übermitteln, in der ihm für seine aufopfernde Tätig keit im Reichstage der wärmste Dank ausgesprochen und er um Wiederannahme einer Kandidatur für di« kommenden Wahlen gebeten wird. Die Dresdner Bereinigten nationalen Ausschüsse hielten am Eonntagvormittag unter dem Vorsitz des Dr. med. Hopff eine Ausschußsitzung ab, um über die Gründung einer Geschäftsstelle in Dresden zu beraten. Es wurde beschlossen, einen nationalen Landes ausschuß zu gründen, dessen hauptsächliches Auf gabe es sein soll, Len nationalen Körperschaften Lach ens einen Redneraustausch zu vermitteln und Flug- chriften bereit zu stellen. Zum Vorsitzenden des Landesausschusses wurde Dr. Hopff gewählt. Ferner wurden zu Ausschußmitgliedern gewählt Studienrat Professor Dr. Hankel-Dresden, Rektor Professor Dr. Börner-Blasewitz, Dr. med. Müller-Pirna, Professor Dr. Pollack-Meißen, Schuldirektor Müller-Zwenkau, Schlossermeister Günther-Deuben, Ingenieur Leupold- Zwickau und Herr Ficker-Sehma. verhinderter Ausftaad. Der für heute Montag in Aussicht gewesene Aus - st and der Transportarbeiter in Alten burg ist in letzter Stunde noch umgangen wor den, indem Lurch gütliche Vereinbarung zwischen den einzelnen Firmen und Arbeitern eine Einigung er zielt wurde. In der Hauptsache handelte es sich um eine Lohnerhöhung. Die Arbeiter verlangten eine Erhöhung d«s Wochenlohns um 3 Die Firmen bewilligten ihnen 2 ^t, und damit gaben sich die Arbeiter schließlich zufrieden. Oberhofprediger Dryander iu Paris. Paris, 27. März. Oberhofpredigcr I). Dryan- d er-Berlin sprach in seinem gestern abend in der Christuskirche gehaltenen Vortrag, dem der deutsche Botschafter sowie zahlreiche Mit glieder der deutschen Kolonie beiwohnten, über di« deutsche evangelische Diasporakonfe renz, von deren Wirksamkeit er ein fesselndes Bild entwarf, und gab dann eine überaus anziehende Schilderung seiner mehrfachen Orientfahrten, ins besondere seinem im Jahre 1898 in Begleitung des Kaisers unternommenen Palästina-Reise. Die italienische Jubelfeier. In Rom begann heute die Jubiläumsfeier des 50jährigen Bestehens des Königreichs Italien. Fol gende Depeschen liegen darüber vor: Rom, 27. März. (Tel.) Um Mitternacht wurde durch einen Kanonenschuß das Zeichen für den Be ginn der Festlichkeiten aus Anlaß des 50jährigen Bestehens des Königreichs gegeben. Trotz der vorgerückten Stunde war die Stcürt sehr belebt. Ueberall wurden die Rufe laut: „Es lebe Italien! Es lebe Rom!" In Cast's und Restaurants wurden patriotische Kundgebungen veranstaltet. Zahlreiche Häuser waren illuminiert. Rom, 27. März. (Tel.) In der Senatssitzung wurde von dem Berichterstatter der Kommission, der beauftragt ist, die Adresse zu formulieren, die der Senatspräsident zur Erinnerung an das 50jährige Be stehen des Königreichs Italien heute auf dem Kapitol verlesen wird, Text und Adresse vorgelesen. Die Adresse betont, Italiensei unter den Nationen ein Element der Ordnung und des Friedens. Es werd« ein« leuchtende Spur seines Werkes hinterlassen, die noch in künftigen Zeiraltern sichtbar sein werde. Viktor Emanuel sei der viert« der Könige, deren Tugenden es bewirkt hätten, daß dieDnnastie mit dem Volkeeins geworden sei. Di« Hingabe an das Herrscherhaus sei Gefühl und Prinzip gewesen: heute sei sie auch zur Tradition geworden. Die Adresse wurde mit lebhaftem Bei fall und Huldigungsrufen für den König ausge nommen und «instimmig genehmigt. Kus Leipzig imü Umgeyenü. Leipzig, 27. März. Wetterbericht der Kgl. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 28. März 1910. Oestlich« Winde, aufheiternd, etwas wärmer, kein oder nur unerheblicher Niederschlag in Verbindung mit Nebel. Pöhl berg: Vormittags und nachmittags schwacher Nebel, schwache Schneedecke bis Annaberg, Schneetiefe 10 Zentimeter. Fichtelberg: Ununterbrochen schwacher Nebel, gute Schlittenbahn bis Oberwiesenthal, starker rasch verschwindender Reif, Schneetiefe 250 Zentimeter. * Raturkundliches Heimatmuseum Leipzig. Für di« geologische Abteilung gingen rm Monai Februar folgende Geschenke «in: von Herrn Pros. Dr. Felix eine wertvolle Spezialsammlung der fossile Fauma des marinen Mittelvligozäns von Zwenkau (Cyprina rotundata Br., Peciunculus Phrlippii Desh., Tellina Nysti Desh., Fusus elongatus Nyst., Murex Deshanyesii Nysti Desh , Fusus elongatus Nyst., Murex Deshayesii lium Kickxii Nyst., Galeocerdo sp. usw ), ferner ein miozünes Faserkalkgeschiebe aus dem Diluvium von Eutritzsch; — von üen Herren Kaufmann Näbe und Lehrer Helke je ein merkwürdig gestaltetes Diluvial geschiebe (Feuerstein mit Granit), vom Hauptbahn hofsban Leipzig und von Plösitz stammeno; — von Herrn Lehrer Asmuß ein aus Flur Baalsdorf gesam melt«r Schonen-Basalt; — von Herrn Lehrer Lach mann zwei Oberkieferbackzähne von Equus aballus fass. L. und zwei Unterkieserbackzähne von Rhinoceros tichorhinus Fisch. (Fundort: Räuden bei Pegau.) * Auszeichnungen. Vom Königlichen Ministerium des Innern ist den nachgenannten, seit über dreißig Jahren ununterbrochen in einer Stelle beschäftigten Personen, nämlich dem Instrumentenmacher Friedrich Moritz Horn in Leipzig, dem Instrumentenmacher Carl Richard Lebmann in L.--stötteritz, dem Schlosser Robert Albin Keil in L.-Plagwitz, dem Zimmermann Gustav Adolph Enke in L.-Schleußig, dem Instrumentenmacher Joseph August Knobloch in Leipzig, dem Klempner Friedrich Ernst Nitzschke in Leipzig, dem Tischler Friedrich Wilhelm Franz Beyer in L.-Plagwitz, dem Tischler Christian Hein rich Bruno Dusel in L.-Schleußig, dem Werkführer Friedrich Richard Freund in Leipzig, dem Tischler Friedrich Bernhard Ränker in L.-Lindenau. dem Tischler Julius Hermann Te uscher in Wahren, dem Tischler Heinrich Langer in Leipzig und dem Zimmermann Karl Friedrich Wilh«lm Mah necke Lss Grüne Auto. Roman von August Weigl. Zs (Nachdruck Drittes Kapitel. In den nächsten achtundvierzig Stunden herrschte im Sicherheitsbureau fieberhafte Tätigkeit. Polizei agenten kamen und gingen, junge Beamte schrieben lange Protokolle und Polizeirat Wurz wurde von Stunde zu Stunde ernster. Endlich am dritten Tage waren sämtliche Per sonen einvernommen, die mit dem Morde auch nur in entfernteste Verbindung hatten gebracht werden tönnen, ohne daß man um einen Schritt vorwärts ge kommen wäre. Was die Leute aussagten, war belanglos. Daß Strebinger sehr zurückgezogen gelebt, daß er mit nie mand verkehrt, selten das Haus verlassen, in einem kleinen Gasthause der Grfllhoferstraße gespeist, dort stets pünktlich gezahlt, immer allein an einem Tische gesessen und dergleichen mehr, Angaben, die besten falls in ihrer Gesamtheit ein Bild der Lebensweise des Ermordeten gaben, aber nicht dazu beitrugen, nach irgendeiner Richtung hin Licht zu verbreiten. Auch die Nachforschungen nach dem Manne, der nach dem Morde durch das Fenster entflohen war, hatten keinen Erfolg. In dem Kaffeehause hatte man ihn dreimal ge sehen und konnte eine beiläufig« Personenbeschreibung geben. Im Haus« in der Grillhoferstraße kannte man ihn nicht. Man wußte nur, daß Strebinger einige Male in den Abendstunden den Besuch eines Herrn erhalten und bei dieser Gelegenheit stets selbst die Tür geöffnet hatte. Doktor Specht fahndete nach dem Domino. Er schrieb unter der alten Thiffer und ließ das Postamt überwachen; aber es kam niemand, den Brief abzu holen. Die Beamten erinnerten sich natürlich nicht, wem sie die drei vorangegangenen poste restante- Briefe ausgefolgt hatten. Ein Stoß Akten lag vor dem Poli.zeirat Wurz auf dem Schreibtisch. Er flog sie nochmals einzeln durch und machte sich Notizen. Nachdenflich blickte er zum Fenster hinaus, zog kräftig an seiner Zigarre, schüttelte mehrmals den Kopf unk klingelte endlich. Der diensthabend« Agent erschien. ..Doktor Specht soll herüberkommen!" Der Polizeirat sah wieder zur Decke empor und überlegte. Das Eintreten des Kommissars unterbrach seinen Gedankengang. „Guten Morgen, Herr Doktor, nehmen Sie Platz. Ich muß mit Ihnen sprechen. Wie Sie wissen, inter essiert sich der Polizeipräsident sehr für den Mord in der Erillhoferstraße. Der Grund ist klar. Ueber den Diebstahl der Papiere regen sich die Herren oben furchtbar auf, und da die begründete Annahme vcr- liegt, daß der Mord damit im Zusammenhang steht, wendet sich jetzt die Aufmerksamkeit des Präsidenten auf diese Tat. Er hofft, daß wir Anhaltspunkte fin den werden, um die andere Sache lösen zu können. In einer Stunde werde ich dem Präsidenten das Er gebnis der bisherigen 'Nachforschungen mittetten und mit ihm die weiteren Schritte beraten. Haben Sie irgend etwas Neues?" „Nein, Herr Polizeirat. Ich habe den Vermieter u»rd mehrere Hausleute nochmals vernommen und auch auf der Post Nachfragen lassen, aber alles war umsonst." „Das war vorauszusehen. Ihre anonyme Kor respondentin wird sich gewiß nicht mehr melden. Nach der Richtung, glaube ich, werden vorläufig alle Nachforschungen resultatlos verlaufen. Ich war gestern nachmittag nochmals in der Erillhoferstraße nnd habe festgestellt, daß cs ganz unmöglich ist, daß der Mann von der Straße aus erschossen wurde/' „Ja, verzeihen Sie, wie soll dann der Mord ver übt worden sein?" „Die Fenster oes Hochparterres liegen zu hoch. Wenn man auf der Straße steht, sieht man gerade noch Schultern und Kopf eines am Tische stehenden Mannes. Ich habe mich davon überzeugt. Ich habe auch genaue Messungen vornehmen lassen. Das Loch im Fenster und die Einschlagstelle im Bilderrahmen liegen auf den Millimeter genau in gleicher Höhe. Hätte jemand von der Straße aus geschossen, so könnte diese Linie nicht in einer geraden, sondern müßte in der Mitt« des Bildes, nicht im untern Teil des Rahmens eingeschlagen haben, respektive sie hätte Len Kopf des Ermordeten nicht in einer mit dem Fuß boden parallelen Linie durchschneiden können. Der Schuß muß folglich von einem Stairdorte aus gegeben worden sein, der in gleicher Höhe mit dem Niveau des Zimmers liegt." Doktor Specht unterbrach den Polizeirat mit den Worten: „Also ungefähr in der Höhe einer Person, die in einem Wagen aufrecht steht." „Ich kann mir denken, worauf Sie anspielen", ant wortete der Polizeirat. „Aber Sie werden doch nicht wirklich glauben, daß ein Mann im Automobil vor fährt, um einen Mord zu begehen. Gar so leicht machen Sie es uns denn doch noch nicht. Und dann: Gesetzt den Fall, Sic hätten recht, irgend jemand hätte das Vehikel in der Erillhoferstraße dcch gesehen haben müssen! Genau so, wie man es in der Silbinggasse und auf dem Gürtel sah. Sie wissen ja, daß der Wachtmann in der Zeit, in der der Mord ver übt wurde, in der Erillhoferstraße stand. Ihm wär« ein grünes Auto unbedingt ausgefallen. Nein, mein Lieber, damit ist es nichts." „Woher kam also der Schuß, wenn er weder im Zimmer noch auf der Straße abgegeben wurde?" „Es bleibt nur eine Möglichkeit: aus dem gegen überliegenden Hause. Die Straße ist nicht breit. Strebinger saß bei der Lalnpe, war also scharf be leuchtet. Von dort kam der Schuß." „Haben Herr Polizeirat für diese Behauptung Be weise?" „Das werden Sie später hören. Ich zweifle nicht mehr, daß der Schuß im Hochparterre des gegenüber liegenden Hauses abgegeben wurde. Dem Tatorte gegenüber befindet sich aber nur eine unbewohnte Wohnung, die verschlossen ist. Der Hausbesorger hat den Schlüssel. Das ist das erste, was ich Ihnen mit teilen wollte." Doktor Specht zog sein Notizbuch heraus und wollte etwas niedcrschreiben. „Nein, Herr Doktor, bemühen Sie sich nicht. Ich bitte Sie, sich um den Fall nicht weiter zu kümmern. Sie können nicht nach zwei Richtungen gleichzeitig arbeiten. Aus dem Vortrag, den ich dem Präsidenten hakten werde, werden Sie ersehen, wie sehr sich di« Sache verwickelt hat. Si« braucht nicht einen, sondern mehrere Männer, die sich ihr ganz und ausschließlich widmen Also, lieber Doktor, unterrichten Sie Ihren Freund. Doktor Martens, von allem, und kommen Sie dann mit ihm zum Präsidenten Aber gleich, bitte, denn in einer halben Stund« müssen wir ins Prä sidium." Doktor Specht verließ etwas gedrückt das Bureau seines Thefs. Wurz vertiefte sich wieder in die Akten und fing zu rechnen an. Aus der Entfernung der beiden Hauser, der Höhe der Einschlagstelle des Projektils und dem kleinen Kaliber der Waffe sucht« er etwas heraus zufinden. Mitten in der Arbeit wurde er gestört. Ein junger, eleganter Mann von vornehmem Aeußern trat «in. „Pardon, Herr Polizerrat, aber im Vorzimmer war niemand, der mich hätte anmelden können —" „Ah, guten Tag, Baron, bitte, nehmen Sie Platz. Meine Leute sind alle auf der Strecke. Schön, Lag Sie so pünktlich sind; ganz militärisch. Ich habe Sic hergebeten, um ak unsere letzt« Unterredung an- zuknüpfen. Heute kann ich Ihnen bereits einen be stimmten Vorschlag machen." Der Polizeirat lehnte sich in seinem Fauteuil zu rück und dachte einen Augenblick nach. „Also, um gleich aufs Ziel loszuschießen: Ich habe eine Sache für Sie. Lljenn sie Ihnen gelingt, garan tier« ich Ihnen die Anstellung bei uns." Der junge Mann horchte überrascht auf. „Wirklich?" ries «r erfreut. „Ja. Passen Sie auf: Sie haben sicher Ver bindungen in der guten Gesellschaft. In diesen Krei sen muß recherchiert werden. Ganz im geheimen. Bei großen Herren. Die Namen werde ich Ihnen be- kanntgcben. Vorausgesetzt, daß Sie einverstanden sind." „Pardon, Herr Polizeirat", wandte der Baron etwas verlegen ein, „aber das ist mir leider un möglich." „Warum?" Der junge Mann zögerte mit d«r Antwort. „Ich weiß nicht recht, wie ich es Ihnen erklären soll. Vor acht Tagen habe ich Si« ja selbst gebeten, mich zu verwenden. Aus Liebhaberei und weil ich einen Beruf suchte, seit ich vom Militär weg bin. Aber sehen Sie — mich in meine Kreis« als Spion einzuschleichen, das kann ich nicht." „Aber, lieber Baron, was Sie gleich für Worte gebrauchen. Spion? Davon ist keine Rede. Sie sollen der Polizei einen wichtigen Dienst erweisen. Nicht nur der Polizei, dem Staate, dem Paterland!" „Wie soll ich das verstehen?" „Sie haben sicher von dem Verschwinden der Do kumente aus d«m Schreibtische Les Feldmarschall leutnants Holmhorst gehört. Wir haben Grund, an- zunehmen, daß dies« Sache fir einigem Zusammen-
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