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Sonnabend —— Nr. 284. 11. October 184S. Ltipiig. Di' S'itung Zu bey'hcn durch uU« Postämtcr dcS In- und LuSland««. Deutsche Allgemeine Zeitung. Preis sür das Viertel, juhr 2 Ldlr. — InsertionSgebuhr für den Raum einer Zeil« r Ngr. «Wakrhcit und Recht, Freiheit und Gesetz!» «e v-rblick. tveutfehland. * * Nürnberg. Die Naturforscherversammlung. Die Kar toffelseuche. Die katholische Gemeinde. Hr. Bestelmeyer. LH Dresden. Berichtigung, ch Von der sächsischen Grenze. Die protestantischen Freunde, ch Darmstadt- Die Deutsch-Katholiken. Braunschweig. Die protestantischen Freunde, ch Aus Mecklenburg-Schwerin. Der Landtag. Preußen. -/-Berlin- Der portugiesische Gesandte. Tabelle der Glau bensbekenntnisse. Die jüdische Reform. S Berlin- Der König und der Magistrat. * Magdeburg. Die Deutsch-Katholiken und die Sion- — Päpstliches GlückwunschungSschreiben an den Bischof von Münster. IVessterreich. * Aus Ungarn. Die Wahlexceffe in Lrentschin. Hr- v. Ull mann. Vroßdritannien. Das Fieberschiff Eclair. Thomas Lloyd. Ostindien. Die Sonntagsfeier in Ostindien. Frankreich. Der Herzog von Montpensier- Der König der Belgier. Die Statue des Herzogs von Orleans. Hr. v. Rosen. Marsckall Bugeaud. Royer-Collard. Spekulation. Algerien. Italien. ** Paris Politische Ge wissenlosigkeit. Hr. Alex. Dumas. Weigien. Zollwesen. Schweiz. Looesurtel in Luzern. Italien. Die Unruhen. Erzherzog Friedrich. Rußland und Polen. Der Kaiser. Fürst Woronzoff. — Die Cita delle von Warschau. Türkei. * Konstantinopel. Die protestantische Kirche in Jerusalem. Wissenschaft und 4tunft. * Berlin. Die königl. Schauspiele. Ber lin. Verbot des Herold. Handel und Industrie. *Wien. Die Börse- * Leipzig. Die leipzi ger Bank. * Leipzig. Börsenbericht. Cannstatt. Eisenbahn. — Lotterie. — Berlin. Leipzig. Ankündigungen. Deutschland. ** Nürnberg, 7. Oct. Bei den Vorstellungen, dje sich das größere Publicum von den Forschungen der Gelehrten'zu machen gewohnt ist, kann und darf eS nicht befremden, wenn es überall Leute gibt, die an etwanige Ergebnisse von Wichtigkeit einer Naturforscherversamm lung durchaus nicht glauben wollen. So ist eS denn kein Wunder, wenn auch hier viele Menschen zweifelsvoll fragen, was denn eigentlich unsere neulichen Gäste außer Dem, daß sic so. oft publioo gegessen, getrunken, ge tanzt rc., noch gcthan haben, was weiter Reisen und vielen Geldes werth sei? Wie darauf durchschnittlich die Antwort lautet, kann sich Jedermann leicht denken, da die hier versammelten Herren den Zweiflern und Un gläubigen in derThat nicht mit Zeichen und Wundern aufgcwartct haben, was die Menge will, wenn sie Respect haben soll. Aber so ganz unbil lig wäre es doch nicht, wenn Diejenigen, denen die Leitung derartiger Ver sammlungen anvcrtraut wird, in Zukunft noch sorgfältiger und vorherr schender darauf Bedacht nehmen wollten, daß den Amüsements weniger gehuldigt werde als dem eigentlichen Zwecke der Vereine.— Unsere prak tischen Landwirthe lassen eS sich nicht nehmen, daß die Kar löffel seuche gerade so gut eine natürliche Folge der Trägheit und des Unverstandes sei, wie cs viele Krankheiten sind, die unter dem Vieh grassiren. Wir z. B. haben in unserer Gegend eine seit langen Jahren als schlecht, nicht eben gesund, und sür den nicht daran Gewöhnten fast ungenießbar bekannte Kartöffelgattung, die blauweiße Kartoffel genannt (in Erlangen die Strum- pfer, weil sie dort das ausschlicßende Früh-, Mittag- und Abendbrot der armen Strumpfwirker bilden). Es mag für die untersten Klassen noch eine traurige Wohlthat bilden, diese schlechten Kartoffeln zu sehr wohlfeilem Preise kaufen zu können, aber immerhin zeugt es von einem gewissen Schlendrian und von Mangel an Einsicht, daß eine solche Frucht nicht längst durch eine bessere Gattung erseht ist, da es zur ErrciMD» dieses Zwecks für den Landwirth ja fast gar keines Opfers, sondMUD der Wahl eines andern Samens bedarf, in dessen Besitze Jeder MUMM kein Bauer oder Gärtner je gefunden werden wird, der nur toffeln oder die sogenannte blauweißc baute. Es ist unzweifelhaHDW man die auch in der Benennung (Kartoffelpcst, Kartoffclcholera rc.)uWv schätzte Kartoffelkrankhcit durch Anwendung größerer Aufmerksamkeit bald überwinden wird. Wie einzelne Kreisregierungcn bei uns schon gewarnt und auf das Nöthigc aufmerksam gemacht haben, so läge es wol in dem Pflichtkreis aller Staatsrcgierungcn, vom Gesichtspunkte der Sanitätspoli zei auS darauf zu dringen, daß einmal als schlecht bekannte Kartoffelgat- tungen gar nicht mehr fortgcpflanzt, resp. nach Verlauf eines bestimmten Termins nicht mehr verkauft werden dürften. Die Frage über den katholischen Kirchenncubau war ihrer praktischen Lösung doch noch nicht so nahe, als vor einiger Zeit angenommen worden war. Dagegen wächst unsere katholische Gemeinde wol bemerkbar, und namentlich gewinnt sie an Ansehen und Bedeutung durch die Ver setzung katholischer Militair- und Civilbeamten hierher. Uebrigens leben wir hier zusammen so einträchtig, als wüßte unsere Zeit gar nichts von konfessioneller Zwietracht und ihren Folgen im Gemeinde- und Familien leben.— Bürgermeister Bestelmeyer soll sich auch nicht wieder wäh len lassen wollen. Einstweilen wollen wir nicht an die Sage glauben; aber möglich wäre cs glcichwol, daß das bedauerliche Beispiel des Frhrn. v. Rotenhan ansteckend wirkte. Wir haben ja vor einigen Jahren Achn- liches in einem Nachbarland erlebt. ^Dresden, 8. Oct. Es ist eine falsche Taktik bei jeder Partei, wenn sie zur Unterflützung ihrer Argumente das Unwahre mit dem Wahren ver mischt. So lesen wir jetzt in auswärtigen Journalen ein Namcnsverzeich- niß der aus Leipzig ausgewiesenen Literaten, worin absichtliche Unrich tigkeiten vorkommen. So z. B. ist De. John, dessen Papiere als in Ordnung sich ausgewiesen haben, der fernere Aufenthalt in Leipzig wieder gestattet worden. (Nach hiesigen Nachrichten hat derselbe nur eine kurze Verlängerung seines Aufenthalts erhalten. D. Red.) Eben so unrichtig ist es, wenn man den von Oesterreich reclamirtcn Redakteur der Grcnz- boten I. Kuranda als ausgewiesen aufzählt. Es ist weder von Seilen der sächsischen Regierung noch von Seiten der leipziger Polizei dem fer- nern Aufenthalte dieses Schriftstellers die mindeste Schwierigkeit in den Weg gelegt worden, da die öflcrrcichische Regierung sich bisher noch nicht direct an die sächsische gewendet hat. Wir glauben gut unterrichtet zu sein, wenn wir behaupten, daß der Delegiere des Literatenvcreins von dem Mi nister v. Falkenstein die Erklärung erhalten hat, daß die sächsische Regie rung mit der Einberufung des Dr. Kuranda durchaus in keinem Zusam menhänge stehe, und diese strenge Maßregel ganz allein die Sache der wiener Behörden ist. Dasselbe gilt in Betreff des Hrn. Axenfeld. sllon der sächsischen Grense, s. Oct. Es ist wirklich spaß haft, zu sehen, wie man hinter den protestantischen Freunden her mit Steinen wirft, seitdem die Staatsmacht es für nöthig gehalten hat, ihre Versammlungen zu verbieten und eine entschiedene Mißbilligung ihres Strebens auszusprechcn. So wieder eine Hand aus Magdeburg vom 4. Oct. (Nr.27S), und sonderbar! meist fangen diese vcrurtheilenden Zeitungsartikel mit einer gewissen Freundlichkeit an und gehen allmälig in Gehässigkeit über. Von Magdeburg aus wird gesagt, daß die Versammlungen der protestantischen Freunde zur Erreichung ihres hohen Zieles ungeeignet gewesen seien, weil unter den lärmenden Debatten so heilige Angelegen heiten nicht gefördert werden könnten. Dagegen ist aber doch oft genug anerkannt worden, daß selbst die zahlreichsten Versammlungen sich durch Würde und Ruhe ausgezeichnet haben, und daß nur da, wo die Gegen partei sich cingcmischt hat, der Unwille bisweilen erregt worden ist, weil sic gerade nicht die Mäßigung beobachtet hat, welche die protestantischen Freunde immer hoch geehrt haben, ganz abgesehen davon, daß sie unbe rufen sich kinzugedrängt hat, indem die protestantischen Freunde oft und laut genug ausgesprochen hatten, daß sie sich untereinander verständigen wollten, sie, die einer vernunftgemäßen Auffassungsweisc des Christen thums huldigen. Doch cs sei zugestanden, daß die Versammlungen für den Zweck der Verständigung zu umfassend wurden in der letzten Zeit, obgleich dann immer noch die Absicht, geistig "und ungezwungen zu er bauen und zu guten Werken die Hände zusammenzulegen, zu erreichen war! Was blieb aber dann zu thun? Ruhig abzuwarten, sollte ich mei nen, daß sich aus der unerwarteten, natürlich erwachsenen Theilnahme ein geeigneterer Weg Herausstellen, und wo nicht, daß sich die Theilnahme wieder verlieren werde. Denn da die protestantischen Freunde wol bewie sen haben, daß es ihnen Ernst sei, Etwas zu wollen, das ihr Gewissen das Rechte nennt, so durften sie auch wol das Vertrauen beanspruchen, daß sie nicht auf leere Demonstrationen ausgingen. Außerdem soll der Supernaturalismus in ihren Versammlungen nicderaedonnert, in leiden schaftlicher, stürmischer, taktloser Erörterung verhöhnt und der offen ba- Mingsgläubige Geistliche vor seiner Gemeinde dadurch herabgesetzt worden Ml. Will der Kläger in dieser Beziehung den Beklagten ihr Recht wi- Evhren lassen und der Wahrheit die Ehre geben, so muß er zugestchen, dMdie protestantischen Freunde stets den Gegnern das Recht freier Ent- wWclung innerhalb der Kirche zuerkannt, daß sic mehrmals versucht ha- ^Kn, ihnen die Hand zum friedlichen Ncbcncinandcrgchcn zu reichen, und daß selbst dann, wo Bitterkeit und Entrüstung über die schmachvollen An griffe der Hengstenbcrg'schen Zeitung und ihrer Strcitgcnoffen nur natür lich gewesen wären, das scharfe Wort des Einzelnen sofort durch die Zwi schensprache eines Andern' gemildert worden ist. Von Donner und Hohn haben die Versammelten wol nicht viel gehört. Dagegen gibt cs in der deutschen Sprache wol keinen verächtlichen Ausdruck mehr, den nicht die Gegner gebraucht hätten, um die protestantischen Freunde zu Spott und Schanden zu machen; und bis in ihre Gemeinden hinein sind letztere ver folgt worden, in Schriften, auf Kanzeln und Kathedern hat man sic als -die Feinde des Kreuzes Christi verschrien und verdammt. End lich soll die Mischung der Stände bei Erörterung religiöser Fragen eben so verkehrt gewesen sein, als wenn man bei Besprechung arznciwisscn-