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229 zweimona! Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. '/,6Uhr für den andern Ta> "" " Tagesschau. Freiberg, den 1. Oktober. AuS Anlaß deS Geburtstages der deutsche« Kaiser« wurden gestern in Berlin die Hospitaliten in den der Berliner Armendirektion unterstellten Hospitälern und die im Arbeit-» Hause befindlichen Personen sestlich bewirthet. Auch im Großen FriedrichS-Waisenhause und im Erziehungshause am Urban in Berlin waren entsprechende Feierlichkeiten veranstaltet. Die ürstlichen PalaiS und viele Pcivathäuser hatten Flaggenschmuck angelegt. Besonders festlich wurde der Tag in Baden-Baden begangen, welcher Ort reich geschmückt war. Die Kaiserin nahm dort gestern zuerst die Glückwünsche des Kaisers, sodann diejenigen der Kaiserlichen Hofstaaten, der Großherzoglich Sadischen Familie, deS Prinzen Heinrich von Preußen, deS Großherzogs von Weimar, des Fürsten von Hohenzollern, der Herzogin von Hamilton und endlich des Königs von Belgien ntgegen. Ihre Majestät die Kaiserin erhielt von Sr. Majestät dem Kaiser reiche Geschenke, darunter zwei kostbare Basen und einen Schrein im Renaissancestyl. Der König von Belgien überreichte ein Riesenbouquet. Sämmtliche sürstlichen Gäste waren bei Ihrer Majestät der Kaiserin zum Diner geladen. Zugleich fand große Marschalltasel für die Hofstaaten statt. )er Großherzog von Hessen kam mit der Prinzessin Irenen öraut deS Prinzen Heinrich von Preußen, gestern Nachmittag Uhr in Baden-Baden an; sie wurden empfangen von dm öroßherzoglich Badischen Herrschaften und dem Prinze» Heinrich. Zum Frstdiner Ihrer Majestät der Kaiserin waren mch noch die Hessischen Herrschaften und die Brasilianische kaiserfamilie geladen. — Die deutsche Kronprinzessin, welche mit den Prinzessinnen Töchtern vorgestern Abend in Venedig ankam und dort im Hotel de l'Europe abstieg, traf dort mit dem von Arco angekommenen deutschen Kronprinzen zusammen. — DaS Dahinscheiden des berühmten Chirurgen Professor Or. von Langenbeck, der in Wiesbaden an den Folgen eines Schlaganfalls starb, erregt allgemeine Theilnahme. Geboren am S. November 1810 zu Hannover, studirte er in Göttingen, wo er sich 1838 habilitirte, wurde 1842 Professor der Amtsblatt für die königliche und städtischen Behörden zu Freiberg und Braud Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun iu Freiberg. Meistbegünstigung hat, stößt ebenfalls auf ernste Bedenken. Man verweist mit Recht auf die nachthell,gen Folgen welche es für die Mühlen-Industrie und den Handel des ganzen deutschen Küstengebietes, mindestens von Königsberg bis Lübeck hätte, wenn an der nordöstlichen Grenze andere Zollsätze gelten würden, als an dm übrigen deutschen Grenzen. Während der österreichisch-Kronprinz den in Wien versammelten internationalen hygienischen Kongreß eröffnete und die Mitglieder desselben auch in der Hofburg empfing, wohnte der Kaiser von Oesterreich in Pest der anläßlich der fünfzigjährigen Jubelfeier des dortigen Nationaltheaters veranstalteten glänzenden Festvorstellung, der feierlichen Ent» hüllung des Deak-DenkmalS und der Eröffnung deS ungari- schen Reichstages bei. Beide Häuser des ungarischen Par laments hielten am Mittwoch ihre erste Sitzung ab und wurden am Tage darauf durch dm Kaiser Franz Joseph in seiner Eigenschaft als König von Ungarn unter großem Gepränge mit einer ziemlich vorsichtig gehaltenen Thron rede eröffnet, in welcher die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens besonders betont wurde. Die Thronrede empfahl dem Reichstag Sparsamkeit und Hebung der Einkünfte ohne Ueberbürdung der Nation; dieselbe kündigte Vorlagen an über die Vervollkommnung deS Rechtsschutzes, über Ablösung der Regalien und über Erneuerung des Finanzausgleiches mit Kroatien, sowie des Wehrgesetzes, dessen Giltigkeit ab läuft. Die Beziehungen Oesterreich-Ungarns zu sämmtlichen auswärtigen Mächten wurden al? -freundschaftliche und gute bezeichnet, aber hinzugefügt, daß die Weltlage die Vervoll kommnung der Wehrmacht erheische. Der von 2000 Per- fonm besuchte Katholikentag in Linz hat am Mittwoch ein von dem Bischof Müller beantragte Resolution, betreffen die Wiederherstellung der weltlichen Herrschaft des Papstes, sowie eine weitere Resolution mit Glückwünschen für den - . .... 4v. Jahrgang jedmWochentagNachmitt.Uhr für den I . L I Sonntag, den S. Oktober. zu, die man in den dortigen Kreisen wegen der russische« Absichten in Mittelasien hegte, welche sich besonders seit der Flucht Eyub Khans und den offenen Umtrieben Ruß lands in Afghanistan wesentlich gesteigert habm. Leicht erklärlich ist es, wenn von englischer Seite zugleich ver sichert wird, die Erkenntniß des türkisch-russischen Vorgehens werde einen Rückschlag auf die Haltung Englands auch bezüglich der Stellungnahme zu der europäischen Politik Rußlands ausüben. Große Verwunderung erregte in London ein dort aus Wadelai gelangter Brief Emin Paschas, in welchem dieser erklärt, nicht mit der zu seiner Befreiung ausgerüsteten Expedition Stanleys zurückzukehren, sondern bei seinen Afrikanern bleiben und dort das Werk der Zivilisation, welches General Gordon begonnm, fortsetzen zu wollen. Die aufrührerische Bewegung in Irland spornt die englische Regierung zu vermehrter Energie an, veranlaßt aber gleichzeitig die Anhängerschaft Gladstones zu heftigen Protesten. Dieselbe verdammt die Anwendung willkürlicher Gewalt zur Unterdrückung politischer Versammlungen in Irland als etwas, was die theuersten Ueberlieferungen einer verfassungsmäßigen Regierung untergräbt und jede Hoff nung auf eine wirkliche Eintracht zwischen den Völkern des Vereinigten Königsreichs vernichtet. Bekanntlich forderte Rußland von der Türkei positive Vorschläge zur Regelung der bulgarischen Angelegenheit; nun aber die betreffende Note der Pforte in PeterSvurg angelangt ist, läßt man dieselbe dort einstweilen ruhig liegen. Von Sofia aus wird gemeldet, die bulgarische Regierung sei von Konstantionopel aus benachrichtigt worden, daß die Mächte dem Vorschläge der Pforte, einen türkischen Kom missar in Begleitung eines Vertreters der Großmächte nach Bulgarien zu entsenden, zugestimmt hätten. So schnell wird die europäische Diplomatie aber wohl kaum handeln. In Sofia scheint man nur die Gelegenheit benutzen zu wollen, um zu betheuern, daß jeder Versuch zu einer Aenderung des jetzigen Zustandes mit den Waffen werde zurückgewiesen werden. In Serbien wurden die Wahlen zur Sknpschtina in größter Ordnung vollzogen. Von den gewählten 120 Ab geordneten sind bis auf 5 oder 6 Alle als Anhänger der vereinigten Regierungspartei zu bezeichnen. An sechs Wahl orten wurde die Wahl sistirt; in zwei bis drei Wahlbezirken sind Stichwahlen nothwendig und aus etwa 30 Wahlbezirken ist das Wahlergebniß noch nicht bekannt. Papst zu seinem Priester-Jubiläum angenommen. Nachdem der König von Italien in seinem Tele gramm an den Bürgermeister Roms den italienischen Be hörden das Verhalten bei dem bevorstehenden Papst- Jubiläum klar vorgezeichnet bat, sind Verwickelungen bei dieser Gelegenheit kaum zu befürchten. Mit weit größerer Besorgniß erfüllen die italienische Nation die ziemlich um fänglichen Vorbereitungen für den wahrscheinlich nahe be vorstehenden abessinischen Feldzug. Die italienische Regie rung setzt thatsächlich sehr geringe Hoffnungen auf das Zustandekommen einer von England gewünschten Ver ständigung mit Abessinien und bereitet sich daher eiligst für alle Eventualitäten vor. Mittwoch früh kam der französische Justizminister in den Besitz des amtlichen Berichts des Generalprokurators in Nancy über den beklagenswertsten Vorfall an der deutsch- französischen Grenze und übermittelte das sehr umfangreiche Aktenstück, dem 31 Annexe, Pläne, Protokolle und Verhöre beilagen, dem Ministerium des Aeußeren. Wie Herr Flou- rens den an diesem Tage besonders zahlreich auf dem aus wärtigen Amte erschienenen Diplomaten mittheilte, enthält der Bericht des Generalprokurators eine „peinlich genaue" Darstellung des Vorfalles mittelst Aussagen der Zeugen und Aufnahme des Thatbestandes an Ort und Stelle, wo nach „gar kein Zweifel darüber bestehen kann", daß die französische Jagdgesellschaft und speziell Herr von Wangen und Brignon keinen Augenblick das französische Gebiet ver lassen hätten. Der Generalprokurator verfolgte denselben Weg, den die beiden unglücklichen Opfer eingeschlagen haben; übrigens begab sich derselbe am Donnerstag wieder an den Tbatort, um mit dem deutschen Staatsanwalt kontradiktorisch nochmals den Thatbestand festzustellen. In löblicher Weise sind die anständigen Pariser Blätter, wie das Journal „Paix" und die „Rspubliqus franyaise", dem wüsten Ge- chrei der Hetzpresse entgegen getreten und erklärten dieselben, >aß die That des deutschen Soldaten in keiner Weise eine politische Bedeutung habe und durchaus nicht Angriffe und Schmähungen gegen Deutschland und die deutsche Regierung begründen könne. Der erschossene Piqueur Brignon hatte ein jährliches Salär von 1200 Franken, wonach die etwaige Entschädigung an die Wittwe und die Kinder zu bemessen väre. Vorläufig gewährte die französische Regierung durch den Präfekten der Wittwe eine entsprechende Unterstützung. Nur kurze Zeit währte die Freude, welche man in England über das in Petersburg erzielte Uebereinkommen mit Rußland über die mittelasiatischen Angelegenheiten em pfand. Täglich nehmen seitdem in London die Besorgnisse Die Woche. Wenn auch der Grundcharakter der Beziehungen des deutschen Reiches zu Frankreich so unbefriedigend wie nur möglich ist, scheint doch eine längere Fortdauer des Friedens keineswegs ausgeschlossen, was sich gerade aus dem an und für sich sehr bedauerlichen Zwischenfall an der Grenze bei Raon ergeben hat. Fehlt es auch jetzt wieder keineswegs an Schwarzsehern, welche wie bei den früheren Anlässen, in dem jüngsten Vorfall den „Tropfen" erblicken wollen, der das Gefäß überlaufen macht, so sind sie doch nur vereinzelt und völlig außer Stande, die öffent liche Meinung in beruhigendem Sinne zu beeinflussen. Viel mehr hält Letztere an der Ueberzeugung fest, daß das Ge schehene im Wege diplomatischer Verhandlung zur Zufrieden heit aller billig denkenden Leute hüben wie drüben ausge lragen werden wird. Die Friedensliebe unserer westlichen Nachbarn mag nicht eben sehr aufrichtig sein, indessen muß man doch zugeben, daß die Republik aus inneren und äußeren Gründen augenblicklich so wenig wie zur Zeit der Angelegenheit Schnäbele senior in der Lage ist, Deutsch land den Krieg zu erklären. Andererseits hat die deutsche Regierung durch ihre schonende Behandlung der Angelegenheit des jungen Schnäbele wiederum den besten Willen gezeigt, Alles zu vermeiden, was die Gemüther der Franzosen noch mehr aufstacheln könnte. Man wird in Paris zugeben müssen, daß Schnäbele der Jüngere durch den Gnadenakt unseres mild gesinnten Kaisers sehr glimpflich weagekommeu ist. Wa« aber oen Fall an der Grenze bei Raon betrifft, so wird deutscher seits streng untersucht werden, ob der zum Forstschutz komman- dirte Jäger Kaufmann nicht im Diensteifer zu rasch verfahren ist. Immerhin wird dabei in Erwägung gezogen werden müssen, daß die deutsche Forstverwaltung Jahre hindurch ihr Werk am Donon durch massenhafte französische Wild diebe beeinträchtigt sah und daß das deutsche Aufsichts und Schutzpersonal von der französischen Forstverwaltung nicht die geringste Unterstützung genoß. Die Begegnung bei Raon war derart, daß Kaufmann in der Annahme, es mit Wilderern zu thun zu haben, bestärkt werden mußte. Er sah die Jagenden herankommen und rief dreimal Halt! Sein Genosse Linhoff, der abseits streifen gegangen war, um den Jagenden in den Rücken zu kommen, hat es ge hört. Da die Betreffenden sich trotzdem näherten und hinter Gebüsch und Bäumen Deckung fanden, schoß Kauf mann dreimal und zog sich sodann zurück, da alsbald auch hinter den Bäumen auf französischem Gebiet auf ihn ange schlagen wurde. Sollte sich die von den französischen Be hörden aufgestellte Behauptung bestätigen, wonach Wangen und Brignon auf französischem Boden verwundet wurden, so wird Kaufmann trotz der vorhandenen mildernden Umstände der Bestrafung nicht entgehen. Die französische Regierung will angeblich nur auf Bestrafung Kaufmanns und eine Frankreich schuldige moralische Genugthuung dringen, da gegen bezüglich der Entschädigungsfrage Deutschland die Initiative überlassen. Jedenfalls ist durch das traurige Ereigniß festgestellt worden, daß, Dank der fortgesetzten Hetzereien der nach Frankreich, ausgewanderten Elsässer, an der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich sich ein Zustand entwickelte, den man mit „Krieg im Frieden" treffend bezeichnet. Die französischen Behörden haben eS in der Hand, diesem häßlichen Zustand e>n Ende zu machen, denn wenn sie ernstlich jeder Hetzerei entgegen treten wollten, würde die deutsche Reichsregierung sofort bereit sein, die lediglich zur Abwehr in Elsaß-Lothringen getroffenen scharfen Maß- regeln sofort wesentlich zu mildern. In kürzester Zeit ge- denkt der Statthalter in Elsaß-Lothringen, Fürst Hohen lohe, seine durch die Bemühungen um die Wittgenstein'sche Erbschaft in Rußland unterbrochene amtliche Thätigkeit in Straßburg wieder aufzunehmen. Der Besuch, den der Statthalter noch vorher dem Kaiser in Baden-Baden ab statten wird, ist schon lange beabsichtigt. Ein politischer Hintergrund dürfte sich da vergeblich suchen lassen. Nach dem nunmehr von allen Seiten die Gerüchte über den Rücktritt des Statthalters, seinen Ersatz u. dergl. m. ab- gethan worden, wird nun auch die Angabe bestimmt wider- leat, wonach im Laufe dieses Sommers mit dem Abg. vr. Miquel wegen Uebernahme des preußischen Handels ministeriums verhandelt worden sein sollte. Dieser Posten ist gerade jetzt, wo die von so vielen Seiten verlangte Getreidezoll-Erhöhung sich als ein emstes Hemmniß für die Verhandlungen über den neuen Handelsvertrag mit Oesterreich-Ungarn erweist, nicht weniger als begehrens- werth. Der Plan, die landwirthschaftlichen Zölle nur gegen Rußland zu erhöhen, das keinen Anspruch auf die Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angenom- FHFH^ men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile I LH FH F oder deren Raum 15 Pf. .