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Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. A»tßbl«tt -er Kgl. Amtshauptmannschast, der Kgl. Schulinspektion und des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Erscheint jeden Werktag abend» für den folgenden Lag und kostet einschließlich der Mittwoch» und Sonnabend« rrschei. »Mttk.vrtlrtrlftlschin Beilage* bei Abholung vlertel- jährÄch 1 SO «s, bet Zustellung tu« Hau» 1 70 «l, »ei allen Postansteltrn 1 SV «l exklusive Bestellgeld. Eiyjchnr «uwmern kosten 10 «> Rümmer der Zeitungrprei»listr 6587. Ker«st»rechsteLe Rr. SS. Bestellungen werden bei allen Poftaustalien de« deutschen Reiche», für vischostwerda und Umgegend bei unseren Zeitung»boten, sowie sti der Eeschllst»flelle diese» Blatte« angenommen. Schlust der letzteren Abend« 8 Uhr. Atvedmdsechzigfter Jahrgang. Inserat«, welche in diesem Blatt» dir weiteste Verbreitung finden, werden bi» vorm. 10 Uhr angenommen, größere und komplizierte Anzeigen tag» vorher, und kostet die vi«rgespaltene Korputzrite 12 die Rrklamezeile 25 «» Geringster Jnseratenbetrag 40 Für Rückerstattung elngesandter Manuskripte usw. keine Gewähr. Donnerstag und Freitag, den 17. und 18. September, wird an der Obst» n«d »artenbanschnle -« vantze« em Kursus über Obstverwertuug abgehaltrn. H«rft»ll«ng van D-rrovst, Saft, «<lee, MmmskOd«, Vüchfenkonferve«, Obstwein. Honorar 3 Mk. Beginn Donnerstag früh 8 Uhr. Damen und Herren wollen ihre Anmeldungen rechtzeitig anher gelangen lassen. , Der Vorstand der Obst- und Gartenbauschule. - vr. Getreideernte und -Getreidepreise. In den wichtigsten Kornländern schätzt man pstz diesjährige Ernte im allgemeinen als eine güte ein, und deshalb sind die Getreidepreise auch bereits gesunken, es erscheint jedoch im Hinblick auf-einige wichtige neue Erscheinungen die Lage des Getreidemarktes noch nicht für so geklärt, daß man nüll ein weiteres Sinken der Weizenpreise ^vonmSsa^- könnte. Trotz der. großen Ä^zenernte in Nordamerika halten die Nordamerikaner mit ihren Angeboten zurück, auch ^fehlen aus Nußland, Ungarn und Rumänien noch größere Angebote von Weizen, Roggen, Gerste und Hafer zu ermäßigten Preisen. Ferner tritt jetzt aüf dem deutschen Getreidemarkte die neue Erscheinung hervor, daß Italien Weizen in gro ßen Mengen in Deutschland kaufen läßt. Diese neue Erscheinung ist nur dadurch zu erklären, daß wegen der Rückvergütung des Zolles für die deutsche Weizenäüsfuhr der Weizen in Deutsch land vielfach billiger gekauft werden kann wie z. B. in Amsterdam oder in London. Sollte dieser Ankauf von Weizen in Deutschland seitens des Auslandes andauern, so dürfte natürlicherweise der Weizenpreis in Deutschland nicht weiter sin ken. Diese ganze Erscheinung beweist aber, daß die Rückvergütung der Getreidezölle bei der deut schen Ausfuhr einen ganz ungesunden Zustand für den Markt herbeiführen kann. Glaubt man doch annehmen zu können, daß infolge der Rück vergütung des hohen Weizenzolles der Weizen in Deutschland von Italien für zirka 150 Mark die Tonne gekauft werden kann. Der deutsche Weizen ist also für Italien etwa 20 billiger als in Deutschland für deutsche Verbraucher. Es geht daraus weiter hervor, daß die Getreidezölle in Deutschland doch zu hoch geschraubt sind. In Europa müssen die meisten Länder schon auS Rücksicht auf eine gute Qualität des Weizenmeh les ausländischen Weizen einführen, eS ist daher mit dem Umstande zu rechnen, daß der Weizen in den Jahren sehr teuer werden wird, in denen Amerika, Rußland, Ungarn und Rumänien nicht sehr viel Weizen ausführen. Von Frankreich ist allerdings anzunehmen, daß seine diesjährige Weizenernte so groß ist, daß eS ohne große Wei zeneinfuhr seinen Bedarf an Weizen decken kann. Ein großer Käufer für fremden Weizen wird-aber immer England bleiben, da eS den Anschein hat, daß die englische Weizenernte von Jahr zu Jahr geringer auSfällt, weil die Landwirte in England wegen der niedrigen Getreidepreise und des Feh lens der Schutzzölle nur wenig wirtschaftliches Interesse noch daran haben, viel Getreide zu bauen. Die englischen Landwirte legen ihren Be trieb mehr auf die Viehzucht und den Anbau von Gemüse und Spezialitäten. Etwas rätselhaft ist die Haltung deS nordamerikanischen Marktes, da in den meisten nordamerikanischen Staaten eine gute Weizenernte eingeheimst worden ist und die Vorräte dort jedenfalls sehr groß find. Es scheint daher die Zurückhaltung der nordamerikanischen Weizenhändler nicht auf der wirklichen Lage^ son dern auf Spekulationszwecken zu beruhen, und wenn dann die Vorräte von Weizen in Amerika sehr stark anschwellen, so können die Spekulanten auch einen großen Preissturz erleben, der natür- licherweise auch auf den europäischen Markt zu- rückwirken, mutz. . Deutsches Reich. Der Kaiser nahm am Sonntag vormittag mit den Prinzen und dem Gefolge am Gottesdienste in der evangelischen Garnisonkirche zu Straßburg teil. Nachmittags erschien er zu der vom Ober- rheinischen Regattaverein in Kehlerhafen veran stalteten internationalen Regatta, zu welcher kurz vorher auch der Großherzog von Baden aus Karls ruhe eingetroffen war. Der Kaiser wohnte mehre ren Rennen bei und überreichte dem Sieger, dem Ludwigshafener Ruderverein, den Kaiserpreis unter einer Ansprache. Nach einer Automobil fahrt in die Umgebung kehrte der Monarch in den Straßburger Kaiserpalast zurück. Inzwischen ist die allgemeine Kriegslage für die am Montag begonnenen Kaisermanöver in Elsaß-Lothringen bekanntgegeben worden. Sie lautet kurz und bündig dahin, daß eine blaue Armee aus den: nördlichen Baden gegen eine rote Armee vorrückt, die an der Mosel unterhalb Trier aufmarschiert-, Straßburg ist blaue, Metz rote Festung. Der zurzeit auf Urlaub in Deutschland weilende deutsche Botschafter am Londoner Hofe, Graf Wolff-Metternich, traf am Sonntag zum Besuche deS Reichskanzlers in Norderney ein. In Berlin wurde am Sonntag die diesjährige Generalversammlung des Alldeutschen Verbandes abgehalten, nachdem am vergangenen Sonnabend ein stark besuchter Begrüßungsabend in Wilmers dorf stattgefunden hatte. Die Generalversammlung wurde vom Vorsitzenden, Rechtsanwalt Claß- Mainz, mit einer längeren Ansprache eröffnet. Sie wieS die verschiedensten Themata auf, die ge setzgeberischen Maßnahmen für die notleidenden Invaliden speziell aus -ein letzten Eingeborenen krieg in Deutsch-Sü-westafrika, Strafverschickung in die Kolonien, die Lage in Schleswig-Holstein, die Lage in Elsaß-Lothringen usw. Ueber alle diese Punkte wurden Borträge gehalten, an welche sich eine lebhafte Diskussion anschloß. Oesterreich-Ungarn. In Prag weilt wieder einmal lieber Besuch, eS sind die Vertreter des Pariser Gemeinderats, welche infolge Einladung des Prager Stadtrats in der böhmischen Hauptstadt eingetroffen sind. Selbstverständlich ist eS hierbei zu französisch, tschechischen . VerbrüderungSdemonstrationen ge- kommen, Pie Franzosen und die Tschechen haben nun einmal gegenseitig ihre Herzen entdeckt. Bei den Prager Festlichkeiten zu Ehren ihrer französi schen Gäste passierte aber einem der letzteren ein bedenkliches rednerisches Mißgeschick. Der Direk tor im französischen Handelsministerium, Chapsil, brachte bei einem den französischen Herren von der Stadt Prag gegebenen Frühstück einen feuerigen Trinkspruch auf Prag und das Königreich Böh men aus, sich hierbei demonstrativ als Vertreter der französischen Republik bezeichnend. Hoffent lich erteilt die französische Regierung Herrn Chapsil den wohlverdienten Rüffel für diese Ent gleisung. Frankreich. Herr ClSmenceau, der französische Minister- Präsident, hat unter dem Eindruck der neuen Er eignisse seine Karlsbader Kur in beschleunigtem Tempo beendigt und ist nun wieder in Paris ein getroffen. Alsbald nach seiner Rückkehr hatte ClSmenceau mit den Ministern Pichon, Briand und Caillaux eine längere Besprechung, die mut maßlich der marokkanischen Frage gegolten hat. Für die nächsten Tage steht nunmehr die Ver öffentlichung der französisch-spanischen Note be treffs der Anerkennung Mulay Hafids zu er warten. Rußland. Die Bemühungen des Heiligsten Synods in Petersburg und der russischen Regierung selber, eine allgemeine Feier von Tolstois 80. Geburts tag in Rußland zu verhindern, begegnen in den größeren Petersburger Blättern fast durchgängig entschiedenem Widerspruch. Selbst die „Nowoje Wremja", die doch keineswegs auf liberalem Standpunkte steht, meint, die geplante Ehrung gelte nicht der theologischen Tätigkeit Tolstois, sondern der Persönlichkeit des großen ManneS und seinen gewaltigen künstlerischen Schöpfungen. Alle Russen, auch die eifrigsten Qrthodoxen, könnten mit ganzer Seele den Festtag der russi schen Literatur feiern. „Golos Prowdy" erklärt den Verzicht auf eine Tolstoifeier geradezu als einen nationalen Selbstmord. „Rjetsch", „Slo- wo", „Ruß" und „Sowremannoje Slowo" wenden sich scharf gegen den Tolstoi-Erlaß des Heiligsten Synods, und nur der extrem-rechte „Rußkoje Shamja" billigt diese Kundgebung. Türkei. In Konstantinopel demonstrierten dieser Tage 200 Beamte des Unterrichtsministeriums bei der hohen Pforte, weil der UnterrichtSminister von 450 Beamten 350 entlasten hatte. Der Großvezier verhieß eine Untersuchung der Angelegenheit, die Demonstranten waren jedoch mit dem Versprechen des Grobveziers nicht zufrieden, sondern kün digten weitere Demonstrationen an. Für Mon tag war der Ausbruch eines Generalstreiks de» gesamten Schulpersonals in Konstantinopel ange kündigt.