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Schönburger Tageblatt Erscheint ^üs, sm ouSaaYme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten Mr die nächster- scheinende Nummer dis vormittags 11 Uhr. Ler AdonnemeMüpreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf.,, für auswärts 15 Pf. Tabellaröcher Satz wird doppelt berechnet. und Vatöenbnrger Ameiger. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herr» Kaufmann Otto Förster; in Kaukmg« bei Herrn Fr. Janaschck; in Lw-genchurttorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herr« Wilhelm Dahler, Cigarrenfabrikant an d« Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenbnrg bei Herrn Herm. Wildenhain; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsi«. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lrmzeaa», Lichteufteik-EaLuberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: AUstao^Ealdeuburg, Eräunsdorf, Caller'.berg, St. Egidien, Ehrenham, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- teuba-Riederhmn, LüngenLeuba-Oberhein, Niederwiera, Oberwiera, Lberwintel, Oeisnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, K«-«s^echr- Rr. 8. Schlagmitz, Schwaben, Molkenburg und Ziegelheim. M 166? Sonntag, dm 2«. IM 1902. Wittermugsbertcht, ausgenommen am 19. Juli, nachm. 4 Uhr. Barsmeterstrmd 760 AM. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand 18 6. (Morgens 8 Uhr -i- 14,r 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Lust nach Lambrechts Polymeter 43°/». Thau-uvlt 6 0. Windrichtung: West. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 7,8 nun. Daher Witterungsaussichteu für den 20. Juli: Wechselnde Bewölkung, Niederschläge nicht ausgeschlossen. IHM—IMIN^WI!I!I—».„MI— »I! »Waldenburg, 19. Juli 1902. Ter König von Italien ist im Gegensatz zu seinem vorwiegend ideal gesinnten Vater Umberto ein recht nüchtern und praktisch denkender Mann. Er hat seiner Regierung und seinen Beamten eine sehr energische Hand gezeigt, und die pathetischen Redensarten, die in seiner Heimat so sehr im Schwünge sind, hinter deren schön klingenden Worten aber eigentlich nichts von Be deutung steckt, haben auf den jungen König nie einen großen Eindruck gemacht. Trotzdem, und ungeachtet sich im Lande der Orangen viel gebessert hat, liegt darin noch außerordentlich viel im Argen, und es ist erklär lich, das; der König weder Alles weiß, was vorgeht, noch daß es ihm möglich ist, mit einem Male Alles zu ändern. Im Grunde genommen fehlt den unglaublich verbitterten italienischen Volksmassen in den armen Be zirken nur Eins: Tie Freude am Leben! Wo die Kargheit und Armseligkeit gar zu groß werden, da ver mag alle Genügsamkeit und alle Naturschönheit niqt zu entschädigen. Und so stehen die Dinge in mehr als einem Bezirk des Königreiches, und die Kraft, hierin einen Wechsel zu schaffen, ist bei Weitem nicht in dem Maße vorhanden, wie es wohl zu wünschen wäre. Hier liegt eine Aufgabe vor, die eines Königs würdig ist. Denn die Parteistellung der italienischen Regierungen gestattet keinem Ministerium, so schonungslos mit dem alten Wust von Vorrechten und total veralteten An schauungen aufzuräumen, wie es nothwendig ist. Da kann in der That nur eine königliche Initiative energi schen Wandel schaffen. König Victor Emanuel hat vor seiner Thronbesteigung den Namen eines Prinzen von Neapel getragen; man sagt, daß er als König dazu beigctragen habe, der haar sträubenden Mißwirthschaft in der Stadtverwaltung, die der Bevölkerung Millionen über Millionen kostete, ein Ende zu machen. Dies Ende, diese Wendung war aber nur vorläufig, es fängt zur Stunde bereits wieder an, sich dem Alten zuzuwenden, Alles auf Kosten des Gros der Bevölkerung. Ter italienischen Nation ist aus alter Zeit der Lharakterzug zum Kampf um die materielle Macht, die Neigung zu Geheimbündeleien eigen, und unter neuer äußerer Form ist das von Jahrhundert zu Jahrhundert mweräudert geblieben. Es wird häufig von oberflächlichen Italien-Kennern behauptet der Italiener sel mehr träge, mitunter direct faul als zur Arbeit geneigt; es ist zutreffend, daß es in diesem Lande, in welchem seiner Zeit die verschiedensten Blutmischun gen stattgcfunden haben, nicht an zahlreichen Individuen fehlt, die orientalischem Fatalismus oder spanischem Phlegma huldigen, bei welchen die Genügsamkeit ge stattet, ein Arbeitsleben zu führen, das nicht unerheb- lich unter der Normalleistung zurückbleibt; es ist ferner eine Thatsache, daß die frühere Begünstigung des .süßen Pöbels" durch die um ihre Herrschaft besorgten kleinen Fürsten namentlich im Süden eine recht widerlich, Bettlcrarmee geschaffen hat, doch ist unter dieser schon tüchtig aufgeräumt. Alles in Allem arbeitet der Italiener ebenso gern, wie die Angehörigen anderer Nationen, es muß ihm nur nicht das Meiste seines Verdienstes durch die schlimmen städtischen Abgaben auf die allernoth- wendigsten Lebensmittel genommen werden. Denn der Verdienst ist herzlich gering, so klein, daß er in heuti ger Zeit die früher unter ganz anderen Verhältnissen geschaffenen Lasten nicht mehr tragen kann. In wohl habenderen Städten geht man zu Reformen über; aber da, wo es am schlimmsten ist, bleibt es unverändert, wird es schlimmer und schlimmer. Italien muß eine gerechte Besteuerung der vorhandenen Vermögen und finanziellen Jahres-Einkommen haben, sonst wstd es nicht anders. Und diese kann nur ein Einziger durch setzen, der König, der über den Parteien steht, über diesen Parteien, deren Angehörige Alle den Löffel in die große freie Staatssuppenschüssel senken. Ten italienischen Staatsmännern lag von je ein kühner Zug inne, ihre Kraft nach Außen hin zu be- thätigen. König Victor Emanuel scheint von ähnlichen Plänen erfüllt, trotzdem die schlimmen Erfahrungen, die Italien mit seiner Colonialpolitik am Rothen Meere in der Nachbarschaft Abessyniens machte, zur Vorsicht rathen sollten. Man hat im Quirinal zu Rom, wie in der Regierung anscheinend die Ueberzeugung, durch äußere Erfolge das Murren in der Bevölkerung beschwichtigen zu können. Daß dieser Erfolg eintreten muß, ist keines wegs gewährleistet, und wir werden abzuwarten haben, wer Recht hat. Der Anschluß an den Dreibund hat Italien vor größerer äußerer Unruhe bewahrt; im Zwei bund, dem es nun zu einem gewissen Grade sich bei gesellt hat, mag die Friedensliebe, wir wollen das an nehmen, nicht kleiner sein, aber in jedem Falle ist die Abenteurerlust größer. Und so etwas steckt leicht an. Wenn König Victor Emanuel jetzt nach Haus kommt, wird er herrliche Willkommenworte hören. Aber wenn er einmal geradewegs, ohne Anmeldung ins Land hin einfährt, kann er verschiedenes, weniger Herrliches sehen. Die trockenen Zahlen eines leidlichen Budget stellen noch nicht die wahre Stellung des Staates dar, Papier ist geduldig, dazu gehört die Zufriedenheit der Bevölkerung, die Freude an der Arbeit und Freude am Leben hat. Und soweit sind wir auf der appenninischen Halbinsel noch nicht. Politische RMdschan. Deutsches Reich. Der Kaiser verweilt zur Zeit in Molde in Nor wegen, gesund und munter, wenn auch die Witterung im Norden wenig sommerlich ist. Bis Ende dieses Monats wird die Nordlandsreise beendet sein. Der deutsche Kronprinz ist zur Besichtigung der Krupp'schen Werke in Essen angekommen und hat zu diesem Zweck bei Geheimrath Krupp in dessen Villa Hügel Wohnung genommen. Der Kronprinz wird mehrere Tage dort verweilen. Ter Landwirthschaftsminister von Podbielski wird, wie bekannt, demnächst die Provinzen Ost- und West preußen bereisen, um die ostdeutschen landwirthschaft- lichen Verhältnisse durch eigenen Augenschein kennen zu lernen. Die Abreise des Ministers ist nunmehr auf Mittwoch, den 23. Juli, festgesetzt. Tie Fahrt geht zu nächst nach Marienwerder, von wo aus zahlreiche Ort- schäften West- und Ostpreußens besucht werden. Auch der russischen Stadt Grajewo wird der Minister bei dieser Gelegenheit einen kurzen Besuch abstatten. Die Rückkehr nach Berlin erfolgt voraussichtlich am 7. August. Graf Haeseler, der commandirende General des 16. Armeecorps, der — wie gemeldet — vor kurzem ein Bein gebrochen hat, befindet sich auf dem Wege guter Besserung. Seine kräftige Natur hilft dem Heilungsprozeß wesentlich, so daß man für den nächsten Monat seine völlige Wiederherstellung erhofft. Nach der „Post" hat der preußische Justizminister die Präsidenten der Ober-Landgerichte zu gutachtlicher Aeußerung über die von niederrheinisch-wcstfälischen Handelskammern in Antrag gebrachte Abschaffung der Gerichtsferien aufgefordert. In der Verfügung ist auf die einer solchen Maßregel cntgegenstehenden Be denken zwar hingewiesen worden, jedoch mit dem aus drücklichen Zusatze, daß damit dem Urtheile der Bericht erstatter in keiner Weise vorgegriffen werden solle. Die Zolltarifcommission hat in der gestrigen Sitzung die Berathung der Papierzölle fortgesetzt, wobei im Wesentlichen die Sätze der Regierungsvorlage zur Annahme gelangten. Darauf folgte der Abschnitt über Bücher, Bilder, Gemälde, der einzige Abschnitt, der durch weg Zollfreiheit ausspricht und in dieser Form ge nehmigt wurde. Ter „Volksztg." zufolge werden im rheinisch-west fälischen Industriegebiet Lohnkürzungen systematisch in größerem Umfange vorgenommen. Bei Krupp, auf der Union und auf den Zechen, überall werden die Löhne herabgesetzt. Für die Bearbeitung von Eisen puffern werden 21 gegen bisher 25 Pfennig bezahlt. Der Inhaber dieser Firma erklärte den Arbeitern, er wisse nicht, waS im nächsten Jahre geschehe, wenn die Fabrikatspreise noch mehr sinken würden. An erwachsene Arbeiter werden Löhne von 38 bis hinab auf 20 Mk. für eine vierzehntägige Lohnperiode gezahlt. Tas britische Kolonialamt hat einen Schritt gethan, der von deutscher Seite die höchste Beachtung verdient. Die Verwaltung Britisch-Neu-Guineas ist von der eng lischen Regierung auf den australischen Bundesstaat übergegangen. Von je her hat aber Australien ganz Neu-Guinea für sich beansprucht. In Australien entstand 1884, als die Festsetzung der Deutschen dort bekannt wurde, eine Bewegung, welche die Einverleibung von ganz Neu-Guinea in die britischen Kolonien ver langte. Nur das kraftvolle Auftreten Fürst Bismarcks beugte dem vor; daß man aber in London diesen Ge danken nicht aufgegeben hat, geht daraus hervor, daß man vor etwa 4 Jahren in Berlin anfragte, ob das Reich Deutsch-Guinea nicht verkaufen wolle. Oesterreich-Ungarn. Betreffs des berüchtigten Prager Steckbriefes wurde versichert, daß es sich nicht um ein Versehen handle. Tas Prager Organ „Pravo Lidu" nennt alle Bethei ligten mit Namen, die an dieser Angelegenheit ein Ver schulden treffe. Es sind gerade die Beamten, die sonst in politischen Angelegenheiten nicht genug an Schneidig- keit leisten können. Der Text des Steckbriefes ist der art gefaßt, daß es ganz und gar ausgeschlossen ist, es könne auch nur einem der Beamten, die die Steckbriefe vorher gelesen haben, unklar gewesen sein, gegen wen er gerichtet ist. Tie Correspondenzkarte, die aus Podlwoloczyska in Prag anlangte, war anonym, sie war an den Prager Magistrat gerichtet und wurde von diesem der Polizeidirection abgetreten. Hier mußte das Schreiben auf dem üblichen Wege zuerst in das Prä sidium. Tort wurde es revidirt und an das Expedit übergeben, wo man es in die Registratur eintrug und dann dem Chef des betreffenven Departements abtrat, nämlich dem Leiter der Sicherheitsabtheilung, Polizeirath Olic. Dieser übertrug es seinem Adjutanten, dem Leiter des Polizcigefangenenhauses Adjunkten Vejrik, der dann erst auf Grund dcS anonymen privaten Schreibens den „Steckbrief" verfaßte. Das Manuskript erhielt dann der Setzer, hierauf der Corrector, worauf der Bürsten abzug wieder einem Polizeibeamten übergeben wurde. Tas fertige Zeitungsblatt mußte dann dem Staatsanwalt