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Ir. L38 Zwölfter Kchkst S»serate ! »erde» »ugrnomm«»' I «»UtendrvMonn. 1»,« bi« Mittag» 1» Mr: Mirlmstriß« 1». »-,«ig t» dies vktt, Dck« etu« <rf,l-r«ich« U»biHlt»n> »«flog«: tis/rso Montag, M. August i8S7. AnterhaltuW M Geschästsmkehr- Mllrebacteur: Theodor -rodisch. /So»»e«e»i' »i«r1el1ährlich20«-r.' bet «oeutgeldlicher Atz» fenwg tu'« Hau« Lurch die Künigl Pest ditNrljährltch « Ngr. vmjelu, Nummer» 1 Ngr Inserateyprnfe: ?ül dru Raum rill« ««spalleuru Zeit«. 1 Ngr. Uuier„Stllg«. sildt" di» Zril« r Ngr b«r Hera»SD«b«r; Eitstsch stk Neichardt- — Lrr«u»»ttli-«r Rrd«et»ri IttlfttS Nrichardk« Dresden, de» 26. August. j — Gestern Vormittags 9 Uhr fand die Wiedereröffnung des Gottesdienstes in der Ehrlich'schen GestiftSkirche statt, nach dem derselbe wegen Restauration der Kirche bis auf gestern ststirt worden war. Wie festlich nahm sich das Kirchlein in seinem neuen Gewände aus. Kränze und Ranken schmückten -die Settenwände der Kirche; auch der Attar war festlich vom -Herrn StiftSgärtner Geyer decorirt. Nachdem da« an den Thürea vertheilte Lied gesungen worden war, betrat Herr Pre diger Vr. Neubert die Kanzel und schilderte in ergreifendem Vortrage das Schicksal des Kirchleins, das, wie eine Inschrift Hber dem Haupteingange (Xu^u-cko kunckalum 1586. Von August 1588 gegründet) answeist, schon seit drei Jahrhunderten steht; wie, nachdem die Stürme des 30jahrigen Krieges spur los an ihm vorüberzogen, es ein frommer Bürger von Dresden, Johann George Ehrlich, unternahm, das Kirchlein wesentlich zu erweitern und zu verschönern. (Eine zweite Inschrift besagt: lio- oeslo aivpliüvalum 1738. Mit Ehren erweitert 1738.) Noch sei erwähnt, daß die Kanzel und der Altar im neuen roth- sammtenen Behänge prangten. — r. Wenn jüngst in der Presse wiederholt die Erhö hung de» Zinsfußes der hiesigen Sparkasse empfohlen und dabei da» Beispiel mehrerer sächsischen Provinzialstädte ange führt wurde, so ist es wohl nicht überflüssig, auf ein entge gengesetzte» Beispiel hinzuweisen. In Berlm haben nämlich die Stadtverordneten beschlossen, dm in Preußen bisher bei dm öffentlichen Sprrcaffm allgemein üblichen Zinsfuß von 3j Proc. auf 2j Proc. herabzusetzen, was nothwmdig zur Folge haben wird, daß die Spareinlagen bei der Eommune zunächst auf solche Gelder beschränkt werden, für welche die Besitzer sonst keine einigermaßen sichere Anlage wissen. Es wird die», abgesehen von der Veränderung de» Risiko s der Gemeinde, auch als ein volkSwlrthschaftlicher Fortschritt bezeich net, da bei dem bisherigen Procentsatz die Geldmittel der so genannten kleinen Leute mittelst der Sprrcaffm systematisch dem Kleingewerbe entführt und den großen Capitalanlagen zugeführt wurden. In wie weit diese letztere Ansicht gerechtfertigt ist, kann hier füglich unerörtert bleiben. Dagegen muß hervorge- hoben werden, daß jene ZinSreducti-n vorzugsweise durch die Ereignisse des vorigen Sommers herbeigefüyrt wurde. Wegen des außerordentlichen Andranges der Kündigungen mußten die Werthpapiere realisirt werden; selbstverständlich warm die Zeit läufte dieser Operation höchst ungünstig, so baß der Reserve fond der Berliner Sparcast« von 150,000 Thlr. auf 10,000 Thaler zusammenschmolz. Um zu einer vernünftigen und zeit gemäßen Einsicht zu gelangen, mußtm erst 140,000 Thlr. ver loren gehm. Ob dieses Beispiel auch in anderm preußischen Städtm Nachahmung gefunden, vermögen wir nicht zu behaup ten, doch läßt sich die« wohl mit einiger Sicherhett annehmen, da die Erfahrungen, welche man währmd des nur kurzm Krie ge» in dm Provinzen gemacht, hinter dm Berliner Ergebnissen nur wenig zurück dastehen. Preußen zählt über 500 städtische und KreiSsparcassm, deren Einlagen etwa 82 Millionen Thtr. betragen; davon warm circa 20 Mill. Thlr. auf städtische und .21 Mill. Thlr. auf ländliche Hypotheken und über 21 Mill. Thlr. in Inhaber-Papieren angelegt, währmd 10 Mill. Thlr. in Schuldscheinen gegen Bürgschaft, 4l Mill. Thlr. in Faust- pfandforderungen und über 2 Mill. Thlr. bei öffentlichen Jn- ftttutm zinsbar angelegt warm. Faßt man diese beträchtlichen Summen in da» Auge, welche bei einer hereinbrechenden Krisis gar nicht, oder doch nur theilweise mit schweren finanziellen Opfern flüssig zu machen sind, so lassen sich die Gefahrm leicht «messen, welche darau» für die Sparcassen-Verwaltungen ent stehen könnm. Die Gesetzgebung aller Länder, in dmm der artige wohlthätige Institute bestehen, ist daher darauf bedacht gewesen, ihnen durch angemessene Beschränkungen ihren ur sprünglichen G rund fand zu mehren und sie so immer mehr für dm ärmeren Theil der Bevölkerung nutzbar zu machen. Zu diesen Beschränkungen gehört nothwmdig auch ein billiger Zins fuß, welcher Reichere und Wohlhabendere abhält, ihr Geld, »mn auch nur vorübergehend, in jenen Anstaltm niederzule- gen. Wer höhere Zinsm haben will, findet in dm Spar- und Ereditvereinen Gelegenheit gmug dazu. Die Gemeinde aber »ft nicht verpflichtet, für eine derartige Speculation ein höhere» Risiko zu übernehmen. — Schulturnen. So erfreulich, ja dankmSwerth es «st, daß die städtischen Behörden dafür gesorgt habm, daß selbst die ärmsten Schüler und Schülerinnen unsrer öffentlichen Schulen, sobald sie nur die zweite Klaffenstufe erreicht, die Wohlthat eines geregelten und schulmäßigen Turnunterrichts genießen kön nm, so unerfreulich ist doch die Thatsache, daß nicht wmig Eltern der Verpflichtung sich zu entledigen suchen, ihre Kinder rn diese Turnstunden zu schicken. Wenn in dm mittlerm Ständm die Ursache davon meist in übertriebener Amgstlichkeit und in der Verkmnung der Heilsamkeit des Schulturnens zu suchen sein wird, so kommt bei den unteren Ständm, die ihre Kinder in Bezirks- und Gemeindrschulm schicken, sehr oft noch zu grobem Unverstände die nicht allemal durch die größte Noth gebotene Gewohnheit der Eltern, ihre Kinder dm größten Theil deS TageS zum Broderwerbe zu benutzen und, wenn möglich, die der Schule gehörige Zeit mit dazu zu verwenden. Ta sind Amßerungen, wie diese, nichts Seltenes: „Mein Junge muß zu Brode arbeiten; da turnt er sich schon aus und verdient noch etwas dabei. Mein Mädchen wird doch einmal dimen müssen, wozu soll ihr da das Turnen nützen ? Wir haben auch nicht geturnt und kommen doch durch die Welt!" u. s. w. Darum sollte Jeder, der nur dazu Gelegenheit hat, solche Leute darüber belehren, wie sehr ein guter Turnunterricht im Stande ist, die Kinder zum allseitigen, richtigen und heilsamen Gebrauche ihrer Glieder zu gewöhnen, ihnen Gewandtheit und Geistes gegenwart zu verschaffen, sie zu guter Haltung und Wohlan ständigkeit anzuleitm, bei dem männlichen Geschlechts Wehr Hastigkeit, bei dem weiblichen Anmuth, bei beiden aber die Ge sundheit zu fördern und auch auf ihre Geistes- und Charakter bildung wohlthätig einzuwirken. Ebenso ist zu wünschen, daß keiner der Herren Aerzte dem Andringen mancher Eltern so gleich nachgebe, wmn sie ein vom Turnunterrichte frei machendes Zeugniß auch für solche Kinder verlangen, derm körperlicher Zustand diese Befreiung nicht unbedingt fordert. — ck». — In Folge der gemachten häufigen Erfahrungen, daß bei Schulkindern eine bedeutende Kurzsichtigkett wahrzunehmen ist, haben die Stadtversrdneten in Chemnitz auf dm Antrag des Kaufmann Moritz Schanz den Rath veranlaßt, das Gut achten eines tüchtigen Augenarztes darüber einzuholen, ob unsere Schulbänke zweckmäßig construirt seien. — Es ist kaum zu überrechnen, welche Getreidemasien auf unserer Böhmischen Bahn seit fast zwei Monatm aus Ungarn, Böhmen, Galizien rc. durch Sachsen weiter nach Ham burg und von dort größtentheils nach Frankreich trauSportirt werden. Ein langer Extrazug jagt den andern, und es giebt Tage, wo über 200 Getreidewagen, jeder mindestens 200 Centner Fracht haltend, hier durchpassirm. Es läßt sich hier aus entnehmen, was für Summen Geldes im Getreidehandel umgesetzt werden, und dürsten diese größtentheils zu festen Preisen und in zahlungsfähige Hände abgelieserten Quantitäten manchen Getreidehändler zum reichen — verkehrte Speeulanten aber auch möglicher Weise zum armen Manne machen. — Zwei Schaufenster am Altmarkt ziehen jetzt die Auf merksamkeit des Publikums auf sich. Das eine in der Arnold'- schcn Buchhandlung enthält die lebensgroße Photographie deS Herrn Kammersänger Joseph Tichatscheck. Dieses Prachtstück der Photographie ist aus dem Atelier von Albert in München. — Weiterhin (Hotel de l'Europe) entzückt die Verehrer des Mammons das Schaufenster deS Herrn Banquier I. Hirsch mit seinen Gold- und Silbermünzen, seinen Staats- und Wertpapieren aller Länder und Geld-Anstalten. Mit sichtbarem Interesse weilen Aller Augen auf diesen Schätzen, und Mancher sucht dort auch Belehrung über Münzsorten, die im Vaterlande weniger üblich sind. — Am Sonnabend Abend ertrank in der Elbe das fünf jährige Söhnchen de» Zimmermanns Enkermann. Das Kind hatte in der Nähe de« Elbberges am Wasser gespielt und war hierbei verunglückt. Obgleich das Kind nach wenig Minuten herausgezogen wurde, so erwiesen sich doch die Bemühungen eines hiesigen Militärarztes, den Knabm wieder in» Leben zu rückzurufen, als erfolglos. Wiederholt knüpfen wir hieran die Mahnung an Eltem, Erzieher und Erzieherinnen, ihre Kinder, wie dieß leider sehr oft zu sehen ist, nicht aufsichtslos am Wasser spielen zu lasten. ES kommen sogar Fälle vor, daß Personen, welche die Kinder in wohlmeinender Absicht vom Wasser sort- treiben, von den Angehörigen derselben grob behandelt und für ihre gute Absicht mit Undank belohnt werden! — In später Nacht-, ja fast Morgenstunde entdeckte der Nachtwächter in voroergangener Nacht in der Sophienstraße einen Schwerbetrunkenen auf dm Stemm liegend, der sich in einem so undclicatm Zustande befand, daß die herbeigekommenen GenSd'armm und Nachtwächter ein böses Stück Arbeit hatten, um dm Unzurechnungsfähigen auf seinm nahe dabei stehenden Besmwagen zu laden und mit Hilfe eine» requirirten mensch lichen Zweigespanns hinter die Frauenkirche zu fahrm. — In Loschwitz regt sich auch die Kunst, den Nothleiden- den zu helfm. Zum Zwecke der Unterstützung der Abgebrann ten in Johanngeorgenstadt werden zwei Jünger der GesangS- kunst, die Herren Gastel und Tausche, nächsten Dienstag eine musikalische Abendunterhaltung veranstalten. Bereitwillige Mit wirkung ist ihnen zugesagt von Fräulein Chmelick, welche be reits, wie obengmannte Sänger, in frühem Concerten Hierselbst reichen Beifall erntete; ferner vom Pianist Herrn Heitsch und dem KammermusikuS Herrn Franke. Das Programm bietet reichlichen Genuß im Gebiete des Gesanges, des Klavier- und , ViolinspielS. f — Die Nachricht von dem Zurückziehrn der außer de* Festung Königstein noch in dem Königreich Sachsen stehenden beiden preußischen Jnfanterieregimmter wird mehrseitig als richtig bestätigt. Wanderung durch die Ge«älde-Au-stellung auf der Brühlfchen Terrasse. (Fortsetzung.) Ehe wir im Gebiet der Historienmalerei weiter schreiten, sei es uns vergönnt, hier nebenbei einer Frage zu gedenken, die von Kunstfreunden aufgeworfen wurde. Warum, ertönt es, habm sich Maler und Zeichner die großm Mommte der Kämpfe im Jahre 1866 mtgehm lasten, die Zeit der Zwietracht und Zersplitterung auf deutschem Grund und Boden. Man wünscht und verlangt, daß die Poesie und die Malerei den Kampf der Zeit mitkämpfen solle, es gelte: Jdemkämpfe auszuführen in geschlossenen Reihen der Verse, mit Farben auf der Leinwand. Nun Schlachtgesänge und flatternde Fahnm mögen sich damit erzeugen lasten, aber — offen gesagt — keine Kunst, dmn die Kunst ist frei, sie ist die Kunst des Friedens, kein Werk zeug des Kampfes. Mitten aus den Wirren des Tages herau» faßt die Kunst dm Tag als den Moment der Unendlichkeit und Ewigkeit, sie bildet das ewig Schöne, wo sie eS auch finden mag; sie erkennt in Allem, was ein reineres Leben darzustellm sucht, das ewige Leben, die Kunst tödtet nicht, sie belebt nur. Was in dem heißen Gewühl des Kampfes als unberechtigt niedergetreten wurde, was aber eine theilweise Berechtigung in sich hat, zu dem tritt die Kunst heran, es versöhnend, auflösmd und verklärend. Die Kunst ist eine Kunst des Friedens. Sie krönt dm Sieger mit ihrem lichten Kranze, sie mordet aber dm Besiegtm nicht abermals, sondern giebt ihm sein gerechtes Theil der Verklärung. Einziger Zweck der Kunst ist die Schönheit, die wesentlich darin besteht: in allen Formen der Erscheinungs welt «in höheres Leben, ein höheres Gesetz zur Anschauung zu bringen. Ist diese Schönheit vorzugsweise in den Reihen Der jenigen, die sich zu einer Partei gebildet habm, so mögen sie sich dessen erfreuen, nimmer aber glauben, die Kunst diene ihnm als Partei. — Wohl gehört die Kunst dem Leben an, aber nicht dem gespaltenen, zerklüfteten, sondern dem einigen harmonischen. Findet sie dies nicht in der Gegenwart, so schafft sie sich dasselbe, sie bildet die Accorde zu ihrem reinen Tone aus, wo die verschiedenen harmonisch in einander klingen. Gelingt ihr dies nicht, muß sie in der Darstellung der verein zelten schlechten Zustände noch mit einer Dissonanz aufhören, so hat sie das Gebiet der wahren Kunst noch nicht erreicht. Anfügend an diese Gedanken und Meinungen sei mir noch ein Wort, hinsichtlich meiner im vorgestrigm Blatte niedergelegtm Betrachtungen und Behauptungm über die Malerei von Hei ligenbildern erlaubt. Einige hochachtbare hiesige Künstler drückten mir über das frei und offen Gesagte die Hand. Währmd sie in allen Thcilm damit einverstanden waren, wurde mir von anderer Seite die Mittheilung: es könne zu Mißdeutungen füh ren, der Malerkunst gleichsam dm Vorwurf zu machen, wmn sie sich wieder zum religiösm Elemente Hinneige. Dies habe ich durchaus nicht gesagt; ich habe mich bloS über die alte verirrte Manier in diesem Gmre ausgesprochen und Anderer, welche nicht diesen Weg wandeln, wie gestern zu ersehen, mit hoher Anerkennung gedacht. Die Kunst soll sich dem religiösen Elemente Hinneigen, schon aus dem Grunde: weil . die Religion Ausgangs- und Endpunkt der Kunst ist, die Re ligion ist es, die in allen Formen der endlichen Erscheinung»- weit das Unendliche und Ewige erkennt, und die Kunst ist es, die dieses Ewige in Schönheit wieder erkennen läßt. Nur darf, — dies sei besonders bemerkt — die religiöse Kunst unserer Tage sich nicht zur Partcisachc gestalten, sie darf nicht zum Rcligions- kämpf in Bildern werden. Während ich dies niedcrschreibe, beehrt mich so ein gelehr ter Thebaner mit einem Brief, stimmt in das Utthcil über Hei ligenbilder ein und will nur solche Werke gelten lasten, wo die Kunst, wie früher, in reiner Naivetät waltet. — Betrach ten wir die Sache etwas näher. Die Naivetät ist die unver mittelte Freiheit, die Unschuld, der noch kein Gegensatz entgegen getreten ist, der sich als in sich berechtigt erwiesen hat. Wir in unfern Tagen, sind aus der Naivetät heraus, wir ringen mit dm Gegensätzen, mir müssen zur vermittelten Freiheit, zum Bewußtsein, das die Endlichkeit aller vereinzelten Standpunkte erkennend, ihnen gerecht mied. Dieses Bewußtsein kann sich zu derselben Innigkeit erheben, welche einst die Naivetät auszeich nete, die religiöse Erkmntniß vermag nicht minder das ganze Herz mit heiliger Gluth zu durchströmen als dies der religiöse Glaube bewirkte. Wmden wir uns jetzt zu den Bildern der Genre-Malerei, die stets ein großes Publikum anziehm, weil diese Malerei für solches am meistcn verständlich ist, vorzüglich da, wo Semen aus dem alltäglichen Leben mit naturgetreuer Wiedergabe vor- gesührt werden. Die Gcnre-Malerei zerfällt gleichsam ,oie!»er