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WMMllM WskM. Erscheint wöchentlich drei Mal: Dinstags, Donnerstags und Sonnabends. Preis vierteljährlich 1 Mark, durch die Post bezogen 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummern 8 Pf. — Jnsertionsgebühren pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nichtabonnenten 10 Pf. Bei mehrmaliger Insertion entsprechender Rabatt. — Jnseraten-Annahme bis Abends 5 Uhr des vorhergehenden Tages. — Reclamen im Redactionstheil pro Zeile 20 Pf. — Geeignete Beiträge sind stets willkommen. 6. AboMMnts-Einladiing. Abonnements auf den „Waldenburger Anzeiger'" werden von den Austrägern sowohl wie in der Expedition, Obergasse 41 im Laden, noch jederzeit entgegengenommeu und die bereits erschienenen Nummern nachgeliefert. Namentlich machen wir auf die in Nr. 1 be gonnene Erzählung von Hans Wachen Husen: „Z>ie Kngelsstimme" aufmerksam. Dieselbe ent hält eine mit großer Sachkenntniß geschriebene Schilderung, in welcher Weise in der sogenann ten Gründerzeit das Geld gewonnen und ver loren wurde. Abonnementspreis pro Vierteljahr 1 Mark frei in's Haus, durch die Post bezogen 1 Mark 25 Pf. Bei Abholung aus der Expedition 90 Pf. pränumerando. Inserate werden pro Spalt zeile mit 7 Pf. für Abonnenten, mit 10 Pf. für Nichtabonnenten berechnet. Bei mehrmaliger Be stellung Rabatt bis zu 33'/» Procent. Ergebenst Exp d. „Waldenburger Anzeiger." Die socialdemokratischen Irrlehren, i. Seit der Zeit der energischen Bekämpfung der Socialdemokratie, das ist also seit den beiden ruchlosen Attentatsvcrsuchen auf unseren Kaiser, ist gar häufig von den socialdemokratischen Irr lehren gesprochen worden; was aber das Falsche und Irrige an diesen Lehren ist, ward noch wenig erörtert, und doch ist es nöthig und viel leicht auch wirkungsvoller, demjenigen Lesepubli kum, denen aufklärende Broschüren und andere Schriften kaum zugänglich sind, das Irrige und Unausführbare der sozialdemokratischen Forde rungen klar und deutlich auseinander zu setzen. Mllkto«. Unpolitische Plauder-Ecke. Mienchen sitzt am Fenster und studirt in eifri ger Weise den „Anzeiger" auf der für sie inter essantesten Seite, nämlich auf der Hinteren; wer kann es ihr auch verdenken, daß sie ihre Ge danken auf Vergnügungen, aus Concerte und Bälle richtet, — suchen die Männer doch auch gern immer danach, wo es frische Wurst oder Schweinsknöcheln mit Klüsen oder gar Speck kuchen giebt; — namentlich die Bälle; ach, es ist doch so reizend, mit jungen, hübschen, freund lichen Männern zu plaudern und mit ihnen sich im Kreise durch den Saal zu drehen, sich Schmeicheleien sagen zu lasten und zum Schluß vielleicht die süße Aufforderung zu hören: „Mein schönes Fräulein, darf ich's wagen —" Ist sie ja, wie ihr der Spiegel sagt, ein hübsches Mäd chen, vor einiger Zeit erst aus der Pension ge kommen, wo sie gelernt hat, sich in Gesellschaft manierlich zu bewegen, wie sie sitzen, stehen und gehen, wie sie zur Thüre herein- und hin austreten, wie sie den Blick auf- oder nieder schlagen soll. O, da giebt es gar viel zu ler nen, und wenn sie es kann, dann will sie es verwerthen, will in Gesellschaften gehen, mit jungen Männern bekannt werden, um sich dann den hübschesten Mann auszusuchen; ja, einen Sonnabend, 13. Juli Ein großer Theil der Socialdemokraten hängt nur deshalb dieser Lehre an, weil er des Glau bens und weil ihm tausend und abertausend Mal vorgeredet worden ist, nur von dieser Lehre haben die Arbeiter das wahre Heil zu erwarten, nur durch diese Lehre wird die allgemeine Glück seligkeit, das allgemeine Wohlbefinden auf Erden geschaffen; ob diese Lehre das aber herbeiführen kann, darum kümmert sich der Arbeiter nicht, er glaubt's, es ist sein Evangelium, und damit ist es gut. Der erste Artikel des im Jahre 1875 zu Gotha beschlossenen sozialdemokratischen Programms lautet: „Die Arbeit ist die Quelle alles Reich thums und aller Cultur, und da allgemein nutz bringende Arbeit nur durch die Gesellschaft mög lich ist, so gehört der Gesellschaft, d. h. allen ihren Gliedern, das gesammte Arbeitsproduct, bei allgemeiner Arbeitspflicht, nach gleichem Recht, Jedem nach seinen vernunftgemäßen Bedürf nissen." Für den ersten Augenblick hält man den Satz sür vollkommen richtig und auch die Werththeorie des Juden Karl Marx besagt: der Werth einer Waare richtet sich nach der darauf verwandten Arbeit, jedoch ist die Arbeit nach allgemeinem Maßstab zu bemessen, so daß also z. B. eine Elle Leinwand durch Handweberei hergestellt kei nen größeren Werth hat als die durch Maschinen weberei hergestellte. Wie nun diese Marx'sche Werththeorie falsch ist, so ist es auch der erste Satz des sozialdemo kratischen Programms; denn angenommen, ein Schuhmacher verlegte sich auf die Anfertigung von Sandalen, die darauf verwandte Arbeit kann noch so mühevoll und langwierig sein, die San dalen werden werthlos bleiben; wo bleibt da die Werththeorie? Hieraus folgt, daß nicht die Ar beit den Werth eines Gegenstandes bestimmt, Mann will sie sich aussuchen, der mit allen vor trefflichen Eigenschaften ausgestattet ist, die sich ein junges Mädchen nur denken kann, und wenn er die nicht hat, dann will sie ihn nicht, dann will sie lieber gar keinen. „Aber Mienchen, was sinnst Du denn?" läßt sich plötzlich die Stimme der Mama hören. „Ach Mama, hier ist Concert für nächste Woche angekündigt, wir gehen doch auch; es ist so lange nichts los gewesen, und ich höre die Musik so gern" — obgleich dem Mienchen gar nichts am Concerte liegt und sie sich dabei schreck lich langweilt. Aber es ist auch Ball dabei und da wird Alles ertragen, selbst die Langeweile mit Behagen. „Ei gewiß, wenn der Papa Zeit hat und mitgehen will," erwidert die Mama. Und der Papa hat Zeit und er will auch mitgehen. Freudig bewegt macht Mienchen Toi lette, das Helle Kleid, worin sie sich so gut aus nimmt, wird angelegt, und der Hut nach dem neuesten Pariser Modell, mit den zitternden Schneeglöckchen darauf, wird aufgesetzt — das ist etwas Neues, noch hat kein Mädchen einen solchen Hut, er wird deshalb auffallen und all gemeine Bewunderung erregen, und das will sie auch. Während sie so in süßen Träumen und frohen Erwartungen schwelgt, ist die Toi lette beendigt und der Weg bis zum Concertsaal zurückgelegt. Schon ist der Saal ziemlich besetzt, 1878. sondern das Bedürfniß. Noch deutlicher ist dies z. B. am Getreide erkennbar. Bei Miß ernten wird der Preis eines Scheffels Getreide höher sein als bei reichlichen Ernten, trotzdem ein Scheffel Getreide immer die gleiche Arbeit erfordert. Woher kommt das? Weil das Be dürfniß im ersteren Falle ein größeres ist, als im letzteren. Es ist also klar, daß die Arbeit nicht die all einige Quelle alles Reichthums und aller Cultur sein kann, da es nach obigem auch für die Ge sellschaft nutz- und infolge dessen werthlose Ar beit gibt. Es gehört nothwendig noch ein ande rer Factor dazu, welcher die Arbeit derart leitet, daß sie nutzbringend wird. Und das ist der Unternehmer oder der Arbeitgeber, der mit weit schauendem Blick und durch auf Erfahrung be ruhende Berechnung die Bedürfnisse und die Größe derselben sucht, und darauf hin-arbeiten läßt. Demnach ist auch der Anspruch des Arbeiters auf den vollen Ertrag der durch die Arbeit hervorfge- brachten Waare ungerechtfertigt, ebenso wie es ungerechtfertigt wäre, durch falsche Leitung nutz los gewordene Arbeit den Arbeiter dadurch ent gelten zu lassen, daß er die Arbeit umsonst liefern solle. Der einzige Weg des Arbeiters, seine Lage zu verbessern, ist einmal der, daß er seine Arbeits kraft so theuer wie möglich verkauft, zum Zwei ten, daß er bestrebt ist, selbst Unternehmer, das heißt Waarenproducent auf eigene Gefahr zu werden. Gestehen wir aber auch die Richtigkeit der ersten Grundidee im socialdemokratischen Pro gramm einmal zu, so stoßen wir bald auf eine neue Unsinnigkeit: „Da nutzbringende Arbeit nur durch die Gesellschaft möglich ist, so gehört der Gesellschaft das gesammte Arbeitsproduct bei all- aber es wird noch ein Plätzchen gefunden und Mienchen läßt verstohlen ihren Blick umherschwei fen. Manchen jungen Mann, der ihr bekannt ist, sieht sie, und die Hoffnung auf einen amü santen Abend wächst. Da bemerkt sie auch drü ben an der Seite den ihr im letzten Harmonie balle vorgestellten Assessor Müller. Ja was will denn der langweilige Mensch hier, der mir da mals die ihm überreichte Tanzkarte mit der Be merkung zurückgab, ich möge entschuldigen, er könne nicht tanzen? und dabei ein so ernstes Ge sicht machte, als habe er einen Verbrecher zu verhören? Ein junger Mann und kann nicht tanzen? Und dem soll ein vernünftiges Mäd chen einmal die Hand reichen? Der wird in feinem Leben keine Frau bekommen. Unter solchen Betrachtungen hat das Concert seinen Anfang genommen und nach einigen pein vollen Stunden ist der sehnsüchtig erwartete Augenblick da, wo die Stühle hinausgeräumt, der Saal gekehrt und alle die Vorbereitungen getroffen werden, die zu einem beginnenden Balle nöthig sind. Der Papa, der am Tanze keinen Gefallen mehr findet, geht einstweilen in den Rathskeller, um sich an einem Seidel ausgezeichneten bairi schen Bieres zu stärken, währenv die Mama bei Mienchen aushalten muß; und das thut sie gern. Es gewährt ihr Freude, zu sehen, wie ihr Töch terlein umschwärmt wird, wie sie bei keinem