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ZlhöMirgtr Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Eonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «nd aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich I Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^246. Sonnabend, den 21. October 1882. *Waldenburg, 20. October 1882. Zur Tagesgeschichte. In der ganzen preußischen Monarchie haben am gestrigen Tags die Urwahlen zum preußischen Abge ordnetenhause stattgefunden. Bisher liegen aller dings nur vereinzelte Nachrichten über den Ausfall derselben vor, hauptsächlich aus den großen Städten konnte das Resultat durch den Telegraphen bekannt gegeben werden und da zeigt sich, daß der Fortschritt wieder seine Siege gefeiert hat. In den vier Berliner Wahlbezirken wurden 3060 fortschrittliche und 873 conservative Wählmänner gewählt. Bemerkenswerth ist, daß die conservative Sache in Berlin immerhin eine erkleckliche Zahl von Anhängern aufweist. In Königsberg wurden 472 Liberalestrnd 59 Conservative gewählt, in Hannover siegten die Nationalliberalen mit bedeutender Majorität, im StadtkreisKafsel wurden 158 Nationalliberale, 38 Fortschrittliche und 25 Con servative gewählt, in Magdeburg 410 Liberale, 13 Conservative, in Breslau werden von 997 etwa 500 für die vereinigten Fortschrittler und Secessio- nisten geschätzt. In Frankfurt a. M. wurden bis jetzt 280 Demokratisch - Fortschrittliche und 176 Nationalliberale und Conservative gewählt, in Wiesbaden, Stadtkreis, 184 Liberale und 9 Con servative. Italienische Blätter halten gemeldet, daß die bei den Irredentisten, die der Mitschuld an der jüngsten Triester Bombenaffaire dringend verdächtig und in Venedig in Haft gebracht worden waren, wieder frei- qelassen worden seien. Die österreichische Presse hatte hiergegen mit aller Schärfe protestirt. Es stellt sich indeß heraus, daß jene Nachricht unrichtig war. Allerdings hat die Rathskammer des Tribu nals in Venedig die Freilassung beschlossen; bis zum Eintreffen der Antwort des hiervon verständigten Justizministers bleiben die Jnhaftirten jedoch im Gefängniß. Inzwischen ist in Turin noch ein an derer Socialist, Namens Titus Zanardelli, verhaftet worden. Derselbe ist verdächtig, zu den intimsten Freunden des Rogasa zu zählen; seine Verhaftung erfolgte angeblich wegen einer Aussage des Letzteren, welche die Mitwifsenschaft Zanardelli's in Bezug auf die geplanten Anschläge klargelegt haben soll. In zwischen ist vom Triester Militärgericht der Atten täter Oberdank zum Tode verurtheilt worden. Die Mutter des Verurtheilten ist bereits in Wien ein getroffen, um seine Begnadigung zu erbitten. Frankreich legt jetzt ernstlich Hand an, um sein Machtbereich in Central-Afrika zu vergrößern. Ein Packelboot der „Meffageries maritimes" nebst vier anderen Dampfern sind vor wenigen Tagen nach der Senegalküste abgegangen. Sie haben das Personal und Material für den zwischen Senegal Niger projectirlen Eisenbahnbau an Bord. Das technische Personal, lauter Franzosen, ist etwa 80 Köpfe stark; dazu kommt ein meist aus Marokkanern und Negern geworbenes Arbeiterheer von 1200 bis 1500 Mann. Ein gemischtes Truppendetachement unter dem Befehl des Obersten Deshordes ist zum Schutze der Arbeiter und zur Ausführung der noth wendig erscheinenden militärischen Befestigungen designirt. "Waldenburg, 20. October 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser und die Kaiserin machten am 19. d. in Baden-Baden bei schönem Wetter wieder Ausfahrten. Der neu ernannte Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Graf Hatzfe ldt, dessen Rückkehr aus der Schweiz in Berlin täglich erwartet wird, wird sich nach einem Besuche beim Reichskanzler in Varzin voraussichtlich binnen Kurzem nach Konstantinopel begeben, natürlich nur zu dem Zweck, um dem Sul tan sein Abberufungsschreiben zu überreichen und sich von demselben, bei dem er seit dem 22. October 1878 accreditirt gewesen, zu verabschieden. Wein den Berliner türkisch-diplomatischen Kreisen verlautet, soll dem Grafen Hatzfeldt seitens des Sultans eine ganz besonders hohe Auszeichnung zugedacht werden. Die „Prov.-Corresp." schreibt in einem „Ueber die Abgeordnetenwahlen" betitelten Artikel: Wenn aus der Wahl eine Majorität hervorginge, welche der Fortschrittspartei entweder von Anfang an zugehörte, oder derselben im Laufe der parla mentarischen Verhandlungen unterthänig würde, wäre jedes Zusammenwirken eines solchen Hauses mit der Regierung von vornherein ausgeschlossen und damit ein Stillstand der Gesetzgebung herbei geführt. Die Wahlmänner möchten Männer von versöhnlichem Geist entsenden, die, wenn auch nicht über alle bisher vorgeschlagenen Mittel, doch über die großen Ziele mit der Staatsregierung einig seien über die innere Sicherstellung des Reichs und über die Ehrenpflicht des Schutzes der schwächeren Klassen nicht blos durch allgemeinen Rechtsschutz, sondern durch organisatorische Mittel. Der Ernennung des Grafen von Hatzfeldt zum Staalssecretär des Auswärtigen Amtes widmet der Pariser „Temps" eine eingehende Betrachtung. „Der Werth, welchen Fürst Bismarck der directen Mitarbeiterschaft des deutschen Vertreters in Kon stantinopel beizumessen schien, die ungewöhnliche Beharrlichkeit, mit der er die Zustimmung des ge nannten Diplomaten durchzusetzen wußte, beweisen, daß der neue Staalssecretär in den Augen des Kanzlers selbst eine wichtigere Persönlichkeit ist, als die Räthe, denen sich der leitende Minister zu be dienen pflegt." Das Pariser Blatt weist dann auf eine Aeußerung der „Times" hin, wonach Graf Hatzfeld und Graf Waldersee als die Gehilfen des Fürsten Bismarck und des Grafen Moltke onw 8P6 suoeoäonäi anzusehen wären, als „die muth- maßlichen Nachfolger des Diplomaten und des großen Capitäns, welche die Größe Deutschlands begründet haben." Es mehren sich, wie die „Franks. Ztg." sagt, wieder die Petitionen an das Reichs-Gesundheitsamt und den Reichstag für die Aufhebung des Impf zwangs. Man wünsche auch im Gesundheitsamte, daß die Jmpffrage in dieser Session im Reichstage noch zur Berathung gebracht werde. Die Petitionen sind an die Petitionscommission überwiesen, daß Re ferat ist dem Abg. vr. Sello, der für die Beibehal tung der Zwangsimpfung ist, das Correferat dem Pfarrer Di. Westermayer, einem der eifrigsten Geg ner des Impfzwanges, übertragen worden. Der Kölner Bimetallisten-Congreß hat den Ent wurf zu einer Münznovelle formulirt, welche fei ten der dem deutschen Verein für internationale Doppelwährung angehörenden Reichstagsabgeord neten demnächst im Reichstage eingebracht werden soll. Wir heben Einiges daraus hervor: An Stelle der im Münzgesetz vom 9. Juli 1873 vorgesehenen Einführung der Reichsgoldwährung bleibt die durch kaiserliche Verordnung vom 22. September 1875 eingeführte Reichswährung in Kraft. Die halben Kronen werden in Doppelkronen umgeprägt. Die 20 bez. 50 Stück auf das Pfund Feinsilber aus geprägten 5- bez. 2-Markstücke werden eingezogen und auf Kosten des Reiches unter Verwendung der im Besitze des Reiches befindlichen Silberbarren in Zweimarkstücke zu 45 Stück auf das Pfund fein umgeprägt. Neu-AuSprägungen von Silbermünzen sind, abgesehen von der Umprägung schadhafter Stücke, fortan nur auf Grund eines Gesetzes zuläs sig. Die Thaler deutschen und die diesen gesetzlich gleichgestellten Thaler österreichischen Gepräges wer den beibehalten und sind in allen Zahlungen an Stelle aller Reichsmünzen zu 3 Mark anzunehmen. Das Gesetz vom 6. Januar 1876, betreffend die Außercourssetzung der Thaler, tritt außer Kraft. Eine Einziehung und Einschmelzung von Thalern .findet fortan nicht mehr statt. Oesterreich. Im „Würtemberger Hof" zu Wien fand am Sonntag eine ziemlich gut besuchte Versammlung statt, welche die Gründung eines „Antisemilen- Vereins" berieth. Nur mittels eines von fünf Herren unterzeichneten Circulars eingeladene Perso nen nahmen an derselben theil; insbesondere hatte man zahlreiche kleinere Beamten herangezogen. Der Verein wurde auf Grund der Resolutionen des Dresdener Antisemiten-Congreffes constituirt. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 20. October. In heutiger Schöffen gerichtssitzung wurde die Hauptverhandlung gegen den Lohgerbergehilsen Carl Albert Gerlach, z. Z. in Breslau, wegen Nichterscheinens des Angeklagten auf den 17. November d. I., vormittags 9 Uhr, vertagt und die Vorladung des Angeklagten gemäß H 232 der Strafproceßordnung beschlossen. Ferner wurde dieHauptverhandlung gegenJohanneChristiane verehel. Arnold in Altwaldenburg wegen Vereinigung mit einer von der verehel. Arnold erhobenen Privat klagsache bis auf weiteres verschoben. Der Pferde händler Ernst Zobel in Lichtenstein wurde von der An klage wegen Uebertretung gegen § 366,10 des Reichs strafgesetzbuchs freigesprochen und die Kosten des Ver fahrens auf die Staatskasse übertragen, dagegen der Hausbesitzer Gottlieb Landgraf in Altstadtwaldenburg wegen Beleidigung zu 12 Mk. Strafe ev. 2 Tage Haft, sowie zur Tragung der Kosten verurtheilt. Als Schöffen fungirten die Herren Kaufmann Bossecker hier und Gutsbesitzer Ernst Landgraf aus Dürren uhlsdorf. *— Nach einer Bekanntmachung der kgl. Amts hauptmannschaft zu Glauchau ist in Ziegelheim die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. t.— Gestern wurde in Glauchau unter ehrendster Theilnahme der Erlauchten Herren Grafen, königlicher und städtischer Behörden, Corporationen, Vereinen und zahlreicher — auch auswärtiger — Privatperso nen in wahrhaft glänzender Weise das Jubelfest einer in Glauchau vollbrachten fünfundzwanzigjähri gen gesegneten Amtsthätigkeit des Herrn Cantor und Musikdirector Finsterburch gefeiert. — Das „Glauchauer Tageblatt" widmete der Feier in seiner Donnerstagsnummer einen sehr anerkennenden Fest artikel; die vereinigten Männerchöre von Glauchau brachten am Vorabende dem Jubilar mit Lampionzug eine Serenade; am Morgen des Jubeltags boten zu nächst Kirchensänger- und Stadtmusikchor ihren Fest gruß; es folgten sodann die mündlichen Beglückwün schungen, officielle und private, unter Darbringung zahlreicher und werthvoller Ehrengaben. In den Räu men des „Casino" hatte der „Gesangverein" am Abend zu Ehren des Jubilars ein herrliches Fest bereitet: Der große Saal war von einer stattlichen Festversammlung bis auf den letzten Platz gefüllt. Den in Begleitung seiner Familie eintretenden Jubilar empfing ein Orchestertusch, ein von einer jungen Dame gesprochener Prolog leitete ein don nerndes Hoch auf den Jubilar ein, sadann begann mit der „Jubel-Ouverture" ein Concert, dem ein sinnig gewähltes Programm zu Grunde lag. Dem