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Nr. 84 - LO. Jahrgang Mittwoch den LS. April LVLL iiNchelnt täglich nachm, mit Ausnahme der Sou», und Festtage. UnSgabe 4 mit »Die Zeit in Wort und Bild" vierteljährlich 2.10 In Dresden durch Bolen 2,40 In ganz Deutschland frei Haus 2 K2 in Oesterreich 4 4t X. vuSgade » ohne illnllrierle Beilage vierteljährlich I.dit» ^ I» Dresden durch Boten 2,IV In ganz Deutschland sret Haus 8.22 in Oesterreich 4,<>v X. — ltinzel Nr. X» z. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden dle ägesvnltene Petitzeile oder deren Raum m t t!» Reklamen init let» 1 die Zeile derechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt. vnchdruiterei, Nedaktion nnd Meschäft-ftekle r Dresden, Ptllnltzer Ltrahe 4». - Fernsprecher tFBB FürRiiikgabrnnverlangt.Schrlftftiichetelnelverbindltchrei« Redaktinns'Sprechstnnde: I I btS >2 Uhr. Leliokolartna, blaeripan, Nsliskslnilsn. dtare.ipan, b'onrland, Oslos sin. vis. Bttrappsn vis. otv. ::: o^v«» «I«» OtztV«» v«t«r-Itonleonni« >?«-» vte. X^ttUlX-dlllSIIXItOätilldl VON Prokestanlrsche Geschichtswissenschaft. Der liberale Prolesttnitisnius arbeitet mit aller Macht darauf hin, das; der katholische Klerus bon der UnterrichtS- erteiluug in Deutsch nnd (beschichte auSgc schlossen iverde, loeil er durch den Autimoderuisteueid in seiner Lehre ge bunden sei nnd nicht mit der nötigen Objektivität zu Werke gehe» könne. In deili blinden Eifer, irgendwelche Anhalts punkte zur Rechtfertigung für diese Zuriicksetzung des kntho- ! lisäsen Klerus zu finden, sties; der Evangelische Bund ans das Geschichtsbuch deS. Direktors Martens, das bekanntlich in katholischen und evangelischen Kreisen gut eingeführt ist nnd tveaen seiner streunen Objektivität allgemeine Wert schätzung erfährt. Aber nach dem Napvleonische» Grnnd- sah wer nicht siir mich ist, ist wider mich begnügt fich der Evansielische Bund keineswegs danlit, das; dem Pr -- stantisinns volle Gerechtigkeit widerfährt nnd das; die Ge schichte wahrheitsgetreu, also auch nicht im evangelischen Mine gefärbt wird. Er sieht nnd anerkennt die Objektivi tät nur da, wo dieselbe gleichbedeutend ist mit der Verur teilung der katholischen Kirche nnd ihrer Einrichtungen, mit der Verleuindnng der katholischen Kirche ans Kosten der ge schichtlichen Wahrheit. Also, das Geschichtsbuch des Herrn Direktors Martens ist dem Evangelischen Bunde zu objek tiv und schon deshalb hinlänglich verdächtig, weil Martens nach Annahme des Evangelischen Bundes — katholisch ist. Das sagt ja alles und beweist von vornherein, das; das Buch nicht auf Grund einer vorurteilsfreien Geschichts forschung, sondern einfach aus Niederträchtigkeit, aus purer Bosheit gegen den Protestantismus geschrieben wurde, daß es also eine Tendenzschrift ist, die unmöglich evangelischen Kindern als Lehrbuch dienen kann. Die Geschichte hat aber nun zwei Haken, und zwar solche, welche die Objektivität des E v a n g e l i s ch e n Bundes in einem ganz bedenklichen Lichte erscheinen lassen. Einmal kann man in dem Geschichtsbuch des Direktor Martens mit der schärfsten Lupe keine Gehässigkeit gegen den Protestantismus entdecken (wir sagten schon im Ein gang, daß das Buch gerade wegen seiner strengen Objek tivität in katholischen und protestantischen Kreisen Eingang gefunden hat) und außer selbst verfaßten allgemeinen Rede wendungen kann der Evangelische Bund auch nicht eine ge hässige Stelle anführen. die als Beweis dienen könnte. Tann aber - und das ist das köstlichste an der ganzen Ge schichte — ist Martens nicht katholisch, sondern — prote stantisch. Das ist ein Hereinfall des Evangelischen Bundes, wie er schlimmer nicht gedacht werden kann, denn er illu striert mit elementarer Wucht die Tatsache, daß es ihm lediglich auf Hctzarbeit, aber gar nicht aus eine sachlich? Behandlung eventueller Meinungsverschiedenheiten an kommt Der Fall Martens beweist eklatant, daß der Evan gelische Bund die Geschichtswissenschaft ebenso leicht wie die Majestät Wahrheit der von ihm verfolgten Tendenz unter ordnet und daß er beide kalten Herzens negiert, wenn sie seiner Hetzarbeit hindernd im Wege stehen. Wenn es dem Evangelischen Bunde um wirkliche Objektivität zu tun ge wesen wäre, so hätte er das Martenssche Buch zunächst ein mal studiert. Dann hätte er gefunden, daß von seinem Standpunkte aus nichts auszusetzen sei. Nachträglich hätte er sich ja auch noch nach der Konfession des Verfassers erkundigen können, wodurch ja eventuelle Besorgnisse so fort behoben worden wären. Statt dessen ging der Bund von seiner vorgefaßten Meinung ans, daß Martens katho lisch sei. Nun brauchte er ja natürlich das Buch gar nicht inehr zu studieren, denn ein von einem Katholiken ge schriebenes Buch gehört unter allen Umständen ans den protestantischen Inder. Es wäre ja Zeitverschwendung, wenn man sich überhaupt die Mühe machen wollte, ein Buch zu lese», das einen katholischen Autor hat. Dieser Standpunkt mag für einen geivöhnlickx'n Prote stanten zulässig sein, aber für eine große Organisation wie für den Evangelischen Bund dürfte er nie und nimmer ge nügen. Sonst bleiben dem Evangelischen Bunde Blamagen wie die heutige nickst erspart. Erst muß inan ein Werk studieren, dann erst kan» inan über dasselbe urteilen. Aber das ist ja leider der Kardinalsehler des heutige» Protestan tismus, daß er hochnäsig am Gegner und seinem Geistes leben vorübergeht, ohne einen tieferen Einblick in dasselbe zu gewinne». Man bespöttelt, verlacht und verwirft alle katholischen Lehren nnd Anschannngen, ohne dieselben über haupt zu kennen. Solange solche Mißstände herrschen, so- lange der Protestantismus eS verschmäht, in gegenseitiger Arbeit den Katholizismus kenne» nnd achten zu lernen (waS zweifellos Hand in Hand gehen würde), ist der kon fessionelle Friede nicht möglich Angesichts der Tatsache aber, daß der Evangelische Bund nachweisbar i» der Geschichtswissenschaft unehrliche, den konfessionellen Frieden störende nnd daher staatsgesähr- liche Tendenzen verfolgt (indem er eine anerkannt objek tive, von jeder Gehässigkeit gegen den Protestantismus freie Geschichtswissenschaft lediglich deshalb verwirft, weil er den Autor dieser für katholisch hält), haben wir ei» wohl begründetes Recht, zu fordern, das; die im Evange- l i s ch en Bunde organisiert e n Geistli ch e n vom II n t e r r i ch t e in der Geschichte ausge- s ch l o s s e n werde», weil sie nicht imstande sind, die Geschichte objektiv zu lehren. Dieselbe Forderung stellte ;a der Evangelische Bund den kath. Geistlicljen gegenüber und sie wurde sogar von der preußischen Regierung vertreten, obwohl keine Spur eines positiven Beweises dafür vor handen war, daß der durch die katholischen Oberlehrer er teilte Unterricht tendenziös entstellt ist. Allerdings wird unsere Forderung nngebört Verhallen und vor allem bei derselben Reichsregiernng auf taube Ohren stoßen, die protestantischen Forderungen, besonders liberal protestan tische» Forderungen gegenüber so feinhörig ist. Gleiches Recht für alle, nur nicht jür die Katholiken, das scheint im lieben Deutschen Reiche mehr nnd mehr Grundgesetz zu werden. Damit aber, daß ian die Katholiken zu Heloten, zu Schild- nnd Speerträgern der alldeutschen, liberal- protestantischen Herrschasten zu erniedrigen sucht, ist für den Einheitsgedanken in ts gewonnen. Die Zeit wird und kan» nicht ansbleiben, in welcher der Katholizismus gebieterisch seine Rechte, die Recht? auf völlige Gleich berechtigung fordert, und diese zu gewähren, wird um so mehr nationale'und ideale Güter kosten, je länger dieselbe dem Katholizisn i: widerrechtlich vorenthalten wurde. Man sagt immer, aer katholische Oberlehrer sei io ge bunden, daß er einen obs ktiven Geschichtsunterricht nicht erteilen könne. Schreiber dieses war zehn Jahre lang (in Württemberg gab es zu dieser Zeit noch zehn Klassen) an einer» humanistischen Gymnasium, das nur von katholischen Schülern besucht war. In der Klasse war ein einziger protestantischer Schüler, nnd um dieses einen Schülers willen enthielten sich die geistlichen Professoren jeden Kom mentars zu der Reformation. Wir mußten lediglich die geschichtlichen Daten chronologisch auswendig lernen. Ueberall bestätigt sich eben die Tatsache, daß die katholische Religion die Religion des guten Taktes ist. Zum Schlüsse wollen wir nach auf zwei klassische Bei- rpiele einer gewissen Schulgeschichtsschreibung Hinweisen, die jedenfalls ganz nach dem Geschmack des Evangelischen Bundes ist. Wir meinen die Geschichtshandbücher Kauff- inann, Berndt und Tiinuscl-at, Geschichtsbetrachtungen, Leipzig 1906. Th. Franke, praktisches Lehrbuch der deutschen Geschichte, Leipzig 1908. In einem allgemeinen Kapitel über die mittelalterliche Kirche wird von geistiger Gebundenheit und pfäffischer Knechtung geredet, die an der römischen Kirche aller Zeiten haste. Tie Kirche habe nur die große, unmündige und ge- horsnmspflichtige Masse in den Bauern gesehen, denen man das Geld abpressen und dann noch durch Zinsverbot den Gelderwerb abschneiden könne. „An dem übersäftig ge wordenen, geilen Baume des Papsttums nagten schon die Würmer, an der Verweltlichung ging die Weltherrschaft! zugrunde." Die Kirche sei eine Polizeianstalt gewesen, Blutvergießen, Mord nnd Unheil seien ihre Werke gewesen. Ferner wird von dem heidnischen Aberglauben, abgöttischen Marienknltns, von der Großmutter des Herrn gesprochen, die ei» dankbares Objekt der Anbetung für die Frauen ge wesen sei. Man findet Ausdrücke wie Hostiensetischismus, sakramentale Zauberei. Fetischismus, Paganismus. Ver derbnis deS römischen Christentums, römischer Lug und Trug. Das sind nur einige Blütenlesen aus diesen „objek tiven" Werke». Wer noch mehr lesen will, der nehme dis „Allgemeine R»ndscl)an", Heft 1l, Seite 179 und 180 zur Hand, in welcher Herr Dr. Fleig-Freiburg dem Evan gelischen Bunde ordentlich auf die Finger klopft. Uebrigensk lieber eine solche „Objektivität" in der Geschichtsschreibung muß doch dem Evangelischen Bunde und besonders dem! Zwickaner Geheimrate mit seinem seltenen Namen das Herz im Leibe lachen. Politische RuMchem. Dresden, den 11. Avril 1811. -- ReichStazsabgeordvtter Dr. Freiherr v. Hertlivg befindet sich in fortschreitender Rekonvaleszenz. Prinzregent Luitpold von Bayern hat sich wiederholt un.d neuerdings wteoer nach dem Befinden Sr. Exzellenz erkundigt. — Bei der ReichStazSers«tzw«hl im 4. Berliner Wahl- kreise am 10. d. M. für den verstorbenen Paul Singer wurden 7.8 390 Stimmen abgegeben. Der Kassenbeamts Otto Büchner (Soz i erhielt 69 872 und Graf Oppersdorf (Zentr.) (827 Stimmen. 694 Stimmen waren ungültig, die übrigen zersplittert. — 1907 erhielten der Deutsch, konservative 6601 Stimmen, der Kandidat der freisinnigen VolkSpartei 15 708 Stimmen, der des Zentrums 2708 Stimmen, der der Polen 1313 Stimmen und Paul Singer 82 039 Stimmen. — (kiue gesetzliche W«hlkrel»ei«teiln»- für (kls«ß- Lothringe« wird nunmehr im Re'chsamt des Innern aus- gearbeitet und der Kommission nach Ostern zur Verfügung gestellt werden. — (kille Revisio« der Algecirasatte lieg: nicht außer- halb des Bereiches der Möglichkeit, da sich immer deut licher zeigt, daß dieses Abkommen aut einer Fiktion be beruht: der Souveränität des Sultans. Wie aber die letzten Jahre neweisen, ist diese nicht vorhanden. Die meisten Mächte sind einer Revision nicht abgeneigt. — Die Jesuiteomissioll i« Sambesi gebt tm Laufe dieses Jahres an die deutschen Oblaten i Zitz Hünfeldj über. Die vortugiesische Regierung ist damit einverstanden, daß deutsche und österreichische Ordensteule das große deutsche .Kulturwerk weiter führen. — Liberale Uunnsiellheit über de» Moberllisteneitz. Da» „Bert. Tagebl." behauptet allen Ernstes, daß die katholische Geistlichkeit „allsähruch den Modernisteneid" zu schwören habe. Da sieht man. was die liberalen Zeitungen von den katholischen Dingen verstehen. Der Neugeistliche hat vor der Weihe den Eid abzulegen und dann nicht mehr; der Geistliche, der im Dezember 1910 den Eid leistete. Hai ihn nicht alljährlich aufs neue zu leisten. Der Mann mit der Dornenkrone. Es gibt keine größere Tragödie in der Weltgeschichte als die von Golgatha. Voll von Verwunderung und heili gem Erstaunen muß der Mensch werden, der sich in die Ver anstaltung Gottes, in das Leiden des göttlichen Heilandes versenkt. 1910 wurde das groß? Weltendrama in Oberammer gau aufgefiihrt. Aufgeführt von Menschen, denen die Liebe zur heiligen Handlung treibendes Motiv, denen die Dar stellung der Passion Gottesdienst war. Wenn schon diese Aufführung von so überaus ergreifender Wirkung war, wie vielmehr muß daS einmal von Jerusalem nach Golgatha sich hingezogene Leiden des Menschensohnes Kraft und Wir kung gehabt haben. Und wenn du, o Mensch, in diesen Tagen besonders an den Schmerz und den tiefen Seelenkummer deines Heilan des denkst, wenn du in der Karwoche den Mann mit der Dornenkrone auf dem edlen Dulderhaupte schaust, sag an, was erfüllen dein Inneres für Gedanken? Man hat wohl einmal die Betrachtung des Leidens unseres göttlichen Heilandes verspottet und die Knechtselig, keit und den Servilismus des Menschen damit in Verbin dung gebracht. Was verstehen Weltmenschcn von dem Den ken und den Uebungeu eines Christen! Was ist ihnen das Streben der Seele nach den reineren Höhen sittlicher Tu gend und Vollkommenheit! Was wissen sie von den großen Fragen des Menschengeschlechtes, ivas von dem Sehnen und Streben nach Erkenntnis der Wahrheit? Wenn wir in diesen Tagen besonders den Heiland mit der Dornenkrone verehren, so treibt uns besonders die Liebe zu dem, der den Kampf auf sich genommen hat. Und der Kämpfer um höchste Güter, das ist unser katholisches Ideal! Wir leiden mit dem, der für uns gelitten: das ist unsere katholische Liebe! Wie oft in unserem Leben droht es zur Rechten und zur Linken. Was fordert nicht die Jetztzeit von uns: Kämp fer! Dulder! Wie schwer wird es nicht oft dem Einzelnen draußen im „Kampfe um das Dasein". Verfolgung, Zu rücksetzung, Leiden mannichfacher Arten harren des katholi schen Christen. Da ist der Aufblick zum Mann mit de^ Dornenkrone ein überaus mächtig anfeuernder Faktor. Trotz der Schmerzen hat er den Kampf mit den Mächten der Welt nicht aufgegeben. Sein Ziel mußte trotz alledem durch- gcsetzt werden. Die stete Beharrung auf dem Wege des göttlichen Willens, das war des Heilandes Lebensaufgabe. Ist es auch die deine? Der Kreuzweg des göttlichen Heilandes ist der Kreuz weg unserer beiligen katholischen Kirche. Es ist auch dein Weg! Aber es sei sein Weg! Wenn du jetzt besonders den heiligen Kreuzweg be trachtest, daun ziehe daraus .Kraft für dein Leben, für dein Streben. Die Wogen gehen hoch. Der Himmel beginnt sich zu wölken! Da arbeite und kämpfe erst recht unver drossen! Dort, wo sich Schwierigkeiten häufen, dort, wo dein Geist kämpfe» muß bis zum Erliegen: denke an das mit der Dornenkrone geschmückte Haupt deines Heilaudesl Und wen» du siehst, wie die heilige katholische .(kirche ver spottet nnd bekämpft wird, wenn du hörst, wie sie sammelt und ruft zu edler Tatkraft, nnd wenn du dann au deine Be- guemlichkeit denkst, denke an den Manu mit der Dornen krone. Denke, wie ein Gott auf seine Herrlichkeit ver- zichtete, Mensch wurde, litt und starb. Denke, wie ein Gott nachts auf den Berg ging, um zu beten, denke an sein Faste n in der Wüste. an seinen Verzicht auf olle und jede B e g » e m l i ch k e i t ! ! Aber dann auf die Schanzen, zu tatkräftiger Arbeit mit deinem TalentI Und kannst du leide», kannst du känrpsen, ja kannst du siegen, daun danke es dem göttlichen Heilande mit der Dornenkrone! R.