Volltext Seite (XML)
für Bischofswerda, Stolpen «nd Umgegend. Amtsblatt Leo Königlichen Gerichtsamte» und des Stabtrarhe» zu I»rfchosswer-a. Vies» Seitschrifl erlcheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« «nd Sonnabend», «nd tastet einfchlke-Sch der Go»»« abnid« erscheinendes „belletristische» Beilage-' vierteljäbrlich 1b Skg«. Inserate werden di« Dienstag« n»d Freitag« früh v uhr angenommen und tastet die gespaltene S«pu-zeile oder deren Raum l Slgr. . 18. ! Mittwoch, den 4. März. ! 1874. Politische Weltschau. In dem Kampfe zwischen Staat und Kirche ist «ine weitere Etappe zu verzeichnen. Die preußischen Bischöfe haben an ihre Gläubigen ein Sendschreiben gerichtet, worin sie über die Verhaftung des ehr würdigen Bruders LedochowSki Klagelieder anstimmen. Der gedrückte und weinerliche Ton dieses Schrift stücks beweiset, daß die Bischöfe, nachdem man sie am Kragen nimmt, das Bedürfniß fühlen, sich vor ihren Anhängern wegen der von ihnen angerichleten Rechtsverwirrung zu entschuldigen. Nur schlimm, daß sie sich dabei nur auf ihr Gewissen berufen können, da eben dieses Gewissen weder den Fürstbischof von Breslau, noch den Bischof von Osnabrück, noch den Verweser des ErzbislhumS Freiburg verhindert, in Oesterreich, Oldenburg, Baden den nämlichen Ge setzen mit größter Seelenruhe Gehorsam zu leisten. Das Gewissen, auf was sie sich berufen, ist also nichts weiter, wie eine spanische Wand, hinter der sich diese geistlichen Oberhirten zu verstecken belieben, um den Gesetzen des Staates eine Nase zu drehen. Wohin sollte es führen, wenn cs jedem Staats bürger freistände, sich einem unbequemen Gesetze gegenüber auf sein Gewissen zu berufen, um dasselbe ungestraft verletzen zu können! Die einfachste Ueber- legung zeigt, daß eine solche Ausnahmestellung der Bischöfe ganz undurchführbar ist, weil damit alles Recht und Gesetz in Jedermanns Gewissen über den Haufen geworfen würde. Zwar versichern die Bischöfe ein Mal über das andere, keine Revolutionäre und Rebellen gegen die Gesetze zu sein ; aber da sie in demselben Athem erklären, in ihrem Widerstande verharren zu wollen, so kann man nur sagen, daß sie entweder selbst nicht wissen, was sie reden, oder daß sie die Leute, auf deren blinde Anhänglichkeit sie speculiren, für sehr einfältig halten müssen. Wenige Tage, nachdem dies Sendschreiben er gangen, gelangte auch der Brief des Kaisers Wilhelm an Lord Russell in die Oeffeatlichkeit, worin er seinen Dank für die Sympathien ausspricht, welche die englischen Protestanten auf dem bekannten großen Meeting zu London der preußischen Regierung im Kampfe gegen Rom kundgegeben haben. Wenn die Bischöfe mit der Centrumspartei im Reichstage noch immer die stille Hoffnung hegen, daß eine Versöhnung auf Kpsten der Mai-Gesetze nicht unmöglich sei, so Si «unundzwaniigfta Jahrgang. kann nach dem kaiserlichen Manifest kein Zweifel mehr herrschen, daß der Kampf in der begonnenen Weise energisch zu Ende geführt wird. „Es liegt mir ob, sagt Kaiser Wilhelm, der Führer meines Volks zu sein, in dem Jahrhunderte lang von den deutschen Kaisern in früheren Tagen unterhaltenen Kampfe gegen eine Macht, deren Herrschaft in keinem Lande der Welt mit der Freiheit und der Wohlfahrt der Nationen vereinbar gefunden wurde, eine Macht, welche, falls sie in unseren Tagen siegreich sein würde, nicht in Deutschland allein die Segnungen der Reformation, die Gewissensfreiheit und die Au torität des Gesetzes gefährden würde." Der Kaiser fordert also die Unterwerfung unter die Gesetze des Staats, ohne diese Unterwerfung giebt es keinen Frieden. Das ist ein ächt kaiserliches Wort und eine Bestätigung der Versicherung des Fürsten Bis mark: „Nach Canossa gehen wir nicht!" Wenn nun überhaupt das Gesetz noch zur An nahme gelangt, welches der Reichskanzler über die Jnternirung und Ausweisung aufsässiger Kirchen diener dem Bunresrache in diesen Tagen vorlegen wird, dann dürfte der Proceß einen schnelleren Lauf nehmen, als die Bischöfe bisher wohl geahnt haben. Dieses Gesetz lautet: 8 l. Kirchendiener, welche durch gerichtliches Urtheil aus ihrem Amte entlassen worden sind, können ihrer Staatsangehörigkeit durch eine» Beschluß der Centralbehörde ihres HeimathstaateS verlustig erklärt werden. So lange ein solcher Be schluß nicht ergangen ist, kann ihnen durch Verfügung der Landespolizeibehörde der Aufenthalt in bestimmten Bezirken over Orten versagt over angewiesen werden. — 8 2. Die Vorschriften des 8 1 über den Verlust der Staatsangehörigkeit und die Beschränkung de» Aufenthalts finden ferner auf diejenigen Kirchen diener Anwendung, welche wegen Vornahme von Amtshandlungen in einem Amte, das den Vorschriften der Staatsgesetze zuwider ihnen übertragen, oder von ihnen übernommen ist, rechtskräftig zu Strafe verurtheilt sind. Die LandeSpolizeibehörve ist schon »ach Eröffnung der gerichtlichen Untersuchung befugt, dem angeschulvigten Kirchendiener bis zur rechts kräftigen Beendigung per Untersuchung den Aufent halt in bestimmten Bezirken zu versagen over anzu weisen. — 8 3. Kirchendiener, welche nach den Vor schriften dieses Gesetzes ihrer Staatsangehörigkeit verlustig erklärt worden find, können ohne Genehmi-