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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 23.08.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120823017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912082301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912082301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-08
- Tag 1912-08-23
-
Monat
1912-08
-
Jahr
1912
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Steinweg L NNV Amtsblatt des Nates «nd -es Nokizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- ftk Snierat« au» Leipzig und Umgeb«, di« llpaltig« Petttzeil« Ä Pf, di« NeNane«» Nil» l Mk. von au»wärt, 30 Pf, Neklamen 1.W Mk. Inferat« von Behörden im amt- lichen Teil di« Petitnil« SU Pf. »«>chäst»an,eigen mit Plahvorlchriltea im Pretl« «rhöht Nada« nach Taris. Beilagegedüdr «e>amt- auflaa« S Mk. p Taufend «rll. Postgebühr, leilbeilag« höher. Festettetlt« Aufträge können nicht zurück- gezogen werden Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: I«da»n»»gasf» «. bei sämtlichen Filialen o. allen Annoncen- Ezpeditionen de» In- und Ausland«» Druck ,n» Berlag »«» Fischer L Xürst«, Inhaber: Paul tkürstea. Redaktion und »eschältistell«: 2ohanni»gasie 8. -aupi - Jiliate Dresden: Seeitrade 4. l (Telephon 4821). Nr. 42S. 106. Jahrgang Freitag, üen 23. Suguv I9l2 22 Terten HE" Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 8 Seiten, die vorliegende Morgennummer 14 Seiten, zusammen Dss Wichtigste. * In der bayris chen Kammer wurde ain Donnerstag die Militärdebatte fortgesetzt. (S. bes. Art. S. 2.) * In dem Prozeß gegen die an den meute rischen Vorgängen im Sappeurlager von Taschkent beteiligten Unteroffiziere und Sol daten wurden 15 Angeklagte zum Tode durch den Strang verurteilt. (S. Ausl. S. 3.) * Ein 26 jähriger Bankbeamter in Ber lin ist mit 120 000 M ark 4proz. preuß Konsols geflüchtet, wurde aber alsbald verhaftet. (S. Tageschr. S. 7.) * Theateranzeigen siehe Seite 14. Nut üem vormsrlch. HZ Die Eingabe, die die bayrischen Bischöfe zugunsten der Jesuiten an den Bundesrat gerichtet haben, ist nach Form und Inhalt sehr bemerkenswert. Es ist anzunchmen, daß die Bischöfe nicht aus eigenem Antrieb in diese Aktion eingetreten sind, sondern daß ihnen von Nom durch den Münchener Nuntius Aufträge erteilt wurden. Voraussichtlich werden die preußischen Bischöfe nachfolgen, obwohl sie auf die Jesuiten und deren Tätigkeit so wenig Einfluß wie die bayrischen Bischöfe haben. Es ist ganz gut, daß die Aktion zugunsten der Jesuiten so öffentlich und anschaulich vor sich geht: Rom will eine neue Etappe gewinnen. Borromäus-Enzyklika, Modernisteneid und Erlaß über die Nichtverfolgung der Geistlichen vor dem Laiengericht sind frühere Etappen des Vormarsches des Vatikans. Der Vormarsch voll zog sich nicht nur auf dem Gebiete der Gewis sensfreiheit der gläubigen Katholiken, sondern ging fröhlich voran in das Gebiet des Staates. Der staatliche Schlagbaum wird nun einmal von Rom nicht respektiert. Man mag sich wundern, daß im zwanzigsten Jahrhundert es überhaupt noch Gebiete des privaten und öffentlichen Le bens gab, auf die die römische Kurie noch nicht ihre Hand gelegt hatte. Seit mehr als tausend Jahren, seit der Christianisierung der Sachsen, strahlt die päpstliche Macht auf unser gutes Deutschland aus, und cs wäre einigermaßen be fremdlich, wenn in diesem Jahrtausend von römi scher Seite irgend etwas vergessen oder ver säumt wäre. Es handelt sich in unfern Tagen denn auch nicht um neue Ansprüche der Kurie. Die Verdammung des Ketzers, die in der Borro mäus-Enzyklika enthalten ist, war schon im Mit telalter der katholischen Kirche zu eigen und hatte damals für die vom Kcherspruch Betroffe nen noch peinlichere Wirkungen als die den Pro testanten in der Enzyklika zuteil gewordene Scheltrede. Die Gebundenheit der Forschung war so streng, wie sie durch den Moderuisteneid den Klerikalen ins Gewissen geschrieben wird, und die Entziehung des Geistlichen vorn weltlichen Gericht war mehr als ein theoretischer Anspruch. Die Praxis hat sich aber doch m Wellen bewegt, das Maß der Durchführung war wie andere menschliche Dinge einem Auf und Ab, einem Steigen und Fallen unterworfen, und das Merk würdige ist nur, daß gerade unsere Zeit, die sich der Aufklärung und der Verbreitung der natur wissenschaftlichen Kenntnis rühmt, wieder ein Steigen der vatikanischen Welle erlebt. Unter den mancherlei Kräften religiöser, poli tischer und kultureller Art, die dem Vatikan die Anziehung der Zügel gestatten, mag es psycho logisch tiefgründige und solche von schicksalsschwe rem, ja dämonischem Charakter geben, Klugheit, List und weltumspannende religiöse Gedanken mögen eine Nolle spielen; daneben gibt es aber auch trivialere Kräfte, die man unter dem Be griff der hierarchischen Bureaukratie zusammenfassen kann. Hiergegen waren die deutschen Reform katholiken machtlos. Ir gendwo in Würzburg, in München, in Köln, in Freiburg i. Br., in Dillingen, in Wien, haben Männer gesessen, die der Anlegung und Ver schärfung der mittelalterlichen Fesseln widerstrebt haben, liberale Katholiken, Reforsntatholiken pder wie sie sich nannten. Sie haben gegrübelt und Folianten gewälzt, sie sind auch herausgetre ten aus der Studierstube, sie haben öffentliche Versammlungen abgehalten, sind mit Glcichstrc- benden in brieflichen und persönlichen Verkehr getreten und haben Artikel für die Zeitungen geschrieben; das haben sie getan oft mit pochen dem Herzen und mit glühender Begeisterung, aus eigenem Antrieb und auf eigenen Füßen stehend. Aber gerade dies macht sie einer Halb wegs geordneten Kanzlei unterlegen. Wenn jene begeisterten Kämpfer ins Grab sanken oder tvenn vorher ihre Hand ermattete, dann war keiner mehr da, der die Folianten wälzte, der die Versammlungen berief und die Fühlung mit den andern pflegte. Die Niederlage der deutschen Reformkatholiken war vollständig, niederschmet ternd, eine Warnung vor künftigen neuen Ver suchen, mit Halbheit und Schwächlichkeit die Menschheit in Gewissensangelcgcnheiten vorwärts zu bringen. Die großerömische Kanzlei siegte. In ihr und bei ihren Vertretern, den Nuntien und Bischöfen, ging, unabhängig vom Leben und Sterben des einzelnen, der Betrieb weiter, die Stühle am Schreibtisch wurden nicht leer, eine regelrechte Bcamtenlausbahn führte immer neue Kanzlcigehilfcn herbei. In dieser großen Amtsstube brauchte gar nicht alles musterhaft zu sein. Die Publika tionen des Vatikans, z. B. seine Kataloge, sind keineswegs Jdealleistungen an Zuverlässigkeit und stehen hinter Werken der weltlichen Wis senschaft zurück; immerhin mußte auch die große römische Amtsstube Vorteil ziehen aus der ge steigerten Kunst der Registrierung, des Geschäfts verkehrs und der Organisation, die ein Kenn- zeiclsen unserer Zeit ist. Die dadurch geschaffene größere Durchsichtigkeit und Klarheit des Besitz standes und der Besitzansprüche wurde nicht be hindert durch Hunnenzüge, gewaltige Umwälzun gen des eigenen inneren Denkens, wie in der Renaissancezeit, auch nicht durch politisch terri toriale Händel, die früher tiefe Einschnitte in die Geschichte des Papsttums gemacht haben. Bureau technik und moderne germanisch-europäische Ord nung sind der neuen Ausbreitung der Kurie erheblich zustatten gekommen. In diesem Stadium der Dinge wünscht der Ultramontanismus sich für Deutschland die Dienste einer Hilfsorganisation zu eigen zu machen: der Gesellschaft Jesu. Der Jesuitenorden ist sozusagen ein Zweigbureau von ganz besonderer Leistungsfähigkeit, ausgerüstet mit dem Vermögen der „individuellen" Behand lung des deutschen Volks. In ihm greift der Wille des Oberen besonders scharf durch; er ist wie ein großes, elektrijcl)es Schaltwerk, bei dem die unteren Stellen nicht immer untereinander, wohl aber mit der Zentrale verbunden sind und auf jede Einschaltung reagieren. Ob gern oder ungern: die deutschen Bischöfe erbitten sich diese Hilfe. Und natürlich muß gleichzeitig deutscher Doktrinarismus den Jesuiten den Steig bügel hallen. Im Namen der Freiheit wird für eine Organisation, deren Mitglieder die eigene Freiheit hingeben und nur in der Bindung das Heil der Welt erblicken, unbehinderter Spielraum verlangt! Die neue preutzMe Steuer- Novelle. Der Bericht der 11. Kommission des Abgeordne tenhauses über die erste Lesung der Einkommen- und Ergänzungssteuernovelle, dessen Drucklegung sich verzögert hatte, ist jetzt den Abgeordneten zur In formation zugestellt worden. Berichterstatter ist Dr. Bredt (Marburg). Der Bericht lägt erkennen, daß in vielen Punkten zwischen den Ansichten der Regie rung und der Kommission noch Meinungsoer» schiedenheiten herrschen und eine Reihe der bisherigen Beschlüsse nur provisorischen Charakter hat. Die zweite Lesung im Herbst wird hoffentlich eine Klärung herbeisühccn, von ihr wiro es adhän- gen, ob der Landtag die Novelle verabschieden wird oder ob er zunächst auf ein Jahr das bestehende Pro- vlscrium verlängert und dem neugewählten Land tage die endgültige Entscheidung überlägt. Die Kommission war der Meinung, der Staat könne bei den guten Finanzen Preußens auf di« 60 Millionen Mark steuerzujchlag verzichten, wäh rend die Regierung gegen diesen Verzicht Widerspruch erhob mit der Begründung, die jetzt günstigen Fi nanzen könnten sich recht bald wieder verschlechtern, in guten Jahren müsse man für die schlechten Jahre sparen. Für die dauernde Beibehaltung der Zu schläge trat fast niemand in der Kommission ein, während die Regierung das Schicksal der Novelle ge rade von dieser Bestimmung abhängig machte. Die Kommission beschloß deshalb, die Zuschläge als pro visorische vorläufig beizubehalten, bis eine Neuord nung der Tarife erfolgt sei. Ein Termin wurde nicht gestellt. Versuche, die Steuerpflicht erst bei 1200 oder 1500 beginnen zu lassen, scheiterten. Der Finanz minister erklärte, der Staat erleide hierdurch 18,6 resp. 40,3 Millionen Mark Ausfall. Die Regierung betonte, daß jeder, der Rechte im Staate genieße, auch Pflichten erfüllen müsse. Die Kommission dehnte aber das Kinderprivileg in der zweituntersten Stufe aus, indem es schon bei einem Kinde eine Steuer ermäßigung um eine Stufe eintreten ließ. Ein Antrag auf Erhebung einer Junggesel lensteuer wurde abgelehnt, einmal, weil er zu weitgehend war, es sollten alle Männer über 30 Jahre mit mehr als 3000 Einkommen, die ledig sind, einen Zuschlag von 25 Prozent zahlen, ander seits, weil er der Negierung nicht gefiel, da er aus dem System herausfällt. Es falle auch schwer, für solche Bestimmungen die richtige Form zu finden, denn er bedeute Härten, Junggesellen zu besteuern, die für Familienangehörige sorgen. Da steuertech- nisch Mann und Frau sich gleichstehen, müßten auch ledige Frauen diese Steuer entrichten. Anträge auf Erweiterung des Kinderprivilegs wur den von der Regierung bekämpft, 21 Millionen Mark verliere der Staat bereits, bei nochmaliger Er weiterung würden vor allem die Kommunen mit kinderreicher Bevölkerung geschädigt werden; .sie würden gezwungen werden, neue Steuerquellen zu erschließen. Von wichtigeren Aenderungen, die sonst die Kom mission noch vornahm, seien erwähnt: die Bestelle- rung der K o n s u m a n st a l t en und der Kunden, gewinne sowie der Rabattsparvereine, die zulässige Abschreibung der Substanzoerininderung der Berg- werksunternehmungen, die Zulässigkeit der Abzugs fähigkeit der Realsteuern vom Gesamteinkommen. Die beschlossenen hohen Strafen wegen Steuer. Hinterziehung, darunter Gefängnisstrafen, dürften in dieser Form kaum bestehen bleiben. Die Bestimmungen über die A u s k u n f t s p f l i ch t der Arbeitgeber wurden beibehalten. Eine An regung, die Deklarationspflichi auf sämt liche Zensiten auszudehnen, fand nicht die Billigung des Finanzministers, weil die Veranlagungskosten zu hoch seien uno 6 Millionen Deklarationen ein liefen, die in 3 Monaten nicht zu bearbeiten seien. Der Vorschlag, den Landräten die Steuer veranlagung abzunehmen und sie beson- 2n üer Mringer Ms. Die harte, abgearbeitete Hand einer Bäuerin bie tet mir einen Strauß blühenden Heidekrauts, das erste Zeichen herbstlicher Zeit, die wir noch so fern wähnen. Das Auge erfreut sich der blaßblauen und roten Blüten an dem feinästigen Gesträuch, und un willkürlich sucht es, ob es in dem ihm entgegenstrah lenden purpurnen Schimmer nicht eine graue Erika entdeckt, jene Seltenheit, nach der Ernst Haeckel einst in goldenen Jugendtagen die Bergwälder Thü- ringens vergebens abgesucht hat. Wie du lockst, zierliche Calluna! Za, so nennen dich die Gelehrten, wahrend das Volk dich Erika heißt, ein Name, auf den die Botanik deine nahe Ver wandte, die Elockenheide, getauft hat. Obgleich euer Kleid vom gleichen Stoffe ist, obwohl an euren Zwei- gen die gleichen nadeljchmalen Blättchen sitzen, haben die Experimentatoren über euch längst zu Gericht ge- festen und einen feinen Unterschied sestgestellt. Man muß sich aber einen Zweig der Erika schon dicht vor die Augen halten, um zu erkennen, dag ihre Blätter und jungen Triebe einen dünnen Ueberwurf aus teils glatt auslaufenden, teils köpfigen Haaren Ira- gen, der den Callunen fehlt. Wie du lockst, träumerisches Heidekind! Meine Gedanken fliegen hinaus zu den Waldbergen, denen dein immergrünes Gewand poetischen Zauber ver- lieh, bis Menschenhand dich brach, — und weil ihr, du und deine Heideoerwandten, so leicht, so mühelos euch ,,brechen" laßt, ruft man euch wohl von dem griechischen ersico, d. h. ich breche, gemeinhin „Erika!" Wie du mich jetzt grüßest, so will ich von dir deine Schwestern grüßen in den Thüringer Wäldern dro ben. um deren Blumenglöckchen im Sonnenschein honigdurstige Insekten surren und summen, — in der heimatlichen Heide hinter den blau dämmernden Ber- gen, die verführerisch dem Wanderlustigen winken. Es ist traurig, daß es io viele Stadlmenschen gibt, die den Zauber der blühenden Heide nicht kennen, nicht die Wunder ihrer roten Schönheit. Und wenn je mal einer hinauswandert, so ist's sicher ein Maler, ein Poet oder einer, der in der Einsamkeit ein Leid los zu werden sucht oder eine Hoffnung begraben will. Und wenn jemand davon erzählt, so schütteln die Zu- Hörer den Kopf über den sonderbaren Schwärmer, der an so was Langweiligem, wie die Heide, ein wundersames Gefallen finden mag. Und doch ist sie nicht langweilig, die Heide. Mag es nun im Lenze sein, wo die Sonne d«n letzten Schnee in den Kuhlen schmilzt, wo aus dem braunen Boden bas erste zarte Grün sprießt und die Birken ihre silberweißen Stämme im tiefschwarzen Standwayer spiegeln, die Föhren trotzig ihr Haupt im Früh lingssturme schütteln, — mag es im Sommer sein, wenn der Ginster gleich einem goldenen Tuche sich über weite Strecken der Heide breitet, lichtflammend am Waldsaum erblüht und zwischen zerklüftetem Ee- stein und braunrot schimmernden Stämmen gleich goldenen Schlangen emporkriecht, wenn Sommerfalter und Libellen aus dem goldigen Teppich der Heide sich schaukeln und hie und da ein Busch roten Feldmohns oder dunkelblauer Glockenblumen ein altes Märchen von vergossenem Blute und vergossenen Tränen er- zählt, — stets wird die Heide einen wundersamen Zauber ausüven. Waldesdämmern ist wohl auch wundersam, nie aber von dem überwältigenden Reiz und von den leuchtenden Farben durchwoben wie die Heide, die Brachland und Wald in einem vereint. Am herrlichsten aber blüht die Heide dem Herbste zu, in des Hochsommers letzten Tagen. In den Thü- ringer Wäldern können wir sie ja nur im kleinen be- wundern, aber auch hier hat jetzt das Heidekraut ihre struopeligen Reiser mit Tausenden von roten Blüten geschmückt, die bald blaßrosa wie Aprikosenblüten, bald dunkelweinrot und hyazinthfarben leuchten. Und wenn die Sonnenstrahlen rötlichaoldenen Schein darauf entzünden oder die Wolkenichatten wie die wild« Jagd über die roten Täler und Hügel eilen, so gibt dies ein wunderbares Bild, an dem das Auge lange hängen bleibt. Man geht einher wie in lohen dem Feuer, so glüht und blüht rings das rote Heids, kind — man geht einher wie auf einem duftenden, brennenden Teppich. Und bei Sonnenuntergang schimmern die Gründe und Höhen in märchenhaftem Lichte. Purpurrot flammt da di« blühende Heide. Ein Feuermeer umglüht uns, und durch die Wipfel der Birken und Tannen bis herab auf den Haselnuß, strauch fließen breite goldene Bäche voll Licht, und rotgolden strahlt die Heid« das wieder. Selbst d«r weiß« Nebel, der unten im regenfeuchten Grunde auf- steigt, fließt mit dem Rhein rosenrot zusammen: di« Heidefrau kocht, wie der Volksmund jagt. Die Thüringer Heide, wenn wir darunter di« Vereinigung von Wald und Brachland verstehen, kann und will sich nicht messen mit den großen deutschen Heideflächen, aber auch fi< lebt in diesen August tagen wie ihre große Lüneburger Schwester in wilder Schönheit auf, und wer in ihr stilles Reich tritt, wird ein kleines Wunder erschauen. Er braucht deshalb kein Poet, kein Maler zu sein, um di« Heide nicht langweilig und öde zu finden, er wird von all dem Dust, den satten und zarten Farben der blühenden heimatlichen Heids entzückt sein. Lenke deine Schritts einmal hin zu ihr, lieber Leser, suche die Thüringer Wälder auf wandere einmal in diesen Tagen dahin auf dem uralten Bergpfad, dem Rennstieg. Die früher so volkreiche Straße liegt heute so «infam. Die heutige Zeit geht andere W«ge. Mit Heidekraut hat ihn die Natur geschmückt. Strecke dich in die wür zigen, rosigen Blüten: dich wird ein Gefühl von Welt vergessenheit überkommen, di« den poeti chsn, über der Heide schwebenden Reiz dich tief empfinden läßt. Du wirst dich in Herz und Gemüt gestärkt erheben und. ein blühendes Zweiglein am Hute, über den Waldboden dahinschreiten. Ueberall werden sie dich grüßen, die roten H«idekinder, auf der Höhe, im Tal und an den Wegrändern, — von einer grauen Schwester aber werden sie dir nichts erzählen. Iloinnnnn Lchliosttins. Sieg. Don Haans von Zabeltitz. Roman. 4 Egon Fleische! L Eo., verlin V 0. Das große Kriegsjahr 1870/71 findet jetzt end lich seine Dichter. Walter Bloem brachte 1911 im „eisernen Jahr" den frappanten ersten Band eines vielversprechenden dreibändigen Romanwerkes. Nun mehr legte auch «in so anerkannter Dichter wie Hanns von Zobeltitz einen Kriegsroman vor, der bereits binnen kurzem in sieben Auflagen ver breitet ist. Die Deutschen werden diesem Buche noch mehr ihr Interesse zuwenden, wenn sie bedenken, daß Zoocltitz noch einer von den wenigen lleberlebenden — unter den Schriftstellern vielleicht der einzige — ist, die das Jahr der deutschen Siege in Reih und Glied mitgekämpft haben. Der hochanaesehcne Herausgeber des „Daherm" und der Klasingschen Monatshefte trat als Siebzehnjähriger 1870 zum Feldzuge als Einjährig-Freiwilliger in das Garde- Füfilierregiment ein. Seinem Regiment« hat er auch den Kriegsroman „Sieg" gewidmet, ein Buch von hohen sittlichen, patriotischen Werten, ein deutsches Buch voll märkischer Kraft und Treue. Es läßt in pittoresken Szenen, die im Herzen des Volkes schon ehrwürdige Geschichte wurden, alle jene großen Augenblicke, Stunden und Tage wieder auf leben, denen wir Deutschen nichts Geringeres als das Deutsche Reich, das herrliche Deutsä)e Reich ver danken. Vaterlandsliebe, Waffenbereitschast geht wie ein hehrer Orgelklang durch dieses starkherzige Buch, das «in Märker mit seinem Blute, ein echter deutscher Edelmann dem eigenen Erleben nachschrieb. Da ist kein Platz für Mätzchen und Effekte, Sen- sationen und Bluffs, überall webt eine erschütternde Einfachheit, wie man sie empfunden haben muß an- gesichts des greisen Heldenkaisers und seiner Pala dine Historische Treue atmet dieses Kriegsbuch vom ersten bis zum letzten Blatte. Es schließt sich zumeist auch im Fortgang der Handlung eng an die Schlach ten, Episoden und Kriegswendungen an, arbeitet sparsam nur mit wenigen Personen und gibt uns als eigentlichen Helden keinen andern als das Heer, das Volk, den Krieg, den Sieg. Mit den unvergeßlichen Juliabendstunden 1870 vor dem Königlichen Schlosse in Berlin beginnt Zobeltitz. Der König erscheint. „Heil, König, dir! Kein Mund blieb stumm, sie sangen alle. Eine gewaltige Huldigungshymne stieg das Königslied zum Himmel empor, klang weiter und hallte gleich einem Choral, andächtig, andacht heischend. herzcrhebend —" Das ist das Leitmotiv jenes deutschen Krieges und dieses deutschen Buches, und die überwältigende Ein fachheit, Deutschheit der Person des Preußenkönigs Wilhelm ist die Ursache, weshalb einem über diesen Siegen und Gesängen heute noch nach 42 Jahren Schauer der Ehrfurcht vom Herzen beraufsteigen, ohne daß man dabei gewesen ist, damals. ^>a, es war eine große Zeit, und sie hat auch für uns Junge noch so viel Verehrungswindiges, daß ihr stolzes Andenken lange, lange noch einst die Gräber unserer Väter wehrhaft überschatten wird, unserer Väter, die Sieger waren. Zobeltitz, aus dem heldishcn Blute märkischen Adels, so still und treu sein Stil sich führt, erscheint uns als ein posthumer Theodor Körner von 70/71, der das Schwert mit größerem Glücke führte und dessen Lcyer Töne brausend entströmen, mit Fan farenschmettern in deutsche Herzen dringen. Die Man beacht« auch bi« Inserate In b«r Ab«nd»Au»gabe.
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